Predigt von Kard. Angelo Sodano zur Altarweihe der Kapelle der Apostolischen Nuntiatur in Berlin
The Holy See
back up
Search
riga

PREDIGT VON KARDINAL ANGELO SODANO 
ANLÄßLICH DER EUCHARISTIEFEIER
 ZUR ALTARWEIHE DER KAPELLE 
DER APOSTOLISCHEN NUNTIATUR IN BERLIN

Donnerstag, 28. Juni 2001

 

Liebe Mitbrüder im Bischofsamt und im priesterlichen Dienst, 
liebe Brüder und Schwestern im Herrn! 

Die Worte des Evangeliums, die wir soeben gehört haben, lassen uns nicht kalt. Die Zwiesprache am See von Tiberias geht auch uns zu Herzen. »Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich?« (Joh 21,15 – 17). Dreimal wird Petrus mit dieser herausfordernden Frage konfrontiert, die ihn innerlich aufwühlt und ihn ebenso oft beteuern läßt: »Du weißt, daß ich dich liebe« (Joh 21,17).

1. Ein Amt der Liebe

»Liebst du mich?« – »Du weißt, daß ich dich liebe.« Petrus wird eingesetzt in ein Amt der Liebe. Dieses Amt bedeutet keine Herrschaft, sondern einen Dienst. Petrus hat sich das Amt nicht selbst genommen; es wurde ihm geschenkt von Jesus Christus, dem Sohn Gottes, der Mensch geworden ist, um uns die Liebe des Vaters zu offenbaren und aus allen Völkern der Erde seine Kirche zu sammeln. Diesem göttlichen Plan der Einheit entspricht der Dienst des Petrus. Die Ausübung des Petrusamtes ist deshalb eine Liebespflicht, wie es der hl. Augustinus so treffend ausgedrückt hat: »Sit amoris officium pascere dominicum gregem. Es sei eine Liebespflicht, die Herde des Herrn zu weiden« (In Ioann. Ev.123,5). Und schon sein Lehrer, der hl. Ambrosius, hatte festgestellt: Der Nachfolger Petri ist nichts anderes als »der Stellvertreter der Liebe Christi« (Expositio in Luc., lib. X). 

2. Der Drang der Liebe

»Weide meine Lämmer.« Das Petrusamt schließt die Hirtensorge für die ganze Kirche ein. Der Auftrag Christi, seine Schafe zu weiden, verbindet sich mit der Sendung, die im Abendmahlssaal ihren Anfang nahm: »Stärke deine Brüder!« (Lk 22,32). Zugleich klingen die Worte noch einmal auf, die Christus bei Cäsarea Philippi zu Petrus gesagt hat: »Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen. Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreiches geben« (Mt 16,18 f.).

Von Petrus bis zu Papst Johannes Paul II. ist uns die ununterbrochene Folge einer langen Kette überliefert, die uns mit Jesus Christus, dem »Hirten und Bischof« unserer Seelen (1 Petr 2,25), verbindet. Denn Christus, der Herr der Kirche, hat seine Sendung den Aposteln und an erster Stelle dem Petrus anvertraut, die sein Heilswerk fortsetzen sollten.

Darin besteht das »Mysterium ecclesiae«, das Geheimnis der Kirche: Christus läßt seine Kirche nie im Stich. Er vertraut sie Hirten an, die sie nach seinem Willen leiten. Wie bei Petrus, so muß sich die Treue eines jeden Hirten an einer tiefen und innigen Liebe zu Christus und seiner Kirche messen lassen, für die der Herr »sich hingegeben hat, um sie heilig zu machen« (vgl. Eph 5,25f.). Die Liebe, die sich am Evangelium ausrichtet und die der Heilige Geist in unsere Herzen ausgießt (vgl. Röm 5,5), muß die Triebfeder aller sein, die teilhaben am apostolischen Dienst. »Caritas Christi urget nos. Die Liebe Christi drängt uns« (2 Kor 5,14): die Liebe zu Gott und den Menschen.

3. Die Mission des Apostolischen Nuntius

Die Liebe zu Gott und den Menschen wird besonders von dem verlangt, der das Amt des Nachfolgers Petri innehat.

Kann es da verwundern, daß diese Liebe auch die Meßlatte für den Apostolischen Nuntius ist, der gesandt wird, um als Vertreter des Papstes dessen universalen Hirtendienst in einem bestimmten Land wahrzunehmen! So ist die heutige Feier der Altarweihe nicht nur eine Art Vorspiel auf das große Fest, das wir morgen öffentlich begehen. Morgen öffnen sich die Türen der Nuntiatur für viele Gäste, heute sind wir im kleinen Kreis versammelt, um das Herz dieses Gebäudes einzuweihen, den Ort des Allerheiligsten.

4. Das Herz der Apostolischen Nuntiatur

Wie jedes Gotteshaus, so hat auch dieser heilige Raum eine bleibende Mitte: den Altar. In der Lesung aus dem Alten Testament haben wir vom Traum des Jakob gehört (vgl. Gen 28,10 – 19): Jakob sah den Himmel offen und Engel auf einer Leiter auf- und niedersteigen. Als er am Morgen erwachte, salbte er den Stein, auf dem er geruht hatte. Wie damals Jakob den Stein, so darf ich heute den Altar dieser Kapelle salben und ihn durch die feierliche Weihe zu einem Geschenk für Gott machen. Damit wird der Altar dem weltlichen Bereich gleichsam entzogen. Er gehört ganz Gott. Und wie es im Traum des Jakob als Verheißung angedeutet ist, so wird sich über diesem Stein in gewisser Weise der Himmel öffnen.

Denn in der Eucharistie, die von nun an auf dem Altar gefeiert wird, berühren sich Himmel und Erde, Ewigkeit und Zeit, Gott und die Menschen, die um diese Mitte versammelt sind. Die Worte des Weihegebets, das über dem Altar gesprochen wird, sind ein Programm für alle, die sich in Zukunft um ihn scharen werden: »Für immer sei er Stätte des Opfers Christi, für immer der Tisch des Herrn, in dem Gottes Volk gestärkt wird im heiligen Mahl.« So ist der Altar Opferstein und zugleich festliche Tafel der Gemeinschaft, die sich in Jesu Namen versammelt. Auf diese Weise wird er auch zur Quelle der Einheit und zum Zeichen der Liebe zu Gott und den Menschen. Wie er das »Mysterium ecclesiae«, die bleibende Gegenwart Christi in seiner Kirche, darstellt, so soll er auch der Ort sein, an dem das »Mysterium fidei« tagtäglich gefeiert wird: »Deinen Tod, o Herr, verkünden wir und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit.«

5. Jesus Christus in unserer Mitte 

Ich wünsche Ihnen, lieber Herr Nuntius, Ihren Mitarbeitern im priesterlichen Dienst, den Schwestern der Christlichen Liebe und allen, die in diesem Haus wirken, daß diese Kapelle zu einer Oase der Einkehr werde, um Kraft zu schöpfen für die Aufgaben, die Ihnen gestellt sind. 

Diese Kapelle möge der Ort sein, um Jesus Christus die Anliegen der Kirche und Ihre persönlichen Dank- und Bittgebete vorzutragen. Wir wissen, daß die Zeit zum Gebet niemals verlorene Zeit ist. Im Gegenteil: Wer betet, gewinnt ein weises Herz. Ich möchte mit einer Frage schließen, die einst an den hl. Pfarrer von Ars gestellt wurde: Was macht eigentlich der Herr im Tabernakel? Und Johannes Maria Vianney gab die einfache und gleichzeitig so tiefe Antwort: Er wartet auf dich! Amen.

top