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EUCHARISTIEFEIER IM PETERSDOM
ANLÄSSLICH DER TAGUNG DER ASSISTENTEN
DER KATHOLISCHEN AKTION ITALIENS

PREDIGT VON KARD. TARCISIO BERTONE

Mittwoch, 7. Februar 2007

 

Liebe Assistenten der Katholischen Aktion!

Mehrmals schon habe ich im Präsidium der Katholischen Aktion Italiens von meiner Erfahrung als junges Mitglied der Katholischen Aktion in Ivrea und Turin gesprochen und meiner Hochachtung Ausdruck gegeben für die große Beständigkeit eurer Vereinigung in den Diözesen von Vercelli und Genua, deren Erzbischof ich war.

Mit Freude bin ich heute in eurer Mitte, um die heilige Messe zu feiern und über das Wort Gottes nachzudenken.

Einzigartig und wahrhaft außerordentlich ist die ursprüngliche Berufung des Menschen gemäß den soeben vernommenen Worten der Genesis: »Gott, der Herr, nahm also den Menschen und setzte ihn in den Garten von Eden, damit er ihn bebaue und hüte.« In diesen beiden Verben – (die Schöpfung) bebauen und hüten – wird der dem Willen Gottes gemäße Sinn des menschlichen Lebens auf eindrucksvolle Weise zusammengefaßt und wiedergegeben.

Gewiß, die Schöpfung erleidet die Folgen der Sünde des Menschen, aber auch heute hört sie nicht auf, einen wundervollen Geist der Schönheit, der Großartigkeit, der zauberhaften Harmonie zu vermitteln.

Von der Perfektion unseres Körpers bis zu den unvorstellbarsten Tierarten, die den Himmel, die Erde und die Meere bevölkern, von den großartigen Gipfeln der Berge bis zur außerordentlichen Lebhaftigkeit unserer Intelligenz bewahrt die Schöpfung Spuren ihres ursprünglichen Zustands: ein Garten, den Händen Adams anvertraut, damit er ihn bebaue und hüte. Das sind sehr wirkungsvolle Bilder, die die Aufgabe eines uns anvertrauten wahrhaft »mitschöpfenden« Werkes verdeutlichen: der Schöpfer ruft uns, seine Geschöpfe, die in der Welt vorhandene Schönheit größer werden zu lassen, die in der Natur und in unseren eigenen Erfindungen verborgenen Möglichkeiten voll zu entwickeln.

Nicht nur das: Gott hat uns berufen, Hüter der Schönheit des Kosmos zu werden. Mit diesem letzten Wort – Kosmos – bezeichneten die ersten griechischen Philosophen das Universum, denn, wie die Etymologie des Wortes bestätigt, sie fanden in ihm Schönheit, Ausgewogenheit und Harmonie. Der Text der Genesis jedoch fordert uns auf, einen Schritt weiter zu gehen und führt uns zu der Erkenntnis, daß die Ordnung der Schöpfung auf ihre erste Quelle verweist: sie ist Frucht der Liebe Gottes.

Ohne die Anerkennung dieser Priorität der Liebe Gottes, die uns vorausgeht und uns in seine Schöpfung »setzt«, löschen wir den echten Sinn unseres Handelns in der Schöpfung und in der Geschichte aus. Allein im Licht der Liebe und der Güte Gottes leuchtet die Bedeutung unserer Existenz in der Welt auf.

Hierin offenbart sich auch die tiefe Wahrheit des Verbots, die Frucht vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse zu essen. Die Sünde des Menschen besteht in der Tat darin, diese Ordnung nicht zu achten, sie vielmehr völlig umzuwälzen, und somit die ihm eigene Rolle als Hüter und Garant der Schöpfung zu verkennen und »wie Gott werden« (vgl. Gen 3) zu wollen.

Die Heilsgeschichte lehrt uns, daß der Mensch das göttliche Gebot leider mißachtet hat. Adam und Eva als erste, aber viele Menschen nach ihnen haben ihre Hände nach dem Baum der Erkenntnis von Gut und Böse ausgestreckt, die Ordnung der Schöpfung mißachtet und so die eingeborene Berufung zur Liebe verraten.

Doch diese Berufung erneuert sich mit jedem Menschen, der auf die Welt kommt: jeder Nachkomme Evas ist begleitet von der Verheißung, Verwalter und Garant der Schöpfung zu werden. Wo aber finden wir Unterstützung, um einem solchen Auftrag zu entsprechen? Wie können wir der Stimme des Versuchers entkommen, der mit seinen Lügen das Vertrauen in den Schöpfer gefährdet? Wie können wir den Blick und die Hände des Menschen vor dem Wunsch bewahren, die Schöpfung zu unterwerfen, anstatt ihrer Förderung zu dienen? Die Stelle des Evangeliums zeigt uns einen entscheidenden Weg: kein Mensch wird in der Lage sein, seiner unwiederholbaren Sendung zu entsprechen, wenn er sich nicht anschickt, vor allem sein eigenes Herz zu pflegen und zu hüten.

