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BISCHOFSSYNODE
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XV. ORDENTLICHE GENERALVERSAMMLUNG

 

DIE JUGENDLICHEN, DER GLAUBE
UND DIE ERKENNTNIS DER BERUFUNG

ABSCHLUSSDOKUMENT

27. Oktober 2018

VATIKANSTADT

 

EINLEITUNG

Wie wir die Synode erlebt haben

1. „Ich werde von meinem Geist ausgießen über alles Fleisch. Eure Söhne und eure Töchter werden prophetisch reden, eure jungen Männer werden Visionen haben und eure Alten werden Träume haben“ (Apg 2,17; vgl. Gal 3,1). Diese Erfahrung haben wir auf dieser Synode gemacht, während wir gemeinsam gegangen sind und auf die Stimme des Heiligen Geistes gehört haben. Er hat uns mit dem Reichtum seiner Gaben überrascht und uns mit seinem Mut und seiner Kraft erfüllt, damit wir Hoffnung in die Welt tragen.

Wir sind gemeinsam mit dem Nachfolger Petri gegangen, der uns im Glauben gestärkt und in der Begeisterung für die Mission Kraft gespendet hat. Obwohl wir aus kulturell und kirchlich sehr unterschiedlichen Kontexten kamen, haben wir von Anfang an einen spirituellen Gleichklang gespürt, den Wunsch nach Dialog und wahrem Mitgefühl. Wir haben zusammen gearbeitet und uns darüber ausgetauscht, was uns am meisten am Herzen lag, und dabei über unsere Anliegen gesprochen, ohne zu verbergen, womit wir uns schwer tun. Viele Beiträge haben uns im Geiste des Evangeliums bewegt und Mitgefühl in uns geweckt: Wir haben uns als ein Leib gefühlt, der Leid wie auch Freude empfindet. Die Erfahrung der Gnade, die wir erlebt haben, wollen wir mit allen teilen und unseren Kirchen und der ganzen Welt die Freude am Evangelium überbringen.

Dass junge Menschen dabei waren, war etwas Neues: Durch sie erklang die Stimme einer ganzen Generation in der Synode. Während wir mit ihnen zum Grab Petri gepilgert sind, haben wir erlebt, dass Nähe die Voraussetzungen dafür schafft, die Kirche zu einem Ort des Dialogs und des Zeugnisses der Brüderlichkeit werden zu lassen, der uns fasziniert. Durch diese kraftvolle Erfahrung wird jede Mühe und Schwäche überwunden. Denn der Herr sagt uns wieder und wieder: Fürchtet euch nicht, ich bin bei euch.

Der Vorbereitungsprozess

2. Von den Beiträgen der Bischöfe und den Überlegungen der Seelsorger, Ordensleute, Laien, Experten, Erzieher und vieler anderer haben wir sehr profitiert. Von Anfang an wurden die Jugendlichen in den synodalen Prozess einbezogen: Der Online-Fragebogen, viele persönliche Beiträge und vor allem die Vorsynode sind ein beredtes Zeichen dessen. Sie haben einen wesentlichen Beitrag zur Synode geleistet, ebenso wie in der Erzählung von den Broten und den Fischen, in der Jesus das Wunder dank der Hilfsbereitschaft eines Jungen vollbringen konnte, der großherzig alles angeboten hat, was er hatte (vgl. Joh 6,8–11).

Alle Beiträge sind in das Instrumentum laboris eingeflossen, das während der mehrere Wochen dauernden Synode eine solide Diskussionsgrundlage bildete. Das Abschluss­dokument enthält nun das Ergebnis dieses Prozesses und trägt es in die Zukunft: Es bringt zum Ausdruck, was die Synodenväter im Lichte des Wortes Gottes erkannt, gedeutet und entschieden haben.

Das Abschlussdokument der Synode

3. Es ist wichtig zu klären, wie Instrumentum laboris und Abschlussdokument zueinander in Beziehung stehen. Ersteres ist als einheitlicher, zusammenfassender Bezugsrahmen während der zwei Jahre des Zuhörens entstanden; letzteres ist das Ergebnis der Unter­scheidung, die stattgefunden hat, und vereint jene Themenschwerpunkte, die sich heraus­kristallisiert, und auf die sich die Synodenväter mit besonderer Intensität und Leidenschaft konzentriert haben. Wir erkennen daher die Verschiedenheit und Komple­mentarität dieser beiden Texte an.

Das vorliegende Dokument wird dem Heiligen Vater (vgl. PAPST FRANZISKUS, Episcopalis communio, Nr. 18; Instruktion, Art. 35 § 5) sowie der ganzen Kirche als Frucht dieser Synode vorgelegt. Da der Weg der Synode noch nicht abgeschlossen und eine Umsetzungsphase geplant ist (siehe Episcopalis communio, Nr. 19–21), dient das Abschlussdokument als Orientierungshilfe für die nächsten Schritte, zu denen die Kirche gerufen ist.

 

* In diesem Dokument sind mit dem Begriff „Synode“ jeweils der gesamte laufende Synodalprozess bzw. auch die Generalversammlung vom 3. bis 28. Oktober 2018 gemeint.


VORWORT

 

Jesus geht mit den Jüngern von Emmaus

4. In der Geschichte der Emmaus-Jünger (vgl. Lk 24,13–35) haben wir einen paradigma­tischen Text erkannt, der uns die kirchliche Sendung in Bezug auf die junge Generation verstehen lässt. Diese Stelle bringt gut zum Ausdruck, was wir während der Synode erlebt haben und was jede unserer Teilkirchen in ihrem Verhältnis zu jungen Menschen erfahren sollte. Jesus geht mit den beiden Jüngern mit, die den Sinn seiner Geschichte nicht verstanden haben und sich mehr und mehr von Jerusalem sowie der Gemeinschaft entfernen. Um weiter bei ihnen zu sein, geht er den Weg gemeinsam mit ihnen. Er befragt sie und hört sich geduldig ihre Sicht der Dinge an, um ihnen dabei zu helfen wahrzunehmen, was sie gerade erleben. Dann verkündet er ihnen liebe- und eindrucksvoll das Wort und leitet sie an, die erlebten Ereignisse im Lichte der Heiligen Schrift zu interpretieren. Er nimmt ihre Einladung, bei Einbruch der Dunkelheit bei ihnen zu bleiben, an: Er tritt in ihre Nacht ein. Während sie ihm zuhören, erwärmt sich ihr Herz und ihr Geist erstrahlt, beim Brechen des Brotes öffnen sich ihre Augen. Sie selbst wählen, noch in derselben Stunde auf dem Weg umzukehren, um zur Gemeinschaft zurückzugehen und die erlebte Begegnung mit dem Auferstandenen mit den anderen zu teilen.

Ebenso wie das Instrumentum laboris ist auch das Abschlussdokument in drei Teile ge­gliedert, die von dieser Episode geprägt sind. Der erste Teil mit dem Titel „Und er ging mit ihnen“ (Lk 24,15) soll aufzeigen, was die Synodenväter von dem Lebensumfeld, in dem junge Menschen sich bewegen, wahrgenommen haben, und dessen Stärken und Herausforderungen herauskristallisieren. Der zweite Teil, „Da wurden ihre Augen aufgetan“ (Lk 24,31), ist als Interpretation zu verstehen und zeigt einige Punkte auf, anhand derer sich das Synodenthema erschließen lässt. Der dritte Teil mit dem Titel „Noch in derselben Stunde brachen sie auf“ (Lk 24,33) enthält Wahlmöglichkeiten für eine spirituelle, pastorale und missionarische Umkehr.


TEIL I
„UND ER GING MIT IHNEN“

5. „Und siehe, am gleichen Tag waren zwei von den Jüngern auf dem Weg in ein Dorf namens Emmaus, das sechzig Stadien von Jerusalem entfernt ist. Sie sprachen miteinander über all das, was sich ereignet hatte. Und es geschah, während sie redeten und ihre Gedanken austauschten, kam Jesus selbst hinzu und ging mit ihnen“ (Lk 24,13–15).

In diesem Abschnitt schildert der Evangelist in einer Art Momentaufnahme das Bedürfnis der beiden Wanderer, in den erlebten Ereignissen nach einem Sinn zu suchen. Die Haltung Jesu, der sich mit ihnen auf den Weg macht, wird unterstrichen. Der Auferstandene will jeden jungen Menschen auf seinem Weg begleiten und seine Erwartungen, mögen sie auch enttäuscht werden, und seine Hoffnungen, mögen sie auch unangemessen sein, annehmen. Jesus geht, hört zu und teilt.

 

KAPITEL I
EINE HÖRENDE KIRCHE

Empathisch zuhören und sehen

Der Wert des Zuhörens

6. Zuhören ist eine Begegnung der Freiheit, die Demut, Geduld, Verständnisbereitschaft und das Bemühen erfordert, Antworten neu zu formulieren. Zuhören verwandelt das Herz derjenigen, die es leben, besonders wenn man es aus einer inneren Einstellung des Einklangs und der Fügsamkeit gegenüber dem Heiligen Geist tut. Es ist also nicht nur ein Sammeln von Informationen oder eine Strategie zur Erreichung eines Ziels, sondern es ist die Form, wie Gott selbst eine Beziehung zu seinem Volk eingeht. Denn Gott sieht das Elend seines Volkes und hört seine Klage, er lässt sich in seinem Herzen berühren und kommt herab, um es zu befreien (vgl. Ex 3,7–8). Die Kirche tritt somit durch das Zuhören in die Bewegung Gottes ein, der in seinem Sohn jedem Menschen entgegenkommt.

Junge Menschen möchten, dass man ihnen zuhört

7. Junge Menschen sind ständig damit konfrontiert, lebensbestimmende Entscheidungen zu treffen; sie äußern den Wunsch, dass man ihnen zuhört, sie anerkennt und begleitet. Viele machen die Erfahrung, dass man ihre Stimme im sozialen und kirchlichen Bereich nicht für interessant und nützlich hält. In verschiedenen Kontexten und vor allem bei den Ärmsten und Ausgebeuteten merkt man, dass ihrem Rufen nur spärliche Aufmerksamkeit zuteilwird und kaum ein Erwachsener bereit und fähig ist, ihnen zuzuhören.

Das Zuhören in der Kirche

8. In der Kirche mangelt es nicht an bewährten Initiativen und Erfahrungen, die junge Menschen erfahren lassen, dass sie angenommen werden und dass man ihnen zuhört, und in denen sie ihrer Stimme Gehör verschaffen können. Die Synode erkennt jedoch an, dass die kirchliche Gemeinschaft nicht immer weiß, wie sie die Haltung des Auferstandenen gegen­über den Jüngern von Emmaus deutlich machen kann, als er sie, bevor er sie mit dem Wort erleuchtete, fragte: „Was sind das für Dinge, über die ihr auf eurem Weg miteinander redet?“ (Lk 24,17). Manchmal ist man lieber mit vorgefertigten Antworten und Patentrezepten zur Stelle, anstatt die Fragen der Jugendlichen in all ihrer Neuheit zuzulassen und die in ihnen liegende Provokation zu begreifen.

Zuhören ermöglicht den Austausch von Gaben in einem von Empathie getragenen Raum. Es ermöglicht jungen Menschen, einen eigenen Beitrag zur Gemeinschaft zu leisten und ihr zu helfen, neue Befindlichkeiten aufzugreifen und ganz neue Fragen zu stellen. Gleichzeitig schafft es die Voraussetzungen dafür, das Evangelium so zu verkünden, dass es tatsächlich die Herzen auf einprägsame und fruchtbare Weise erreicht.

Das Zuhören bei qualifizierten Seelsorgern und Laien

9. Zuhören ist ein maßgeblicher Aspekt im Amt von Seelsorgern und an erster Stelle von Bischöfen, die jedoch oft aufgrund zahlreicher Verpflichtungen überlastet sind und Mühe haben, entsprechende Zeit für diesen unverzichtbaren Dienst zu finden. Viele haben darauf hingewiesen, dass es an erfahrenen Menschen fehlt, die sich um Begleitung kümmern. An den theologischen und pastoralen Wert des Zuhörens zu glauben, erfordert ein Umdenken, um den bisher üblichen Ausdruck des Priesteramtes zu erneuern und seine Prioritäten zu überprüfen. Darüber hinaus erkennt die Synode die Notwendigkeit an, geweihte Männer und Frauen und Laien beiderlei Geschlechts, die für die Begleitung junger Menschen qualifiziert sind, auszubilden. Das Charisma des Zuhörens, das der Heilige Geist in den Gemeinden entstehen lässt, könnte auch eine Form der institutionellen Anerkennung für den kirchlichen Dienst erhalten.

 

Die Vielfalt der Kontexte und Kulturen

Eine Welt im Plural

10. Durch die Teilnehmer der Synode wurde sichtbar, wie viele verschiedene Regionen der Welt vertreten waren und sich eingebracht haben, wodurch sich zeigte, wie schön es ist, eine Weltkirche zu sein. Obwohl die Welt immer globaler wird, war es den Synodenvätern wichtig hervorzuheben, dass auch innerhalb eines Landes zahlreiche Unterschiede zwischen Kontexten und Kulturen bestehen können. In der Welt der Jugend herrscht große Pluralität, die so weit geht, dass in einigen Ländern der Begriff „Jugend“ sogar im Plural verwendet wird. Darüber hinaus ist die Altersgruppe (16–29 Jahre), die im Zentrum dieser Synode stand, nicht homogen, sondern besteht aus Gruppen in ganz unterschiedlichen Lebenssituationen.

All diese Unterschiede wirken sich tief auf das konkrete Erleben der Jugendlichen aus: Sie betreffen dementsprechend verschiedene Entwicklungsphasen und religiöse Erfahrungsfor­men, die Familienstruktur und ihre Bedeutung für die Weitergabe des Glaubens, die Beziehungen zwischen den Generationen – wie z. B. die Rolle älterer Menschen und der ihnen gebührende Respekt –, die Formen der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, die Einstellung gegenüber der Zukunft und die Frage der Ökumene und des interreligiösen Dialogs. Die Synode nimmt die reiche Vielfalt der Kulturen wahr, begrüßt sie und stellt sich in den Dienst der Gemeinschaft des Heiligen Geistes.

Eine Welt im Umbruch

11. Von besonderer Bedeutung ist der durch die Bevölkerungsdynamik bedingte Unter­schied zwischen Ländern mit hohen Geburtenraten, in denen junge Menschen einen erhebli­chen, wachsenden Bevölkerungsanteil ausmachen, und Ländern, in denen ihr Anteil schrumpft. Ein weiterer Unterschied ergibt sich aus der Geschichte, wodurch Länder und Kontinente mit alter christlicher Tradition, in deren Kultur christliches Bewusstsein weiter überliefert wurde, Ländern und Kontinenten gegenüberstehen, die eben von anderen religi­ösen Traditionen geprägt sind und in denen das Christentum eine zum Teil erst seit Kurzem bestehende Minderheit darstellt. In wiederum anderen Gebieten werden christliche Gemein­schaften und die jungen Menschen, die ihnen angehören, verfolgt.

Ausgrenzung und Marginalisierung

12. Hinzu kommen Unterschiede zwischen Ländern und innerhalb von diesen, die durch gesellschaftliche Strukturen und finanzielle Möglichkeiten bedingt sind, wodurch sich eine zuweilen äußerst deutliche Trennung ergibt zwischen denjenigen, die infolge der Globalisie­rung Zugang zu einer immer größeren Bandbreite an Chancen haben, und denen, die abseits der Gesellschaft oder in ländlichen Gebieten leben und unter den Auswirkungen von Aus­schließung und Ausgrenzung unterschiedlichster Art leiden. In verschiedenen Beiträgen wur­de darauf hingewiesen, dass die Kirche sich mutig auf ihre Seite stellen und sich an der Schaffung von Alternativen beteiligen muss, die Ausgrenzung und Marginalisierung besei­tigen, indem Akzeptanz, Begleitung und Integration gestärkt werden. Deshalb ist es notwen­dig, auch ein Bewusstsein für die Gleichgültigkeit im Leben vieler Christen zu entwickeln, damit diese durch die Vertiefung der sozialen Dimension des Glaubens überwunden werden kann.

Männer und Frauen

13. Wir dürfen den Unterschied zwischen Männern und Frauen mit ihren besonderen Gaben, speziellen Empfindsamkeiten und Erfahrungen in der Welt nicht vergessen. Dieser Unterschied kann dazu führen, dass Formen von Herrschaft, Ausgrenzung und Diskrimi­nierung entstehen, von denen alle Gesellschaften und die Kirche selbst sich befreien müssen.

Die Bibel stellt Mann und Frau als gleichberechtigte Partner vor Gott dar (vgl. Gen 5,2): Jede Form von geschlechtsbedingter Beherrschung und Diskriminierung verletzt die Menschen­würde. Sie stellt den Unterschied zwischen den Geschlechtern auch als ein Geheimnis dar, das maßgeblich für das Menschsein ist und daher ebenso wenig auf Stereotypen reduziert werden kann. Die Beziehung zwischen Mann und Frau wird dann als Berufung zum Zusammenleben in Gegenseitigkeit und Dialog, in Gemeinschaft und Fruchtbarkeit (vgl. Gen 1,27–29; 2,21–25) in allen Bereichen der menschlichen Erfahrung verstanden: im Eheleben, in der Arbeit, in der Erziehung und überall sonst. Ihrem Bund hat Gott die Erde anvertraut.

Kulturelle Kolonialisierung

14. Viele nicht aus der westlichen Welt stammende Synodenväter weisen darauf hin, dass die Globalisierung in ihren Ländern zu einer regelrechten Form der kulturellen Kolonisierung führt, wodurch junge Menschen entwurzelt und aus dem kulturellen und religiösen Umfeld, dem sie angehören, herausgerissen werden. Hier muss sich die Kirche dafür einsetzen, dass sie in dieser Phase des Umbruchs begleitet werden, ohne dabei die wertvollsten Merkmale ihrer eigenen Identität zu verlieren.

Der Prozess der Säkularisierung wird auf verschiedene Weise interpretiert. Während die einen ihn als wertvolle Chance erleben, um Läuterung von einer gewohnheitsbedingten oder auf ethnischen und nationalen Identitäten beruhenden Religiosität zu erfahren, sehen andere in ihm ein Hindernis für die Weitergabe des Glaubens. In säkularen Gesellschaften erleben wir jedoch auch, dass Gott und Spiritualität wiederentdeckt werden. Dies dient der Kirche als Ansporn, die Bedeutung von Glaubensdynamik, Verkündigung und pastoraler Begleitung wiederherzustellen.

 

Ein erster Blick auf die Kirche von heute

Das erzieherische Engagement der Kirche

15.   Es gibt etliche Regionen, in denen junge Menschen die Kirche als lebendige und mit­reißende Realität wahrnehmen, die auch für ihre nicht- oder andersgläubigen Altersgenossen eine Rolle spielt. Bildungseinrichtungen der Kirche versuchen, alle jungen Menschen, unab­hängig von ihren religiösen Entscheidungen, ihrem kulturellen Hintergrund und ihrer persön­lichen, familiären oder sozialen Situation, willkommen zu heißen. Auf diese Weise leistet die Kirche einen grundlegenden Beitrag zur ganzheitlichen Erziehung junger Menschen in den verschiedensten Teilen der Welt. Dies geschieht durch Bildung in allen Schulformen und Altersstufen, in Berufsbildungszentren, an Hochschulen und Universitäten, aber auch in Jugendzentren und in der Jugendfreizeit; dieses Engagement zeigt sich auch in der Aufnahme von Flüchtlingen und Vertriebenen und vielfältigem Engagement im sozialen Bereich. In all diesen Bereichen verbindet die Kirche ihre erzieherische Tätigkeit und ihre Arbeit im mitmenschlichen Bereich mit dem Zeugnis und der Verkündigung des Evangeliums. Dort, wo die Bildungstätigkeit der Kirche vom interkulturellen und interreligiösen Dialog inspiriert ist, wird sie auch von Nichtchristen als eine Form der authentischen Förderung im menschlichen Bereich geschätzt.

Die Arbeit der Jugendpastoral

16.  Auf dem synodalen Weg zeigte sich die Notwendigkeit, die Jugendpastoral im Hin­blick auf die Berufung zu qualifizieren und alle Jugendlichen als Zielgruppe der Berufungs­pastoral zu betrachten. Es wurde allseits auch die Notwendigkeit betont, komplette pastorale Prozesse von der Kindheit bis zum Erwachsenenleben zu entwickeln und in die christliche Gemeinschaft einzuführen. Zudem wurde festgestellt, dass verschiedene Pfarrgruppen, Bewegungen und Jugendverbände eine effektive Begleitung und Ausbildung junger Menschen in ihrem Glaubensleben anbieten und durchführen.

Der Weltjugendtag – geboren aus einer prophetischen Eingebung des heiligen Johannes Paul II., der auch für die Jugendlichen des dritten Jahrtausends eine Leitfigur ist – sowie Begeg­nun­gen auf nationaler und Diözesanebene spielen eine wichtige Rolle im Leben vieler junger Menschen, weil sie Gelegenheit sind, lebendigen Glauben und Gemeinschaft zu erfahren. Das hilft ihnen dabei, sich den großen Herausforderungen des Lebens zu stellen und ihren Platz in der Gesellschaft und der Gemeinschaft der Kirche verantwortungsvoll einzunehmen. Bei sol­chen Zusammenkünften kann dann auf die normale pastorale Begleitung in den einzelnen Ge­meinden verwiesen werden, wo die Annahme des Evangeliums vertieft und in Lebensentscheidungen umgesetzt werden muss.

Die Belastung durch administrative Tätigkeit

17. Viele Synodenväter haben darauf hingewiesen, dass administrative Aufgaben die Kräf­te vieler Priester extrem aufzehren und sie nahezu ersticken; dies ist einer der Gründe, warum die Begegnung mit jungen Menschen und deren Begleitung schwierig ist. Damit die Priorität pastoraler und geistlicher Verpflichtungen deutlicher wird, drängen die Synodenväter darauf, die konkreten Modalitäten für die Ausübung des Priesteramts zu überdenken.

Die Situation in den Pfarreien

18. Obwohl die Pfarrei weiterhin die erste und wichtigste Form des kirchlichen Lebens vor Ort ist, wurde in mehreren Wortbeiträgen darauf hingewiesen, dass diese von den jungen Menschen nur schwerlich als relevanter Ort empfunden wird und es daher notwendig ist, ihre missionarische Berufung zu überdenken. Ihre geringe Signifikanz im städtischen Raum, ihre wenig dynamischen Angebote sowie die räumlichen und zeitlichen Veränderungen der verschiedenen Lebensstile rufen nach Erneuerung. Obwohl verschiedentlich eine Neugestal­tung versucht wird, ereignet sich das Leben junger Menschen häufig abseits der Gemeinde, ohne ihr zu begegnen.

Die Initiation in das Christensein

19.  Viele stellen fest, dass es auf den Wegen der christlichen Initiation nicht immer ge­lingt, Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene an die Schönheit der Glaubenserfahrung heranzuführen. Wenn die Gemeinde als Ort der Gemeinschaft und wahre Familie der Kinder Gottes konstituiert ist, bringt sie eine fruchtbare Kraft zum Ausdruck, die den Glauben wei­ter­trägt; dort, wo stattdessen die Logik des Delegierens und der bürokratischen Organisation vorherrscht, wird die christliche Initiation als eine Art Religionsinstruktion missverstanden, die normalerweise mit dem Sakrament der Firmung endet. Es ist daher dringend geboten, die Gestaltung der Katechese und die Verbindung zwischen der Weitergabe des Glaubens durch die Familie und durch die Gemeinschaft zu überdenken und dabei bei den Prozessen der persönlichen Begleitung anzusetzen.

