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ANSPRACHE VON JOHANNES PAUL II.
AN DEN KOREANISCHEN BOTSCHAFTER BEIM HL. STUHL ANLÄßLICH DER ÜBERGABE DER BEGLAUBIGUNGSSCHREIBEN
*

Freitag, 4. Juli 2003

Herr Botschafter!

1. Mit Freude nehme ich das Beglaubigungsschreiben entgegen, durch das Präsident Roh Moohyun Sie als außerordentlichen und bevollmächtigten Botschafter der Republik Korea beim Apostolischen Stuhl akkreditiert.

Ich begrüße Sie herzlich und danke Ihnen für die freundlichen Worte, die Sie soeben an mich gerichtet haben. Außerdem bitte ich Sie, dem Staatsoberhaupt der Nation, die Sie vertreten, sowie den Mitgliedern der Regierung meine Hochachtung und Wertschätzung zu übermitteln für ihr Wirken für die Sicherheit und das Wohlergehen aller Einwohner Koreas wie auch für die gegenwärtigen Initiativen des Dialogs mit den Bewohnern des anderen Teils der koreanischen Halbinsel.

Die heutige Begegnung fällt auf den 40. Jahrestag der Eröffnung einer Vertretung der Republik Korea beim Heiligen Stuhl. In Wirklichkeit aber reicht die enge Verbundenheit zwischen der katholischen Kirche und dem koreanischen Volk zeitlich viel weiter zurück und gibt Zeugnis für die Fruchtbarkeit der Gegenwart Christi und der tiefen Wirkung seiner Botschaft. In der Tat konnte das Evangelium in den Wechselfällen der Geschichte auf koreanischem Boden eine Zeit des Wachstums und der Blüte erleben. Es hat zu einer größeren Aufgeschlossenheit seiner Bewohner untereinander beigetragen und einen fruchtbaren und gegenseitigen Austausch der Werte eurer Zivilisation mit anderen Ländern bewirkt. Die große Zahl der zur Ehre der Altäre erhobenen Koreaner ist Zeichen dafür, daß die Heiligkeit im Volk tiefe Wurzeln geschlagen hat, was der Universalkirche zur Ehre gereicht.

2. Die Vorsehung hat mir gestattet, das Land, das Sie repräsentieren, zweimal zu besuchen. Ich konnte die Fortschritte und Errungenschaften der Freiheit und des Wohlergehens einer jungen und dynamischen Gesellschaft kennenlernen. Trotzdem habe ich auch die Bitterkeit vieler Menschen wahrgenommen angesichts der Tatsache, daß die Halbinsel, die von einem einzigen Volk bewohnt ist, gezwungen wird, in einer schmerzvollen Teilung zu leben. Sicher geben die anhaltenden Gefühle der Feindseligkeit und der Gegensätzlichkeit zwischen den beiden Nationen Anlaß zur Sorge, aber es ist ein Grund zur Hoffnung, zu wissen, daß der konkrete Willen besteht, die Spannungen durch Dialog und Begegnungen zu lösen, mit dem Ziel die Unterschiede abzubauen und Möglichkeiten für eine fruchtbringende Übereinkunft zu finden.

Jedes ermutigende Signal in dieser Richtung muß mit Geduld und Mut, Beharrlichkeit und Weitsicht unterstützt werden. Nur durch den respektvollen Dialog können wirklich positive und dauerhafte Ziele erreicht werden. Die bis jetzt unterzeichneten Vereinbarungen bezeugen, daß ein aufrichtiger Wille zur friedlichen Beilegung der Streitigkeiten zu konkreten Fortschritten im gegenseitigen Respekt und im loyalen Verhalten führt, was von Vorteil ist nicht nur für die Versöhnung zwischen den beiden Staaten, sondern auch für die Stabilität jener Region, in die die koreanische Halbinsel eingebunden ist. Diese politische Vorgehensweise wird wahrscheinlich größere Kraft und Glaubwürdigkeit finden, wenn der besser entwickelte Teil der Halbinsel, soweit es in seinen Möglichkeiten steht, sich der dringenden Bedürfnisse des anderen Teils annimmt.

