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ANSPRACHE VON JOHANNES PAUL II.
AN DIE VOLLVERSAMMLUNG DES PÄPSTLICHEN RATES DER SEELSORGE FÜR DIE MIGRANTEN UND MENSCHEN UNTERWEGS

25. Juni 1999

Verehrte Mitbrüder im Bischofsamt,
liebe Brüder und Schwestern!

1. Mit großer Freude empfange ich euch zum Abschluß der Arbeiten der »Plenarversammlung« des Päpstlichen Rates der Seelsorge für die Migranten und Menschen unterwegs. Alle grüße ich von ganzem Herzen, und mit aufrichtiger Hochachtung für euren Einsatz im Dienst des Hl. Stuhls danke euch für diesen Besuch. Insbesondere gilt mein Dank dem Präsidenten dieses Päpstlichen Rates, Msgr. Stephen Fumio Hamao, für die freundlichen Worte, die er in eurem Namen an mich gerichtet hat.

In den vergangenen Tagen habt ihr über die Bedeutung nachgedacht, die die Wallfahrten zu den verschiedenen Sanktuarien im kirchlichen Leben einnehmen. Diese Gebetsstätten sind, wie ich bereits betonte, »Meilensteine, die diesem Weg der Kinder Gottes über die Erde die Richtung weisen« (Predigt an die Gläubigen in Corrientes, Argentinien, 9. April 1987; in: DAS 1987, S. 538f.). Ihre reiche Realität weist sie aus als ein großes Geschenk Gottes an seine Kirche und die gesamte Menschheit.

2. Der Mensch sehnt sich nach der Begegnung mit Gott, und die Wallfahrten machen ihn mit dem Gedanken an jenen Hafen vertraut, den er auf seiner religiösen Suche erreichen will. Gemeinsam mit dem Psalmisten wird der Gläubige dort seinem Durst und Hunger nach dem Herrn Ausdruck geben: »Gott, du mein Gott, dich suche ich, meine Seele dürstet nach dir. Nach dir schmachtet mein Leib wie dürres, lechzendes Land ohne Wasser. Darum halte ich Ausschau nach dir im Heiligtum…Denn deine Huld ist besser als das Leben« (Ps 63,2–4).

Diese »Oasen des Geistes« bieten der kirchlichen Gemeinschaft somit ein ganz besonders günstiges Klima, um das Wort Gottes zu vertiefen und die Sakramente zu feiern, insbesondere das der Buße und der Eucharistie. In ihnen haben wir ferner die Möglichkeit, nützliche Glaubenserfahrungen zu machen und durch Werke der Nächstenliebe und den Dienst an den Notleidenden unsere Liebe zu den Brüdern zu bezeugen.

Überall in der Welt haben Bischöfe daher die Sanktuarien stets als Zentren tiefer Spiritualität gefördert, an denen die Gläubigen nicht nur ihren Glauben festigen, sondern sich auch der mit ihm verbundenen Pflichten im gesellschaftlichen Bereich tiefer bewußt werden und sich zu konkreten Hilfeleistungen verpflichtet fühlen, damit die Welt allmählich jenes Reich der Gerechtigkeit und des Friedens werde, auf das die erleuchteten Worte Jesajas hinweist: »Denn von Zion kommt die Weisung des Herrn, aus Jerusalem sein Wort …Dann schmieden sie Pflugscharen aus ihren Schwertern und Winzermesser aus ihren Lanzen…Man tut nichts Böses mehr und begeht kein Verbrechen auf meinem ganzen heiligen Berg; denn das Land ist erfüllt von der Erkenntnis des Herrn, so wie das Meer mit Wasser gefüllt ist« (2,3–4; 11,9).

Frieden und Solidarität unter den Menschen entspringen im Grunde der Versöhnung zwischen Gott und den Menschen. Daher muß der Pilger in den Sanktuarien eine konkrete Gelegenheit des Gebets und der Ruhe finden, um die Begegnung mit Gott und die tiefe Erfahrung seiner zärtlichen Liebe zu fördern. Vor allem die von schmerzlichen und ungerechten Situationen geprüften Migranten, Flüchtlinge und Evakuierte brauchen diese Erfahrung; auch Seeleute, das Personal der zivilen Luftfahrt, Nomaden und Zirkusleute verlangen nach ihr, all jene, die aus verschiedenen Gründen von denen getrennt sind, die ihnen nahestehen, finden in ihr geistlichen Trost.

3. Die Menschen kommen in unterschiedlicher innerer Haltung zum Sanktuarium. Viele Gläubige suchen es auf, um intensive Augenblicke der Kontemplation, des Gebets und tiefer spiritueller Erneuerung zu erleben. Andere besuchen die Sanktuarien gelegentlich zu bedeutenden Anlässen. Wieder andere suchen sie auf, um Ruhe zu finden, aus kulturellem Interesse oder lediglich aus Neugier. Es ist Aufgabe des für die diözesanen Heiligtümer zuständigen Bischofs und der Bischofskonferenz auf nationaler Ebene, mit Hilfe geeigneter pastoraler Richtlinien auf angemessene Art und Weise den Erwartungen jedes einzelnen zu entsprechen. Wesentlich ist, daß alle das erbarmende Wirken Gottes erfahren, der seinen Kindern sein eigenes Leben und die Gabe des Heils zuteil werden läßt. Im Heiligtum hallen die Worte Christi an die »Kleinen« und die »Armen« der Welt wider: »Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen« (Mt 11,28).

Wenn die Möglichkeit besteht, Kinder und Jugendliche zu empfangen, sollte das die Verantwortlichen für die Wallfahrtspastoral bestärken, in Zusammenarbeit mit der gesamten Kirchengemeinde einen noch qualifizierteren und ihrem Alter entsprechenden Dienst zu leisten.

4. Liebe Brüder und Schwestern, wir gehen dem Großen 2000jährigen Jubiläum entgegen. Im Kontext des Jubeljahres wird die Wallfahrt zu einem außerordentlich wertvollen Zeichen jenes Wegs, zu dem der Christ berufen ist, und jener Einsatzbereitschaft, mit der er das Jubeljahr feiern soll (vgl. Incarnationis mysterium, 7). Während ich jedem von euch herzlichst für den Einsatz und die pastorale Fürsorge danke, die eure tägliche Arbeit zum Ausdruck bringt, vertraue ich eure Bemühungen der tätigen Fürsprache der Jungfrau Maria an, ihr, die in den zahlreichen Sanktuarien verehrt und angerufen wird, die in allen Teilen der Welt Zeugen ihrer mütterlichen Präsenz unter den Jüngern Christi sind.

Die gemeinschaftliche und persönliche Begegnung mit Maria, dem »Leitstern der Evangelisierung« (Evangelii nuntiandi, 82), ermutigt die Gläubigen, so wie auch sie Verkünder jener ›großen Werke‹ zu werden, die Gott immerfort in seiner Kirche verwirklicht. Möge die mütterliche Gegenwart Marias in dem Volk Gottes spürbar sein, das nun die Schwelle des dritten Jahrtausends überschreitet.

Mit diesen Wünschen erteile ich allen Anwesenden und denen, die ihnen nahestehen, von Herzen meinen Apostolischen Segen.



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