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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
 

Das wahre Fasten

Freitag, 3. März 2017
 

(aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 12, 24. März 2017)

 

Wie kann man nur für ein Abendessen 200 Euro ausgeben und dann so tun, als sähe man beim Verlassen des Restaurants einen hungrigen Menschen nicht? Und wie kann man über Fasten und Buße reden und dann die Beiträge für eine Hausangestellte nicht überweisen oder seinen Angestellten nicht den rechten Lohn zahlen, indem man auf Schwarzgeld zurückgreift? Gerade vor der Gefahr, der Versuchung zu verfallen, »das Schmiergeld der Eitelkeit« zu nehmen, des guten Auftretens, indem man »der Kirche eine schöne Spende« macht, während man die Menschen »ausbeutet«, warnte Papst Franziskus in der Messe, die er am Freitag, 3. März, in Santa Marta feierte. Eine Betrachtung zur Bedeutung des »wahren Fastens«, die der vielsagenden Aktualität der Worte des Propheten Jesaja entspringt: »Nein, ist nicht dies ein Fasten, wie ich es liebe: die Fesseln des Unrechts zu lösen, die Stricke des Jochs zu entfernen, die Versklavten freizulassen, jedes Joch zu zerbrechen? Heißt dies nicht, an die Hungrigen das Brot auszuteilen, die obdachlosen Armen ins Haus aufzunehmen, wenn du einen Nackten siehst, ihn zu bekleiden und dich deinen Verwandten nicht zu entziehen?«

»Das Wort des Herrn«, verdeutlichte Franziskus sofort, »spricht heute vom Fasten, das heißt von der Buße, zu der wir in dieser Fastenzeit aufgerufen sind: die Buße, um sich dem Herrn zu nähern«. Im Psalm 50 nämlich haben wir gebetet: »Das Opfer, das Gott gefällt, ist ein zerknirschter Geist.« Und »ein Herz dessen, der sich als Sünder fühlt und darum weiß, ein Sünder zu sein, tritt in dieser Weise vor Gott und auf dieselbe Weise vor die anderen: ›Ich bin Sünder und deshalb versuche ich, mich zu erniedrigen.‹«

Die erste Lesung, so der Papst in Bezug auf den Abschnitt aus dem Buch Jesaja (58,1-9), »ist ein Gespräch zwischen Gott und jenen, die sich beklagen, dass Gott ihre Gebete, ihre Buße, ihr Fasten nicht erhört«. Der Herr sagt: »Euer Fasten ist ein künstliches Fasten, es ist kein Fasten in Wahrheit, es ist ein Fasten, um eine Formalität zu erledigen.« Denn »sie fasteten nur, um das Gesetz zu befolgen«. Und im Abschnitt aus dem Buch Jesaja »beklagen sie sich, weil ihr Fasten nicht wirksam war, und fragen: »Warum fasten, wenn du es nicht siehst, warum Buße tun, wenn du es nicht merkst?« Aber »seht«, so die Antwort des Herrn, »an euren Fasttagen macht ihr Geschäfte und treibt alle eure Arbeiter zur Arbeit an. Obwohl ihr fastet, gibt es Streit und Zank, und ihr schlagt zu mit roher Gewalt«. An und für sich, erklärte der Papst, »glaubten sie, dass das Fasten ein bisschen so ist, wie sich das Herz zu schminken: ›Ich bin gerecht, weil ich faste.‹« Und »das ist die Klage, die diese Jünger des Johannes – die gut waren – und die Pharisäer an Jesus richten: ›Ich bin gerecht, ich schminke mir mein Herz, doch dann streite ich und beute die Leute aus.‹«

»An euren Fasttagen macht ihr Geschäfte«: das »ist der wirksamste Sinn«, so der Papst, der hinzufügte, dass es sich um »schmutzige Geschäfte « handelt. Eine Handlungsweise, die »Jesus immer als Heuchelei bezeichnete«. So »haben wir es gehört, als Jesus am vergangenen Mittwoch davon redete: ›Wenn ihr fastet, macht kein finsteres Gesicht wie die Heuchler. Sie geben sich ein trübseliges Aussehen, damit die Leute merken, dass sie fasten.‹« Und »wenn du betest, dann lass es nicht sehen, dass du betest, damit die Leute sagen: ›Ach, so eine guter, so ein gerechter Mensch.‹« Also: »Wenn ihr Almosen gebt, dann blast nicht in die Posaune.«

