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ERÖFFNUNG DER FOTOAUSSTELLUNG "VATICAN CLICK"
DES FOTODIENSTES DES "L'OSSERVATORE ROMANO"

ANSPRACHE VON KARDINALSTAATSSEKRETÄR
TARCISIO BERTONE

Braccio "Carlo Magno", Petersplatz
Dienstag, 24. April 2007

 

Herr Direktor,
verehrte Obrigkeiten,
meine Damen und Herren!

Sehr gerne bin ich der Einladung zur Teilnahme an der Vorstellung der Fotoausstellung mit dem Titel »Vatican Click« gefolgt. Sie wird im Braccio Carlo Magno veranstaltet und schöpft aus dem reichen Bilderbestand (etwa fünf Millionen Fotos), der vom Fotodienst des »L’Osservatore Romano« im Laufe von dreißig Jahren zusammengetragen wurde; dazu kommt noch die frühere Dokumentation des sogenannten »Fondo Giordani« mit ihren 500.000 fast ausschließlich Schwarz-Weiß-Negativen. Dieser Ausstellung kommt in mancher Hinsicht ein fast historischer Wert zu, denn es ist das erste Mal, daß dem Publikum die Möglichkeit gegeben wird, eine unzählbare Galerie von Einzelbildern, die die wichtigsten Momente des Dienstes der Päpste von 1930 bis heute dokumentieren, gleichsam mit einem einzigen Blick zu bewundern. Ein herzliches »Dankeschön« an alle, die diese Ausstellung geplant, vorbereitet und auf vielfältige Weise zu ihrer Durchführung beigetragen haben, angefangen mit dem Direktor und den Verantwortlichen des Fotodienstes vom »Osservatore Romano«.

Die Eröffnung findet wenige Tage nach dem freudigen Anlaß des 80. Geburtstags von Benedikt XVI. und kurz vor dem 2. Jahrestag seiner Wahl zum Papst statt. Es handelt sich also vor allem um eine besondere Ehrenerweisung für unseren Heiligen Vater!

Wenn der Besucher die verschiedenen Ausstellungstafeln bewundert, so kann er denkwürdige und großartige kirchliche Ereignisse, die in immerwährender Erinnerung bleiben, zurückverfolgen, er kann aber auch diverse alltägliche, normale und einfache Gesten aufs neue erleben. In der Tat ist die Kirche – der Apostel Petrus erinnert uns daran – wie ein Gebäude, in dem neben wertvollen, bedachtsam gesetzten und behauenen Steinen auch Backsteine und viel bescheidenere, weniger bearbeitete und geschliffene und eher verborgene Stücke Platz und Wert finden, die jedoch ebenfalls nützlich und keineswegs uninteressant sind. Der aufmerksame Besucher kann hier Bilder bewundern, die, wie ich vorhin erwähnte, aus einem sehr gut ausgestatteten Fotoarchiv stammen und die überdies die progressive Entwicklung der Methoden für Fotoaufnahmen dokumentieren: von der Zeit der bis zu 18x24 cm großen Glasplatten, über die 25mm breiten Filmrollen bis hin zu den heutigen Fotos im Digitalformat, die elektronisch archiviert und ins Internet gestellt werden, damit sie von vielen eingesehen werden können. Wenn man alle Bilder unterschiedlicher Machart und Größe, die im Fotoarchiv des »Osservatore Romano« und des »Fondo Giordani« enthalten sind, eines neben das andere stellen würde, würden sie eine Tausende von Kilometern lange Strecke bilden; sie würden eine virtuelle Reise in die vergangenen Jahrzehnte ermöglichen, mit einem neuen Erleben der gleichen Gefühle und Empfindungen, die berühmte Persönlichkeiten und einfache Menschen bei ihren Begegnungen mit dem Nachfolger Petri gespürt haben.

Kurz: Man hätte die Möglichkeit, die Geschichte der Kirche gleichsam von innen heraus zu rekonstruieren, indem man die Ereignisse von einem privilegierten Blickwinkel, nämlich mit dem Blick des Papstes, wahrnimmt.

Es sei mir eine kurze Überlegung gestattet. Im Zeitalter der Bilder, also in unserem, kommt der visuellen Sprache im Rahmen der Kommunikation im allgemeinen und auch im Bereich der Vermittlung des Glaubens und der Kenntnisse über die Kirche im besonderen eine einzigartige Bedeutung zu.

