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JOHANNES PAUL II.

GENERALAUDIENZ

Mittwoch, 13. Oktober 2004

 

Lesung: Epheserbrief 1,3.7–8

3 Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus: Er hat uns mit allem Segen seines Geistes gesegnet durch unsere Gemeinschaft mit Christus im Himmel.
4 Denn in ihm hat er uns erwählt vor der Erschaffung der Welt, damit wir heilig und untadelig leben vor Gott;
5 er hat uns aus Liebe im voraus dazu bestimmt, seine Söhne zu werden durch Jesus Christus und nach seinem gnädigen Willen zu ihm zu gelangen,
6 zum Lob seiner herrlichen Gnade. Er hat sie uns geschenkt in seinem geliebten Sohn;
7 durch sein Blut haben wir die Erlösung, die Vergebung der Sünden nach dem Reichtum seiner Gnade.
8 Durch sie hat er uns mit aller Weisheit und Einsicht reich beschenkt
9 und hat uns das Geheimnis seines Willens kundgetan, wie er es gnädig im voraus bestimmt hat:
10 Er hat beschlossen, die Fülle der Zeiten heraufzuführen, in Christus alles zu vereinen, alles, was im Himmel und auf Erden ist.

1. Vor uns haben wir ein feierliches Loblied, das den Brief an die Epheser eröffnet, eine Seite von großer theologischer und geistlicher Dichte, einen wunderbaren Ausdruck des Glaubens und vielleicht der Liturgie der Kirche aus der Zeit der Apostel.

Ganze vier Mal, in allen Wochen, in die sich Liturgie der Vesper gliedert, wird der Hymnus angeboten, damit der Gläubige diese großartige Ikone Christi, den Kern der Spiritualität und des christlichen Kultes, aber auch das Prinzip der Einheit und des Sinnes des Universums und der ganzen Geschichte, betrachten und verkosten kann. Der Lobpreis steigt von der Menschheit zum Vater im Himmel auf (vgl. V. 3), ausgehend vom Heilswerk des Sohnes.

2. Der Lobpreis beginnt mit dem ewigen göttlichen Plan, den Christus zu vollenden gerufen ist. In diesem Plan leuchtet vor allem unsere Erwählung hervor, »heilig und untadelig« zu sein, nicht so sehr auf ritueller Ebene – wie es diese im Alten Testament für den Opferkult verwandten Adjektive anscheinend nahelegen –, sondern »aus Liebe« (vgl. V. 4). Es handelt sich also um eine Heiligkeit und eine moralische, existenzielle, innere Lauterkeit.

Für uns aber hat der Vater noch ein weiteres Ziel im Sinn: Durch Christus bestimmt er uns dazu, das Geschenk der Sohneswürde anzunehmen und Söhne im Sohn und Brüder Jesu zu werden (vgl. Röm 8,15.23; 9,4; Gal 4.5). Dieses Gnadengeschenk breitet sich durch »den geliebten Sohn« aus, den Eingeborenen schlechthin (vgl. V. 5–6).

3. Auf diesem Weg bewirkt der Vater in uns einen radikalen Wandel: eine volle Befreiung vom Bösen, »die Erlösung durch das Blut« Christi, »die Vergebung der Sünden nach dem Reichtum seiner Gnade« (vgl. V. 7). Christi Opfertod am Kreuz, höchster Akt der Liebe und Solidarität, gießt auf uns eine überreiche Welle von Licht, von »Weisheit und Einsicht« aus (vgl. V. 8). Wir sind verklärte Geschöpfe. Unsere Sündenschuld ist getilgt, wir erkennen den Herrn in Fülle. Und weil die Erkenntnis in der biblischen Sprache Ausdruck der Liebe ist, führt sie uns tiefer in das »Geheimnis« des göttlichen Willens ein (vgl. V. 9).

