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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"

 

Die Liebe ist keine Telenovela

 Donnerstag, 9. Januar 2014

 

aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 4, 24. Januar 2014

 

Die wahre Liebe ist nicht die Schwärmerei der Telenovelas. Sie besteht nicht aus Illusionen. Die wahre Liebe ist konkret, sie setzt auf Taten, nicht auf Worte, auf das Geben und nicht auf die Suche nach dem eigenen Vorteil. Das geistliche Rezept, um diese Liebe bis ins Tiefste zu leben, ist das Wort »bleiben«: ein »zweifaches Bleiben: wir in Gott und Gott in uns«.

Papst Franziskus unterstrich in der Messe, die er am Donnerstag früh, 9. Januar, in der Kapelle der Casa Santa Marta feierte, dass die Person Jesu Christi, das Mensch gewordene Wort Gottes, das einzige Fundament der wahren Liebe sei. Diese Wahrheit sei »der Schlüssel zum christlichen Leben«, das »Kriterium« der Liebe.

Der Papst entnahm die Anregungen für seine Reflexionen wie üblich den Schriftlesungen zum Tage, vor allem der ersten Lesung (1 Joh 4,11-18), wo wiederholt ein ganz entscheidendes Wort falle: »bleiben«. Der Apostel Johannes »sagt uns wiederholt, dass wir im Herrn bleiben sollen. Und er sagt uns auch, dass der Herr in uns bleibt.« Er sage im Grunde, »dass das christliche Leben gerade dieses ›Bleiben‹ sei, dieses zweifache Bleiben: wir in Gott und Gott in uns.« Aber »Nicht im Geist der Welt bleiben, nicht an Oberflächlichkeiten hängen bleiben, nicht beim Götzendienst bleiben, nicht in der Eitelkeit bleiben. Nein, im Herrn bleiben!« Der Papst erklärte dazu, dass der Herr unser Verhalten »erwidert« und so »in uns bleibt«. Vielmehr »bleibt er als erster in uns«, die wir ihn hingegen »oft verjagen« und so »nicht in ihm bleiben können«.

»Wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott, und Gott bleibt in ihm«, schreibt der Johannesbrief weiter, der, wie der Papst bekräftigte, uns praktisch sage, dass »dieses Bleiben dasselbe ist, wie in der Liebe zu bleiben«. Und es sei »schön, das über die Liebe zu hören!«, so fügte er hinzu, wobei er allerdings warnte: »Schaut, die Liebe, von der Johannes spricht, ist keineswegs die Liebe, der wir in den Telenovelas begegnen! Nein, es ist etwas ganz anderes!« In der Tat, so erläuterte der Papst, »hat die christliche Liebe stets eine besondere Qualität: die Konkretheit. Die christliche Liebe ist konkret. Jesus selbst spricht in Bezug auf die Liebe über ganz konkrete Dinge: die Hungrigen speisen, die Kranken besuchen«. All das seien »konkrete Dinge«, eben weil »die Liebe konkret ist«. Das sei »die christliche Konkretheit«.

Papst Franziskus warnte daher: »Wenn eine solche Konkretheit nicht vorhanden ist«, dann ende man damit, »ein Christentum voller Illusionen zu leben, weil man nicht genau versteht, wo der Mittelpunkt der Botschaft Jesu ist.« Die Liebe »wird nicht konkret« und werde dann »eine Liebe voller Illusionen«. Eine »Illusion« sei auch das, was »die Jünger hatten, die, als sie Jesus sahen, glaubten, er sei ein Gespenst«, wie der Abschnitt aus dem Markusevangelium berichte (6,45-52). Aber, so kommentierte der Papst, »eine Liebe, die aus Illusionen besteht, die nicht konkret ist, tut uns nicht gut«.