Der Heilige Stuhl sieht mit Wohlwollen jede Bemühung um Dialog und Zusammenarbeit wie auch die anhaltende Aufmerksamkeit für die schwächsten Glieder der Bevölkerung. Die Erinnerung an die Leiden der Vergangenheit darf das Vertrauen in eine bessere Zukunft nicht vermindern. Vielmehr ist es notwendig, die Gegenwart und die Zukunft Koreas auf der soliden Grundlage des Respekts vor der Person und der ständigen Suche nach Gerechtigkeit und Frieden aufzubauen. Mit diesem Ziel sind unter den gegenwärtigen Umständen unermüdlich die Bemühungen weiterzuführen, die auf die fortschreitende, ausgewogene und kontrollierbare Beseitigung der Massenvernichtungswaffen, besonders der Atomwaffen, ausgerichtet sind. »Dies fordert aber« – schrieb vor 40 Jahren mein verehrter Vorgänger Johannes XXIII. in der Enzyklika Pacem in terris (Nr. 3) –, »daß der wahre Friede unter den Völkern nicht durch die Gleichheit des militärischen Apparates, sondern nur durch gegenseitiges Vertrauen fest und sicher bestehen kann.« Es handelt sich dabei um eine Sache, »die nicht nur von den Gesetzen der gesunden Vernunft befohlen wird, sondern auch höchst wünschenswert und überaus segensreich wäre«.

3. Die katholische Gemeinschaft in Korea ist eine vielversprechende Realität, und ich weiß, daß sie Achtung und Respekt genießt. Sie inspiriert sich bei der Ausübung ihres Sendungsauftrags am Evangelium und läßt das eigene religiöse Zeugnis konkret werden durch Bildungseinrichtungen sowie soziale und karitative Einrichtungen, die von vielen geschätzt werden.

Den Geboten Christi treu, verkündet die katholische Kirche das Evangelium vom Leben. Sie verbirgt ihre Sorge über das traurige Phänomen der Abtreibung nicht, das ein schreckliches soziales Übel ist. Die Abtreibung wird begleitet von der weit verbreiteten Praxis der künstlichen Geburtenkontrolle und der Verbreitung einer Mentalität des Nützlichkeitsdenkens, die sogar die skrupellosesten genetischen Manipulationen, wie auch nach wie vor die Todesstrafe, rechtfertigt und unterstützt. Angesichts dieser schwerwiegenden Bedrohungen des Lebens spürt die Kirche, daß es ihre Pflicht ist, an jene Werte zu erinnern, an die sie glaubt: Werte, die gemeinsames Erbe der Menschheit sind, weil sie mit dem Naturgesetz von Gott in das Herz jedes Menschen eingeschrieben sind.

Ein Programm, das sich die Verteidigung des Lebens und der Familie zum obersten Ziel macht, wird sicherlich zum Zusammenhalt und zur Stabilität der koreanischen Gesellschaft beitragen. Ich möchte in diesem Zusammenhang an das erinnern, was ich in der Enzyklika Evangelium vitae geschrieben habe: »Wenn infolge einer tragischen kollektiven Trübung des Gewissens der Skeptizismus schließlich sogar die Grundsätze des Sittengesetzes in Zweifel zöge, würde selbst die demokratische Ordnung in ihren Fundamenten erschüttert, da sie zu einem bloßen Mechanismus empirischer Regelung der verschiedenen und gegensätzlichen Interessen verkäme« (Nr. 70).

4. Herr Botschafter, ich wünsche von Herzen, daß die zwischen dem Heiligen Stuhl und dem von Ihnen vertretenen Land bestehenden Beziehungen sich dank eines gewinnbringenden Dialoges immer mehr intensivieren mögen.

Ich wende mich an Sie mit der Bitte, dem Präsidenten von Korea, den Mitgliedern der Regierung und dem geliebten Volk, als dessen Repräsentant Sie hier arbeiten, meinen herzlichen Gruß und meine besten Wünsche für das Wachstum und den Fortschritt des Landes in Gerechtigkeit und Frieden zu übermitteln.

Bei der Erfüllung des hohen Amtes, das Ihnen anvertraut wurde, können Sie mit meinem Wohlwollen und der sachkundigen Unterstützung meiner Mitarbeiter rechnen. Ich versichere Sie meines Gebetes und rufe auf Sie und alle, in deren Namen Sie hierhergekommen sind, den reichen Segen des Himmels herab.


*L'Osservatore Romano n. 37 pp. 7, 8.

 

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