Ausbildung von Seminaristen und Personen des geweihten Lebens

20.  Seminare und Ausbildungshäuser sind Orte von großer Bedeutung, wo junge Men­schen, die zum Priestertum und zum geweihten Leben berufen sind, ihre Berufungsentschei­dung vertiefen und in der Nachfolge Christi reifen können. Zuweilen werden in diesem Um­feld die bisherigen Erfahrungen der Bewerber nicht ausreichend berücksichtigt und in ihrer Be­deutung unterschätzt. Dies hemmt die persönliche Weiterentwicklung und birgt die Ge­fahr, dass formale Einstellungen eingenommen werden, anstatt die Gaben Gottes weiterzuent­wickeln und tief im Herzen umzukehren.

KAPITEL II
DREI SCHWERPUNKTE

 

Neuerungen in der digitalen Welt

Eine alles durchdringende Realität

21.  Digitale Möglichkeiten prägen die heutige Welt. Für breite Schichten der Menschheit ist es normal, ständig in die digitale Welt abzutauchen. Hier geht es nicht mehr nur darum, Kommunikationsmittel zu „nutzen“, sondern man lebt in einer durch und durch digitalisierten Kultur, die sich stark auf die Vorstellung von Zeit und Raum auswirkt sowie auf die Wahrnehmung von sich selbst, von anderen und der Welt, auf die Art zu kommunizieren, zu lernen, sich zu informieren und Beziehungen zu anderen zu knüpfen. Eine Einstellung gegenüber der Realität, bei der tendenziell Bilder wichtiger sind als das Zuhören und Lesen und die beeinflusst, wie wir lernen und kritisches Denken entwickeln. Eines ist klar: „Die digitale Umwelt ist keine parallele oder rein virtuelle Welt, sondern sie ist Teil der täglichen Lebenswelt vieler Menschen, insbesondere der jüngeren Generation“ (PAPST BENEDIKT XVI., Botschaft zum 47. Welttag der sozialen Kommunikationsmittel).

Das Netz der Möglichkeiten

22.  Das Internet und die sozialen Netzwerke sind ein Raum, in dem junge Menschen viel Zeit verbringen und sich einfach treffen können, auch wenn nicht alle denselben Zugang dazu haben, was insbesondere für einige Regionen der Welt gilt. Sie sind jedoch eine außer­or­dentliche Chance für Gespräche, Begegnungen und den Austausch mit anderen Menschen und bieten überdies Zugang zu Informationen und Wissen. Darüber hinaus ermöglicht die digitale Welt gesellschaftspolitische Partizipation und bürgerschaftliches Engagement, und unabhängige Informationen können leichter in Umlauf gebracht werden, wodurch die Schwächsten wirksam geschützt werden, weil die Verletzung ihrer Rechte aufgedeckt wird. In vielen Ländern sind das Internet und soziale Netzwerke heute als Medium unverzichtbar, um junge Menschen zu erreichen und unter anderem auch in pastorale Initiativen und Aktivitäten einzubeziehen.

Die dunkle Seite des Netzes

23.  Die digitale Welt ist auch ein Ort der Einsamkeit, Manipulation, Ausbeutung und Gewalt, die sich im Extremfall im Dark Web manifestieren. Durch digitale Medien besteht die Gefahr, dass Nutzer abhängig werden, sich isolieren und immer stärker den Kontakt zur konkreten Wirklichkeit verlieren, wodurch die Entwicklung echter zwischenmenschlicher Beziehungen behindert wird. Neue Formen der Gewalt breiten sich über die Social Media aus, wie z. B. Cybermobbing; das Internet dient auch als Kanal zur Verbreitung von Porno­grafie und der Ausbeutung von Menschen für sexuelle Zwecke oder durch Glücksspiel.

24.   Und schließlich regieren in der digitalen Welt gigantische wirtschaftliche Interessen, die ebenso subtil wie invasiv Kontrolle ausüben und Mechanismen schaffen, mit denen das Gewissen und demokratische Prozesse manipuliert werden. Viele Plattformen funktionieren so, dass sich im Endeffekt häufig nur Gleichgesinnte begegnen und eine Auseinandersetzung mit Andersartigem erschwert wird. Diese geschlossenen Kreise erleichtern die Verbreitung von falschen Informationen und Nachrichten und schüren Vorurteile und Hass. Die Verbrei­tung von Fake News ist Ausdruck einer Kultur, die ihren Sinn für die Wahrheit verloren hat und Fakten zum Vorteil von Einzelinteressen zurechtbiegt. Der Ruf von Menschen wird durch oberflächliche Online-Verfahren gefährdet. Ein Phänomen, das auch die Kirche und ihre Hirten betrifft.

 

Migranten als Paradigma unserer Zeit

Ein vielschichtiges Phänomen

25.  Migration ist weltweit ein strukturelles Phänomen und keine vorübergehende Ausnah­mesituation. Migration kann innerhalb eines Landes oder zwischen verschiedenen Ländern stattfinden. Die Sorge der Kirche betrifft insbesondere Menschen, die vor Krieg, Gewalt, politischer oder religiöser Verfolgung, Naturkatastrophen infolge des Klimawandels und extremer Armut fliehen: Viele von ihnen sind jung. Sie suchen in der Regel nach Chancen für sich und ihre Familien. Sie träumen von einer besseren Zukunft und wollen die Voraus­setzungen dafür schaffen, damit diese wahr wird.

Viele Synodenväter haben betont, dass Migranten ein „Paradigma“ sind, das ein Licht auf unsere Zeit und insbesondere die Situation der Jugend werfen kann, und sie erinnern uns an den Urzustand des Glaubens, wonach wir „Fremde und Gäste auf Erden“ sind (Hebr 11,13).

Gewalt und Schutzlosigkeit

26.  Andere Migranten fühlen sich von der Kultur des Westens angezogen und brechen mit teils unrealistischen Erwartungen auf, die schwer enttäuscht werden können. Skrupellose Menschenhändler, die oft mit Drogen- und Waffenkartellen in Verbindung stehen, nutzen die Schwäche von Migranten aus, die auf ihrem Weg immer wieder mit Gewalt, Menschenhan­del, psychischem und physischem Missbrauch und unsagbarem Leid konfrontiert werden. Hervorzuheben sind hier die besondere Schutzlosigkeit unbegleiteter minderjähriger Mi­granten sowie die Situation von Menschen, die gezwungen sind, viele Jahre in Flüchtlingsla­gern zu verbringen, oder die lange Zeit in Transitländern festsitzen, ohne ihr Studium fortsetzen oder etwas aus ihren Talenten machen zu können. In einigen Aufnahmeländern lösen Migrationsphänomene Alarm und Ängste aus, die oft für politische Zwecke angeheizt und missbraucht werden. Auf diese Weise verbreitet sich eine fremdenfeindliche Mentalität, man verschließt sich und zieht sich in sich selbst zurück. Darauf müssen wir entschlossen reagie­ren.

Geschichten von Trennung und Begegnung

27. Junge Menschen, die emigrieren, erleben eine Trennung von ihrem ursprünglichen Um­feld und oft auch kulturelle und religiöse Entwurzelung. Der Bruch betrifft auch die Gemeinschaften am Herkunftsort, die ihre stärksten Mitglieder mit der größten Eigeninitiative verlieren, sowie die Familien, insbesondere wenn ein oder beide Elternteile emigrieren und ihre Kinder in ihrem Herkunftsland zurücklassen. Die Kirche spielt für die Jugendlichen dieser zerrütteten Familien eine wichtige Rolle als Ansprechpartner. Aber Migranten erleben auch Begegnungen zwischen Menschen und Kulturen: Für die Gemeinden und Gesellschaften, in denen sie ankommen, sind sie eine Chance zur Bereicherung und fördern die ganzheitliche menschliche Entwicklung aller. Die Willkommensinitiativen, die auf die Kirche verwei­sen, spielen unter diesem Gesichtspunkt eine wichtige Rolle und können den Gemeinden, die fähig sind, sie durchzuführen, zu neuem Leben verhelfen.

Die prophetische Rolle der Kirche

28. Dank der unterschiedlichen Herkunft der Synodenväter wurde das Thema der „Mi­gran­ten“ auf der Synode aus zahlreichen Perspektiven, insbesondere vonseiten der Herkunfts- und Aufnahmeländer, beleuchtet. Darüber hinaus ertönte auch aus jenen Kirchen ein Alarm­ruf, deren Mitglieder zur Flucht vor Krieg und Verfolgung gezwungen sind und die diese Zwangsmigration als Bedrohung ihrer Existenz wahrnehmen. Gerade dadurch, dass alle diese verschiedenen Perspektiven in die Kirche Eingang finden, wird sie in die Lage versetzt, zum Thema Migration eine prophetische Rolle gegenüber der Gesellschaft zu spielen.

Alle Formen von Missbrauch wahrnehmen und auf diese reagieren

Wahrheit schaffen und um Vergebung bitten

29. Die verschiedenen Formen von Missbrauch durch einige Bischöfe, Priester, Ordens­leu­te und Laien verursachen bei den Opfern, unter denen sich viele junge Menschen befinden, ein Leid, das ein Leben lang andauern und durch keine Reue geheilt werden kann. Dieses Phä­no­men ist in der Gesellschaft verbreitet, es betrifft auch die Kirche und stellt ein ernsthaf­tes Hindernis für ihre Sendung dar. Die Synode bekräftigt, dass sie sich entschlossen für die Umsetzung rigoroser Präventionsmaßnahmen einsetzt, die verhindern, dass sich dies wieder­holt, und dabei mit der Auswahl und Ausbildung derjenigen beginnt, denen verantwortungs­volle und erzieherische Aufgaben übertragen werden.

Zur Wurzel gehen

30. Es gibt verschiedene Formen von Missbrauch: Missbrauch von Macht, finanzieller Missbrauch, Missbrauch des Gewissens und sexueller Missbrauch. Hier stellt sich klar die Aufgabe, die Formen der Ausübung von Autorität, in die diese münden, und den Mangel an Verantwortungsbewusstsein und Transparenz bei der Behandlung vieler Fälle auszumerzen. Der Wunsch nach Herrschaft, ein Mangel an Dialog und Transparenz, Formen des Doppelle­bens, spirituelle Leere sowie psychische Schutzlosigkeit sind der Boden, auf dem Korruption gedeiht. Insbesondere der Klerikalismus „entsteht aus einer elitären und ausschließenden Sicht von Berufung, die das empfangene Amt als eine auszuübende Macht versteht und nicht als einen mit Selbstlosigkeit und Großmut anzubietenden Dienst. Jene Haltung führt zu der Auffassung, man gehöre zu einer Gruppe, die alle Antworten besitzt und nicht mehr zuhören und nichts mehr zu lernen braucht. Oder sie tut nur so, als hörte sie zu.“ (PAPST FRANZISKUS, Ansprache vor der I. Generalkongregation der XV. Generalversammlung der Bischofssynode, 3. Oktober 2018).

Dankbarkeit und Ermutigung

31.  Die Synode dankt denjenigen, die den Mut haben, das Schlimme, das sie erlitten haben, öffentlich anzuklagen: Sie helfen der Kirche, ein Bewusstsein für das Geschehene und für die Notwendigkeit zu entwickeln, entschlossen zu reagieren. Sie würdigt auch das auf­richtige Engagement unzähliger Laien, Priester, geweihter Frauen und Männer und Bischöfe, die sich tagtäglich aufrichtig und hingebungsvoll im Dienst für die Jugend einsetzen, und ermutigt sie, fortzufahren. Ihre Arbeit ist ein lautlos wachsender Wald. Viele Jugendliche, die auf der Synode vertreten waren, haben Dankbarkeit gegenüber denjenigen geäußert, von denen sie begleitet wurden, und ein großes Bedürfnis nach Bezugspersonen unterstrichen.

Der Herr Jesus, der seine Kirche niemals verlässt, schenkt ihr die Kraft und die Mittel für einen neuen Weg. Die Synode bestätigt die Linie, rechtzeitig die „notwendigen Aktionen und Sanktionen“ (PAPST FRANZISKUS, Schreiben an das Volk Gottes, 20. August 2018, Nr. 2) durchzuführen, und erkennt in dem Bewusstsein, dass Barmherzigkeit Gerechtigkeit fordert, an, dass die Auseinandersetzung mit allen Aspekten der Missbrauchsproblematik auch mit der unschätzbaren Hilfe junger Menschen tatsächlich eine Chance für eine Reform von epo­chaler Tragweite sein kann.

KAPITEL III
IDENTITÄT UND BEZIEHUNGEN

 

Familie und generationenübergreifende Beziehungen

Die Familie als privilegierter Bezugspunkt

32.   Die Familie ist nach wie vor der wichtigste Bezugspunkt für junge Menschen. Kinder schätzen die Liebe und Fürsorge ihrer Eltern, familiäre Bindungen liegen ihnen am Herzen und sie hoffen, ebenfalls eine Familie gründen zu können. Die Zunahme von Trennungen, Scheidungen, Zweitehen und alleinerziehenden Eltern kann bei jungen Menschen zweifellos großes Leid und Identitätskrisen verursachen. Manchmal müssen sie Verantwortung überneh­men, die nicht altersgerecht ist und sie zwingt, früh erwachsen zu werden. Großeltern leisten hier oft mit ihrer Liebe und religiösen Erziehung einen entscheidenden Beitrag: Mit ihrer Weisheit sind sie ein entscheidendes Glied in der Beziehung zwischen den Generationen.

Die Bedeutung von Mutterschaft und Vaterschaft

33.  Mütter und Väter spielen als Bezugspersonen in der Erziehung der Kinder und bei der Weitergabe des Glaubens an sie unterschiedliche, jedoch gleich wichtige Rollen. Die Mutter­figur spielt weiterhin eine Rolle, die junge Menschen als wesentlich für ihre Weiterentwick­lung betrachten, auch wenn sie kulturell, politisch und beruflich nicht ausreichend anerkannt ist. Zwar erfüllen viele Väter ihre Rolle mit Hingabe, aber wir können auch nicht verhehlen, dass die Vaterfigur in bestimmten Umfeldern überhaupt nicht vorhanden oder verschwom­men bzw. in anderen unterdrückend oder autoritär ist. Diese Ambiguität spiegelt sich auch in der Ausübung der spirituellen Vaterschaft wider.

 

Beziehungen zwischen den Generationen

34. Die Synode würdigt das Engagement zahlreicher Eltern und Erzieher, die sich trotz der Schwierigkeiten des kulturellen Umfelds engagiert für die Vermittlung von Werten einsetzen. In verschiedenen Regionen ist die Rolle älterer Menschen sowie die Ehrfurcht vor den Vorfahren ein Eckpfeiler in der Erziehung und trägt enorm zur Ausbildung der persönlichen Identität bei. Auch die erweiterte Familie – die in einigen Kulturen die Familie im eigentli­chen Sinne darstellt –, spielt eine wichtige Rolle. Einige Jugendliche empfinden Familientra­ditionen jedoch als erdrückend und entfliehen ihnen unter dem Druck einer globalisierten Kultur, die sie teilweise ohne Bezugspunkte alleine lässt. In anderen Teilen der Welt gibt es zwar zwischen Jugendlichen und Erwachsenen keinen echten Generationenkonflikt, aber man hat sich voneinander entfremdet. Manchmal versuchen Erwachsene erst gar nicht, die Grund­werte des Daseins weiterzugeben, oder es gelingt ihnen nicht, oder sie versuchen krampfhaft, auf jugendlich zu machen, wodurch die Beziehung zwischen den Generationen ins Kippen gerät. Dies führt zu der Gefahr, dass die Beziehung zwischen Jugendlichen und Erwachsenen rein auf der Gefühlsebene verbleibt, ohne die erzieherische und kulturelle Dimension zu berühren.

Junge Menschen und kulturelle Wurzeln

35. Junge Menschen sind zukunftsorientiert und begegnen dem Leben mit Energie und Dynamik. Sie sind aber auch versucht, sich auf den Genuss des Augenblicks zu konzentrie­ren, und neigen manchmal dazu, dem Überlieferten aus der Vergangenheit, aus der sie kommen, und insbesondere den vielen Gaben, die ihre Eltern, Großeltern und das kulturelle Erbe der Gesellschaft, in der sie leben, ihnen mitgegeben haben, wenig Beachtung zu schen­ken. Jungen Menschen zu helfen, den lebendigen Reichtum der Vergangenheit zu entdecken, indem die Erinnerung an diese lebendig gehalten wird und sie diese für ihre eigenen Ent­scheidungen und Möglichkeiten nutzen, ist für ihre Weiterentwicklung und die Entscheidun­gen, die sie treffen müssen, ein wahrer Akt der Liebe zu ihnen.

Freundschaften und Peer-Beziehungen

36. Neben den generationenübergreifenden Beziehungen dürfen aber auch die Beziehun­gen zu den Altersgenossen nicht vergessen werden, die eine grundlegende Erfahrung für Interaktion sind und helfen, sich mehr und mehr vom Kontext der Herkunftsfamilie zu emanzipieren. Freundschaft und Konfrontation bieten in oftmals mehr oder weniger struktu­rierten Gruppen die Chance, soziale Kompetenzen und Beziehungsfähigkeit in einem Kontext zu stärken, in dem man nicht bewertet und beurteilt wird. Die Erfahrung in der Gruppe ist zudem eine großartige Möglichkeit, sich über den Glauben auszutauschen und sich gegensei­tig zu helfen, diesen zu bezeugen. Junge Menschen sind dazu fähig, andere junge Menschen zu leiten und ein wahres Apostolat unter ihren Freunden zu leben.

Körper und Gefühlsleben

Laufende Änderungen

37.   Junge Menschen sehen in Körper und Sexualität eine wesentliche Bedeutung für ihr Leben und die Weiterentwicklung ihrer Identität, da sie unabdingbar sind, um Freundschaft und Gefühle zu erleben. In der heutigen Welt treffen wir diesbezüglich jedoch auf Phäno­mene, die einer schnellen Entwicklung unterliegen. Zunächst einmal üben Entwicklungen in der biomedizinischen Wissenschaft und Technologie einen starken Einfluss auf die Körper­wahrnehmung aus, sodass der Gedanke naheliegt, dieser sei unbegrenzt veränderbar. Die Fähigkeit, in die DNA einzugreifen, die Möglichkeit, künstliche Elemente in den Organismus einzuschleusen (Cyborgs) und die Entwicklung der Neurowissenschaften bieten große Mög­lichkeiten, werfen aber gleichzeitig auch anthropologische und ethische Fragen auf. Diesen technokratischen Ansatz für den Umgang mit dem Körper unkritisch zu übernehmen, schwächt das Bewusstsein für das Leben als Geschenk und den Sinn für die Begrenztheit der menschlichen Kreatur, die von wirtschaftlichen und politischen Dynamiken auf Abwege geleitet oder instrumentalisiert werden kann (vgl. PAPST FRANZISKUS, Laudato siʼ, Nr. 106).

Darüber hinaus breitet sich in manchen Kreisen von Jugendlichen die Faszination für riskan­tes Verhalten als Möglichkeit aus, sich selbst zu erfahren, starke Emotionen zu erleben und Anerkennung zu erlangen. Neben weiter fortbestehenden Phänomenen wie vorzeitiger Sexua­lität, Promiskuität, Sextourismus und einem übersteigerten Kult um das Aussehen stellt man heute fest, dass sich digitale Pornografie überall verbreitet und der eigene Körper online zur Schau gestellt wird. Diese Phänomene, denen die jungen Generationen ausgesetzt sind, er­schweren es, unbeschwert reif zu werden. Sie zeigen eine völlig neue soziale Dynamik auf, die persönliche Erfahrungen und Entscheidungen beeinflusst und sie zum Territorium für eine Art ideologischer Kolonialisierung macht.

Die Rezeption der Morallehre der Kirche

38.  Dies ist der Kontext, in dem christliche Familien und kirchliche Gemeinschaften ver­suchen, junge Menschen Sexualität als ein großes Geschenk entdecken zu lassen, dem ein Mysterium innewohnt, um Beziehungen in der Logik des Evangeliums zu leben. Es gelingt ihnen jedoch nicht immer, diesen Wunsch in eine angemessene emotionale und sexuelle Er­ziehung umzusetzen, die sich nicht auf sporadische, gelegentliche Maßnahmen beschränkt. Da, wo diese Erziehung als proaktive Entscheidung wirklich angenommen wurde, sind positive Ergebnisse zu verzeichnen, die jungen Menschen helfen, die Beziehung zwischen ihrem Bekenntnis zum Glauben an Jesus Christus und der Art und Weise, wie sie Gefühle und zwischenmenschliche Beziehungen erleben, zu begreifen. Diese Ergebnisse fordern dazu auf und ermutigen dazu, mehr kirchliche Energien in diesen Bereich zu investieren.

Fragen von Jugendlichen

39.  Die Kirche besitzt eine reiche Tradition, auf der sie ihre Lehre zu diesem Thema aufbauen und anbieten kann, wie zum Beispiel den Katechismus der katholischen Kirche, die vom heiligen Johannes Paul II. entwickelte Theologie des Leibes, die Enzyklika Deus caritas est von Benedikt XVI. und das Apostolische Schreiben Amoris laetitia von Franziskus. Allerdings wünschen sich junge Menschen – auch diejenigen, die diese Lehre kennen und leben – von der Kirche ein klares, menschliches und einfühlsames Wort dazu. In der Tat ist die Sexualmoral oft Grund für Unverständnis und Entfernung von der Kirche, da sie als Raum des Urteils und der Strafe empfunden wird. Angesichts gesellschaftlicher Veränderun­gen und einer neuen Art des Erlebens von Gefühlen und unterschiedlichster ethischer Pers­pektiven zeigen junge Menschen sich für den Wert von Authentizität und Hingabe zwar empfänglich, sind aber oft desorientiert. Sie äußern insbesondere den ausdrücklichen Wunsch nach Auseinandersetzung mit Fragen zum Unterschied zwischen männlicher und weiblicher Identität, zur Wechselseitigkeit/Reziprozität zwischen Mann und Frau und zur Homosexualität.

 

Formen der Schutzlosigkeit

Die Arbeitswelt

40. Die Arbeitswelt ist weiterhin ein Bereich, in dem junge Menschen ihre Kreativität und ihre Fähigkeit, Neues zu gestalten, zum Ausdruck bringen. Gleichzeitig erleben sie Formen der Ausgrenzung und Marginalisierung, die sich am stärksten und gravierendsten in der Ju­gendarbeitslosigkeit bemerkbar machen, die in einigen Ländern ein exorbitantes Niveau er­reicht hat. Fehlende Arbeitsmöglichkeiten machen sie nicht nur arm, sondern beschneiden sie auch in ihrer Fähigkeit zu träumen und zu hoffen und nehmen ihnen die Möglichkeit, einen Beitrag zur gesellschaftlichen Entwicklung zu leisten. In vielen Ländern ist diese Situation darauf zurückzuführen, dass gewisse Schichten in der jungen Bevölkerung unter anderem aufgrund von Defiziten im Bildungs- und Ausbildungssystems nicht über entsprechende be­rufliche Fähigkeiten verfügen. Häufig ist die prekäre Beschäftigungssituation, die junge Men­schen trifft, eine Folge wirtschaftlicher Interessen, die Arbeitskraft ausbeuten.

Gewalt und Verfolgung

41. Viele Jugendliche leben in Kriegsgebieten und erleiden zahllose Formen der Gewalt wie Entführung, Erpressung, organisiertes Verbrechen, Menschenhandel, Sklaverei und se­xuelle Ausbeutung, Kriegsvergewaltigung usw. Andere junge Menschen finden wegen ihres Glaubens nur schwer einen Platz in ihrer Gesellschaft und erleiden unterschiedlichste Formen der Verfolgung, bis hin zum Tod. Zahlreiche junge Menschen leben in einer Umgebung von Verbrechen und Gewalt: weil sie dazu gezwungen werden oder keine Alternative haben, als Kindersoldaten, in bewaffneten kriminellen Banden, im Drogenhandel, im Terrorismus usw. An dieser Gewalt zerbricht das Leben vieler junger Menschen. Missbrauch und Sucht, Ge­walt und Abwege gehören zu den Gründen, weshalb junge Menschen und besonders häufig bestimmte ethnische und soziale Gruppen ins Gefängnis kommen. In Anbetracht all dessen ist die Kirche gefragt und aufgerufen.

