The Holy See
back up
Search
riga

BOTSCHAFT ANLÄßLICH DER KULTURTAGUNG IN GRAZ

15. Mai 2003

 

Seine Heiligkeit Papst Johannes Paul II. sendet den Teilnehmern an der Versammlung der europäischen Mitglieder und Konsultoren des Päpstlichen Rates für die Kultur und der Präsidenten der Bischöflichen Kulturkommissionen Europas anläßlich ihrer Tagung in Graz seine herzlichen Grüße und Segenswünsche. 

Der Heilige Vater hat mit Freude davon Kenntnis erlangt, daß die diesjährige Europatagung des Päpstlichen Kulturrates in der Hauptstadt des österreichischen Bundeslandes Steiermark stattfindet. Graz ist seit Jahrhunderten ein Ort von nicht geringer politischer wie kultureller Bedeutung und tritt im Jahr 2003 besonders als »Kulturhauptstadt Europas« in das Bewußtsein der Öffentlichkeit. Daher ist es ein glücklicher Umstand, daß der Päpstliche Kulturrat sich heuer in Graz versammelt und seiner Tagung das herausfordernde Thema »Christentum und Kultur in Europa am Beginn eines neuen Millenniums« gegeben hat. 

Seine Heiligkeit Papst Johannes Paul II. richtet einen herzlichen Gruß an den Präsidenten des Kulturrates, Seine Eminenz Kardinal Paul Poupard, und an den Diözesanbischof von Graz-Seckau, Seine Exzellenz Egon Kapellari, dessen großzügige Gastfreundschaft dieser Tagung den Rahmen verleiht. Der Heilige Vater grüßt freundlich die Hochwürdigsten Herrn Kardinäle, Erzbischöfe und Bischöfe sowie alle, die an der Begegnung von Graz teilnehmen, und wünscht ihren Arbeiten einen guten Erfolg. 

Von Anfang an weiß sich der Heilige Stuhl dem Prozeß der Europäischen Integration auf der Grundlage der völkerverbindenden Wert des christlichen Glaubens verbunden. Die Bemühungen um eine Erweiterung der Europäischen Union haben sich vor kurzer Zeit in den Beitrittsverhandlungen mit zehn sich um die Aufnahme in die EU bewerbenden Ländern, darunter unter anderem auch Polen, der Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn, erfolgreich konkretisiert. Dies darf als ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einer Stabilisierung des Kontinents betrachtet werden. Die Kirche hat den europäischen Einigungsprozeß stets kritisch und unterstützend begleitet. In der Europäischen Einigung erkennen Christen auch eine neue Herausforderung hinsichtlich der kulturprägenden Kraft des Glaubens und des Evangeliums. 

Die Grazer Versammlung des Päpstlichen Kulturrates widmet sich besonders auch den Fragen der Glaubensvermittlung im Blick auf die Vielfalt europäischer Kulturen und Lebenswelten und der Verkündigung des Evangeliums in einer oft von Unglauben und religiöser Gleichgültigkeit gekennzeichneten Zeit. Der Heilige Vater hat in seinem Apostolischen Schreiben zum Abschluß des Großen Jubiläums des Jahres 2000 darauf hingewiesen, daß das Christentum im Dritten Jahrtausend die »Notwendigkeit der Inkulturation« bedenken muß. Dabei hat es »voll seine eigene Identität in totaler Treue zur Verkündigung des Evangeliums und zur Tradition der Kirche« zu bewahren und trägt zugleich »das Angesicht der vielen Kulturen und Völker, in die es hineingegeben und verwurzelt wird« (Novo millennio ineunte, 40). 

Das Christentum hat die Kultur in Europa in vielfältiger Weise geprägt und tut dies auch heute. Europa ist nicht nur eine Wirtschafts-, sondern auch eine kulturell-spirituelle Wertegemeinschaft und soll dies noch mehr werden. Katholische Christen tragen und beseelen in Europa trotz aller Säkularisierungsprozesse einen großen Teil der Zivilgesellschaft. Ein neues, geeintes Europa kann deshalb nicht ohne oder gar gegen die Christen und ihre im Glauben begründeten Überzeugungen aufgebaut werden. Nach wie vor verfügen die Kirche und ihre Gläubigen in Europa über große Ressourcen an Kultur, Spiritualität und Solidarität, die sie weiterhin gerne in den Dienst einer menschenwürdigen Gesellschaft auf diesem Kontinent stellen wollen. 

Mission und Evangelisierung bleiben ein Dauerauftrag der Kirche und der Christen auch in einem neuen Europa. Nach dem Zeugnis des Evangeliums traten heidnische Griechen an die Jünger heran und baten: »Wir möchten Jesus sehen!« (Joh 12, 21). Auch die heutigen Jünger Jesu stehen unter dem Auftrag, Christus der Welt und Zeit, in der wir leben, zu zeigen, sein Antlitz aufscheinen zu lassen, damit es die Kulturen durchdringen und das Gesicht der Welt verändern kann. Diesen Dienst sind wir den Menschen, die mit uns auf dieser Erde leben, schuldig. Jesus Christus in den unterschiedlichen Kontexten europäischer Kultur der Gegenwart zu zeigen und zu verkündigen fordert von uns einen tiefen Glauben, Gelassenheit und Kompetenz. Im Vertrauen auf den Herrn, ohne den unser Tun vergeblich und unsere Existenz sinnlos wären, nehmen wir die Herausforderung an. Dazu erteilt Seine Heiligkeit Papst Johannes Paul II. den Teilnehmern der Grazer Tagung seines Kulturrates von Herzen den Apostolischen Segen. 

Angelo Kardinal Sodano 
Staatssekretär Seiner Heiligkeit 

Aus dem Vatikan, am 15. Mai 2003 

 

top