Die Pflege des Herzens ist der Weg, der für eine Menschheit, die wirklich fähig ist, ihrer Berufung zu entsprechen, am geeignetsten ist. Wenn dem keine Beachtung geschenkt wird, können ihre immensen Energien nicht nur ungenutzt vergeudet, sondern sogar Quelle jenes Bösen werden, das die Schöpfung verarmen läßt und sie »vergiftet«. Die Pflege des Herzens ist das Geheimnis einer Menschheit, die so werden will, wie Gott sie im Schöpfungsakt geliebt hat und wie er sie in der Liebe geschaffen hat.

Hier möchte ich hervorheben, was mit dem Wort Herz gemeint ist, Sitz der inneren Würde der Person, die aus Seele und Körperlichkeit besteht, die fähig ist zu denken und zu lieben, die Mann und Frau ist, in der sich ursprüngliche menschliche Eigenschaften konzentrieren, die alle auf das Leben, auf die Verwirklichung der Glückseligkeit ausgerichtet sind, für die der Mensch geschaffen worden ist, geschaffen nach dem Bild und Gleichnis Gottes.

Vor allem wenn wir uns an die Jugendlichen wenden, können wir ihnen das sagen, was ich in der »Botschaft an die Jugend« der Erzdiözese Genua (31. Januar 2003) geschrieben habe: »Wie wertvoll ist doch eure natürliche Offenheit für die Wahrheit, für Gerechtigkeit, Solidarität und Frieden, die Fähigkeit, euch nach dem Sinn der Dinge zu fragen, nach den Werten, für die es sich lohnt zu leben. Formt und hütet euer Herz für jede Entscheidung, die ihr im Leben trefft – die Arbeit, die ihr übernehmt, die Liebe für eure bereits vorhandene oder geplante Familie, die Teilnahme am Leben der Gesellschaft, die Verwirklichung eines missionarischen Ideals im Ordensleben oder als Priester« (vgl. S. 7). Und daß sie dieses Ziel verfolgen, ist der tiefe Wunsch Christi und der Kirche. »Ein junger Mensch kann heute ein echter Gläubiger sein, wenn er sich als Zeuge erweist, wenn er in den Bereichen des Lebens, in der Schule, der Universität, am Arbeitsplatz und in der Freizeit eine missionarische Gestaltung seiner Lebensführung akzeptiert und sich verpflichtet, die Gründe seiner Hoffnung ohne Komplexe und ohne Triumphalismus mit anderen Jugendlichen zu teilen« (S. 12).

Dieses wird ein »Volontariat der Seele« sein, das sich in ein »reales Volontariat« umsetzen wird, als Merkmal, das die eigene Würde als Mensch und Christ auszeichnet.

Während eurer Tagung habt ihr den grundlegenden Wert des Glaubens vertieft, und zwar habt ihr euch verpflichtet, »die Weitergabe des Glaubens an die jungen Generationen« zu intensivieren.

Die Glaubenserziehung der neuen Generationen ist eine der gesamten Kirche zukommende Aufgabe, für die es weder an Energie noch an Ressourcen fehlen darf. Aber stets wollen wir uns an das erinnern, was Don Bosco gesagt hat: »Erziehung ist Sache des Herzens … und allein der, der Herz hat … kann sie zum Ziel führen.«

Zweifellos von Bedeutung ist das Thema der Bildung, das stets den Geist der Katholischen Aktion gekennzeichnet hat und das sie in den Augen der gesamten kirchlichen Gemeinschaft so wertvoll macht. Beim Angelusgebet am vergangenen 8. Dezember, anläßlich der alljährlichen Feier zur Erneuerung ihrer Treue, ermutigte der Heilige Vater Papst Benedikt XVI. die Katholische Aktion, »ihren Einsatz für die Aus- und Weiterbildung immer mehr zu entfalten, damit ihre Mitglieder in der Heiligkeit des Lebens und in der kirchlichen Gemeinschaft wachsen und glaubhafte Zeugen des auferstandenen Christus, der Hoffnung der Menschheit, sein mögen«.

In Wahrheit ist es Christus, der dem Menschen wirklich helfen kann, sein Herz zu pflegen und zu hüten. Christus ist es, der jenes Licht schenkt, das uns dazu bereit macht, die einzigartige Güte des Vaters zu erkennen. Christus ist es, der jene Liebe schenkt, die jede Versuchung der Verschließung und Selbstzentrierung besiegt. Christus ist es, der seinen Geist schenkt, der den Willen zum Guten in uns stützt und uns gegen die Angriffe des Bösen stärkt. Gino Pistoni, der heroische Jugendliche der Katholischen Aktion aus Ivrea, hatte das sehr wohl verstanden. Bevor er starb, hatte er noch die Kraft, mit dem eigenen Blut auf seinen Beutel zu schreiben: »Mein Leben opfere ich für die Katholische Aktion und Italien. Es lebe Christus, der König!«

Möge euer grundlegender Einsatz für die Bildung somit stets hochherzig und voll Begeisterung sein, damit durch die Begegnung mit Christus die jungen Generationen ihre Liebe für das Leben, für den Frieden und die Bewahrung der Schöpfung erneuern können.

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