Marginalisierung und soziale Notlage

42. Noch mehr junge Menschen in der Welt leiden unter sozialer Ausgrenzung in unter­schiedlichster Form und Marginalisierung aus religiösen, ethnischen oder wirtschaftlichen Gründen. Erinnert sei hier nur an die schwierige Situation von schwangeren Mädchen und jungen Frauen sowie an die Geißel der Abtreibung und die Ausbreitung von HIV, unter­schiedlichste Formen von Sucht (Drogen, Glücksspiel, Pornografie usw.) und die Situation von Kindern und Jugendlichen, die ohne ein Dach über dem Kopf, ohne Familie und finan­zielle Mittel auf der Straße leben; inhaftierte Jugendliche verdienen hier besondere Aufmerk­samkeit. Verschiedene Maßnahmen haben unterstrichen, dass die Kirche die Fähigkeiten dieser ausgegrenzten Jugendlichen und den Beitrag, den sie zur Gemeinschaft leisten können, unbedingt zur Geltung bringen muss. Sie will sich mutig auf ihre Seite stellen und sie begleiten, damit sie wieder in den Besitz ihrer Würde kommen und eine Rolle bei der Schaf­fung des Gemeinwohls spielen können.

Die Erfahrung von Leid

43. Entgegen einem weit verbreiteten Vorurteil ist auch die Welt von Jugendlichen stark von Erfahrungen wie Verletzlichkeit, Behinderung, Krankheit und Schmerz geprägt. In etli­chen Ländern nehmen insbesondere unter jungen Menschen psychische Probleme, Depres­sionen, psychische Erkrankungen und Essstörungen in unterschiedlicher Form in Verbindung mit tief empfundenem Unglück oder der Unfähigkeit, seinen Platz in der Gesellschaft zu fin­den, zu, wobei zu guter Letzt der Suizid als tragisches Phänomen nicht vergessen werden darf. Jugendliche in solch schwierigen Lebenslagen und ihre Familien zählen hier auf die Un­terstützung der christlichen Gemeinschaft, die wiederum nicht immer entsprechend ausgestat­tet ist um sie aufzunehmen.

Verletzlichkeit als Ressource

44. Viele dieser Situationen sind ein Produkt der „Wegwerfkultur“: Junge Menschen sind ihr Hauptopfer. Diese Kultur kann aber auch junge Menschen, christliche Gemeinschaften und deren Leiter durchdringen und so zu einem menschlichen, gesellschaftlichen und ökolo­gischen Verfall beitragen, der unsere Welt heimsucht. Für die Kirche ist dies ein Aufruf zur Umkehr, zur Solidarität und zu neuem erzieherischen Handeln, indem sie sich auf besondere Weise in diese schwierigen Kontexte einbringt. Auch junge Menschen in solchen Lebenssitu­ationen haben Wertvolles zu bieten, das sie mit der Gemeinschaft teilen können. Sie bringen uns bei, uns an Grenzerfahrungen zu messen, und helfen uns dadurch, im Menschsein zu wachsen. Schier unerschöpflich ist die Kreativität, durch die eine von der Freude des Evangeliums beseelte Gemeinde zu einer Alternative zu diesem Unbehagen und schwierigen Situationen werden kann. Auf diese Weise kann die Gesellschaft erfahren, dass die Steine, die die Bauleute verworfen haben, zu Ecksteinen geworden sind (vgl. Ps 118,22; Lk 20,17; Apg 4,11; 1 Petr 2,4).

 

KAPITEL IV
JUNG SEIN HEUTE

Aspekte der heutigen Jugendkultur

Originalität und Besonderheit

45.  Die junge Generation steht für ein Realitätsverständnis mit ganz besonderen Merk­malen. Junge Menschen wollen in ihrer Originalität angenommen und respektiert werden. Zu den deutlichsten besonderen Merkmalen der Jugendkultur, die genannt wurden, gehört, dass Bilder gegenüber anderen Kommunikationsformen eine Präferenz haben, dass Empfindungen und Emotionen als wichtiger Weg zur Auseinandersetzung mit der Realität gelten, und dass das Konkrete und der praktische Umgang mit den Dingen Priorität vor theoretischen Analy­sen haben. Großer Wert wird auf freundschaftliche Beziehungen und die Zugehörigkeit zu Gruppen Gleichaltriger gelegt, die auch über die Sozialen Medien gepflegt werden. Junge Menschen sind in der Regel spontan offen für alles, was im Zusammenhang mit Vielfalt steht, und gehen achtsam mit den Themen Frieden, Integration und Dialog zwischen Kulturen und Religionen um. Zahlreiche Erfahrungen aus vielen Teilen der Welt belegen, dass junge Menschen Pioniere für interkulturelle und interreligiöse Begegnung und Dialog sein können, um perspektivisch auf ein friedliches Zusammenleben hinzuwirken.

Engagement und soziale Teilhabe

46.  Soziales Engagement ist ein besonderes Merkmal junger Menschen von heute, auch wenn es anders praktiziert wird als in vorherigen Generationen. Manche geben sich zwar gleichgültig, aber viele andere sind bereit, sich für freiwillige Initiativen und soziale Soli­darität zu engagieren und sich aktiv bürgerschaftlich einzubringen, um junge Menschen bei der Entfaltung ihrer Talente, Fähigkeiten und Kreativität zu begleiten und zu unterstützen und sie zur Übernahme von Verantwortung zu ermutigen. Soziales Engagement und der direkte Kontakt zu den Armen sind weiterhin eine maßgebliche Gelegenheit zur Entdeckung oder Vertiefung des Glaubens und Erkennung der eigenen Berufung. Es existiert eine weit verbrei­tete, starke Sensibilität für ökologische und Nachhaltigkeitsthemen, die mit der Enzyklika Laudato siʼ in den Vordergrund gerückt sind. Es wurde auch die Bereitschaft signalisiert, sich politisch für die Schaffung von Gemeinwohl zu engagieren, was die Kirche nicht immer durch Bildungsmöglichkeiten und Räume zur Unterscheidung begleitet hat. In Bezug auf die Förderung von Gerechtigkeit fordern die Jugendlichen von der Kirche ein entschiedenes, konsequentes Engagement, mit dem jede billigend in Kauf genommene weltliche Mentalität ausgemerzt werden soll.

Kunst, Musik und Sport

47. Die Synode erkennt und schätzt die Bedeutung, die junge Menschen künstlerischem Ausdruck in all seinen Formen beimessen: Viele junge Menschen nutzen ihre Talente auf diesem Gebiet, um Schönheit, Wahrheit und Gutheit zu fördern und so menschlich und in der Beziehung zu Gott zu wachsen. Für viele ist der künstlerische Ausdruck auch eine echte professionelle Berufung. Wir dürfen nicht vergessen, dass der „Weg der Schönheit“ jahrhun­dertelang eine der privilegierten Möglichkeiten war, Glauben und Evangelisierung zum Ausdruck zu bringen.

Eine ganz besondere Bedeutung hat hier die Musik, die im wahrsten Sinne des Wortes eine Welt darstellt, in die junge Menschen ständig eintauchen, und eine Kultur und Sprache ist, die Emotionen wecken und Identität gestalten kann. Die Sprache der Musik ist auch ein pastora­ler Quell, der insbesondere die Liturgie und ihre Erneuerung auf den Plan ruft. Eine kom­merziell bedingte geschmackliche Vereinheitlichung droht hier zuweilen die Verbindung zu traditionellen musikalischen und auch liturgischen Ausdrucksformen zu gefährden.

Einen ebenso hohen Stellenwert hat für junge Menschen das Treiben von Sport, dessen Potential für Erziehung und Bildung die Kirche nicht unterschätzen darf, weshalb er in der Kirche einen festen Platz behalten muss. Die Welt des Sports braucht Unterstützung, damit vorhandene Ambiguitäten wie z. B. die Mythenbildung um Spitzensportler, die sklavische Bedienung kommerzieller Denkweisen und die Ideologie des Erfolgs um jeden Preis abge­baut werden. In diesem Sinne wird bekräftigt, welchen Wert die Begleitung und Unterstüt­zung von Menschen mit Behinderung in der Praxis des Sports hat.

 

Spiritualität und Religiosität

Unterschiedliche religiöse Kontexte

48.  Die religiöse Erfahrung junger Menschen wird stark von ihrem gesellschaftlichen und kulturellen Lebensumfeld beeinflusst. In einigen Ländern ist der christliche Glaube eine starke, lebendige Gemeinschaftserfahrung, die junge Menschen freudig teilen. In anderen Regionen mit alter christlicher Tradition erlebt die Mehrheit der katholischen Bevölkerung zwar keine wirkliche Zugehörigkeit zur Kirche, aber es gibt trotzdem etliche kreative Min­derheiten und Erfahrungen, die zeigen, dass als Reaktion auf eine beschränkte und ersticken­de Sichtweise wieder neues Interesse an Religion entsteht. An anderen Orten sind Katholiken wiederum neben anderen christlichen Konfessionen in der Minderheit und werden als solche zum Teil diskriminiert und sogar verfolgt. Und schließlich gibt es Bereiche, in denen sich verstärkt Sekten oder Formen alternativer Religiosität ausbreiten; wer sich ihnen anschließt, wird am Ende nicht selten enttäuscht und wendet sich dann von allem Religiösen ab. Während junge Menschen in einigen Regionen nicht die Möglichkeit haben, ihren Glauben öffentlich zu leben oder ihre religiöse Freiheit nicht anerkannt wird, spürt man anderswo das Gewicht von zum Teil auch politischen Entscheidungen aus der Vergangenheit, die die Glaubwürdigkeit der Kirche untergraben haben. Es ist nicht möglich, über die Religiosität junger Menschen zu sprechen, ohne all diese Unterschiede zu berücksichtigen.

Die Suche nach Religiosität

49.  Im Allgemeinen erklären junge Menschen, dass sie auf der Suche nach dem Sinn des Lebens sind, und zeigen Interesse an Spiritualität. Dieses Interesse gestaltet sich jedoch manchmal mehr als Suche nach psychologischem Wohlbefinden denn als Öffnung für die Begegnung mit dem Mysterium des lebendigen Gottes. Vor allem in bestimmten Kulturen betrachten viele Religion als ihre Privatsache und suchen sich aus verschiedenen spirituellen Traditionen jene Punkte heraus, in denen sie ihre Überzeugungen wiederfinden. Auf diese Weise breitet sich ein gewisser Synkretismus aus, der sich aus der relativistischen Annahme entwickelt, alle Religionen seien gleich. Die Mitgliedschaft in einer Glaubensgemeinschaft wird nicht von allen als privilegierter Weg gesehen, Zugang zum Sinn des Lebens zu finden, und manchmal von Ideologien oder der Suche nach beruflichem oder finanziellem Erfolg begleitet und durch diese ersetzt, in der Meinung, man könne sich so materiell selbstverwirk­lichen. Manche traditionell überlieferten Praktiken wie etwa Wallfahrten zu Heiligtümern, an denen manchmal große Massen junger Menschen teilnehmen, und Ausdrucksformen der Volksfrömmigkeit, die oft mit der Marien- und Heiligenverehrung verbunden sind und das Glaubenserleben eines Volkes bewahren, bleiben jedoch lebendig.

Die Begegnung mit Jesus

50.  Die gleiche Vielfalt findet sich in der Beziehung der Jugendlichen zu der Figur Jesu. Viele erkennen in ihm den Retter und Sohn Gottes, fühlen sich ihm oft durch seine Mutter Maria nahe und lassen sich so auf den Glaubensweg ein. Andere haben keine persönliche Beziehung zu ihm, sondern betrachten ihn als guten Mann und ethisches Vorbild. Wiederum andere begegnen ihm durch eine starke Erfahrung des Heiligen Geistes. Und für noch andere ist er hingegen eine Figur aus der Vergangenheit ohne existentielle Relevanz oder sehr weit von der menschlichen Erfahrung entfernt.

Zwar mögen Gott, Religion und die Kirche vielen jungen Menschen als leere Worte erscheinen, doch für die Gestalt Jesu sind sie sehr wohl empfänglich, wenn sie anziehend und wirkungsvoll präsentiert wird. Auf unterschiedlichste Weise sagen uns auch die jungen Men­schen von heute: „Herr, wir möchten Jesus sehen“ (Joh 12,21) und zeigen damit jene gesunde Ruhelosigkeit, die den Kern eines jeden Menschen ausmacht: „die Ruhelosigkeit der geistli­chen Suche, die Ruhelosigkeit der Begegnung mit Gott, die Ruhelosigkeit der Liebe“ (PAPST FRANZISKUS, Heilige Messe zum Beginn des Generalkapitels des Augustinerordens, 28. August 2013).

Der Wunsch nach einer lebendigen Liturgie

51. In verschiedenen Zusammenhängen fragen junge Katholiken nach Gebetsangeboten und sakramentalen Augenblicken, die sie in einer frischen, authentischen und frohen Liturgie in ihrem Alltag abholen. In vielen Teilen der Welt ist das Erleben der Liturgie, an der viele aktiv und überzeugt teilnehmen, der wichtigste Quell für christliche Identität. Die jungen Menschen erkennen darin einen besonderen Augenblick, um Gott und die kirchliche Gemeinschaft zu erfahren, und einen Ort, von dem die Sendung ausgeht. An anderer Stelle erleben wir stattdessen eine gewisse Abkehr von den Sakramenten und der sonntäglichen Eucharistiefeier, die eher als moralische Vorschrift denn als glückliche Begegnung mit dem auferstandenen Herrn und der Gemeinschaft wahrgenommen wird. Im Allgemeinen ist festzustellen, dass es auch dort, wo eine Katechese über die Sakramente angeboten wird, wenig pädagogische Begleitung gibt, um die Feier in all ihrer Tiefe zu erleben und in den geheimnisvollen Reichtum ihrer Symbole und Riten vorzudringen.

 

Partizipation und Protagonismus

Junge Menschen wollen Protagonisten sein

52.  In Anbetracht der Widersprüche in der Gesellschaft wollen viele junge Menschen ihre Talente, Fähigkeiten und Kreativität konstruktiv einbringen und sind bereit, Verantwortung zu übernehmen. Soziale und ökologische Nachhaltigkeit, Diskriminierung und Rassismus gehören zu den Themen, die ihnen am meisten am Herzen liegen. Bei der Einbeziehung jun­ger Menschen werden oft ganz neue Ansätze verfolgt, wobei auch das Potenzial der digitalen Kommunikation genutzt wird, um zu mobilisieren und politisch Druck zu machen: Dies geschieht durch die Verbreitung von kritischen, solidarischen und umweltbewussten Lebens­stilen und Konsum- und Investitionsmodellen, durch neue Formen von Engagement und Teilhabe in der Gesellschaft und Politik und durch neue sozialpolitische Möglichkeiten zum Schutz der Schwächsten.

Gründe, weshalb man sich entfernt

53.  Die Synode ist sich bewusst, dass eine erhebliche Zahl junger Menschen aus den unterschiedlichsten Gründen nichts von der Kirche erwarten, weil sie finden, dass sie für ihr Leben keine Bedeutung hat. Einige fordern sogar ausdrücklich, in Frieden gelassen zu wer­den, weil sie ihre Präsenz als lästig und sogar irritierend empfinden. Diese Bitte entsteht häufig nicht aus einer unkritischen, impulsiven Verachtung heraus, sondern ist u. a. auf ernsthafte, respektable Gründe zurückzuführen wie sexuelle und finanzielle Skandale, nicht richtig vorbereitete Priester, die junge Menschen mit ihren Befindlichkeiten nicht entspre­chend abholen können, wenig Sorgfalt bei der Vorbereitung der Predigt und der Darbietung des Wortes Gottes, die passive Rolle, die den Jugendlichen innerhalb der christlichen Ge­meinschaft zugewiesen wird und die Mühe der Kirche, ihre Positionen in Lehre und Ethik gegenüber der heutigen Gesellschaft zu vermitteln.

Junge Menschen in der Kirche

54. Junge Katholiken sind nicht nur die Zielgruppe pastoralen Handelns, sondern lebendi­ge Glieder des einen kirchlichen Leibes, Getaufte, in denen der Geist des Herrn lebt und wirkt. Sie tragen dazu bei, das zu bereichern, was die Kirche ist, und nicht nur das, was sie tut. Sie sind ihre Gegenwart und nicht nur ihre Zukunft. Junge Menschen sind Protagonisten bei vielen kirchlichen Aktivitäten, bei denen sie ihren Dienst großherzig anbieten. Dies gilt insbesondere für ihre Arbeit in der Katechese und Liturgie, die Betreuung von Kindern und den Freiwilligendienst für die Armen. Auch religiöse/neue Bewegungen, Verbände und Ge­meinden bieten jungen Menschen die Möglichkeit, sich zu engagieren und Mitverantwortung zu übernehmen. Manchmal trifft die Bereitschaft junger Menschen auf eine gewisse autoritäre Haltung und Misstrauen bei Erwachsenen und Seelsorgern, die ihre Kreativität nicht ausreichend anerkennen und sich schwer tun, Verantwortung mit ihnen zu teilen.

Frauen in der Kirche

55. Auch bei den Jugendlichen besteht die Forderung nach mehr Anerkennung und Wert­schätzung von Frauen in Kirche und Gesellschaft. Viele Frauen spielen eine unersetzliche Rolle in christlichen Gemeinschaften, aber vielerorts tut man sich schwer, ihnen Raum in Entscheidungsprozessen zuzugestehen, auch wenn diese keine speziellen priesterlichen Ver­antwortlichkeiten einfordern. Das Fehlen der Stimme und des Blicks der Frauen macht die Diskussion und den Weg der Kirche ärmer und beraubt den Unterscheidungsprozess eines wertvollen Beitrags. Die Synode empfiehlt, bei allen ein stärkeres Bewusstsein dafür zu schaffen, dass eine Veränderung auch ausgehend von anthropologischen und theologischen Überlegungen zu der Wechselbeziehung zwischen Männern und Frauen absolut unausweich­lich ist.

Die Sendung der jungen Menschen gegenüber ihren Altersgenossen

56. In verschiedenen Kontexten gibt es Gruppen junger Menschen, die oft aus Verbänden und Bewegungen entstehen, die sich aktiv in der Evangelisierung ihrer Altersgenossen enga­gieren, da sie in ihrem Leben ein klares Zeugnis ablegen, eine verständliche Sprache sprechen und dazu fähig sind, echte freundschaftliche Bindungen einzugehen. Dieses Apostolat ermöglicht es, das Evangelium zu jenen Menschen zu tragen, die von der normalen Jugend­pastoral nur schwer erreicht werden würden, und hilft, den Glauben bei denen, die sich dort engagieren, reifen zu lassen. Sie muss daher gewürdigt, unterstützt, klug begleitet und in das Leben der Gemeinschaft integriert werden.

Der Wunsch nach einer authentischeren und brüderlicheren kirchlichen Gemeinschaft

57.  Junge Menschen wollen, dass Kirche sich durch Authentizität, Vorbildlichkeit, Kom­petenz, Mitverantwortung und kulturelle Stärke auszeichnet. Diese Forderung klingt zwar manchmal wie eine Kritik, ist aber oft positiver Ausdruck des persönlichen Engagements für eine brüderliche, einladende, frohe Gemeinschaft, die sich prophetisch im Kampf gegen soziale Ungerechtigkeit einsetzt. Eine der größten Erwartungen junger Menschen ist insbe­sondere der Wunsch, die Kirche möge einen weniger paternalistischen und offeneren Dialog­stil pflegen.


Teil II
„Da wurden ihre Augen aufgetan“

58.  „Und er legte ihnen dar, ausgehend von Mose und allen Propheten, was in der gesamten Schrift über ihn geschrieben steht. So erreichten sie das Dorf, zu dem sie unterwegs waren. Jesus tat, als wolle er weitergehen, aber sie drängten ihn und sagten: Bleibe bei uns; denn es wird Abend, der Tag hat sich schon geneigt! Da ging er mit hinein, um bei ihnen zu bleiben. Und es geschah, als er mit ihnen bei Tisch war, nahm er das Brot, sprach den Lobpreis, brach es und gab es ihnen. Da wurden ihre Augen aufgetan und sie erkannten ihn; und er entschwand ihren Blicken.“ (Lk 24,27–31).

Nachdem der Herr den beiden Wanderern zugehört hat, richtet er ein entschiedenes und entscheidendes „Wort“ an sie, ein machtvolles Wort mit verwandelnder Kraft. Mit Sanftheit und Stärke betritt der Herr also ihre Herberge, bleibt bei ihnen und teilt mit ihnen das Brot des Lebens: Es ist das Zeichen der Eucharistie, das es den beiden Jüngern ermöglicht, schlussendlich die Augen zu öffnen.

 

Ein neues Pfingsten

Das Wirken des Heiligen Geistes

59.   Der Heilige Geist entzündet die Herzen der beiden Wanderer, öffnet ihnen die Augen und weckt ihren Glauben. Seit dem Beginn der Schöpfung der Welt wirkt er, damit sich der Plan des Vaters vollendet, alles in Christus zu vereinen. Er handelt zu jeder Zeit und an jedem Ort, in der Vielfalt der Kontexte und Kulturen, um auch inmitten von Schwierigkeiten und Leiden zum Einsatz für Gerechtigkeit, zur Suche nach Wahrheit und zum Mut zur Hoffnung anzuspornen. Deshalb sagt der heilige Paulus, dass „die gesamte Schöpfung bis zum heutigen Tag seufzt und in Geburtswehen liegt“ (Röm 8,22). Der Wunsch nach einem Leben in Liebe und jene gesunde Unruhe, die im Herzen der jungen Menschen wohnt, sind Teil der großen Sehnsucht nach der Fülle der Freude, die alles Geschaffene eint. In jedem von ihnen – auch in denen, die Christus nicht kennen – wirkt der Schöpfergeist, um sie zur Schönheit, zum Guten und zur Wahrheit zu führen.

Der Heilige Geist verjüngt die Kirche

60.  Die Jugend ist eine eigenständige und anregende Lebensphase, die Jesus selbst gelebt und damit geheiligt hat. In der Botschaft an die Jugend des Zweiten Vatikanischen Konzils (7.[1] Dezember 1965) wird die Kirche als die „wahre Jugend der Welt“ bezeichnet, die „die Fähigkeit besitzt, sich über das zu freuen, was anfängt, sich hinzugeben, ohne zurückzuschau­en, sich ausgehend vom neu Erreichten zu erneuern“. Mit ihrer Frische und ihrem Glauben tragen junge Menschen dazu bei, dieses Antlitz der Kirche erkennbar werden zu lassen, in dem sich „der Lebendige schlechthin, der ewig junge Christus“ widerspiegelt. Es geht daher nicht darum, eine neue Kirche für junge Menschen zu erschaffen, sondern mit ihnen die Jugendlichkeit der Kirche wiederzuentdecken, indem wir uns für die Gnade eines neuen Pfingsten öffnen.

Der Heilige Geist im Leben des Gläubigen

61. Die Berufung des Christen besteht darin, Christus nachzufolgen, indem wir durch das Wasser der Taufe gehen, das Siegel der Firmung empfangen und in der Eucharistie Teil seines Leibes werden: „Es tritt also nach dem Wasser der Heilige Geist als Feuer hinzu, und ihr werdet Brot, das der Leib Christi ist“ (Augustinus, Sermo 227). In der christlichen Initia­tion ist es vor allem die Firmung, die den Gläubigen die Möglichkeit bietet, die Pfingsterfah­rung einer Ausgießung des Geistes nachzuerleben. Es ist wichtig, den Reichtum dieses Sa­kraments wiederzuentdecken, seine Verbindung zur persönlichen Berufung eines jeden Ge­tauften und zur Theologie der Charismen zu verstehen und sich der Pastoral dieses Sakra­ments stärker anzunehmen, um zu vermeiden, dass es zu einem rein formellen, wenig bedeut­samen Moment wird. Auf jedem Berufungsweg steht der Heilige Geist im Mittelpunkt: Er ist der „innere Lehrer“, von dem es sich leiten zu lassen gilt.

