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BOTSCHAFT VON BENEDIKT XVI.
ZUM WELTTAG DES WASSERS,
UNTERZEICHNET VON KARDINAL TARCISIO BERTONE

 

An JACQUES DIOUF
Generaldirektor der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation
der Vereinten Nationen (FAO)

Anläßlich des heutigen Welttages des Wassers beauftragt mich Seine Heiligkeit Papst Benedikt XVI. Ihnen, Herr Generaldirektor, und allen Teilnehmern dieses Treffens ehrerbietige und herzliche Grüße zu überbringen und Sie in Ihrem Einsatz für jene zu bestärken, die in der Welt unter dem Mangel an Wasser leiden.

Im Kontext des Jahrzehnts 2005/2015, das die Generalversammlung der Vereinten Nationen zur »Internationalen Dekade der Aktion: Wasser für das Leben« erklärt hat, bietet uns das diesjährige Thema »Bewältigung der Wasserknappheit« Gelegenheit, über die Bedeutung des Wassers als Quelle des Lebens nachzudenken, dessen Verfügbarkeit für die Lebenszyklen der Erde unerläßlich und für eine vollauf menschliche Existenz grundlegend ist.

Wir alle sind uns der Schwierigkeiten bewußt, das von der internationalen Gemeinschaft angestrebte Ziel auf weltweiter Ebene zu verwirklichen und unter anderem durch die Entwicklung integrierter Pläne zur wirksamen Verwaltung und Nutzung der Wasserressourcen die Zahl derer, die ohne Zugang zu sauberem Wasser und grundlegenden sanitären Anlagen sind, bis 2015 zu halbieren. Wir sind jedoch ebenso alle davon überzeugt, daß es wichtig ist, in Anbetracht der zentralen Rolle des Wassers in jedem Prozeß zur Förderung der ganzheitlichen menschlichen Entwicklung diese Ziele nicht zu verfehlen. Im Übrigen verkörpern angemessene Investitionen auf dem Sektor des Wassers und der sanitären Anlagen einen wesentlichen Antrieb zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums und der vertretbaren Entwicklung, zur Verbesserung der menschlichen Gesundheit und Hygiene, zur Ausrottung der Armut und zur Bekämpfung von Umweltschäden.

Als Gemeingut der menschlichen Familie ist Wasser ein wesentliches Element für das Leben; das Management dieser wertvollen Ressource muß so gehandhabt werden, daß alle, insbesondere in Armut lebende Menschen, Zugang haben und sowohl den heutigen wie den zukünftigen Generationen ein menschwürdiges Leben auf diesem Planeten gewährleistet ist.

Der Zugang zu Wasser gehört zu den unveräußerlichen Rechten jedes menschlichen Wesens, denn es ist eine Voraussetzung für die Verwirklichung zahlreicher anderer Menschenrechte, wie das Recht auf Leben, auf Nahrung, auf Gesundheit. Daher kann das Wasser »nicht lediglich als ein Gut wie viele andere betrachtet werden, und sein Gebrauch muß rational und solidarisch sein […]. Das Recht auf Wasser gründet auf der Würde des Menschen und nicht auf einer lediglich quantitativen Bewertung, die Wasser als ein wirtschaftliches Gut betrachtet. Ohne Wasser ist das Leben gefährdet. Daher ist das Recht auf Wasser ein unveräußerliches universales Recht« (vgl. Kompendium der Soziallehre der katholischen Kirche, 485). Der Welttag des Wassers ist eine wertvolle Gelegenheit, um die internationale Gemeinschaft anzuregen, wirksame Mittel und Wege zu finden, die die Förderung, die Wahrung und den Genuß dieses grundlegenden Menschenrechts erlauben.

In dieser Richtung wird der vertretbare Umgang mit Wasser eine sozioökonomische, ethische und die Umwelt betreffende Herausforderung, die nicht nur Institutionen, sondern die gesamte Gesellschaft betrifft. Eine Herausforderung, der nach dem Prinzip der Subsidiarität begegnet werden muß, nämlich durch die Beteiligung sowohl des privaten Sektors wie vor allem auch der lokalen Gemeinschaften; nach dem Prinzip der Solidarität, Eckpfeiler der internationalen Kooperation, das besondere Aufmerksamkeit für die Armen verlangt; nach dem Prinzip der Verantwortung gegenüber den heutigen wie auch den zukünftigen Generationen, woraus sich die Notwendigkeit ergibt, die im Hinblick auf den Wasserverbrauch häufig untragbaren Konsum- und Produktionsmodelle zu überprüfen.

Ferner muß diese Verantwortung geteilt und ein moralischer und politischer Imperativ werden in einer Welt, die über ausreichende Kenntnisse und Technologien verfügt, um Situationen der Wasserknappheit und ihren dramatischen Folgen ein Ende zu setzen, Situationen, die vor allem in Regionen mit den niedrigsten Einkommen zu finden sind, in denen der Zugang zu Wasser häufig regelrechte Konflikte auslösen kann. Dort hingegen, wo eine auf gegenseitiger hydrologischer Abhängigkeit gründende weitblickende Einstellung vorherrscht, die die Verbraucher der Wasservorräte in benachbarten Ländern in einem gemeinsamen System verbindet, kann diese Verantwortung Grund zu interregionaler Kooperation werden.

Das, Herr Generaldirektor, sind Aspekte, die nicht nur die Verantwortung der Regierungen und Politiker anregen sollen, sondern auch jede Person betreffen. Wir alle sind aufgefordert, uns zu einer neuen Lebensweise zu erziehen, um diesem Gemeingut der Menschheit den Wert und die Achtung zurückzugeben, die es in unserer Gesellschaft haben muß. Im Übrigen kann diese Bewußtseinsbildung auf zahlreiche heilige Schriften der traditionellen Religionen zurückgreifen, wie beispielsweise die Bibel, wo das Wasser symbolisch Quelle und Zeichen des Lebens ist, wo seine Präsenz oft mit Freude und Fruchtbarkeit verbunden wird und auch eine reinigende, erneuernde und wiederbelebende Funktion hat.

An diesem Welttag des Wassers erbittet der Heilige Vater den Segen des Herrn für all jene, die bemüht sind, die Ziele der internationalen Gemeinschaft auf dem Wassersektor zu verwirklichen. Es ist mir eine Ehre, Ihnen, Herr Generaldirektor, diese Botschaft Seiner Heiligkeit zu übermitteln und auch meiner Hochachtung Ausdruck zu verleihen.

Aus dem Vatikan, am 22. März 2007

Tarcisio Kardinal Bertone
Staatssekretär Seiner Heiligkeit

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