In früheren Zeiten leistete die Kunst (ich meine hier vor allem Malerei, Bildhauerei und Architektur) mit der ihr eigenen Sprache einen nicht unerheblichen Beitrag zur Evangelisierung und Katechese. Die jungen Generationen sind heutzutage daran gewöhnt, über Bilder zu kommunizieren (man denke an das Fernsehen und besonders ans Internet), und zeigen Interesse für die Rekonstruktion vor allem der jüngeren Geschichte durch Bilder. Ich spreche daher den Wunsch aus, daß diese Ausstellung, die von unzweifelhaftem historischem und dokumentarischem Interesse ist, die Annäherung und, so weit wie möglich, die Begegnung der Generationen von heute mit der Vergangenheit fördere, deren Protagonisten oder Zeugen wir Erwachsenen zum Teil gewesen sind; sie verhelfe ihnen zu einer besseren Kenntnis der Kirche und der Rolle des Papstes im Geflecht der Ereignisse, die den zweiten Teil des 20., des sogenannten kurzen Jahrhunderts größtenteils geprägt haben. Mein Wunsch beschränkt sich jedoch gewiß nicht auf die jungen Menschen, sondern erstreckt sich auf alle, die die Ausstellung besuchen werden. Für jeden sei sie wie das Durchblättern eines Albums mit Bildern von Begegnungen des Nachfolgers Petri mit Personen, Menschenscharen und Einzelnen, Katholiken und Vertretern anderer Religionen, einfachen Leuten und Persönlichkeiten aus Politik, Kultur und Sport; sie sei eine Kontaktaufnahme mit einem Querschnitt durch die Menschheit, umarmt von der Liebe dessen – nämlich des Papstes –, den Christus als Hirten seines Volkes eingesetzt hat. Eine Geschichte voll des Lächelns, der Freude und der geteilten frohen Gefühle, aber auch eine Chronik von Leid, Schmerz und Kreuz, von traurigen Stunden, die stets vom Licht des Glaubens erhellt waren. Die Bilder der Ausstellung »Vatican Click« mögen zugleich die Möglichkeit zu einer Deutung der Geschichte unserer Zeit bieten: der schon vergangenen Zeit, auch wenn sie erst kurz zurückliegt und durch die Erinnerung und die Kraft der Bilder vergegenwärtigt werden kann, wie auch der Chronik von heute, also der Umstände, die wir gerade vor unseren Augen haben vorbeiziehen sehen oder die noch im Gange sind.

Wie eingangs bemerkt, umreißt die Ausstellung außerdem die rasche, ja beschleunigte Evolution des wissenschaftlichen Fortschritts mit seinen unzähligen Entdeckungen, Erfindungen und Evolutionen auf technischem Gebiet, die von den einstigen, heute nur noch in Museen zu besichtigenden Fotoapparaten bis zu den modernsten Errungenschaften der Digitalfotografie reicht. Wir sind vom unveränderlichen Standbild zu fotografischen Darstellungen gelangt, die dank fortschrittlicher Technik nach Belieben modifiziert werden können. Durch die moderne Fotografie und das inspirierte »Klick« des Fotografen betritt der Mensch die Wirklichkeit und hält sie in einem kleinen Apparat fest; er modifiziert sie, verändert ihre Farbe, gibt ihr eine besondere Gestalt, bis ein realer Gegenstand in eine fantastische Welt versetzt wird und umgekehrt. Mit einem Wort: Der Mensch kann zum Regisseur der Wirklichkeit werden, indem er Formen und Klänge aufzeichnet und sich vom Rhythmus seiner Umgebung mitreißen läßt.

Der technologische Vormarsch und die modernen wissenschaftlichen Entdeckungen stellen auch für die Kirche eine Anregung zur ständigen Aktualisierung ihrer Kommunikation des Evangeliums dar; sein Inhalt bleibt zwar unveränderlich, aber es soll stets in verständlicher und den Bedürfnissen der Zeit angepaßter Weise und unter Verwendung aller verfügbaren Mittel weitergegeben werden. Daher kann diese Ausstellung – und das ist mein Wunsch – eine weitere Form und eine neuerliche Gelegenheit der Evangelisierung und der Verkündigung des christlichen Mysteriums sein. In früheren Zeiten bediente sie sich der Werke und des Genies der Künstler (Maler, Bildhauer usw.), jetzt kann sie nicht auf die Einbindung von Bildtechnikern verzichten. Der Zweck, sowohl für den »Pinsel« als auch für Blitzlicht oder DVD, bleibt allerdings ein und derselbe: Jesus Christus und seine ewige Heilsbotschaft bekannt zu machen.

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