Eine echte Gotteserfahrung

62.  Die Hauptbedingung für die Unterscheidung der Berufung im Geiste ist eine echte Erfahrung des Glaubens an den gestorbenen und auferstandenen Christus, wobei daran zu erinnern ist, dass dieser Glaube „nicht ein Licht [ist], das all unsere Finsternis vertreibt, sondern eine Leuchte, die unsere Schritte in der Nacht leitet, und dies genügt für den Weg“ (PAPST FRANZISKUS, Lumen fidei, Nr. 57). In christlichen Gemeinschaften laufen wir manch­mal ungewollt Gefahr, nicht eine lebendige Begegnung mit Gott im Lichte des Evangeliums und in der Kraft des Geistes zu fördern, sondern einen ethischen, therapeutischen Theismus, der dem menschlichen Bedürfnis nach Sicherheit und Trost entspricht. Wenn es wahr ist, dass das Leben nur durch das Leben selbst wiedererweckt wird, dann wird deutlich, dass junge Menschen Begegnungen mit christlichen Gemeinschaften brauchen, die tatsächlich in der Freundschaft mit Christus verwurzelt sind, der uns in der Gemeinschaft des Heiligen Geistes zum Vater führt.

 

Kapitel I
Das Geschenk der Jugend

Der junge Jesus unter jungen Menschen

Die Jugend Jesu

63.   „[Er]wurde den Jünglingen zuliebe ein Jüngling, wurde ihnen ein Vorbild und heiligte sie für den Herrn“ (Irenäus, Gegen die Häresien, II, 22, 4); Christus hat die Jugend dadurch geheiligt, dass er sie selbst gelebt hat. Die Erzählungen der Bibel berichten nur von einem einzigen Ereignis aus der Jugend Jesu (vgl. Lk 2,41–52), die er ansonsten in Nazareth verbrachte – unscheinbar, in einfachen Verhältnissen und arbeitsam –, sodass er als „Zimmer­mann“ (Mk 6,3) und „ Sohn des Zimmermanns“ bekannt war (Mt 13,55).

Die Betrachtung seines Lebens lässt uns den Segen der Jugend auf ideale Weise verstehen: Jesus hatte ein bedingungsloses Vertrauen in seinen Vater, er hat die Freundschaft mit seinen Jüngern gepflegt und ist ihnen selbst in Momenten der Krise treu geblieben. Er hatte tiefes Mitleid mit den Schwächsten, insbesondere mit den Armen, den Kranken, den Sündern und den Ausgeschlossenen. Er besaß den Mut, sich den religiösen und politischen Autoritäten seiner Zeit entgegenzustellen; er hat das Gefühl des Unverstanden- und Ausgestoßenseins erfahren, hat Angst vor dem Leiden verspürt und in der Passion Schwäche erlebt; im Ver­trauen auf die sicheren Hände des Vaters und die Kraft des Heiligen Geistes hat er seinen Blick in die Zukunft gerichtet. Mit ihren Ängsten und Hoffnungen, ihren Verunsicherungen und Träumen können sich alle jungen Menschen in Jesus wiederfinden. Die Betrachtung von Jesu Begegnungen mit jungen Menschen wird für sie zu einem Quell der Inspiration.

Mit dem Blick des Herrn

64. Das Hören auf Christus und die Gemeinschaft mit ihm ermöglichen es auch den Hirten und Erziehern, eine kluge Sicht für diesen Lebensabschnitt zu entwickeln. Der Synode war daran gelegen, so auf die jungen Menschen zu schauen wie Christus, um in ihrem Leben Zeichen für das Wirken des Geistes zu erkennen. Denn wir glauben, dass Gott auch heute durch junge Menschen – mit ihrer Kreativität und ihrem Engagement ebenso wie mit ihrem Leiden und ihren Hilferufen – zu Kirche und Welt spricht. Mit ihnen können wir unsere Epoche prophetischer erfassen und die Zeichen der Zeit erkennen; daher sind junge Men­schen einer jener „theologischen Orte“, an denen uns der Herr manche seiner Erwartungen und Herausforderungen für die Gestaltung der Zukunft erkennen lässt.

Besonderheiten des Jugendalters

65. Die Jugend als Zeit, in der sich die Persönlichkeit entwickelt, ist geprägt von Träumen, die Gestalt annehmen, von Beziehungen, die an Festigkeit und Gleichgewicht gewinnen, von Versuchen und Experimenten und von Entscheidungen, die Schritt für Schritt einen Lebens­plan bestimmen. In diesem Lebensabschnitt sind junge Menschen aufgerufen, nach vorne zu denken, ohne ihre Wurzeln zu kappen, selbstständig zu werden, ohne dabei einsam zu sein. Das soziale, wirtschaftliche und kulturelle Umfeld bietet nicht immer günstige Bedingungen. Viele junge Heilige haben die Züge des Jugendalters in all ihrer Schönheit aufleuchten lassen und waren für ihre Zeit echte Propheten des Wandels; ihr Beispiel zeigt, was junge Menschen vermögen, wenn sie sich für die Begegnung mit Christus öffnen.

Auch junge Menschen, die von Behinderung oder Krankheit gezeichnet sind, können einen wertvollen Beitrag leisten. Die Synode fordert die Gemeinden auf, Raum zu schaffen für Ini­tiativen, in denen sie anerkannt werden und zu Protagonisten werden können, zum Beispiel durch die Verwendung der Gebärdensprache für Gehörlose, mit entsprechend angepassten Katechesereihen, Aktivitäten in Verbänden oder zur beruflichen Eingliederung.

Die gesunde Unruhe der jungen Menschen

66. Bei den Jugendlichen gibt es eine Unruhe, die zuerst einmal angenommen, ernst ge­nommen und begleitet werden muss, im vollen Vertrauen auf ihre Freiheit und ihr Verant­wortungsbewusstsein. Die Kirche weiß aus Erfahrung, dass der Beitrag junger Menschen maßgeblich für ihre Erneuerung ist. In mancher Hinsicht können sie den Hirten voraus sein. Am Ostermorgen kam der Jünger, den Jesus liebte, zuerst am Grab an und eilte Petrus, dem sein Alter und sein Verrat eine Bürde waren, voraus (vgl. Joh 20,1–10); ebenso ist in der christlichen Gemeinschaft die jugendliche Dynamik eine erneuernde Kraft für die Kirche, denn sie hilft ihr, Schwerfälligkeit und Behäbigkeit abzuschütteln und sich dem Auferstande­nen zu öffnen. Gleichzeitig verweist die Haltung des geliebten Jüngers darauf, dass es wichtig ist, mit den Erfahrungen der Älteren verbunden zu bleiben, die Rolle der Hirten anzuerkennen und nicht allein vorauszugehen. Daraus entsteht jene Symphonie der Stimmen, die Frucht des Heiligen Geistes ist.

Verletzte junge Menschen

67.  Wie bei allen anderen Menschen ist auch das Leben junger Menschen von Verletzun­gen gezeichnet. Diese Verletzungen stammen aus Niederlagen in der eigenen Geschichte, aus enttäuschten Wünschen, erlittenen Diskriminierungen und Ungerechtigkeiten, dem Gefühl, nicht geliebt oder anerkannt zu werden. Es sind körperliche und seelische Verletzungen. Christus, der sich entschlossen hat, die Passion und den Tod zu erleiden, macht sich durch sein Kreuz hindurch zum Nächsten leidender junger Menschen. Dann gibt es moralische Verletzungen, belastende eigene Fehler, Schuldgefühle, weil man etwas falsch gemacht hat. Heutzutage ist die Aussöhnung mit den eigenen Verletzungen mehr als je zuvor unabdingbare Voraussetzung für ein gutes Leben. Die Kirche ist aufgerufen, allen jungen Menschen in ihren Prüfungen beizustehen und geeignete pastorale Tätigkeiten zu fördern.

 

Erwachsenwerden

Eine Zeit der Entscheidungen

68. Die Jugend ist ein Lebensabschnitt, der weichen muss, damit Platz für das Erwachse­nenalter entsteht. Dieser Übergang ergibt sich nicht nur rein durch das zahlenmäßige Lebensalter, sondern setzt einen Prozess der Reife voraus, bei dem das Lebensumfeld junger Menschen nicht immer hilfreich ist. In vielen Regionen hat sich eine Kultur des Proviso­rischen durchgesetzt, wodurch sich die Adoleszenz unendlich in die Länge zieht und Ent­scheidungen aufgeschoben werden; die Angst vor dem Endgültigen führt so zu einer Art Läh­mung der Entschiedenheit. Aber die Jugend kann als Zeit nicht stillstehen, sie ist das Alter der Entscheidungen, und gerade darin liegt ihre Faszination und ihre größte Aufgabe. Junge Menschen treffen Entscheidungen im beruflichen, gesellschaftlichen und politischen Bereich und weitere, noch radikalere Entscheidungen, die ihrer Existenz eine endgültige Gestalt verleihen. Bei letzteren spricht man genau genommen von „Lebensentscheidungen“: Denn in ihnen findet das Leben selbst, in seiner unwiederholbaren Einzigartigkeit, seine endgültige Ausrichtung.

Das Leben im Zeichen der Mission

69.  Papst Franziskus fordert die jungen Menschen auf, ihr Leben vor dem Hintergrund der Mission zu verstehen: „Oft im Leben verlieren wir Zeit, uns zu fragen: ,Aber, wer bin ich?‘ Aber du kannst dich fragen, wer du bist, und das ganze Leben mit der Suche verbringen, wer du bist. Aber frage dich: ,Für wen bin ich da?‘“ (PAPST FRANZISKUS, Ansprache anlässlich der Gebetswache in Vorbereitung auf den Weltjugendtag, Päpstliche Basilika Santa Maria Maggiore, 8. April 2017). Dieser Satz beleuchtet Lebensentscheidungen bis in den letzten Winkel, denn er fordert dazu auf, sie im Horizont der Selbsthingabe zu treffen. Dies allein ist der Weg zu echtem und dauerhaftem Glück! Denn tatsächlich „[ist] die Mission im Herzen des Volkes […] nicht ein Teil meines Lebens oder ein Schmuck, den ich auch wegnehmen kann; sie ist kein Anhang oder ein zusätzlicher Belang des Lebens. Sie ist etwas, das ich nicht aus meinem Sein ausreißen kann, außer ich will mich zerstören. Ich bin eine Mission auf dieser Erde, und ihretwegen bin ich auf dieser Welt“ (PAPST FRANZISKUS, Evangelii gaudium, Nr. 273).

Eine Pädagogik, die fähig zum Aufruf ist

70.  Die Sendung ist ein sicherer Kompass für den Lebensweg, aber kein „Navigations­gerät“, das vorab die gesamte Route darstellt. Zur Freiheit gehört immer auch die Dimension des Risikos, die es mutig anzuerkennen und Schritt für Schritt besonnen zu begleiten gilt. An vielen Stellen sehen wir im Evangelium, wie Jesus dazu auffordert, etwas zu wagen, hinaus­zufahren und das bloße Beachten von Vorschriften zugunsten einer Denkweise der großzügi­gen, bedingungslosen Hingabe aufzugeben, ohne dabei zu verschweigen, dass man dafür sein Kreuz auf sich zu nehmen hat (vgl. Mt 16,24). Er ist radikal: „Er gibt alles und verlangt alles: er gibt totale Liebe und verlangt ein ungeteiltes Herz“ (PAPST FRANZISKUS, Predigt am 14. Oktober 2018). Junge Menschen dürfen nicht mit Minimalvorschlägen getäuscht oder mit einem Regelapparat erstickt werden, da dies ein zu kurz gegriffenes oder moralistisches Bild des Christentums aufzeigen würde; wir sind vielmehr aufgerufen, in ihren Wagemut zu investieren und sie dazu zu erziehen, Verantwortung zu übernehmen – in der Gewissheit, dass das Fehlermachen, das Scheitern und auch Krisen Erfahrungen sind, die ihr Menschsein stär­ken können.

Der wahre Sinn der Autorität

71.  Um tatsächlich einen Prozess der Reife zu durchlaufen, brauchen junge Menschen sou­veräne Erwachsene. In ihrer etymologischen Bedeutung verweist die auctoritas auf die Fähigkeit, etwas wachsen zu lassen; nicht die Idee der Weisungsbefugnis kommt darin zum Ausdruck, sondern die Idee einer wahrhaftig generativen Kraft. Wenn Jesus jungen Men­schen begegnete, so sagte er ihnen – ganz gleich, in welcher Verfassung sie waren, und sogar, wenn sie tot waren – auf die ein oder andere Weise: „Steh auf! Wachse!“ Und durch sein Wort wurde wahr, was er sagte (vgl. Mk 5,41; Lk 7,14). In der Erzählung von der Heilung des besessenen Epileptikers (Mk 9,14–29), die an unterschiedlichste Formen der Entfremdung junger Menschen von heute erinnert, wird deutlich, dass Jesus ihm nicht die Hand reicht, um ihm die Freiheit zu nehmen, sondern um sie wirksam werden zu lassen, um sie freizusetzen. Jesus übt hier seine Autorität voll und ganz aus: Das einzige, was er will, ist, dass der Junge wächst, ohne irgendeine Form von Besitzdenken, Manipulation und Verführung.

Die Bindung zur Familie

72.   Die Familie ist die erste Glaubensgemeinschaft, in der – ungeachtet aller Begrenztheit und Unvollkommenheit – der junge Mensch die Liebe Gottes erfährt und beginnt, seine Beru­fung zu unterscheiden. Die vorhergehenden Synoden und das nachsynodale Apostolische Schreiben Amoris laetitia betonen immer wieder, dass der Familie als Hauskirche die Aufgabe zufällt, die Freude des Evangeliums im Alltag zu leben und all ihre Mitglieder den jeweiligen Umständen entsprechend so daran teilhaben zu lassen, dass sie offen bleiben für die Dimension der Berufung und Sendung.

Aber nicht immer erziehen Familien ihre Kinder dazu, aus dem Blickwinkel der Berufung in die Zukunft zu schauen. Bisweilen drängen gesellschaftliches Prestigedenken oder persönli­ches Erfolgsstreben und der Ehrgeiz von Eltern, die dazu tendieren, die Entscheidungen ihrer Kinder zu bestimmen, in den Raum der Unterscheidung und konditionieren Entscheidungen. Die Synode erkennt die Notwendigkeit, Familien dabei zu helfen, eindeutiger als bisher ein Verständnis vom Leben als Berufung zu vertreten. Die Erzählung aus dem Evangelium über den jugendlichen Jesus (vgl. Lk 2,41–52), der sich den Eltern unterordnet, aber sich auch von ihnen zu lösen vermag, um sich um die Dinge des Vaters zu kümmern, kann ein wertvolles Schlaglicht darauf werfen, wie familiäre Beziehungen dem Evangelium entsprechend gestal­tet werden können.

 

Zur Freiheit berufen

Das Evangelium der Freiheit

73.  Eine wesentliche Bedingung jeder echten Lebensentscheidung ist die Freiheit. Sie droht allerdings missverstanden zu werden, auch weil sie nicht immer richtig dargestellt wird. Die Kirche erscheint vielen Jugendlichen letztlich als eine Institution, die Regeln, Verbote und Verpflichtungen auferlegt. Christus aber „hat uns zur Freiheit befreit“ ( vgl. Gal 5,1), indem er uns von der Herrschaft des Gesetzes zur Herrschaft des Heiligen Geistes hat gehen lassen. Im Lichte des Evangeliums gilt es heute deutlicher anzuerkennen, dass Freiheit ihrem Wesen nach relational ist, und zu zeigen, dass Leidenschaften und Emotionen in dem Maße von Belang sind, in dem sie uns auf die authentische Begegnung mit dem Anderen ausrichten. Ein solcher Blickwinkel bezeugt deutlich, dass echte Freiheit nur in Bezug zur Wahrheit (vgl. Joh 8,31–32) und vor allem zur Liebe (vgl. 1 Kor 13,1–13; Gal 5,13) verständlich und möglich ist: Freiheit besteht darin, im Herzen eines Anderen man selbst zu sein.

Freiheit, die erwidert wird

74. In der gelebten Brüderlichkeit und Solidarität, insbesondere mit den Letzten, entde­cken junge Menschen, dass wahre Freiheit aus dem Gefühl des Angenommenseins entsteht und dass sie wächst, wenn man dem Anderen mehr Raum gibt. Ähnliches erleben sie, wenn sie sich um Maßhalten und Umweltschutz bemühen. Die Erfahrung der gegenseitigen Aner­kennung und des gemeinsamen Einsatzes führt sie zu der Erkenntnis, dass in ihrem Herzen ein stiller Aufruf zur Liebe wohnt, der von Gott herrührt. Damit wird es auch einfacher, die transzendente Dimension zu erfassen, die die Freiheit von ihrem Ursprung her in sich birgt und die dort, wo sie auf die intensivsten Erfahrungen des Lebens trifft – Geburt und Tod, Freundschaft und Liebe, Schuld und Vergebung –, noch deutlicher wiedererweckt wird. Es sind eben diese Erfahrungen, die helfen zu verstehen, dass es in der Natur der Freiheit liegt, radikal dialogisch zu sein.

Freiheit und Glaube

75.  Vor mehr als 50 Jahren führte der heilige Paul VI. den Ausdruck „Dialog des Heils“ ein und interpretierte die Sendung des Sohnes in die Welt als Ausdruck einer „unerhörte[n] Einladung der Liebe“. Er fügte allerdings hinzu, dass uns „die Freiheit, ihr zu entsprechen oder sie zurückzuweisen“, gelassen wurde (vgl. Ecclesiam suam, Nr. 77). In dieser Perspek­tive erscheint der persönliche Glaubensakt als frei und befreiend: Er wird zum Ausgangs­punkt, um sich die Glaubensinhalte Schritt für Schritt zu eigen zu machen. Daher ist der Glaube nichts, das gleichsam von außen zur Freiheit hinzukommt, sondern er folgt der Sehn­sucht des Gewissens nach Wahrheit, Gutem und Schönheit und findet dies vollkommen in Jesus wieder. Das Zeugnis zahlreicher junger Märtyrer aus der Vergangenheit und Gegen­wart, das in der Synode kraftvoll erklungen ist, ist der überzeugendste Beweis dafür, dass Glaube frei macht gegenüber den Mächten dieser Welt, gegenüber ihren Ungerechtigkeiten und selbst gegenüber dem Tod.

Die verletzte und erlöste Freiheit

76.   Die menschliche Freiheit ist gezeichnet von den Wunden der persönlichen Sünde und Begierde. Wenn aber Vergebung und Erbarmen dafür sorgen, dass der Mensch sich der Hindernisse bewusst wird, die ihn gefangen halten, so wird er reifer und kann sich mit grö­ßerer Klarheit mit endgültigen Lebensentscheidungen auseinandersetzen. Aus pädagogischer Sicht ist es wichtig, jungen Menschen dabei zu helfen, nicht mutlos zu werden im Angesicht von Fehlern und Misserfolgen, auch wenn diese erniedrigend sein mögen, denn sie gehören wesentlich dazu, wenn man sich im Bewusstsein um die eigene Größe und Schwäche auf den Weg zu einer reiferen Freiheit begibt.

Das Böse hat aber nicht das letzte Wort: „Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab“ (Joh 3,16). Er hat uns bis ans Ende geliebt und damit unsere Freiheit losgekauft. Indem er für uns am Kreuz gestorben ist, hat er den Heiligen Geist ausgegossen; „wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit“ (2 Kor 3,17): eine neue, öster­liche Freiheit, die sich in der Selbsthingabe, Tag für Tag, erfüllt.

 

Kapitel II
Das Geheimnis der Berufung

 

Die Suche nach Berufung

Berufung als Weg und Entdeckung

77.   In der Erzählung von der Berufung Samuels (vgl. 1 Sam 3,1–21) finden wir, was die Unterscheidung im Wesentlichen ausmacht: das Hören und Erkennen der göttlichen Initiati­ve, persönliche Erfahrung, wachsendes Verständnis, eine geduldige und respektvolle Beglei­tung des sich vollziehenden Mysteriums, ein gemeinschaftliches Ziel. Die Berufung drängt sich Samuel nicht auf wie ein Schicksal, das man erleiden muss; sie ist ein Liebesangebot, eine missionarische Aussendung in einer Geschichte des alltäglichen gegenseitigen Vertrau­ens.

Wie für den jungen Samuel ist die Berufung für jeden Mann und jede Frau – ungeachtet aller starken und privilegierten Momente, die sie bietet – ein langer Weg. Das Wort des Herrn braucht Zeit, um verstanden und gedeutet zu werden; die Sendung, zu der es ruft, erschließt sich schrittweise. Junge Menschen sind fasziniert von dem Abenteuer, sich Schritt für Schritt zu entdecken. Sie lernen gern aus den Dingen, denen sie nachgehen, aus Begegnungen und Beziehungen, und stellen sich im Alltag auf die Probe. Sie benötigen jedoch Hilfe dabei, die verschiedenen Erfahrungen miteinander in Einklang zu bringen und aus einer Perspektive des Glaubens zu interpretieren, um der Gefahr der Zerstreuung zu entgehen und die Zeichen zu erkennen, in denen Gott spricht. Während man seine Berufung entdeckt, erscheint nicht alles sofort klar, denn der Glaube „sieht’ in dem Maße, in dem er vorangeht und in den Raum eintritt, den das Wort Gottes aufgetan hat.“ (PAPST FRANZISKUS, Lumen fidei, 9).

Berufung als Gnade und Freiheit

78.  Im Laufe der Jahrhunderte wurden in Bezug auf das theologische Verständnis des Ge­heimnisses der Berufung, je nach dem gesellschaftlichen und kirchlichen Umfeld, in dem das Thema behandelt wurde, unterschiedliche Akzente gesetzt. Hier muss auf jeden Fall erkannt werden, dass der Begriff „Berufung“ immer analog verwandt wurde und die damit bezeichne­te Wirklichkeit viele Dimensionen aufwies. Das führte dazu, dass von Fall zu Fall Einzel­aspekte in den Vordergrund gerückt wurden, die aus Blickwinkeln betrachtet werden, bei denen die Komplexität des Ganzen nicht immer gleichmäßig gewahrt werden konnte. Um das Geheimnis der Berufung, das seinen letzten Ursprung in Gott hat, in seiner ganzen Tiefe erfassen zu können, sind wir also aufgerufen, unsere Vorstellungswelt und unsere religiöse Sprache zu läutern und zum Reichtum und Gleichgewicht der biblischen Erzählung zurück­zufinden. Das Ineinandergreifen von göttlicher Erwählung und menschlicher Freiheit muss jenseits allen Determinismus und Extrinsezismus begriffen werden. Die Berufung ist weder ein bereits fertiges Drehbuch, in dem der Mensch einfach nur mitspielen müsste, noch eine Theaterimprovisation ohne Konzept. Da Gott uns ruft, Freunde und nicht Knechte zu sein (vgl. Joh 15,13), tragen unsere Entscheidungen auf reale Weise zur geschichtlichen Entfal­tung seines Plans der Liebe bei. Zugleich ist die Heilsökonomie ein Mysterium, das unendlich über uns hinausgeht; deshalb kann uns nur das Hören auf den Herrn offenbaren, welche Rolle uns dabei zugedacht ist. In diesem Licht betrachtet, erscheint die Berufung tatsächlich als ein Geschenk der Gnade und des Bundes, als das schönste und wertvollste Geheimnis unserer Freiheit.