Wieder im Abschnitt aus dem Buch Jesaja »erklärt der Herr diesen Leuten, die sich beklagen, was das wahre Fasten ist: ›Nein, ist nicht dies ein Fasten, wie ich es liebe? Die Fesseln des Unrechts zu lösen, die Stricke des Jochs zu entfernen, die Versklavten freizulassen, jedes Joch zu zerbrechen? Heißt dies nicht, an die Hungrigen das Brot auszuteilen, die obdachlosen Armen ins Haus aufzunehmen, wenn du einen Nackten siehst, ihn zu bekleiden und dich deinen Verwandten nicht zu entziehen?‹« Das andere dagegen »ist ›heuchlerisches‹ Fasten – das ist das Wort, das Jesus viele Male benutzt –, es ist ein Fasten, um sich sehen zu lassen oder um sich gerecht zu fühlen, doch in der Zwischenzeit habe ich Unrecht getan, bin ich nicht gerecht, beute ich die Leute aus.« Es gilt nicht zu sagen: »Ich bin doch großherzig, ich werde der Kirche eine schöne Spende zukommen lassen.« Vielmehr »sag mir, zahlst du deinen Hausangestellten den rechten Lohn? Deine Angestellten – zahlst du sie schwarz? Oder wie es das Gesetz vorsieht, damit sie ihren Kindern zu essen geben können?«

»Mir kommt eine Geschichte in den Sinn«, vertraute Franziskus an, »die ich über Pater Arrupe gehört habe«, den spanischen Ordensmann, der von 1965 bis 1983 Generaloberer der Gesellschaft Jesu war: »Als er Missionar in Japan war, am Anfang, voll apostolischen Eifers, nach der Atombombe, ist er durch einige Länder der Welt gereist, um diesen apostolischen Eifer zu erwecken und um Gebete für seine Mission in Japan und um Hilfe zu bitten. Und er hielt Konferenzen und erklärte die Situation. Er war ein Mann großen apostolischen Eifers und ein Mann des Gebets, wirklich.« Pater Arrupe »sprach von dieser Heuchelei und erzählte dazu, dass sich ihm eines Tages nach einer Konferenz eine in der Gesellschaft jenes Landes sehr wichtige Persönlichkeit näherte und zu ihm sagte: ›Pater, was Sie gesagt haben, hat mich berührt. Ich möchte Ihnen auch helfen. Kommen Sie morgen zu mir in mein Büro, denn ich möchte etwas spenden. Ich erwarte Sie morgen.‹« Und der Jesuit »ging so am Tag darauf zu ihm«; aber jener Mann »erwartete ihn zusammen mit einem Fotografen und einem Journalisten. Er war ein bekannter Geschäftsmann und sagte zu ihm: ›Pater, vielen Dank.‹ Er hielt eine kleine Rede, öffnete die Schublade, entnahm ihr einen Umschlag: ›Das ist die Spende für Japan, die ich Ihnen geben will. Vielen Dank.‹ Sie sprachen ein wenig miteinander und dann ist er weggegangen. Er hielt eine weitere Konferenz. Dann gibt er den Umschlag dem Sekretär, der ihm half, und der Sekretär kommt zu ihm und sagt: ›Aber Pater, wer hat Ihnen diesen Umschlag gegeben?‹ – ›Jener Herr, um mir zu danken‹ – ›Aber da sind zehn Dollar drin.‹«

»Das«, so der Papst, »ist dasselbe, was wir tun, wenn wir unseren Leuten nicht den rechten Lohn zahlen«. So »nehmen wir von unseren Bußtaten, von unseren Gesten des Gebets, des Fastens, des Almosengebens – wir nehmen ein ›Schmiergeld‹: das Schmiergeld der Eitelkeit, dass wir uns sehen lassen«. Doch »das ist nichts Echtes, das ist Heuchelei«. Also, so der Papst eindringlich: »wenn deshalb Jesus sagt:  ›Wenn ihr betet, tut dies im Verborgenen, wenn ihr Almosen gebt, dann blast nicht in die Posaune, wenn ihr fastet, dann seid nicht trübselig ist es, als sage er: ›Bitte: wenn ihr ein gutes Werk tut, dann zieht von diesem guten Werk kein Schmiergeld ab, es ist nur für den Vater.‹«

Im Abschnitt aus dem Buch Jesaja, so der Papst weiter, steht ein Wort des Herrn, das er an jene richtet, »die dieses heuchlerische Fasten betreiben«, ein Wort, das »für unsere Tage ausgesprochen zu sein scheint: ›Nein, ist nicht dies ein Fasten, wie ich es liebe? Die Fesseln des Unrechts zu lösen, die Stricke des Jochs zu entfernen, die Versklavten freizulassen, jedes Joch zu zerbrechen? Heißt dies nicht, an die Hungrigen das Brot auszuteilen, die obdachlosen Armen ins Haus aufzunehmen, wenn du einen Nackten siehst, ihn zu bekleiden und dich deinen Verwandten nicht zu entziehen?‹« Franziskus riet dazu, »an diese Worte zu denken: denken wir an unser Herz, wie wir fasten, beten, Almosen geben«. Und »es wird uns auch helfen«, so der Papst abschließend, »daran zu denken, was ein Mann nach einem Abendessen fühlt, für das er, ich weiß nicht, 200 Euro ausgegeben hat, und auf dem Heimweg sieht er dann einen Hungrigen und achtet nicht auf ihn und geht weiter. Es wird uns gut tun, daran zu denken«.

 



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