»Wann aber geschieht das?« So lautete die Frage des Papstes, die er stellte, um verständlich zu machen, wie es geschehe, dass man sich Illusionen mache und nicht konkret sei. Und die Antwort hierauf, so sagte er, finde sich ganz klar und eindeutig im Evangelium. Als die Jünger meinen, ein Gespenst zu sehen, so erläuterte der Papst mit den Worten aus dem Evangelium, »da waren sie bestürzt und außer sich. Denn sie waren nicht zur Einsicht gekommen, als das mit den Broten geschah; ihr Herz war verstockt.« Und »wenn du ein verstocktes, verhärtetes Herz hast, dann kannst du auch nicht lieben. Und du meinst, die Liebe bestehe darin, sich Dinge einzubilden. Nein, die Liebe ist konkret!«

Es gebe ein fundamentales Kriterium, um wirklich die Liebe zu leben, bekräftigte der Papst. »Das Kriterium, dass wir in Gott bleiben und Gott in uns, und das Kriterium der christlichen Konkretheit ist stets dasselbe: Das Wort ist Fleisch geworden. « Das Kriterium sei der Glaube an die »Menschwerdung des Wortes, an Gott, der Mensch geworden ist«. Und »ohne diese Grundlage gibt es kein wahres Christentum. Der Schlüssel zum christlichen Leben ist der Glaube an Jesus Christus, das Wort Gottes, das Mensch geworden ist.«

Papst Franziskus schlug vor, wie man den Stil der konkreten Liebe »kennenlernen« könne, und erklärte, dass »sich aus diesem Kriterium einige Konsequenzen ergeben«. Er benannte zwei davon. Die erste sei, dass »die Liebe mehr aus Werken als aus Worten bestehe. Jesus selbst hat es gesagt: In das Himmelreich kommen nicht jene, die ›Herr, Herr‹ rufen, die viel reden; sondern jene, die den Willen Gottes tun.« Der Christ sei also dazu aufgefordert, »konkret« zu sein, indem er »die Werke Gottes« vollbringe.

Es gebe eine Frage, die ein jeder sich selbst stellen müsse: »Wenn ich in Jesus bleibe, wenn ich im Herrn bleibe, wenn ich in der Liebe bleibe, was tue ich dann – nicht: was denke, oder was sage ich! – für Gott oder für die anderen Menschen?« »Das erste Kriterium ist also, dass man durch Werke liebt, nicht durch Worte.« Im Übrigen würden die Worte »vom Wind fortgetragen: heute sind sie da, morgen aber nicht mehr.« Das »zweite Kriterium für die Konkretheit ist: In der Liebe ist es wichtiger zu geben als zu nehmen. « Ein Mensch, »der liebt, gibt, er gibt Leben, er schenkt sich selbst Gott und seinen Mitmenschen«. Der Mensch hingegen, »der nicht liebt und der ein Egoist ist, trachtet stets danach, etwas zu erhalten. Es verlangt ihn immer danach, Dinge zu erhalten, Vorteile zu erhalten.« Daher laute der geistliche Rat, »ein offenes Herz zu bewahren, nicht eines wie das der Jünger, das verschlossen war« und das dazu führte, dass sie nicht verstanden. Es handle sich darum, »in Gott zu bleiben«, so dass »Gott in uns bleibt. Und in der Liebe zu bleiben«.

Das einzige »Kriterium für dieses Bleiben ist unser Glaube an Jesus Christus, das Mensch gewordene Wort Gottes: also genau das Geheimnis, das wir in dieser Zeit feiern.« Und Papst Franziskus unterstrich erneut, dass »die beiden praktischen Konsequenzen dieser christlichen Konkretheit, dieses Kriteriums, darin bestehen, dass die Liebe mehr in den Werken als in den Worten liegt und dass Liebe mehr Geben als Nehmen ist«.

Gerade dann, »wenn wir an diesen drei letzten Tagen der Weihnachtszeit das Kind anschauen, wenn wir das Mensch gewordene Wort betrachten«, lud der Papst abschließend ein, »wollen wir unseren Glauben an Jesus Christus, wahren Gott und wahren Menschen« erneuern.

»Und bitten wir um die Gnade«, so bat er, »dass er uns diese Konkretheit der christlichen Liebe schenken möge, damit wir stets in der Liebe bleiben « und folglich dafür Sorge tragen können, »dass er in uns bleibt«.



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