Schöpfung und Berufung

79.  Wenn die Bibel sagt, dass alle Dinge durch Christus und auf ihn hin geschaffen wur­den (vgl. Kol 1,16), verweist sie auf das Mysterium der Berufung und fordert uns auf, es als eine Realität zu interpretieren, die Gottes Schöpfung auszeichnet. Geschaffen hat Gott sie durch sein Wort, das ins Sein und ins Leben „ruft“ und dann im Chaos des Unterschei­dungslosen „unterscheidet“, um so dem Kosmos die Schönheit der Ordnung und die Har­monie der Vielfalt einzuprägen. Während bereits der heilige Paul VI. feststellte, dass „das Leben eines jeden Menschen von Gott zu irgendeiner Aufgabe bestimmt ist“ (vgl. Populorum progressio, 15), betonte Benedikt XVI., dass der Mensch als dialogisches Wesen geschaffen wurde: Das schöpferische Wort „[ruft] jeden Menschen ganz persönlich […] und [offenbart] damit […], dass das Leben selbst Berufung ist in Bezug auf Gott“ (vgl. Verbum Domini, 77).

Für eine Kultur der Berufung

80.  Vom Menschenleben in Berufungshinsicht zu sprechen, macht es möglich, einige Punkte herauszukristallisieren, die für das Wachstum eines jungen Menschen sehr wichtig sind: Es bedeutet auszuschließen, dass dieses Leben vom Schicksal vorbestimmt oder Ergeb­nis des Zufalls ist, sowie dass es ein privates Gut ist, über das nach Gutdünken verfügt werden kann. Wenn in ersterem Fall keine Berufung vorhanden ist, so deshalb, weil die eines Lebens würdige Richtung nicht erkannt wird und im zweiten Fall, weil ein Mensch „ohne Bindungen“ auch „ohne Berufung“ ist. Deshalb ist es wichtig, die Bedingung dafür zu schaffen, dass sich in allen christlichen Gemeinschaften – angefangen beim Taufbewusstsein ihrer Mitglieder – eine echte Kultur der Berufung und ein unentwegter Einsatz im Gebet um Berufungen entwickelt.

 

Die Berufung, Jesus nachzufolgen

Die Faszination Jesu

81. Viele Jugendliche sind von der Figur Jesu Christi fasziniert. Sein Leben erscheint ihnen als gut und schön, weil es arm und einfach war, geprägt von aufrichtigen und tiefen Freundschaften, großherzig für seine Brüder und Schwestern gelebt, niemandem gegenüber verschlossen, und immer bereit zum Schenken. Das Leben Jesu ist auch heute noch attraktiv und inspirierend; es ist für alle jungen Menschen eine Provokation, die herausfordert. Die Kirche weiß: Der Grund dafür ist, dass Jesus tief mit jedem Menschen verbunden ist, denn „Christus, der neue Adam, macht eben in der Offenbarung des Geheimnisses des Vaters und seiner Liebe dem Menschen den Menschen selbst voll kund und erschließt ihm seine höchste Berufung“ (vgl. Gaudium et spes, Nr. 22).

Glaube, Berufung und Jüngerschaft

82.  Tatsächlich hat Jesus nicht nur durch sein Leben fasziniert, sondern auch ausdrücklich zum Glauben aufgerufen. Er ist Männern und Frauen begegnet, die erkannt haben, dass seine Gesten und Worte die richtige Art und Weise waren, von Gott zu sprechen, zu ihm in Be­ziehung zu treten und zu jenem Glauben zu gelangen, der zum Heil führt: „Tochter, dein Glaube hat dich gerettet. Geh in Frieden!“ (Lk 8,48). Andere, die ihm begegneten, wurden gerufen, seine Jünger und Zeugen zu werden. Er hat denen, die seine Jünger sein wollten, nicht verschwiegen, dass sie dafür Tag für Tag ihr Kreuz auf sich nehmen und ihm auf einem österlichen Weg in den Tod und die Auferstehung folgen mussten. Der bezeugende Glaube lebt weiter in der Kirche, als Zeichen und Werkzeug des Heils für alle Völker. In der Zuge­hörigkeit zur Gemeinschaft Jesu hat es immer schon unterschiedliche Formen der Nachfolge gegeben. Der Großteil der Jünger hat den Glauben unter ganz gewöhnlichen Alltagsbedin­gungen gelebt; andere hingegen, unter ihnen auch einige Frauen, haben wie ihr Meister ihr Leben auf Wanderschaft und als Propheten verbracht (vgl. Lk 8,1–3); von Anfang an hatten die Apostel eine besondere Rolle in der Gemeinschaft inne und erhielten von ihm Anteil an seinem Dienst der Leitung und der Verkündigung.

Die Jungfrau Maria

83.  Maria verdient von allen Personen aus der Bibel, die das Geheimnis der Berufung veranschaulichen, besondere Betrachtung. Als junge Frau, die mit ihrem „Ja“ die Mensch­werdung ermöglicht und damit die Bedingungen für jede weitere kirchliche Berufung geschaffen hat, bleibt sie die erste Jüngerin Jesu und Vorbild für jede Form der Jüngerschaft. Auf ihrem Pilgerweg des Glaubens ist Maria ihrem Sohn bis unter das Kreuz gefolgt. Als Mutter und Meisterin der Barmherzigkeit begleitet sie die Kirche weiterhin und bittet beim Heiligen Geist, der jede Berufung mit Leben erfüllt. Es ist darum offenkundig, dass dem „marianischen Prinzip“ eine herausragende Rolle zukommt und dass es das gesamte Leben der Kirche in all seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen erleuchtet. An der Seite der Jungfrau Maria bildet auch die Person ihres Bräutigams Josef ein beispielhaftes Vorbild für die Antwort auf die Berufung.

 

Berufung und Berufungen

Berufung und Auftrag der Kirche

84. Die Bedeutung der Berufung in der Taufe kann nicht in ihrer Gänze verstanden werden, wenn nicht berücksichtigt wird, dass sie für alle – ohne Ausnahme – ein Aufruf zur Heiligkeit ist. Diese Aufforderung schließt notwendigerweise die Einladung ein, teilzuhaben am Auftrag der Kirche, deren letztendlicher Zweck die Gemeinschaft mit Gott und die Gemeinschaft aller Menschen untereinander ist. Tatsächlich sind die kirchlichen Berufungen der vielgestaltige Ausdruck der Berufung der Kirche selbst, konkretes Zeichen des in brüder­licher Gemeinschaft aufgenommenen Evangeliums zu sein. Die vielfältigen Formen der Nachfolge Christi bekunden jede für sich den Auftrag, die Ankunft Christi zu verkünden, in der jeder Mann und jede Frau ihr Heil finden.

Die Vielfalt der Charismen

85.  Der heilige Paulus spricht dieses Thema wiederholt in seinen Briefen an und verweist auf das Bild der Kirche als einen Leib, der aus vielen Gliedern besteht, wobei jedes Glied für das Ganze gleichzeitig notwendig und relativ ist, denn nur die Einheit aller Glieder schafft einen lebendigen, ebenmäßigen Leib. Den Ursprung dieser Gemeinschaft verortet der Apostel im Geheimnis der Dreifaltigkeit. „Es gibt verschiedene Gnadengaben, aber nur den einen Geist. Es gibt verschiedene Dienste, aber nur den einen Herrn. Es gibt verschiedene Kräfte, die wirken, aber nur den einen Gott: Er bewirkt alles in allem“ (1 Kor 12,4–6). Das Zweite Vatikanische Konzil und spätere Lehraussagen bieten wertvolle Anweisungen für eine korrekte Theologie der Charismen und der Dienste in der Kirche, sodass die Gnadengaben des Heiligen Geistes, die dieser ständig in der Kirche hervortreten lässt, in Dankbarkeit angenommen und weise zur Geltung gebracht werden können, um die Kirche zu verjüngen.

Beruf und Berufung

86.  Bei vielen jungen Menschen erfolgt die berufliche Orientierung vor dem Hintergrund der Berufung. Nicht selten werden verlockende berufliche Angebote abgelehnt, weil sie nicht mit christlichen Werten vereinbar sind; bei der Auswahl der Ausbildungsform entscheidet die Frage, wie die persönlichen Begabungen fruchtbringend im Dienst für das Reich Gottes eingesetzt werden können. Für viele ist Arbeit eine Chance, die empfangenen Gaben zu ent­decken und zur Geltung zu bringen: auf diese Weise haben Männer und Frauen aktiv teil am trinitarischen Mysterium der Erschaffung, Erlösung und Heiligung.

Die Familie

87.  Die beiden letzten Synoden zum Thema Familie, denen das Nachsynodale Apostoli­sche Schreiben Amoris laetitia folgte, befassten sich ausführlich mit der Berufung der Familie innerhalb der Kirche und mit dem unersetzlichen Beitrag, den Familien gerufen sind, zur Verkündung des Evangeliums zu leisten: durch die gegenseitige Liebe der Eheleute und die Zeugung und Erziehung von Kindern. Unter Verweis auf den Reichtum, der sich aus den jüngsten Dokumenten ergibt, muss daran erinnert werden, wie wichtig es ist, diese Botschaft wiederaufzugreifen, um die Schönheit der ehelichen Berufung wiederzuentdecken und sie den Jugendlichen zu vermitteln.

Das geweihte Leben

88.  Das Geschenk des geweihten Lebens in seiner kontemplativen wie auch aktiven Form, das der Heilige Geist in der Kirche wachruft, ist als freudiges Zeugnis selbstloser Liebe von besonderer prophetischer Bedeutung. Wenn Ordensgemeinschaften und Neugründungen Brüderlichkeit authentisch leben, werden sie zu Schulen der Gemeinschaft, zu Zentren des Gebets und der Kontemplation, zu Stätten, die Zeugnis ablegen vom Dialog zwischen den Generationen und Kulturen, und zu Räumen für Evangelisierung und Barmherzigkeit. Im Auftrag vieler Ordensmänner und -frauen, die sich in den Randgebieten der Welt um die Letzten kümmern, manifestiert sich die Hingabe einer Kirche im Aufbruch in konkreter Form. Zwar verzeichnen einige Regionen rückläufige Zahlen und kämpfen mit Überalterung, doch bleibt das geweihte Leben auch in der gemeinsamen Verantwortung mit den vielen Laien, die den Geist und die Sendung der verschiedenen Charismen teilen, fruchtbar und kreativ. Weder die Kirche noch die Welt können auf dieses Geschenk der Berufung verzich­ten, das eine große Ressource für unsere Zeit ist.

Das Priestertum

89.  Seit jeher hat die Kirche in dem Bewusstsein, dass das Priestertum als Grundstein ihrer Identität unabdingbar für das christliche Leben ist, in besonderer Weise Sorge für die Beru­fung zum Priestertum getragen. Deshalb hat sie der Ausbildung und Begleitung von Priester­amtskandidaten immer größte Aufmerksamkeit gewidmet. Die Sorge, mit der viele Kirchen hier rückläufige Zahlen verfolgen, macht es erforderlich, sowohl über die Berufung zum Priestertum als auch über eine Berufungspastoral neu nachzudenken, die die Faszination für die Person Jesu und seine Aufforderung, Hirten seiner Herde zu werden, vermitteln kann. Auch die Berufung zum Ständigen Diakonat erfordert mehr Aufmerksamkeit, da diese eine Ressource darstellt, die noch nicht ihr ganzes Potential entfaltet hat.

Die Lebenssituation von „Singles“

90.  Die Synode hat über die Lebensform von Menschen nachgedacht, die als „Single“ leben, und anerkannt, dass sich mit diesem Begriff sehr unterschiedliche Lebenssituationen bezeichnen lassen. Diese können unterschiedliche Gründe haben: Sie können freiwillig oder unfreiwillig entstanden sein und von kulturellen, religiösen oder gesellschaftlichen Faktoren abhängen und sind damit Ausdruck unterschiedlichster Lebensläufe. Die Kirche erkennt, dass diese Lebensform, wenn sie aus der Sicht des Glaubens als Geschenk angenommen wird, zu einem der vielen Wege werden kann, auf denen man die Gnade der Taufe verwirklicht und jener Heiligkeit entgegengeht, zu der wir alle gerufen sind.

 

KAPITEL III
DER AUFTRAG ZU BEGLEITEN

Eine Kirche, die begleitet

Vor der Wahl stehen

91.   In der heutigen Welt mit ihrem immer deutlicher werdenden Pluralismus und einer immer größeren Bandbreite an verfügbaren Optionen stellt sich das Thema der Entscheidung mit besonderer Dringlichkeit auf verschiedenen Ebenen und insbesondere in Anbetracht von Lebenswegen, die immer weniger geradlinig verlaufen und von großer Unsicherheit gekenn­zeichnet sind. Tatsächlich bewegen sich junge Menschen oft zwischen ebenso extremen wie naiven Ansätzen: So fühlen sich einige einem bereits festgeschriebenen, unerbittlichen Schicksal ausgeliefert, während andere sich von dem abstrakten Ideal der Exzellenz im Rahmen eines unkontrollierten, heftigen Wettbewerbs überwältigt fühlen.

Begleitung, um richtige, solide und gut fundierte Entscheidungen treffen zu können, ist daher ein Dienst, der weithin als notwendig erachtet wird. Präsent zu sein und auf dem Weg zu authentischen Entscheidungen unterstützend und begleitend da zu sein, ist für die Kirche eine Möglichkeit, ihre mütterliche Rolle auszuüben, indem sie Freiheit für die Kinder Gottes schafft. Dieser Dienst ist nichts anderes als die Fortsetzung der Art und Weise, wie der Gott Jesu Christi gegenüber seinem Volk handelt, nämlich durch beständige und warmherzige Gegenwart, ergebene, liebevolle Nähe und grenzenlose Zärtlichkeit.

Gemeinsam das Brot brechen

92.  Wie uns die Erzählung von den Emmaus-Jüngern lehrt, erfordert Begleitung die Be­reitschaft, einen Teil des Weges gemeinsam zurückzulegen und dabei eine stabile bedeu­tungsvolle Beziehung aufzubauen. Der Ursprung des Wortes für „begleiten“ [ital.: accompag­nare] geht auf das gebrochene und geteilte Brot (cum pane) zurück und gibt den gesamten menschlichen und sakramentalen symbolischen Reichtum dieses Verweises wieder. Es ist daher die Gemeinschaft als Ganze, die an erster Stelle begleitet werden muss, gerade weil sich in ihr ein Beziehungsgeflecht entwickelt, das den Menschen auf seinem Weg unterstüt­zen und ihm Anhaltspunkte und Orientierungshilfen aufzeigen kann. Den Menschen und Christen in seiner Entwicklung auf dem Weg zum Erwachsenwerden zu begleiten, ist eine der Formen, mit der die Gemeinschaft zeigen kann, dass sie sich selbst und die Welt erneuern kann.

Die Eucharistie ist als lebendige Erinnerung an das österliche Ereignis ein privilegierter Ort der Evangelisierung und Weitergabe des Glaubens mit Blick auf die Sendung. In der zur Eucharistiefeier versammelten Gemeinde begleitet die Erfahrung, von Jesus persönlich be­rührt, unterrichtet und geheilt zu werden, jeden einzelnen auf seinem Weg der persönlichen Entwicklung.

Lebensbereiche und Rollen

93. Neben den Mitgliedern der Familie sind alle, die in den verschiedenen Lebensberei­chen junger Menschen von Bedeutung sind – Lehrer, Gruppenleiter, Trainer und andere Bezugspersonen auch aus dem Berufsleben –, gerufen, ihre Rolle als Begleiter zu überneh­men. Priester und Ordensleute haben, auch wenn sie kein Monopol auf die Begleitung be­sitzen, eine besondere Aufgabe, die aus ihrer Berufung erwächst und die sie, wie von den Jugendlichen auf der Synode gefordert, im Namen vieler anderer wiederentdecken müssen. Einige Kirchen haben in ihrer Erfahrung die Rolle von Katecheten als Begleiter der christli­chen Gemeinschaften und ihrer Mitglieder hervorgehoben.

Die Integration in die Gesellschaft begleiten

94.  Begleitung darf sich nicht auf den Weg des spirituellen Wachstums und Praktiken aus dem christlichen Leben beschränken. Ebenso fruchtbringend ist auch die Begleitung auf dem Weg zu immer mehr Übernahme von Verantwortung in der Gesellschaft, zum Beispiel im beruflichen Bereich oder durch gesellschaftspolitisches Engagement. In diesem Sinne emp­fiehlt die Synode, die Soziallehre der Kirche besser zur Geltung zu bringen. In immer stärker interkulturell und multireligiös geprägten Gesellschaften und kirchlichen Gemeinden ist eine gezielte Begleitung im Umgang mit Vielfalt nötig, damit diese als gegenseitige Bereicherung und Möglichkeit der brüderlichen Gemeinschaft wertgeschätzt wird und man nicht der zwei­fachen Versuchung des Rückzugs in die eigene Identität und der des Relativismus erliegt.

 

Gemeinschafts-, Gruppen- und Einzelbegleitung

Eine fruchtbare Spannung

95.  Es gibt eine konstitutive Komplementarität zwischen persönlicher und gemeinschaftli­cher Begleitung, die jede Spiritualität oder kirchliche Sensibilität in der ihr eigenen Weise zum Ausdruck bringen muss. Gerade in bestimmten, besonders schwierigen Momenten wie z. B. der Phase der Unterscheidung in Bezug auf grundlegende Lebensentscheidungen oder wenn man kritische Situationen erlebt, zeigt sich eine direkte persönliche Begleitung als besonders fruchtbar. Sie bleibt auf jeden Fall auch im täglichen Leben ein wichtiger Weg, um die Beziehung zum Herrn zu vertiefen.

Ebenso wird in Anlehnung an das Katechumenat die dringende Notwendigkeit betont, Seminaristen und junge Priester, Ordensleute in der Ausbildung sowie Paare auf ihrem Weg der Ehevorbereitung und in den ersten Tagen nach der Feier des Sakraments persönlich zu begleiten.

Gemeinschafts- und Gruppenbegleitung

96.  Jesus hat die Gruppe seiner Jünger begleitet und ihren Alltag mit ihnen geteilt. Die Erfahrung von Gemeinschaft zeigt die Qualitäten und Grenzen eines jeden Menschen auf und schärft ein demütiges Bewusstsein dafür, dass es, ohne die empfangenen Gaben zum Wohle aller zu teilen, nicht möglich ist, dem Herrn zu folgen.

Diese Erfahrung setzt sich in der Praxis der Kirche fort, wo junge Menschen in Gruppen, Bewegungen und Verbänden unterschiedlichster Art die warmherzige und einladende Umge­bung und Beziehungsintensität erleben, die sie sich wünschen. Die Einbindung in solche Kreise ist nach Abschluss des Weges der christlichen Initiation von besonderer Bedeutung, da sie jungen Menschen den Boden für die Weiterentwicklung ihrer christlichen Berufung bieten. In diesem Umfeld sollte mehr für die Präsenz von Seelsorgern getan werden, damit eine angemessene Begleitung gewährleistet ist.

In diesen Gruppen sind Erzieher und Gruppenleiter die Bezugspersonen für die Begleitung, während die Freundschaften, die sich in ihnen entwickeln, den Nährboden für die Begleitung unter Gleichen bilden.

Persönliche geistliche Begleitung

97. Die geistliche Begleitung ist ein Prozess, der dem Einzelnen helfen soll, die verschie­denen Dimensionen des Lebens Schritt für Schritt zusammenzuführen, um Jesus zu folgen. In diesem Prozess gibt es drei Instanzen: das Hören auf das Leben, die Begegnung mit Jesus und der geheimnisvolle Dialog zwischen der Freiheit Gottes und der des Menschen. Wer beglei­tet, nimmt geduldig an, er bringt in den jungen Menschen die wahren Fragen zum Klingen und erkennt in ihrer Antwort die Zeichen des Heiligen Geistes.

In der persönlichen geistlichen Begleitung lernt man, aus der Perspektive des Glaubens zu erkennen, zu interpretieren und zu wählen, indem man auf das hört, was der Heilige Geist im Alltag vorschlägt (vgl. PAPST FRANZISKUS, Evangelii gaudium, Nrn. 169–173). Das Charisma der geistlichen Begleitung ist auch in der Überlieferung nicht zwangsläufig mit den ordinierten Priestern verbunden. Nie zuvor waren geistliche Leiter, Väter und Mütter mit tiefer Glaubenserfahrung und Menschlichkeit und nicht nur intellektueller Vorbildung so nötig wie heute. Die Synode wünscht sich, dass in diesem Bereich auch der große kraftvolle Quell des geweihten Lebens und insbesondere der geweihten Frauen und der gut ausgebilde­ten Laien, Erwachsenen und Jugendlichen wiederentdeckt werden möge.

Die Begleitung und das Sakrament der Versöhnung

98. Das Sakrament der Versöhnung spielt eine unverzichtbare Rolle, um im Glaubensle­ben voranzugehen, das nicht nur von Grenzen und Schwächen geprägt ist, sondern auch von der Sünde. Der Auftrag der Versöhnung und die geistliche Begleitung müssen entsprechend voneinander unterschieden werden, weil sie unterschiedliche Ziele und Formen haben. Pasto­ral angebracht ist eine gesunde und kluge Abstufung auf den Wegen der Buße unter Einbeziehung einer Vielzahl von Erziehern, die jungen Menschen helfen, ihr moralisches Leben zu deuten, ein richtiges Gespür für Sünde zu entwickeln und sich vor allem der befreienden Freude der Barmherzigkeit zu öffnen.

Eine ganzheitliche Begleitung

99. Die Synode erkennt zudem die Notwendigkeit an, eine ganzheitliche Begleitung zu fördern, in der geistliche Aspekte gut durch menschliche und soziale Aspekte ergänzt werden. Papst Franziskus erklärt dazu: „In der Tat schließt die geistliche Unterscheidung die Hilfe der menschlichen, existentiellen, psychologischen, soziologischen oder moralischen Weisheit nicht aus. Sie transzendiert sie jedoch." (PAPST FRANZISKUS, Gaudete et exsultate, Nr. 170). Dies sind Aspekte, die dynamisch und in Respekt vor anderen Formen von Spiritualität und Kulturen erfasst werden müssen, ohne dabei etwas auszuschließen oder zu verwechseln.

Psychologische oder psychotherapeutische Begleitung kann sich, wenn sie offen für Trans­zendenz ist, als maßgeblich für den Weg der ganzheitlichen Entwicklung der Persönlichkeit erweisen, indem sie gewisse Aspekte der Persönlichkeit, die verschlossen oder verschüttet sind, wieder für ein Wachstum der Berufung öffnet. Junge Menschen erleben es in der ge­samten Fülle und auch Zerbrechlichkeit, selbst eine Art „offene Baustelle“ zu sein. Psycholo­gische Verarbeitung könnte nicht nur dabei helfen, die persönliche Geschichte noch einmal geduldig Revue passieren zu lassen, sondern auch, Fragen wieder aufzugreifen, um ein stabi­leres emotionales Gleichgewicht zu erreichen.

Begleitung in der Ausbildung zum Priesteramt und geweihten Leben

100.  Bei der Aufnahme junger Menschen in Ausbildungshäuser oder Seminare ist es wich­tig zu prüfen, dass sie ausreichend in einer Gemeinschaft verwurzelt sind und Stabilität in ihren freundschaftlichen Beziehungen zu ihren Altersgenossen, in Studium und Arbeit sowie in ihrem Kontakt mit Armut und Leid zeigen. In der geistlichen Begleitung ist es entschei­dend, sie in Gebet und innere Arbeit einzuführen, indem sie vor allem im eigenen Leben auch durch Formen des Verzichts und der Askese zu unterscheiden lernen. Die Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen (vgl. Mt 19,12) sollte als eine Gabe verstanden werden, die vor der Zulassung zur Weihe oder der ersten Profess in Freiheit, Freude, Selbstlosigkeit und Demut anerkannt und überprüft werden muss. Der Beitrag der Psychologie ist als Hilfe zu verstehen, um emotional zu reifen und seine Persönlichkeit voll auszubilden, und muss gemäß der be­ruflichen Ethik und unter Achtung der tatsächlichen Freiheit in den Ausbildungsweg der Auszubildenden aufgenommen werden. Die Person des Rektors oder Ausbildungsleiters wird zunehmend wichtiger, um den Ausbildungsprozess zu vereinheitlichen und zu einer realisti­schen Unterscheidung zu gelangen, indem alle an der Ausbildung Beteiligten konsultiert werden, und um zu entscheiden, ob der Ausbildungsprozess gegebenenfalls unterbrochen werden soll, indem man dabei hilft, einen anderen Berufungsweg einzuschlagen.

