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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTAE"

 Wenn die Stille zu Musik wird

Donnerstag, 12. Dezember 2013

aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 51/52, 20. Dezember 2013

 

Weihnachten ist ein Fest, das mit sehr viel Lärm verbunden ist. Dabei wäre es, während wir diese Zeit der Erwartung durchleben, wichtig, gerade die Stille wiederzuentdecken, als den idealen Augenblick dafür, die Musikalität der Sprache zu erfassen, in der der Herr zu uns spricht. Einer Sprache, so sagte Papst Franziskus während der Messe, die er am 12. Dezember in der Kapelle von Santa Marta feierte, die der eines Vaters und einer Mutter zum Verwechseln ähnelt: beruhigend, voller Liebe und Zärtlichkeit.

Der Papst ging wie üblich von der Schriftlesung zum Tage aus, die dem Buch des Propheten Jesaja entnommen war (41,13-20), jenem Buch, das er vor einigen Tagen als »das Buch der Tröstung Israels« bezeichnet hatte, woran er selbst erinnerte. Papst Franziskus gestand, dass er »weniger über das, was der Herr sagt«, nachgedacht habe als vielmehr »darüber, wie der Herr es sagt«: und zwar, so erläuterte er unter Zuhilfenahme eines Vergleichs, »weniger in den Buchstaben als vielmehr in der Musik«.

Wie spricht der Herr zu uns? Vielleicht, so bekräftigte der Heilige Vater, mag es uns eigenartig erscheinen, dass ein großer Gott sagt: »Ich bin der Herr dein Gott, der deine rechte Hand ergreift, wie es der Vater mit dem Kinde tut. Und ich sage dir: Fürchte dich nicht, ich werde dir helfen.« Er verhält sich wie der Vater, der an die Seite seines Kindes eilt, wenn es nachts schlecht träumt und der zu ihm sagt: Fürchte dich nicht, ich bin hier bei dir«.

Gerade so spricht Jesus zu uns. Er »nähert« sich uns. »Wenn wir einen Vater oder eine Mutter sehen, die sich ihrem Kind nähern«, so erläuterte der Bischof von Rom, »dann sehen wir, dass sie klein werden, sie sprechen mit der Stimme eines Kindes und gestikulieren wie Kinder.« Wer ihnen dabei von außen zuschaue, könnte denken, dass sie sich lächerlich machen. Aber »die Liebe des Vaters und der Mutter verlangt danach, sich anzunähern«, sich »herabzubeugen zur Welt des Kindes.« Und das Kind würde sie auch dann verstehen, wenn der Vater und die Mutter ganz normal mit ihm reden würde; »aber sie wollen die Sprechweise des Kindes annehmen. Sie nähern sich an. Sie werden zu Kindern. Und genau so ist der Herr.«

Papst Franziskus berief sich auf »die griechischen Theologen«, die, »wenn sie über dieses Thema sprachen, ein sehr schwieriges Wort gebrauchten: das der ›synkatábasis‹, der ›Herablassung‹ Gottes, der akzeptiert, einer von uns zu werden.« Gerade so spreche der Herr. Und er tue dies sogar so wie die Eltern, die ihren Kindern »etwas lächerliche Dinge sagen – mein liebes Spielzeug! –, und all diese Dinge.« In der Tat »sagt auch Jesus: Du armer Wurm Jakob, du bist für mich ein Würmchen, du bist etwas winzig Kleines… aber ich liebe dich sehr.« Das »ist die Sprache des Herrn: eine Sprache der Liebe, die eines Vaters, einer Mutter.«

Natürlich, so fuhr der Papst fort, müssten wir auf das Wort des Herrn hören, das dieser zu uns sage; aber wir müssten auch darauf hören, »wie er es sage.« Und wir müssten dasselbe tun wie er, also »das tun, was er sagt, aber es so tun, wie er es sagt: liebevoll, zärtlich, mit jener ›Herablassung den Brüdern gegenüber.«

»Die Begegnung des Herrn mit Elija«, so gestand der Papst, »hat mich immer betroffen gemacht, der Augenblick, wo der Herr mit Elija spricht.« Er sei auf dem Berg gewesen, und als er ihn vorbeikommen gesehen habe, war »der Herr nicht im Sturm, nicht im Erdbeben, nicht im Feuer… Der Herr war in einem sanften, leisen Säuseln« (vgl. 1 Kön 19,11-13).

»In der Originalsprache», so führte der Bischof von Rom aus, »wird ein wunderschönes Wort gebraucht, das sich nicht präzise übersetzen lässt: er war in einem tönenden Hauch des Schweigens.

Ein tönender Hauch des Schweigens: so nähert sich der Herr, in jenem Tönen des Schweigens, das der Liebe zu eigen ist.« Und er sagte zu jedem einzelnen Menschen: »Du bist klein, ein schwacher Sünder; aber ich sage dir, dass ich dich wie zu einem neuen Dreschschlitten machen werde, zu einem neuen Dreschschlitten mit vielen Schneiden. Berge wirst du dreschen und sie zermalmen und Hügel machst du zu Spreu. Du worfelst sie, und es verweht sie der Wind, es zerstreut sie der Sturm.« So »macht er sich klein, um mich stark zu machen. Er geht in den Tod, unter dem Vorzeichen dieser ›Herablassung‹, damit ich leben kann.«

»Das«, so fügte Papst Franziskus noch hinzu, »ist die Musik der Sprache des Herrn. Wir müssen sie bei unseren Weihnachtsvorbereitungen hören. Das tut uns gut, sehr gut.« Für gewöhnlich sei Weihnachten »ein Fest, das mit sehr viel Lärm verbunden ist.

Es wird uns gut tun, ein wenig still zu werden «, um »diese Worte der Liebe zu hören, der großen Nähe, diese zärtlichen Worte.« Und er schloss: »Wir müssen in dieser Zeit still werden, denn, wie die Präfation sagt, wir sind in wachsamer Erwartung.«

 

 



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