4. Ein »Geheimnis«, das heißt ein transzendenter und vollkommener Plan, der einen wunderbaren Heilsplan enthält: »Alles, was im Himmel und auf Erden ist, in ihm zu vereinen« (V. 10). Der griechische Text verrät, daß Christus der »kephalaion«, das heißt der Angelpunkt, die zentrale Achse geworden ist. Zu ihm strebt alles Geschaffene hin und erhält von ihm seinen Sinn. Das griechische Wort verweist auf ein anderes, das den Briefen an die Epheser und an die Kolosser lieb ist: »kephale«, »Haupt«, das die von Christus im Leib der Kirche übernommene Funktion deutlich macht.

Jetzt weitet sich der Blick auf den Kosmos, indem er auch die besondere kirchliche Dimension des Werkes Christi einschließt. Gott wollte »durch ihn alles versöhnen. Alles im Himmel und auf Erden wollte er zu Christus führen, der Friede gestiftet hat am Kreuz durch sein Blut« (Kol 1,20).

5. Wir beenden unsere Betrachtung mit einem Gebet des Lobes und Dankes für die von Christus in uns gewirkte Erlösung. Wir tun es an Hand eines Textes, der in einem alten Papyrus des 4. Jahrhunderts enthalten ist.

»Herr und Gott, wir rufen zu dir. Du weißt alles, nichts entgeht dir, Lehrer der Wahrheit. Du hast das Universum geschaffen und wachst über jedes Lebewesen. Du führst alle, die in der Finsternis und im Schatten des Todes waren, auf den Weg der Wahrheit. Du willst alle Menschen retten und ihnen die Wahrheit bekannt machen. Alle zusammen bringen wir dir Lob- und Danklieder dar.« Der Beter fährt fort: »Du hast uns mit dem kostbaren und unbefleckten Blut deines einzigen Sohnes von jeder Verirrung und von der Knechtschaft erlöst. Du hast uns befreit vom Teufel und hast uns Herrlichkeit und Freiheit gewährt. Wir waren tot, und du hast uns mit Leib und Seele im Heiligen Geist wiedergeboren. Wir waren befleckt, und du hast uns rein gewaschen. Darum bitten wir dich, Vater des Erbarmens und Gott allen Trostes: Stärke uns in unserer Berufung, in der Anbetung und in der Treue.« Das Gebet schließt mit der Bitte: »Stärke uns, gütiger Herr, mit deiner Kraft. Erleuchte unsere Seele mit deinem Trost… Gewähre uns, die Güter des Himmels und nicht die der Erde zu suchen und zu betrachten. So wird durch die Kraft deiner Gnade die allmächtige, heiligste und allen Lobes würdige Macht in Jesus Christus, dem vielgeliebten Sohn, mit dem Heiligen Geist verherrlicht in Ewigkeit. Amen« (A. Hamman, Preghiere dei primi cristiani, Milano 1955, Ss. 92–94).


Der paulinische Brief an die Epheser beginnt mit einem feierlichen Loblied auf den Heilsplan Gottes. Im Mittelpunkt steht Christus, der Grund unserer Erlösung. Er führt uns auf den Weg einer radikalen Umgestaltung, die Befreiung von der Macht des Bösen bedeutet. „Alles, was im Himmel und auf Erden ist" (V. 10), wird nach dem Willen des Vaters in Christus zur Vollendung geführt.

Durch sein Kreuzesopfer, den Akt höchster Liebe und Solidarität, hat Jesus Christus den Erlösten die Würde der Sohnschaft erworben. Dieses Gnadengeschenk beinhaltet zugleich einen Auftrag: heilig und untadelig zu leben vor Gott – denn dazu sind wir Christen erwählt (vgl. V. 4).

***

Mit Freude heiße ich die Pilger und Besucher aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und aus Liechtenstein willkommen. Einen besonderen Gruß richte ich an die Gäste des Collegium Germanicum, die aus Anlaß der Priesterweihen nach Rom gepilgert sind, sowie an die Gläubigen aus dem Erzbistum Hamburg. Preist den Herrn mit eurem ganzen Leben! Gottes Geist geleite euch.

 



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