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BOTSCHAFT VON JOHANNES PAUL II.
ZUM KONGRESS "FREUDE AM GLAUBEN" IN REGENSBURG

 

Seiner Exzellenz
dem Hochwürdigsten Herrn
Bischof Dr. Gerhard Ludwig Müller
Bischof von Regensburg
Niedermünstergasse 1
D – 93047 Regensburg


Exzellenz!
Liebe Brüder und Schwestern!

In der traditionsreichen Bischofsstadt Regensburg versammeln sich heuer die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Kongreß »Freude am Glauben«, um das für jeden Christen relevante Thema »Lebe Deine Berufung« zu vertiefen. Der Heilige Vater Papst Johannes Paul II. nimmt regen Anteil an dieser Initiative des Forums der Deutschen Katholiken, das sich in den Dienst der Neuevangelisierung Deutschlands und Europas gestellt hat. Seine Heiligkeit hat mich beauftragt, Ihnen, Exzellenz, wie auch der Tagungsleitung, den Referenten, den Gästen und allen, die sich in diesen Tagen zum Lobpreis Gottes und zu einem lebendigen geistigen Austausch zusammenfinden, seine herzlichen Grüße und Segenswünsche zu übermitteln.

»Ich habe dich beim Namen gerufen« — so spricht Gott zum Propheten Jesaja (Jes 43,1), so spricht er zu jedem Menschen. Nach Gottes Ebenbild erschaffen, ist der Mensch zur ewigen beseligenden Gemeinschaft mit dem Dreieinigen Gott berufen. Es ist in der Tat ein ganz persönlicher Ruf, auf den der Mensch Antwort geben muß, und die erste Antwort ist immer die des jungen Samuel: »Rede, Herr, dein Diener hört« (vgl. 1 Sam 3,10). Die schließlich erkannte Berufung entspricht einem ewigen Plan der liebenden Vorsehung Gottes.

Wie schon der Apostel Paulus sagt, sind wir zwar alle zu dem einzigen und gemeinsamen Ziel gerufen, doch hat jeder seinen eigenen unverwechselbaren Weg dorthin zu finden, seine persönliche Berufung. Konkrete Lebensumstände, individuelle Begabungen und Grenzen, ausgeprägte Neigungen verhelfen, begleitet durch das Gebet um den Heiligen Geist, den Geist des Rates, dem jungen Menschen zur Klarheit über seine Berufung. Diese richtet sich naturgemäß an den einzelnen, dem sie die Richtung für sein Leben weist. Sie ist jedoch immer auch eine Berufung zum Dienst an den anderen, sei es in der Welt, sei es in der Gemeinschaft der Kirche.

In dieser Sicht kommt jedem ehrbaren Beruf seine eigene Würde zu. Sie hängt ungeachtet der Art der Berufstätigkeit vor allem davon ab, ob sie wirklich als Antwort auf Gottes Ruf verstanden und geleistet wird.

Berufung im christlichen Verständnis geht daher über die Vorstellung einer profanen Fertigkeit und Professionalität weit hinaus. Auch die Annahme des Lebensstandes — sowohl die des ehelichen als auch die des ehelosen um des Reiches Gottes willen (vgl. Mt 19,12) — steht in innerem Zusammenhang mit dem Hören auf den konkreten Willen Gottes für das persönliche Leben.

Lebe Deine Berufung! Diese Aufforderung setzt die Erkenntnis und Annahme der eigenen Berufung voraus. Die Berufung zu leben bedeutet, dem Ruf Gottes im erwählten Beruf und Lebensstand ganz und ohne Halbheiten zu folgen. Dies ist möglich, wenn die jeweilige Berufung zum Leben in der Welt und zu ihrer Gestaltung nach dem Willen des Schöpfers, wie auch jene priesterliche zum Dienst am Heiligtum in ihrer je unverwechselbaren Eigenart und Würde klarer erkannt und bei allem aufeinander Bezogen- und Angewiesensein deutlicher unterschieden werden.

Lebe Deine Berufung heißt, der um sich greifenden Unkultur des Todes ein neues und frohes Bewußtsein von der Größe und Schönheit der ehelichen Liebe, der Vater- und Mutterschaft entgegenzusetzen; stellt doch die Berufung zur Weitergabe des Lebens Mann und Frau in einzigartiger Weise in den Dienst des Schöpfers. Ebenso soll die Berufung zum Priestertum des Neuen Bundes als überaus erhabene und für die Erlösung und Heiligung der Welt unersetzliche Teilhabe am Hohenpriestertum Jesu Christi erkannt und hochgeachtet werden. Wenn Priester, Ordensleute und Laien ihrer je eigenen Berufung glaubwürdig und darum überzeugend folgen, erfüllen sie zugleich die allen Christen gemeinsame Sendung, das heilbringende Evangelium Jesu Christi in der Welt von heute und von morgen zu verkünden. Es ist immer das am Evangelium ausgerichtete Leben, das der Botschaft Christi die Ohren und Herzen der Menschen öffnet.

Der heutige Mensch »hört lieber auf Zeugen als auf Gelehrte, und wenn er auf Gelehrte hört, dann deshalb, weil sie Zeugen sind« (Papst Paul VI., Apostol. Schreiben Evangelii nuntiandi, 41). Gerade die Christen haben hier — jeder an seinem Platz — einen besonderen Beitrag zu leisten, um das kostbare Erbe der durch den Glauben vermittelten Werte lebendig zu erhalten, auf denen das Zusammenleben der Menschen und Völker Europas gegründet ist. Je mehr sich die Christen in ihrem Dienst an der Welt vom Geist des Evangeliums leiten lassen, desto lichtvoller und glücklicher wird ihre Zukunft sein.

Das Bistum und die Stadt Regensburg schauen mit der ganzen Kirche in Deutschland heuer dankbar auf den heiligen Bonifatius, dessen Martyrium vor 1250 Jahren wir in Kürze feierlich begehen. Auf die mächtige Fürsprache des Apostels der Deutschen erteilt Seine Heiligkeit Papst Johannes Paul II. Ihnen, Exzellenz, sowie den Organisatoren und allen Teilnehmern am diesjährigen Kongreß »Freude am Glauben« von Herzen den Apostolischen Segen.

Aus dem Vatikan, am 6. Mai 2004
Mit besten persönlichen Wünschen

Angelo Kardinal Sodano
Staatssekretär Seiner Heiligkeit

 

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