Nach Abschluss der ersten Ausbildungsphase muss die Weiterbildung und Begleitung von Priestern, Personen des geweihten Lebens und vor allem der Jüngsten sichergestellt werden. Sie stehen oft vor unverhältnismäßig großen Herausforderungen und Verantwortlichkeiten. Die Aufgabe der Begleitung liegt nicht nur in der Verantwortung von entsprechenden Beauf­tragten, sondern muss von Bischöfen und Oberen persönlich wahrgenommen werden.

 

Qualifizierte Begleiter

Zur Begleitung gerufen

101.  Auf verschiedenste Weise haben uns die jungen Menschen gebeten, die Person des Begleiters zu qualifizieren. Der Dienst der Begleitung ist eine authentische Sendung und ge­mahnt die apostolische Bereitschaft desjenigen, der ihn ausübt. Ebenso wie der Diakon Phi­lippus ist auch der Begleiter aufgerufen, dem Ruf des Heiligen Geistes zu gehorchen, indem er den Ring der Jerusalemer Mauern als Bild für die christliche Urgemeinde verlässt und zu einem öden, unwirtlichen, vielleicht sogar gefährlichen Ort aufbricht, wo er nur mit Mühe einem Wagen hinterherlaufen kann. Als er ihn erreicht, muss er zusehen, wie er zu dem frem­den Kämmerer in Beziehung treten kann, um eine Frage vorzubringen, die womöglich spon­tan nie formuliert worden wäre (vgl. Apg 8,26–40). Kurzum: Begleiten bedeutet, sich dem Heiligen Geist des Herrn und dem Begleiteten mit all seinen Qualitäten und Fähigkeiten zur Verfügung zu stellen, und dann den Mut aufzubringen, demütig zur Seite zu treten.

Das Profil des Begleiters

102. Ein guter Begleiter ist ein ausgeglichener Mensch, der zuhört, glaubt und betet, der sich an seinen eigenen Versuchungen und Schwächen gemessen hat. Aus diesem Grund weiß er, wie er die jungen Menschen, die er begleitet, annehmen muss, ohne zu moralisieren und falsche Nachsicht zu üben. Notfalls kann er auch ein brüderlich mahnendes Wort sprechen.

Das Bewusstsein, dass Begleitung eine Sendung ist, die eine tiefe Verwurzelung im geistli­chen Leben erfordert, soll ihm helfen, sich gegenüber den jungen Menschen, die er begleitet, frei zu halten: So soll er das Ergebnis ihres Weges respektieren, indem er sie im Gebet unter­stützt und sich über die Früchte, die der Heilige Geist in denen hervorbringt, die ihm ihr Herz öffnen, freut, ohne dabei zu versuchen, ihnen seinen Willen und seine eigenen Vorlieben auf­zudrängen. Ebenso soll er in der Lage sein, sich in ihren Dienst zu stellen, anstatt sich selbst ins Rampenlicht zu rücken und sich besitzergreifend und manipulativ zu verhalten, was bei den Betreffenden Abhängigkeit und keine Freiheit bewirkt. Dieser tiefe Respekt ist dann auch die beste Garantie gegen die Gefahren des Hörigmachens oder Missbrauchs jeglicher Art.

Die Bedeutung der Ausbildung

103. Um seinen Dienst ausüben zu können, muss der Begleiter sein geistliches Leben kulti­vieren, indem er die Beziehung zu Ihm, der ihm die Sendung übertragen hat, nährt. Gleich­zeitig muss er die Unterstützung der kirchlichen Gemeinschaft spüren, der er angehört. Es ist wichtig, dass er eine spezifische Ausbildung für dieses besondere Amt erhält und dass auch er selbst Begleitung und Supervision in Anspruch nehmen kann.

Und schließlich sollte daran erinnert werden, dass eine Eigenschaft, die unser Dasein als Kir­che ausmacht und von den Jugendlichen äußerst geschätzt wird, die Bereitschaft und Fähig­keit ist, im Team zu arbeiten: Auf diese Weise erlangen wir mehr Bedeutung, Effizienz und Wirksamkeit in der Ausbildung junger Menschen. Diese Kompetenz, gemeinschaftlich zu arbeiten, erfordert die Ausbildung besonderer Tugenden der Beziehungsfähigkeit: die Diszi­plin des Zuhörens und die Fähigkeit, anderen Raum zu geben, die Bereitwilligkeit zur Verge­bung und die Bereitschaft, sich mit einer echten, eigenen gemeinschaftlichen Spiritualität einzubringen.

 

KAPITEL IV
DIE KUNST DER UNTERSCHEIDUNG

Die Kirche als Umfeld, um zu unterscheiden

Eine Konstellation von Bedeutungen in der Vielfalt der geistlichen Tradition

104. Die Berufungsbegleitung ist eine grundlegende Dimension im Unterscheidungsprozess desjenigen, der gerufen ist, zu entscheiden. Der Begriff „Unterscheidung“ wird in zahlreichen Bedeutungen verwendet, die jedoch alle miteinander verbunden sind. Im allgemeineren Sinne bezeichnet die Unterscheidung einen Prozess, in dem wichtige Entscheidungen getroffen wer­den; in einem zweiten, enger mit der christlichen Tradition verbundenen Sinne, auf den wir noch näher eingehen werden, steht sie für die geistliche Dynamik, mit der ein Einzelner, eine Gruppe oder eine Gemeinschaft den Willen Gottes in der konkreten Realität ihrer Situation zu erkennen und anzunehmen suchen: „Prüft alles und behaltet das Gute“ (1 Thess 5,21). Als achtsames Erkennen der Stimme des Geistes und der Annahme seines Rufes ist die Unter­scheidung eine wesentliche Dimension der Lebensweise Jesu und als Grundhaltung weit mehr als ein punktueller Akt.

Im Laufe der Geschichte der Kirche haben sich verschiedene geistliche Traditionen in ihren unterschiedlichen Ausprägungen mit dem Thema Unterscheidung beschäftigt und u. a. in Bezug auf die verschiedenen charismatischen Empfindsamkeiten und historischen Epochen unterschiedliche Akzente gesetzt. Während der Synode haben wir einige gemeinsame Ele­mente erkannt, die die Vielfalt der Ausdrucksweisen nicht außen vor lässt: die Gegenwart Gottes im Leben und in der Geschichte eines jeden Menschen; die Möglichkeit, sein Handeln zu erkennen; die Rolle des Gebets, des sakramentalen Lebens und der Askese; die ständige Auseinandersetzung mit den Forderungen des Wortes Gottes; die Freiheit in Bezug auf erworbene Gewissheiten; die ständige Überprüfung im täglichen Leben und die Bedeutung einer angemessenen Begleitung.

Der konstitutive Verweis auf das Wort und die Kirche

105. Als „eine innere Haltung, die in einem Glaubensakt verwurzelt ist“ (PAPST FRANZIS­KUS, Ansprache an die Erste Generalkongregation der XV. Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode, 3. Oktober 2018), verweist die Unterscheidung konstitutiv auf die Kirche, deren Sendung es ist, dafür zu sorgen, dass jeder Mann und jede Frau dem Herrn begegnen, der bereits in ihrem Leben und Herzen wirkt.

Der Kreis der kirchlichen Gemeinschaft fördert ein Klima des Vertrauens und der Freiheit auf der Suche nach der eigenen Berufung in einem Umfeld der Andacht und des Gebets; er bietet konkrete Möglichkeiten, die eigene Geschichte neu zu deuten und die eigenen Gaben und Verletzlichkeiten im Lichte des Wortes Gottes zu entdecken; er macht es möglich, sich mit Zeugen auseinanderzusetzen, die verschiedene Lebensoptionen verkörpern. Auch die Begeg­nung mit den Armen fordert auf zu vertiefen, was im Leben wesentlich ist, während die Sa­kramente – und hier insbesondere die Eucharistie und das Sakrament der Versöhnung – dieje­nigen nähren und stützen, die sich auf den Weg machen, den Willen Gottes zu entdecken.

Die gemeinschaftliche Komponente ist immer in jede Unterscheidung, die niemals auf die individuelle Dimension allein reduzierbar ist, eingebunden. Gleichzeitig fordert jede persönli­che Unterscheidung die Gemeinschaft heraus und drängt sie, auf das zu hören, was der Heili­ge Geist ihr durch die geistliche Erfahrung ihrer Mitglieder nahebringt: Wie jeder Gläubige ist auch die Kirche immer in der Unterscheidung.

 

Das Gewissen in der Unterscheidung

Gott spricht zum Herzen

106. Die Unterscheidung lenkt die Aufmerksamkeit auf das, was im Herzen jedes Mannes und jeder Frau vor sich geht. In den biblischen Texten wird der Begriff „Herz“ verwendet, um auf den zentralen Punkt des Innersten eines Menschen hinzuweisen, wo das Hören des Wortes, das Gott immerzu an ihn richtet, zum Kriterium für die Bewertung von Leben und Entscheidungen wird (vgl. Ps 139). Die Bibel bedenkt zwar die persönliche Dimension, betont aber gleichzeitig auch die gemeinschaftliche. Auch das von den Propheten verheißene „neue Herz“ ist keine individuelle Gabe, sondern betrifft ganz Israel, in dessen Überlieferung und Heilsgeschichte der Gläubige eingebunden ist (vgl. Ez 36,26–27). Die Evangelien gehen in dieselbe Richtung: Jesus beharrt auf der Bedeutung des Innersten und stellt das Herz in den Mittelpunkt des moralischen Lebens (vgl. Mt 15,18–20).

Die christliche Vorstellung von Gewissen

107.  Der Apostel Paulus führt weiter aus, was die biblische Überlieferung über das Herz bekundet hat, und setzt es in Beziehung zu dem Begriff „Gewissen“, den er aus der Kultur seiner Zeit übernimmt. Im Gewissen wird die Frucht der Begegnung und Gemeinschaft mit Christus erfasst: als heilbringende Verwandlung und Annahme einer neuen Freiheit. Die christliche Tradition betont nachdrücklich, dass das Gewissen der privilegierte Ort einer be­sonderen Intimität mit Gott und der Begegnung mit ihm ist, in der seine Stimme gegenwärtig wird: „Das Gewissen ist die verborgenste Mitte und das Heiligtum im Menschen, wo er allein ist mit Gott, dessen Stimme in diesem seinen Innersten zu hören ist“ (Gaudium et spes, Nr. 16). Dieses Gewissen deckt sich nicht mit einem unmittelbaren und oberflächlichen Ge­fühl oder mit einem „Selbstbewusstsein“: Es zeugt von einer transzendenten Präsenz, die jeder Mensch in seinem Innersten findet, aber über die er nicht verfügt.

Die Bildung des Gewissens

108.  Die Bildung des Gewissens ist der Weg allen Lebens, auf dem man lernt, dieselben Gefühle wie Jesus Christus zu nähren, indem man sich die Kriterien seiner Entscheidungen und die Absichten seines Handelns zu eigen macht (vgl. Phil 2,5). Um die tiefste Dimension des Gewissens zu erreichen, ist es aus christlicher Sicht wichtig, sich um sein Innerstes zu kümmern, was vor allem bedeutet, sich Zeit für Stille, Betrachtung im Gebet und das Hören des Wortes, für Unterstützung in der sakramentalen Praxis und in der Lehre der Kirche zu nehmen. Zudem muss geübt werden, Gutes zu tun und dies mit dem Gewissen zu prüfen: Eine Übung, bei der es nicht nur darum geht, Sünden zu erkennen, sondern auch das Werk Gottes in der eigenen täglichen Erfahrung, in den Ereignissen der Geschichte und der Kultu­ren, in die man eingebunden ist, im Zeugnis so vieler anderer Männer und Frauen, die uns vorangegangen sind oder uns mit ihrer Weisheit begleiten. All dies hilft, in der Tugend der Umsicht zu wachsen und die globale Ausrichtung des Seins durch konkrete Entscheidungen in dem ruhigem Bewusstsein um die eigenen Gaben und Grenzen zu gestalten. Der junge Salomo hat um dieses Geschenk mehr als um alles andere gebeten (vgl. 1 Kön 3,9).

Das kirchliche Gewissen

109.  Das Gewissen eines jeden Gläubigen in seiner persönlichsten Dimension steht immer in Bezug zum Gewissen der Kirche. Nur durch die Vermittlung der Kirche und ihrer Glau­bensüberlieferung haben wir Zugang zu dem authentischen Antlitz Gottes, das sich in Jesus Christus offenbart. Die geistliche Unterscheidung stellt sich daher als aufrichtige Gewissens­arbeit in dem eigenen Bemühen dar, das potenziell Gute zu kennen, auf dessen Grundlage man verantwortungsbewusst in der richtigen Ausübung der praktischen Vernunft innerhalb und im Lichte der persönlichen Beziehung zu Jesus entscheidet.

Die Praxis der Unterscheidung

Die Vertrautheit mit dem Herrn

110.  Als Begegnung mit dem Herrn, der im Innersten des Herzens gegenwärtig wird, kann die Unterscheidung als authentische Form des Gebets begriffen werden. Deshalb erfordert sie angemessene Zeiten der Andacht, sowohl regelmäßig im Alltag als auch in ganz besonderen Situationen wie Einkehrtagen, geistlichen Exerzitien, Pilgerfahrten etc. Eine ernsthafte Unter­scheidung nährt sich aus allen Gelegenheiten zur Begegnung mit dem Herrn und zur Vertie­fung der Vertrautheit mit ihm in den verschiedenen Formen, in denen er sich gegenwärtig macht: den Sakramenten und insbesondere der Eucharistie und Versöhnung; dem Hören des Wortes Gottes und seiner Betrachtung und der Lectio divina in der Gemeinschaft; der brü­derlichen Erfahrung des gemeinsamen Lebens; und der Begegnung mit den Armen, mit denen sich Jesus identifiziert.

Die Bereitschaft des Herzens

111. Sich zu öffnen, um die Stimme des Heiligen Geistes zu hören, erfordert eine ganz bestimmte innere Bereitschaft und zuallererst die Achtsamkeit des Herzens, begünstigt durch Stille und Leere, wie die Askese sie fordert. Ebenso grundlegend sind Selbstbewusstsein, Selbstannahme und Reue, vereint mit der Bereitschaft, zum einen Ordnung im eigenen Leben zu schaffen, indem man aufgibt, was sich als hinderlich erweist, und zum anderen die nötige innere Freiheit wiederzuerlangen, um Entscheidungen zu treffen, die einzig vom Heiligen Geist geleitet werden. Eine gute Unterscheidung erfordert auch Achtsamkeit für das, was das eigene Herz bewegt, um die Fähigkeit weiterzuentwickeln, dies zu erkennen und ihm einen Namen zu geben. Schließlich erfordert die Unterscheidung den Mut, sich im spirituellen Kampf zu bemühen, denn es wird nicht an Versuchungen und Hindernissen fehlen, die das Böse uns in den Weg stellt.

Der Dialog in der Begleitung

112. Die verschiedenen geistlichen Traditionen sind sich einig, dass eine gute Unterschei­dung eine regelmäßige Auseinandersetzung mit einem geistlichen Führer erfordert. Das eigene Erleben authentisch und persönlich in Worte zu fassen, hilft, dies zu klären. Gleich­zeitig übernimmt der Begleiter eine wesentliche Funktion in der äußeren Auseinandersetzung und wird zum Mittler für die mütterliche Gegenwart der Kirche. Dies ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die im vorherigen Kapitel behandelt wurde.

Die Entscheidung und die Bestätigung

113.  Die Unterscheidung als Dimension der Lebensweise Jesu und seiner Jünger ermöglicht konkrete Prozesse mit dem Ziel, aus der Unentschlossenheit herauszutreten und Verantwor­tung für Entscheidungen zu übernehmen. Die Prozesse der Unterscheidung können daher sowohl bei persönlichen als auch bei gemeinschaftlichen und institutionellen Wegen nicht unendlich lange dauern. Auf die Entscheidung folgt eine ebenso grundlegende Phase der Umsetzung und Überprüfung im täglichen Leben. Es ist daher unerlässlich, in der nachfol­genden Zeit achtsam auf das innere Nachhallen zu hören, um die Stimme des Heiligen Geis­tes zu erfassen. Die Auseinandersetzung mit dem Konkreten hat in dieser Phase besondere Bedeutung. Verschiedene geistliche Traditionen weisen insbesondere auf den Wert des brü­derlichen Lebens und des Dienstes an den Armen als Prüfstand für die getroffenen Entschei­dungen und den Ort hin, an dem sich die Person vollständig offenbart.

 

TEIL III
„NOCH IN DERSELBEN STUNDE BRACHEN SIE AUF“

114.  „Und sie sagten zueinander: Brannte nicht unser Herz in uns, als er unterwegs mit uns redete und uns den Sinn der Schriften eröffnete? Noch in derselben Stunde brachen sie auf und kehrten nach Jerusalem zurück und sie fanden die Elf und die mit ihnen versammelt waren. Diese sagten: Der Herr ist wirklich auferstanden und ist dem Simon erschienen. Da erzählten auch sie, was sie unterwegs erlebt und wie sie ihn erkannt hatten, als er das Brot brach.“ (Lk 24,32–35).

Vom Hören des Wortes kommen wir nun zur Freude einer Begegnung, die das Herz erfüllt, die dem Dasein Sinn verleiht und neue Energie spendet. Die Gesichter leuchten auf und der Weg gewinnt an Kraft: Das Licht und die Kraft der Berufungsantwort sind es, die zur Sen­dung für die Gemeinschaft und die gesamte Welt werden. Noch in derselben Stunde kehren die Jünger ohne Angst auf ihrem Wege um und eilen zu ihren Brüdern und Schwestern, um Zeugnis abzulegen von ihrer Begegnung mit dem auferstandenen Jesus.

 

Eine junge Kirche

Eine Ikone der Auferstehung

115.  Als Fortsetzung der österlichen Eingebung von Emmaus beleuchtet Maria Magdalena (vgl. Joh 20,1–18) als Ikone den Weg, den die Kirche mit und für junge Menschen als Frucht dieser Synode zurücklegen will: einen Weg der Auferstehung, der zu Verkündigung und Sendung führt. Erfüllt von dem tiefen Wunsch des Herrn, fordert Maria Magdalena die Dunkelheit der Nacht heraus und eilt zu Petrus und dem anderen Jünger; ihre Bewegung setzt diese in Bewegung, ihre weibliche Hingabe gibt den Weg der Apostel vor und tut die Straße vor ihnen auf. Im Morgengrauen jenes Tages, dem ersten der Woche, stellt sich das Überra­schende an der Begegnung ein: Maria hat gesucht, weil sie liebte, aber gefunden, weil sie geliebt wird. Der Auferstandene gibt sich zu erkennen, indem er sie bei ihrem Namen ruft, und er bittet sie, ihn nicht aufzuhalten, weil sein auferstandener Leib kein Schatz sei, der eingesperrt, sondern ein Geheimnis, das geteilt werden müsse. So wird sie zur ersten missio­narischen Jüngerin, zur Apostelin der Apostel. Geheilt von ihren Wunden, (vgl. Lk 8,2) ist sie als Zeugin der Auferstehung das Bild der jungen Kirche, von der wir träumen.

Mit jungen Menschen gehen

116. Leidenschaft für die Suche nach Wahrheit, Staunen ob der Schönheit des Herrn, die Fähigkeit zu teilen und die Freude zu verkünden, leben auch heute noch in den Herzen vieler junger Menschen, die lebendige Glieder der Kirche sind. Es geht nicht darum, nur etwas „für sie“ zu tun, sondern in Gemeinschaft „mit ihnen“ zu leben, zusammenzuwachsen im Verste­hen des Evangeliums und auf der Suche nach den authentischsten Formen, um es zu leben und Zeugnis davon abzulegen. Die verantwortungsvolle Teilhabe junger Menschen am Leben der Kirche ist keine Option, sondern eine Forderung des Lebens aus der Taufe und ein unverzichtbares Element für das Leben jeder Gemeinschaft. Die Mühen und die Zerbrech­lichkeit junger Menschen helfen uns, besser zu werden. Ihre Fragen fordern uns heraus, ihre Zweifel rufen uns auf, uns nach der Qualität unseres Glaubens zu fragen. Auch ihre Kritik ist notwendig für uns, denn nicht selten hören wir durch sie die Stimme des Herrn, der uns zur Umkehr des Herzens und Erneuerung der Strukturen aufruft.

Der Wunsch, alle jungen Menschen zu erreichen

117.  In der Synode haben wir uns immer wieder Fragen zu den jungen Menschen gestellt und nicht nur diejenigen im Blick gehabt, die Teil der Kirche sind und aktiv in ihr mitarbei­ten, sondern auch all jene, die andere Lebensvisionen haben, sich zu anderen Konfessionen bekennen oder die erklären, Religion sei ihnen fremd. Alle Jugendlichen sind ohne Ausnah­me in Gottes Herz und somit auch im Herzen der Kirche. Wir erkennen jedoch unumwunden an, dass diese Aussage zwar von unseren Lippen erklingt, aber nicht immer wirklich in unserem pastoralen Handeln zum Ausdruck kommt: So verschließen wir uns oft in unseren eigenen Kreisen, zu denen ihre Stimme nicht vordringt, oder kümmern uns um weniger anspruchsvolle, lohnendere Aktivitäten und ersticken dabei jene gesunde pastorale Ruhelo­sigkeit, die uns aus unseren vermeintlichen Sicherheiten herausführen kann. Doch das Evan­gelium ruft uns auf, es zu wagen, und das wollen wir ohne Anmaßung und ohne Prosely­tismus zu betreiben tun, indem wir die Liebe des Herrn bezeugen und allen jungen Menschen in der Welt die Hand reichen.

Spirituelle, pastorale und missionarische Umkehr

118.  Papst Franziskus erinnert uns oft daran, dass dies ohne einen ernsthaften Weg der Um­kehr nicht möglich ist. Wir sind uns bewusst, dass es nicht nur darum geht, neue Aktivitäten entstehen zu lassen, und wir wollen auch keine „peinlich genauen und gut entworfenen apostolischen Expansionsprojekte, typisch für besiegte Generäle“ (Papst FRANZISKUS, Evan­gelii gaudium, Nr. 96) verfassen. Wir wissen, dass wir, um glaubwürdig zu sein, eine Reform der Kirche erleben müssen, die eine Reinigung des Herzens und einen veränderten Stil bewir­ken. Die Kirche muss sich effektiv durch die Eucharistie, die sie als Höhepunkt und Quell ihres Lebens feiert, formen lassen: in der Form eines Brotes, das aus vielen Ähren besteht und für das Leben in der Welt gebrochen wird. Die Frucht dieser Synode, die Entscheidung, die uns der Heilige Geist durch das Hören und Unterscheiden eingegeben hat, besteht darin, mit den jungen Menschen zu allen zu gehen, um die Liebe Gottes zu bezeugen. Wir können diesen Prozess beschreiben, indem wir von Synodalität für die Mission bzw. von missionari­scher Synodalität sprechen: „Die Verwirklichung einer synodalen Kirche ist unverzichtbare Voraussetzung für einen neuen missionarischen Impuls unter Einbeziehung des ganzen Vol­kes Gottes.“[2] Dies ist die Prophezeiung des Zweiten Vatikanischen Konzils, die wir noch nicht in ihrer ganzen Tiefe angenommen und in ihren täglichen Auswirkungen weiterentwi­ckelt haben und an die uns Papst Franziskus erinnert hat, als er bekräftigte: „Genau dieser Weg der Synodalität ist das, was Gott sich von der Kirche des dritten Jahrtausends erwartet“ (PAPST FRANZISKUS, Ansprache zur 50-Jahr-Feier zur Errichtung der Bischofssynode, 17. Oktober 2015). Wir sind überzeugt, dass diese Entscheidung, die Frucht des Gebets und der Auseinandersetzung ist, es der Kirche ermöglichen wird, um der Gnade Gottes willen die „Jugend der Welt“ zu sein und als solche klarer zu erscheinen.

 

KAPITEL I
DIE MISSIONARISCHE SYNODALITÄT DER KIRCHE

 

Eine konstitutive Dynamik

Junge Menschen bitten uns, gemeinsam unterwegs zu sein

119.  Zu dem Zeitpunkt, als diese Synode beschlossen hat, sich mit jungen Menschen aus­einanderzusetzen, hat die Kirche in ihrer Gesamtheit sich für eine ganz konkrete Option entschieden, nämlich diesen Auftrag als epochale pastorale Priorität zu betrachten, in die Zeit, Energie und Ressourcen investiert werden. Bereits zu Beginn des Vorbereitungsprozesses ha­ben die jungen Menschen den Wunsch geäußert, einbezogen und geschätzt zu werden und sich als Mitstreiter im Leben und in der Sendung der Kirche zu fühlen. Auf dieser Synode haben wir erfahren, dass mit jungen Christen gelebte Mitverantwortung auch für die Bischöfe ein Quell tiefer Freude ist. Wir erkennen in dieser Erfahrung eine Frucht des Heiligen Geis­tes, der die Kirche ständig erneuert und sie dazu aufruft, Synodalität als Art des Seins und Handelns zu praktizieren und dabei die Teilhabe aller Getauften und Menschen guten Willens zu fördern, so wie ihr Alter, Lebensstand und ihre Berufung es zulassen. In dieser Synode haben wir erfahren, dass die Kollegialität, die die Bischöfe cum Petro et sub Petro in ihrer Sorge um das Volk Gottes vereint, sich durch praktizierte Synodalität auf allen Ebenen arti­kulieren und reicher werden muss.

Der synodale Prozess geht weiter

120.  Mit dem Ende der Versammlung und dem Dokument, das deren Ergebnisse zusam­menfasst, ist der synodale Prozess noch nicht abgeschlossen, sondern es wird nur eine Etappe erreicht. Da die konkreten Bedingungen, die realen Möglichkeiten und die dringenden Bedürfnisse junger Menschen von Land zu Land und von Kontinent zu Kontinent sehr unter­schiedlich sind, auch wenn der gemeinsame Glaube sie vereint, laden wir die Bischofskon­ferenzen und die Teilkirchen ein, diesen Weg fortzusetzen und sich an Prozessen der gemein­schaftlichen Unterscheidung zu beteiligen, die auch diejenigen in die Beschlussfassung miteinbeziehen, die keine Bischöfe sind, so wie diese Synode es getan hat. Zum Stil dieser kirchlichen Wege sollten brüderliches Zuhören und der generationenübergreifende Dialog gehören, mit dem Ziel, pastorale Leitlinien zu entwickeln, die besonders auf ausgegrenzte Jugendliche und diejenigen eingehen, die wenig oder gar keinen Kontakt zu kirchlichen Gemeinschaften haben. Wir hoffen, dass sich Familien, Ordensinstitute, Verbände, Bewegun­gen und die jungen Menschen selbst an diesen Wegen beteiligen, damit sich die „Flamme“ dessen, was wir in diesen Tagen erlebt haben, ausbreiten kann.

Die synodale Gestalt der Kirche

121.  Die erlebte Erfahrung hat bei den Teilnehmern der Synode ein Bewusstsein dafür ge­schaffen, wie wichtig die synodale Gestalt der Kirche für die Verkündigung und Weitergabe des Glaubens ist. Die Teilnahme junger Menschen hat dazu beigetragen, „Synodalität als konstitutive Dimension der Kirche“ wachzurufen. [...] „,Kirche und Synode sind Synonymeʻ, wie der heilige Johannes Chrysostomos sagt – denn die Kirche ist nichts anderes als das ,gemeinsame Vorangehenʻ der Herde Gottes auf den Pfaden der Geschichte zur Begegnung mit Christus, dem Herrn“ (PAPST FRANZISKUS, Ansprache zur 50-Jahr-Feier zur Errichtung der Bischofssynode, 17. Oktober 2015). Die Synodalität prägt sowohl das Leben als auch die Sendung der Kirche. Die Kirche ist das Volk Gottes – bestehend aus Jungen und Alten, Männern und Frauen aus allen Kulturen und mit unterschiedlichstem Hintergrund – und der Leib Christi, in dem die einen die Glieder der anderen sind, beginnend mit den Ausgegrenz­ten und mit denen, nach denen mit Füßen getreten wird. Während des Erfahrungsaustausches und durch die Zeugnisse haben sich während der Synode einige grundlegende Merkmale eines synodalen Stils herauskristallisiert, zu dem wir aufgerufen sind umzukehren.

122.  Gerade in Beziehungen – zu Christus, zu anderen und innerhalb der Gemeinschaft – wird Glauben vermittelt. Auch im Hinblick auf ihre Sendung ist die Kirche aufgerufen, ihrem Beziehungsgefüge ein Gesicht zu verleihen, das Zuhören, Annahme, Gespräch und gemeinsa­me Unterscheidung in die Mitte eines Weges stellt, der das Leben der daran Teilhabenden verwandelt. „Eine synodale Kirche ist eine Kirche des Zuhörens, in dem Bewusstsein, dass das Zuhören ‚mehr ist als Hörenʻ. Es ist ein wechselseitiges Anhören, bei dem jeder etwas zu lernen hat: das gläubige Volk, das Bischofskollegium, der Bischof von Rom – jeder im Hin­hören auf die anderen und alle im Hinhören auf den Heiligen Geist, den ,Geist der Wahrheit‘ (Joh 14,17), um zu erkennen, was er ,den Kirchen sagt‘ (Offb 2,7)“ (PAPST FRANZISKUS, An­sprache zur 50-Jahr-Feier zur Errichtung der Bischofssynode, 17. Oktober 2015). Auf diese Weise präsentiert sich die Kirche als „Zelt der Zusammenkunft“, in dem die Bundeslade aufbewahrt wird (vgl. Ex 25): eine dynamische Kirche in Bewegung, die im Unterwegssein begleitet, gestärkt durch zahlreiche Charismen und Ämter. So macht sich Gott in dieser Welt gegenwärtig.

Eine partizipative, mitverantwortliche Kirche

123.  Ein charakteristisches Merkmal dieses Stils von Kirche ist die Wertschätzung und Einbringung der Charismen, die der Heilige Geist je nach Berufung und Rolle eines jeden Mitglieds durch die Dynamik der Mitverantwortung schenkt. Um diese Dynamik auszulösen, sind die Umkehr des Herzens und die Bereitschaft zum gegenseitigen Zuhören notwendig, die echtes Gemeinschaftsgefühl schaffen. Von diesem Geist beseelt, können wir uns zu einer partizipativen, mitverantwortlichen Kirche entwickeln, die in der Lage ist, den Reichtum der Vielfalt, aus der sie besteht, zur Geltung zu bringen, und auch den Beitrag von Laien wie jungen Menschen und Frauen, Personen des geweihten Lebens, Gruppen, Verbänden und Be­wegungen dankbar willkommen zu heißen. Niemand sollte ins Abseits gedrängt werden oder beiseite treten müssen. Auf diese Weise können wir sowohl Klerikalismus, durch den viele von Entscheidungsprozessen ausgeschlossen würden, als auch die Klerikalisierung von Laien vermeiden, durch die diese eingesperrt würden anstatt zu missionarischem Engagement in der Welt bewegt zu werden.

Die Synode ruft dazu auf, die aktive Teilhabe junger Menschen an den Orten der Mitverant­wortung in den Teilkirchen sowie auch in den Organen der Bischofskonferenzen und der Weltkirche zu etwas Effektivem und Normalem zu machen. Sie fordert auch, dass die Arbeit des Jugendbüros des Dikasteriums für Laien, Familie und Leben unter anderem durch die Einrichtung eines Vertretungsorgans aus jungen Menschen auf internationaler Ebene gestärkt wird.

Unterscheidungsprozesse in der Gemeinschaft

124.  Die Erfahrung, als Volk Gottes „gemeinsamen unterwegs zu sein“, hilft uns, den Sinn von Autorität im Hinblick auf den Dienst noch besser zu verstehen. Von den Hirten wird die Fähigkeit gefordert, die Zusammenarbeit in Zeugnis und Sendung verstärken und gemein­schaftliche Unterscheidungsprozesse begleiten zu können, um die Zeichen der Zeit im Lichte des Glaubens und unter der Führung des Heiligen Geistes mit dem Beitrag aller Glieder der Gemeinschaft, beginnend bei den am Rande stehenden, interpretieren zu können. Menschen in kirchlichen Leitungsfunktionen mit diesen Fähigkeiten müssen speziell in Synodalität aus­gebildet werden. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint es vielversprechend, insbesondere in Bezug auf Fragen wie Autoritätsausübung oder Teamarbeit gemeinsame Ausbildungswege für junge Laien, junge Ordensleuten und Seminaristen aufzubauen.

 

Ein Stil für die Mission

Die missionarische Gemeinschaft

125. Das synodale Leben der Kirche ist im Wesentlichen auf die Sendung ausgerichtet: Es ist „Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit“ (Lumen gentium, Nr. 1) bis zu dem Tag, an dem Gott „alles in allem“ ist. (1 Kor 15,28). Junge Menschen, die für den Heiligen Geist offen sind, können der Kirche helfen, „den österlichen Übergang vom individualistisch verstandenen ‚Ich‘ zum kirchlichen ‚Wir“, in dem jedes ‚Ich‘, von Christus bekleidet (vgl. Gal 2,20), mit den Brüdern und Schwestern lebt und wandelt als verantwortliches und aktives Subjekt der einen Sendung des Volkes Gottes.“ (INTERNATIONALE THEOLOGISCHE KOMMISSION, Die Synodalität in Leben und Sendung der Kirche, 2. März 2018, Nr. 107). Derselbe Schritt muss durch einen Impuls des Heiligen Geistes unter der Führung der Hirten für die Gemeinschaft der Christen getan werden, die gerufen ist, die Selbstbezogenheit des „Ichs“ ihrer Selbsterhaltung hinter sich zu lassen und dem Dienst am Aufbau eines „Wir“ entgegenzugehen, das die ganze Menschheits­familie und die gesamte Schöpfung einschließt.

Eine Mission im Dialog

126. Diese grundlegende Dynamik hat konkrete Auswirkungen darauf, wie die Sendung gemeinsam mit den jungen Menschen erfüllt wird, die fordert, offen und kompromisslos den Dialog mit allen Männern und Frauen guten Willens aufzunehmen. Wie der heilige Paul VI. sagte: „Die Kirche macht sich selbst zum Wort, zur Botschaft, zum Dialog“ (Ecclesiam Suam, Nr. 67). In einer von der Vielfalt der Völker und der Vielfalt der Kulturen geprägten Welt ist das „gemeinsame Unterwegssein“ von grundlegender Bedeutung, um Initiativen zur Solidarität, Integration und Förderung der Gerechtigkeit Glaubwürdigkeit und Wirksamkeit zu verleihen und zu zeigen, worin eine Kultur der Begegnung und Selbstlosigkeit besteht.

Gerade junge Menschen, die Tag für Tag im Kontakt mit Gleichaltrigen anderer christlicher Konfessionen, Religionen, Überzeugungen und Kulturen leben, spornen die gesamte christli­che Gemeinschaft dazu an, Ökumene und interreligiösen Dialog zu leben. Dies erfordert den Mut zur Parrhesia im Reden und zur Demut beim Zuhören, indem man die Askese – und zuweilen auch das Martyrium –, das sich daraus ergibt, auf sich nimmt.

Zu den Peripherien der Welt

127.  Die Praxis des Dialogs und die Suche nach gemeinsamen Lösungen stellen eine klare Priorität dar in einer Zeit, in der demokratische Systeme durch eine geringe Beteiligung und den unverhältnismäßig großen Einfluss kleiner Interessengruppen herausgefordert werden, die in der Bevölkerung keine breite Resonanz finden und die Gefahr reduktionistischer, tech­nokratischer und autoritärer Entgleisungen mit sich bringen. Die Treue zum Evangelium richtet diesen Dialog auf die Suche nach einer Antwort auf die zweifache Klage der Armen und der Erde (vgl. PAPST FRANZISKUS, Laudato siʼ, Nr. 49) aus, für die junge Menschen besonders empfänglich sind. Dies soll durch die Einbeziehung der Grundmotivation der Prin­zipien der Soziallehre in gesellschaftliche Prozesse geschehen, also durch Menschenwürde, die universelle Bestimmung von Gütern, die bevorzugte Option für die Armen, die Vorrang­stellung der Solidarität, Achtsamkeit für Subsidiarität und die Pflege des gemeinsamen Hauses. Keine Berufung innerhalb der Kirche kann sich außerhalb dieser gemeinschaftlichen Dynamik des Heraustretens und Dialogs verorten, und deshalb muss sich jede Bemühung um Begleitung an diesem Maßstab messen und den Ärmsten und Schwächsten bevorzugte Auf­merksamkeit zukommen lassen.

 

KAPITEL II
IM ALLTAG GEMEINSAM UNTERWEGS SEIN

Von den Strukturen hin zu den Beziehungen

Vom Delegieren zur Einbeziehung

128.  Die missionarische Synodalität betrifft nicht nur die Kirche auf universaler Ebene. Die Notwendigkeit, gemeinsam unterwegs zu sein und ein echtes Zeugnis der Brüderlichkeit in einem erneuerten, deutlicher sichtbaren Gemeinschaftsleben abzulegen, betrifft in erster Linie die einzelnen Gemeinschaften. Daher muss in jedem lokalen Umfeld wieder ein Bewusstsein dafür geweckt werden, dass wir als Volk Gottes dafür verantwortlich sind, das Evangelium in den verschiedenen Kontexten und innerhalb aller Situationen des Alltags Fleisch werden zu lassen. Dabei geht es darum, sich von der Denkweise des Delegierens zu lösen, die pastorales Handeln so stark bestimmt.

Hier können wir beispielsweise auf Katechesekurse zur Vorbereitung auf die Sakramente verweisen, eine Aufgabe, die viele Familien ganz der Pfarrgemeinde anvertrauen. Diese Hal­tung hat zur Folge, dass Jugendliche Glauben möglicherweise nicht als Realität verstehen, die das tägliche Leben heller macht, sondern als eine Reihe von Konzepten und Regeln, die zu einem separaten Bereich ihres Lebens gehören. Stattdessen müssen wir unbedingt gemeinsam unterwegs sein: Die Pfarrei braucht die Familie, damit junge Menschen die tägliche Realität des Glaubens erleben können; die Familie wiederum braucht den Dienst der Katecheten und die Pfarrstruktur, um ihren Kindern eine ganzheitlichere Sicht des Christentums aufzuzeigen, sie in die Gemeinschaft einzuführen und ihren Horizont zu erweitern. Es reicht also nicht aus, Strukturen zu haben, wenn sich in ihnen keine authentischen Beziehungen entwickeln; es ist die Qualität dieser Beziehungen, die evangelisiert.

Die Erneuerung der Pfarrei

129.  Die Pfarrei ist unbedingt in diesen Prozess einzubeziehen, damit sie sich als viel fruchtbarere Gemeinschaft und als Umgebung gestalten kann, aus der die Sendung bis hin zu den Letzten ausstrahlt. An diesem besonderen historischen Wendepunkt zeigen sich mehrere Signale, die bezeugen, dass sie in verschiedenen Fällen den spirituellen Bedürfnissen der Menschen unserer Zeit aufgrund gewisser Faktoren, welche die Lebensstile der Menschen tiefgreifend verändert haben, nicht gerecht wird. Denn wir leben in einer Kultur „ohne Gren­zen“, die unter anderem aufgrund der digitalen Kommunikation von einer neuen Raum-Zeit-Beziehung und ständiger Mobilität geprägt ist. In diesem Zusammenhang würde eine Sicht von Pfarreiarbeit, die nur durch räumliche Grenzen definiert und nicht in der Lage wäre, die Gläubigen und insbesondere junge Menschen mit vielfältigen Vorschlägen abzuholen, die Gemeinde in einer nicht akzeptablen Bewegungslosigkeit und besorgniserregenden pastora­len Eintönigkeit erstarren lassen. Daher ist ein pastorales Umdenken darüber, was Pfarrei ist, notwendig, und zwar aus einer Haltung der kirchlichen Mitverantwortung und des missionari­schen Schwungs heraus, indem Synergien in der Fläche entwickelt werden. Nur so kann sie dann als bedeutsamer Raum erscheinen, der die jungen Menschen in ihrem Leben abholt.

Offene und durchschaubare Strukturen

130. In dieselbe Richtung einer größeren Offenheit und eines gemeinsamen Erlebens ist es wichtig, dass sich die einzelnen Gemeinschaften hinterfragen um zu prüfen, ob die Lebens­stile und eingesetzten Strukturen den Jugendlichen ein leicht verständliches Zeugnis des Evangeliums vermitteln. Das Privatleben vieler Priester, Nonnen, Ordensleute und Bischöfe ist zweifelsohne einfach und den Menschen verpflichtet, aber für die meisten und besonders für junge Menschen nahezu unsichtbar. Viele von ihnen finden, dass unsere kirchliche Welt schwierig zu durchschauen ist; sie werden von den Rollen, die wir bekleiden, und den Stereo­typen, die sie begleiten, auf Distanz gehalten. Sorgen wir also dafür, dass unser normales Leben in all seinen Ausdrucksformen leichter zugänglich wird. Effektive Nähe und gemein­same Räume und Aktivitäten schaffen die Voraussetzungen für eine authentische, vorurteils­freie Kommunikation. Auf diese Weise hat Jesus das Himmelreich verkündigt, und auf diesem Weg drängt uns sein Heiliger Geist auch heute noch nach vorne.

 

Das Leben der Gemeinschaft

Ein Mosaik aus Antlitzen

131.         Eine synodale und missionarische Kirche manifestiert sich in lokalen Gemeinschaften mit vielen Gesichtern. Von Anfang an war die Kirche in ihrer Gestalt nicht starr und ver­einheitlicht, sondern sie entwickelte sich wie ein Vieleck aus Menschen mit unterschiedlichen Empfindsamkeiten, Kulturen und Herkunft. Auf genau diese Weise hat sie gezeigt, dass sie den unvergleichlichen Schatz des dreifaltigen Lebens in den Tongefäßen der menschlichen Zerbrechlichkeit bringt. Harmonie, die eine Gabe des Geistes ist, schafft Unterschiede nicht ab, sondern komponiert aus ihnen harmonisch einen symphonischen Reichtum. Diese Begeg­nung in dem einen Glauben unter verschiedenen Menschen ist die Grundvoraussetzung für die pastorale Erneuerung unserer Gemeinschaften. Sie wirkt sich auf Verkündigung, Feier und Gottesdienst, d. h. auf die grundlegenden Bereiche der normalen Seelsorge, aus. Die Volksweisheit sagt dazu: „Um ein Kind zu erziehen, braucht man ein ganzes Dorf.“ Dieses Prinzip gilt heute für alle Bereiche der Pastoral.

Die Gemeinschaft vor Ort

132.  Die effektive Gestaltung einer Gemeinschaft mit vielen Gesichtern wirkt sich auch auf die Einbindung vor Ort, die Offenheit für das soziale Gefüge und die Begegnung mit zivilgesellschaftlichen Einrichtungen aus. Nur eine geeinte, pluralistische Gemeinschaft kann offen auf andere zugehen und das Licht des Evangeliums in jene Bereiche des gesellschaft­lichen Lebens bringen, die uns heute herausfordern: Umweltfragen, Arbeit, Unterstützung für die Familie, Ausgrenzung, politische Erneuerung, kultureller und religiöser Pluralismus, der Weg zu Gerechtigkeit und Frieden und die digitale Welt. Dies geschieht bereits in kirchlichen Verbänden und Bewegungen. Junge Menschen bitten uns, diese Herausforderungen nicht allein in Angriff zu nehmen und mit allen ins Gespräch zu kommen, und zwar nicht, um sich eine Scheibe von der Macht abzuschneiden, sondern um zum Gemeinwohl beizutragen.

Kerygma und Katechese

133.  Jesus Christus zu verkünden, der gestorben und auferstanden ist, der uns den Vater offenbart und den Heiligen Geist geschenkt hat, ist die grundlegende Berufung der Christen. Zu dieser Verkündigung gehört die Einladung an junge Menschen, die Zeichen der Liebe Gottes in ihrem Leben zu erkennen und die Gemeinschaft als Ort der Begegnung mit Christus zu entdecken. Diese Verkündigung muss als Grundlage der Katechese junger Menschen immer wieder mit Leben erfüllt werden und verleiht ihr eine kerygmatische Qualität (vgl. PAPST FRANZISKUS, Evangelii gaudium, Nr. 164). Wir müssen unser Bemühen um ein Ange­bot kontinuierlicher, ganzheitlicher Wege lebendig halten, die zu integrieren wissen: ein le­bendiges Wissen über Jesus Christus und sein Evangelium, die Fähigkeit, die eigene Erfah­rung und die Ereignisse der Geschichte im Glauben zu deuten, die Begleitung im Gebet und in der Feier der Liturgie, die Einführung in die Lectio divina und die Unterstützung bei der Bezeugung der Liebe und der Förderung der Gerechtigkeit, damit so eine authentische jugendliche Spiritualität angeboten wird.

Die Wege der Katechese sollen die innerste Verbindung zwischen dem Glauben und der kon­kreten Alltagserfahrung, der Welt der Gefühle und Bindungen und den in Ausbildung und Ar­beit erlebten Freuden und Enttäuschungen aufzeigen; sie müssen die Soziallehre der Kirche integrieren; sie sollten offen sein für die Sprache der Schönheit, der Musik und der verschie­de­nen künstlerischen Ausdrucksformen sowie für die Formen der digitalen Kommunikation. Die Dimensionen von Leiblichkeit, Affektivität und Sexualität müssen berücksichtigt werden, da Erziehung zum Glauben und Erziehung zur Liebe tief miteinander verflochten sind. Kurzum: Der Glaube muss als Praxis verstanden werden bzw. als eine Form, die Welt zu bewohnen.

In der Jugendkatechese muss man sich dringend erneut um Sprache und Methodik bemühen, ohne dabei das Wesentliche, die Begegnung mit Christus, aus den Augen zu verlieren, die das Herzstück der Katechese ist. YouCat, DoCat und ähnliche Werke haben Anerkennung gefun­den, wobei die Katechismen der verschiedenen Bischofskonferenzen nicht ausgelassen wer­den dürfen. Es erweist sich auch als notwendig, sich um die Katecheten zu bemühen, denn dies sind oft junge Menschen, die sich in den Dienst anderer, etwa gleichaltriger junger Men­schen, stellen. Es ist wichtig, ihre Ausbildung angemessen zu betreuen und dafür zu sorgen, dass ihr Dienst von der Gemeinschaft besser anerkannt wird.

Die zentrale Bedeutung der Liturgie

134. Die eucharistische Feier erzeugt Gemeinschaftsleben und Synodalität in der Kirche. Sie ist der Ort der Weitergabe des Glaubens und der missionarischen Ausbildung, an dem deut­lich wird, dass die Gemeinschaft aus der Gnade und nicht aus dem Werk ihrer eigenen Hände lebt. Mit den Worten der östlichen Tradition können wir bekräftigen, dass die Liturgie eine Begegnung mit dem Göttlichen Diener ist, der unsere Wunden verbindet, der für uns das österliche Festmahl bereitet und uns entsendet, um gleiches mit unseren Brüdern und Schwes­tern zu tun. Es muss daher klar bekräftigt werden, dass die Pflicht, in edler Einfachheit und unter Einbeziehung der verschiedenen Laienämter zu feiern, einen wesentlichen Moment der missionarischen Umkehr der Kirche darstellt. Junge Menschen haben gezeigt, dass sie au­then­ti­sche Messfeiern intensiv zu würdigen und zu erleben wissen, in denen die Schönheit der Zeichen, sorgfältiges Predigen und die Einbeziehung der Gemeinschaft tatsächlich von Gott sprechen. Daher muss ihre aktive Teilnahme gefördert und gleichzeitig das Staunen über das Geheimnis lebendig gehalten werden; man muss ihrer musikalischen und künstlerischen Empfindsamkeit begegnen, ihnen aber helfen zu verstehen, dass die Liturgie nicht nur rein Ausdruck ihrer selbst ist, sondern des Wirkens Christi und der Kirche. Ebenso wichtig ist es, die Jugendlichen dabei zu begleiten, den Wert der eucharistischen Anbetung als Erweiterung der Feier zu entdecken, in der sie Andacht und stilles Gebet erleben können.

135. Auch die Praxis des Sakraments der Versöhnung ist auf den Glaubenswegen von gro­ßer Bedeutung. Junge Menschen müssen sich geliebt fühlen, sie müssen Vergebung und Ver­söh­nung spüren und eine geheime Sehnsucht nach der barmherzigen Umarmung des Vaters. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass die Priester großzügige Bereitschaft zur Feier dieses Sakraments anbieten. Gemeinschaftliche Bußfeiern helfen den jungen Menschen, sich dem in­di­viduellen Bekenntnis zu nähern und die kirchliche Dimension des Sakraments deutlicher zu machen.

136. In vielen Bereichen spielt die Volksfrömmigkeit eine wichtige Rolle, damit junge Men­schen praktisch, sensibel und direkt Zugang zum Glaubensleben erhalten. Indem die Sprache des Leibes und emotionale Teilhabe zur Geltung gebracht werden, trägt die Volks­frömmigkeit den Wunsch in sich, in Kontakt zu Gott zu treten, der häufig durch die Vermitt­lung der Mutter Gottes und der Heiligen Rettung bringt.

Das Pilgern ist für junge Menschen ein Erfahrungsweg, der zur Metapher für Leben und Kir­che wird: Durch die Betrachtung der Schönheit von Schöpfung und Kunst, das Erleben von Brüderlichkeit und die Vereinigung mit dem Herrn im Gebet bieten sich so wieder optimale Bedingungen für die Unterscheidung an.

Die Großzügigkeit der Diakonie

137.  Junge Menschen können helfen, den Stil der Pfarreien zu erneuern und eine brüderli­che Gemeinschaft aufzubauen, die den Armen nahe ist. Arme, ausgegrenzte junge Menschen, diejenigen, die am meisten leiden, können zum Beginn für die Erneuerung der Gemeinschaft werden. Sie müssen als Empfänger der Evangelisierung erkannt werden, und sie helfen uns da­bei, uns von der spirituellen Weltlichkeit zu befreien. Junge Menschen sind oft empfäng­lich für die Dimension der Diakonie. Viele engagieren sich aktiv ehrenamtlich und finden in ihrem Dienst den Weg zur Begegnung mit dem Herrn. Die Hingabe gegenüber den Gerings­ten wird so real zu einer Glaubenspraxis, in der man jene „verlustreiche“ Liebe erfährt, die im Mittelpunkt des Evangeliums steht und die die Grundlage allen christlichen Lebens bildet. Die Armen, die Kleinen, die Kranken und alte Menschen sind das Fleisch des leidenden Christus: Aus diesem Grund ist dieses „Sich in den Dienst stellen“ eine Möglichkeit, dem Herrn zu begegnen, und ein privilegierter Raum für die Erkenntnis des eigenen Rufs. Beson­dere Offenheit ist in verschiedenen Bereichen gegenüber Migranten und Flüchtlingen gefor­dert. Bei ihnen müssen wir Aufnahme, Schutz, Förderung und Integration praktizieren. Die Einbeziehung der Armen in die Gesellschaft macht die Kirche zum Haus der Liebe.

Jugendpastoral aus Berufungssicht

Die Kirche als Haus für junge Menschen

138. Nur eine Pastoral, die sich ausgehend von der Pflege der Beziehungen und der Qualität der christlichen Gemeinschaft erneuern kann, ist für junge Menschen sinnvoll und attraktiv. Auf diese Weise kann die Kirche sich ihnen als Haus präsentieren, das in einer familiären Atmosphäre aus Vertrauen und Vertrautheit willkommen heißt. Das Streben nach Brüderlich­keit, von dem wir auf der Synode so oft von den jungen Menschen gehört haben, fordert die Kirche auf, „Mutter für alle und Heimat für viele“ zu sein (PAPST FRANZISKUS, Evangelii gaudium, Nr. 287): Die Pastoral hat die Aufgabe, die universelle Mutterschaft der Kirche in der Geschichte durch konkrete und prophetische Gesten der freudigen täglichen Aufnahme zu verwirklichen, die sie zu einem Haus für junge Menschen machen.

Berufungsanimation in der Pastoral

139. Die Berufung ist der Kern, in den alle Dimensionen des Menschen eingeschlossen sind. Dieses Prinzip betrifft nicht nur den einzelnen Gläubigen, sondern auch die Pastoral in ihrer Gesamtheit. Es ist daher sehr wichtig zu klären, dass die gesamte Pastoral nur in der Dimension der Berufung ein vereinigendes Prinzip finden kann, denn in ihr findet sie ihren Ursprung und ihre Erfüllung. Auf den bestehenden Wegen der pastoralen Umkehr wird daher nicht gefordert, die Berufungspastoral als separaten, unabhängigen Bereich zu stärken, son­dern die gesamte Pastoral der Kirche zu beseelen, indem die Vielfalt der Berufungen nach­drück­lich dargestellt wird. Das Ziel der Pastoral ist es daher, allen und jedem zu helfen, durch einen Weg der Unterscheidung „zur vollen Größe, die der Fülle Christi entspricht“, zu gelan­gen (Eph 4,13).

Eine Berufungspastoral für junge Menschen

140.  Von Anfang an hat sich auf dem Weg der Synode nachdrücklich die Notwendigkeit gezeigt, die Jugendpastoral berufungsmäßig zu qualifizieren. Auf diese Weise ergeben sich die beiden unverzichtbaren Merkmale einer Pastoral für die jüngeren Generationen: Sie ist „jugendlich“, weil ihre Empfänger jenes einzigartige Lebensalter, die Jugend, erleben, das sich nicht wiederholt; und sie ist „berufungsbezogen“, weil die Jugend das Lebensalter ist, in dem am ehesten Lebensentscheidungen und Antworten auf den Ruf Gottes erfolgen. Der „Be­ru­fungscharakter“ der Jugendpastoral darf nicht als exklusiv verstanden werden, sondern als intensivierend. Gott ruft zwar in jedem Lebensalter – vom Mutterleib bis zum hohen Alter –, doch die Jugend ist der privilegierte Zeitpunkt, um den Willen Gottes zu erhören, bereit für ihn zu sein und ihn anzunehmen.

Die Synode schlägt vor, auf Ebene der Nationalen Bischofskonferenz ein „Direktorium für die Jugendpastoral“ im Hinblick auf die Berufung einzurichten, das den Zuständigen der Diö­zese und den Mitarbeitern vor Ort helfen kann, ihre Ausbildung und Tätigkeit mit und für jun­ge Menschen zu qualifizieren.

Von der Fragmentierung zur Integration

141. Obwohl die Synodenväter erkannt haben, dass eine Planung nach Pastoralbereichen not­wendig ist, damit nicht improvisiert wird, haben sie bei mehreren Gelegenheiten ihr Unbe­hagen über eine gewisse Fragmentierung der kirchlichen Pastoral geäußert. Insbesondere ha­ben sie auf die verschiedenen pastoralen Maßnahmen für junge Menschen in der Pastoral für Jugend, Familie, Berufung, Schule und Universität, Gesellschaft, Kultur, Caritas, Freizeit usw. verwiesen. Die Vielzahl äußerst spezialisierter, jedoch zuweilen getrennter Ämter ist nicht förderlich, um dem christlichen Angebot Bedeutung zu verleihen. In einer fragmentier­ten Welt, die Ablenkung erzeugt und vielerlei Zugehörigkeiten bietet, muss jungen Menschen dabei geholfen werden, ihrem Leben einen einheitlichen Rahmen zu geben, indem tägliche Erfahrungen in ihrer Tiefe gedeutet und unterschieden werden. Wenn dies prioritär ist, müs­sen die verschiedenen Bereiche besser koordiniert werden und sich ergänzen, damit eine „Äm­terarbeit“ zur „Projektarbeit“ wird.

Die fruchtbare Beziehung zwischen Ereignissen und dem täglichen Leben

142. Während der Synode wurde bei vielen Gelegenheiten über den Weltjugendtag und vie­le andere Veranstaltungen gesprochen, die auf kontinentaler, nationaler und diözesaner Ebene zusammen mit Verbänden, Bewegungen, Ordensgemeinschaften und anderen kirchlichen Ein­richtungen veranstaltet werden. Diese Momente der Begegnung und des Teilens werden fast überall geschätzt, weil sie die Möglichkeit bieten, gemeinsam zu pilgern, Brüderlichkeit mit allen zu erfahren, den Glauben freudig zu teilen und sich der Kirche noch enger zugehö­rig zu fühlen. Für viele junge Menschen waren sie eine verwandelnde Erfahrung, durch die sie die Schönheit des Antlitzes des Herrn erlebt und wichtige Lebensentscheidungen getrof­fen haben. Die besten Früchte dieser Erfahrungen werden im täglichen Leben geerntet. Es ist daher wichtig, diese Zusammenkünfte als wichtige Etappen eines umfassenderen kraftvollen Prozesses zu planen und umzusetzen.

Jugendzentren

143. Spezielle Räume wie Jugendfreizeiten und -zentren und andere ähnliche Strukturen, die jungen Menschen von der christlichen Gemeinschaft zur Verfügung gestellt werden, manifestieren die Leidenschaft der Kirche für die Erziehung. Sie sind zwar auf unterschiedli­che Weise rückläufig, bleiben aber trotzdem privilegierte Bereiche, in denen die Kirche zum gastfreundlichen Haus für Heranwachsende und junge Menschen wird, die dort ihre Talente entdecken und sie in ihren Dienst stellen können. Sie geben ein reiches erzieherisches Erbe weiter, das auf breiter Basis zur Unterstützung von Familien und der Zivilgesellschaft geteilt werden muss.

In der Dynamik einer Kirche im Aufbruch muss jedoch daran gedacht werden, diese Orte kre­ativ und flexibel neu zu gestalten, weitergehend von der Idee ortsfester Zentren, in die junge Menschen kommen können, hin zu der Idee, dass Seelsorger mit und zu jungen Menschen unterwegs sind, um ihnen an ihren normalen Lebensorten wie der Schule und der digitalen Welt, in problematischen Randgebieten, auf dem Land und im Beruf, beim Musizieren und Kunst machen usw. zu begegnen, damit eine neue Art von Apostolat geschaffen wird, das dy­namischer und aktiver ist.

 

KAPITEL III
EIN ERNEUTER MISSIONARISCHER SCHWUNG

Einige dringende Herausforderungen

144.   Die Synodalität ist die Methode, mit der sich die Kirche alten und neuen Herausforde­run­gen stellen kann, indem sie die Gaben aller ihrer Glieder, angefangen bei den jungen Men­schen, zusammenführt und in den Kontext eines Dialogs stellt. Dank der Tätigkeit der Sy­node haben wir im ersten Teil dieses Dokuments einige Bereiche aufgezeigt, in denen die Kirche bei der Erfüllung der ihr von Christus anvertrauten Sendung unbedingt in Schwung kommen bzw. neuen Schwung erhalten muss. Damit möchten wir uns hier konkreter aus­ein­andersetzen.

Die Mission in der digitalen Welt

145.  Die digitale Welt stellt für die Kirche eine Herausforderung auf zahlreichen Ebenen dar; daher ist es unerlässlich, das Wissen über ihre Dynamik und ihre Tragweite aus anthro­po­logischer und ethischer Sicht zu vertiefen. Es geht nicht nur darum, diese sozusagen zu be­wohnen und ihr kommunikatives Potenzial im Hinblick auf die christliche Verkündigung zu fördern, sondern auch darum, ihre Kulturen und Dynamiken mit dem Evangelium zu erfüllen. Einige Erfahrungen in diesem Sinne sind bereits im Gange und sollten gefördert, vertieft und geteilt werden. Da für viele Bilder das wichtigste Kommunikationsmittel sind, kann man nicht umhin, sich zu fragen, wie sich ein Glaube vermitteln lässt, der auf dem Hören des Wor­tes Gottes und dem Lesen der Heiligen Schrift basiert. Junge Christen sind wie ihre Al­ters­genossen Digital Natives und sehen hier einen authentischen Auftrag, für den einige sich bereits engagieren. Dieselben Jugendlichen fragen übrigens, ob sie dabei begleitet werden kön­nen, in der heutzutage hochdigitalisierten Welt reife Lebensweisen zu erkennen, die es ihnen ermöglichen, Chancen zu ergreifen und gleichzeitig Risiken abzuwenden.

146.  Die Synode hofft, dass auf den entsprechenden Ebenen in der Kirche spezielle Ämter oder Gremien für digitale Kultur und Evangelisierung eingerichtet werden, die mit dem un­ver­zichtbaren Beitrag der jungen Menschen die Maßnahmen und Überlegungen der Kirche in diesem Umfeld fördern. Zu ihren Aufgaben könnte neben einem besseren Austausch und der Verbreitung von Best Practices auf persönlicher und gemeinschaftlicher Ebene sowie der Ent­­wick­lung geeigneter Instrumente für die digitale Bildung und Evangelisierung auch die Verwaltung von Zertifizierungssystemen für katholische Websites zur Bekämpfung der Ver­brei­tung von Fake News über die Kirche gehören oder die Suche nach Wegen, um die Behör­den davon zu überzeugen, noch strengere politische Maßnahmen und Instrumente zum Schutz von Minderjährigen im Internet zu fördern.

Migranten: Mauern niederreißen und Brücken bauen

147.  Unter den Migranten finden sich viele junge Menschen. Die Tatsache, dass die Kirche weltweit vertreten ist, bietet ihnen die großartige Chance, die Gemeinschaften, die sie verlas­sen, mit den Gemeinschaften, in denen sie ankommen, ins Gespräch zu bringen, um Ängste und Misstrauen zu überwinden und Bindungen zu stärken, die durch die Migration zu zerrei­ßen drohen. „Aufnehmen, beschützen, fördern und integrieren“: Dies sind die vier Worte, mit denen Papst Franziskus die Handlungslinien für Migranten zusammenfasst. Es sind synodale Worte.Ihre Umsetzung erfordert, dass die Kirche auf allen Ebenen handelt und alle Mitglie­der der christlichen Gemeinschaften einbezieht. Migranten können wiederum, wenn sie ent­spre­chend begleitet werden, für die Gemeinschaften, die sie aufnehmen, ein spiritueller, pas­to­raler und missionarischer Quell sein. Von besonderer Bedeutung ist kulturelles und politi­sches Engagement, das unter anderem durch entsprechende Strukturen gefördert werden soll, um die Verbreitung von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus und die Ablehnung von Mi­gran­ten zu bekämpfen. Die Ressourcen der katholischen Kirche sind ein lebenswichtiges Ele­ment im Kampf gegen den Menschenhandel, wie die Arbeit vieler Ordensleute deutlich zeigt. Die Rolle der Santa Marta-Group, in der Verantwortungsträger aus Orden und Polizei zu­sam­mengeschlossen sind, ist maßgeblich und stellt eine Best Practice dar, von der man sich leiten lassen sollte. Das Engagement für ein effektives Bleiberecht im Herkunftsland für Men­schen, die nicht in die Migration gehen wollen, aber dazu gezwungen sind, und die Un­terstützung christlicher Gemeinschaften, die durch Migrationsströme zu entvölkern drohen, dürfen nicht vernachlässigt werden.

Die Frauen in der synodalen Kirche

148.  Eine Kirche, die einen synodalen Stil leben möchte, kann nicht umhin, auch über die Stellung und Rolle der Frau in der Kirche und dementsprechend auch in der Gesellschaft nach­zudenken. Junge Menschen beiderlei Geschlechts fordern dies mit Nachdruck. Die dazu entwickelten Überlegungen rufen nach Umsetzung durch mutige Schritte zur kulturellen Um­kehr und Veränderung in der Alltagsseelsorge. Ein wichtiger Bereich ist diesbezüglich die Präsenz von Frauen in kirchlichen Gremien auf allen Ebenen sowie auch in Leitungspositi­o­nen und die Beteiligung von Frauen an kirchlichen Entscheidungsprozessen unter Einhaltung der Rolle des Priesteramts. Es ist eine Pflicht der Gerechtigkeit, die sich sowohl daran ori­en­tiert, wie Jesus mit den Frauen und Männern seiner Zeit in Beziehung getreten ist, als auch an der Bedeutung der Rolle bestimmter Frauenfiguren in der Bibel, der Heilsgeschichte und im Leben der Kirche.

Sexualität: ein klares, freies, authentisches Wort

149.  Im aktuellen kulturellen Kontext tut sich die Kirche schwer, die Schönheit der christli­chen Sicht von Leiblichkeit und Sexualität zu vermitteln, wie sie sich aus der Heiligen Schrift, der Überlieferung und dem Lehramt der letzten Päpste ergibt. Daher erscheint es drin­gend nötig, nach geeigneteren Wegen zu suchen, die sich konkret in der Erarbeitung neuer Ausbildungswege zeigen. Den Jugendlichen muss eine Anthropologie der Affektivität und Sexualität angeboten werden, die auch in der Lage ist, der Keuschheit den richtigen Wert beizumessen, indem deren ureigene authentische Bedeutung für die Entwicklung der Persönlichkeit in allen Lebensphasen pädagogisch klug aufgezeigt wird. Hier geht es um ein­fühl­sames Zuhören, Begleiten und Unterscheiden in Anlehnung an die Vorgaben des jüngsten Lehramts. Deshalb muss für die Ausbildung von Mitarbeitern in der Pastoral Sorge getragen werden, die ausgehend von der Reife ihrer eigenen emotionalen und sexuellen Dimensionen glaubwürdig wirken.

150. Es gibt Fragen zu Körper, Gefühlsleben und Sexualität, die eine noch eingehendere an­thropologische, theologische und pastorale Ausarbeitung erfordern, die unter noch besseren Bedingungen auf den entsprechenden Ebenen, sei es lokal oder auch weltweit, erfolgen muss. Dies betrifft besonders Fragen zum Unterschied und zur Harmonie zwischen männlicher und weiblicher Identität und zu sexuellen Neigungen. Dazu bekräftigt die Synode, dass Gott jeden Menschen liebt. Und Gleiches tut auch die Kirche, indem sie ihr Engagement gegen jede se­xu­ell motivierte Diskriminierung und Gewalt erneuert. Ebenso bekräftigt sie auch die ent­schei­dende anthropologische Relevanz des Unterschieds und der Komplementarität zwischen Mann und Frau und hält es für vermindernd, die Identität von Menschen ausschließlich an­hand ihrer „geschlechtlichen Ausrichtung“ zu definieren (KONGREGATION FÜR DIE GLAU­BENS­LEH­RE, Schreiben an die Bischöfe der Katholischen Kirche über die Seelsorge für ho­mo­sexuelle Personen, 1. Oktober 1986, Nr. 16).

In vielen christlichen Gemeinschaften gibt es bereits Wege der Begleitung homosexueller Men­schen im Glauben: Die Synode empfiehlt, solche Wege zu fördern. Auf diesen Wegen wird den Menschen geholfen, ihre eigene Geschichte zu deuten, sich frei und verantwor­tungs­bewusst dem Ruf der Taufe anzuschließen, den Wunsch zu erkennen, zum Leben in der Gemeinschaft zu gehören und zu diesem beizutragen, und die besten Formen zu unterschei­den, um dies zu verwirklichen. Auf diese Weise wird jedem jungen Menschen ohne Ausnah­me geholfen, die sexuelle Dimension mehr und mehr in seine Persönlichkeit zu integrieren und dabei in der Qualität der Beziehungen zu wachsen und auf dem Weg hin zur Selbsthin­gabe weiterzugehen.

Wirtschaft, Politik, Arbeit, gemeinsames Haus

151.  Die Kirche setzt sich für die Förderung des gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Lebens im Zeichen von Gerechtigkeit, Solidarität und Frieden ein, so wie auch junge Menschen es nachdrücklich fordern. Dies erfordert den Mut, sich gegenüber führenden Persönlichkeiten in der Welt zur Stimme derjenigen zu machen, die keine Stimme haben, Kor­ruption, Krieg, Waffenhandel, Drogenhandel und die Ausbeutung der natürlichen Res­sour­cen anzuprangern und die dafür Verantwortlichen zur Umkehr aufzufordern. Ganzheit­lich betrachtet kann dies nicht von der Pflicht zur Einbeziehung der Schwächsten getrennt werden, sondern es müssen Wege geschaffen werden, damit diese nicht nur Antworten auf ihre eigenen Bedürfnisse finden, sondern auch ihren eigenen Beitrag zum Aufbau der Gesell­schaft leisten können.

152.  In dem Bewusstsein, dass „Arbeit eine fundamentale Dimension menschlicher Exis­tenz auf Erden darstellt“ (Hl. Papst JOHANNES PAUL II.,Laborem exercens, Nr. 4) und es für vie­le junge Menschen demütigend ist, keine Arbeit zu haben, empfiehlt die Synode den Orts­kir­chen, die Integration junger Menschen in unsere Welt unter anderem durch die Unterstüt­zung von Jungunternehmerinitiativen zu fördern und zu begleiten. Erfahrungen in diesem Sinne sind in vielen Ortskirchen verbreitet und müssen unterstützt und ausgebaut werden.

153.  Gerechtigkeit zu fördern ist auch eine Frage der Verwaltung des Kirchenvermögens. Junge Menschen fühlen sich in einer Kirche heimisch, in der Wirtschaft und Finanzen als transparent und konsequent erlebt werden. Wie in der Enzyklika Laudato siʼ aufgezeigt, sind mutige Entscheidungen im Hinblick auf Nachhaltigkeit gefragt, denn fehlende Achtung vor der Umwelt erzeugt neue Armut, der zuerst junge Menschen zum Opfer fallen. Auch die Sys­teme ändern sich und zeigen, dass es möglich ist, Wirtschaft und Finanzen anders zu leben. Junge Menschen spornen die Kirche an, auf diesem Gebiet in Worten, aber vor allem durch Entscheidungen prophetisch aufzutreten, die zeigen, dass menschen- und umweltfreundliches Wirtschaften möglich ist. Zusammen mit ihnen können wir das schaffen.

154.  In Bezug auf Umweltfragen ist es wichtig, Leitlinien für die konkrete Umsetzung von Laudato siʼ in der kirchlichen Praxis aufzuzeigen. Zahlreiche Beiträge haben unterstrichen, welche Bedeutung eine Ausbildung für gesellschaftspolitisches Engagement und der Inhalt der Soziallehre der Kirche hier für junge Menschen haben. Politisch engagierte junge Men­schen müssen unterstützt und ermutigt werden, sich für eine echte Veränderung ungerechter gesellschaftlicher Strukturen einzusetzen.

In interkulturellen und interreligiösen Kontexten

155.  Kultureller und religiöser Pluralismus machen sich im sozialen Leben junger Men­schen immer stärker breit. Junge Christen legen ein schönes Zeugnis des Evangeliums ab, wenn sie ihren Glauben so leben, dass er ihr Leben und Handeln im Alltag verwandelt. Sie sind aufgerufen, sich jungen Menschen anderer religiöser und spiritueller Traditionen zu öffnen und authentische Beziehungen zu ihnen zu pflegen, die gegenseitiges Verständnis för­dern und Vorurteile und Stereotypen abbauen. So werden sie zu Pionieren für eine neue Form des interreligiösen und interkulturellen Dialogs, der dazu beiträgt, unsere Gesellschaften von Ausgrenzung, Extremismus, Fundamentalismus sowie auch von religiöser Manipulation für sektiererische oder populistische Zwecke zu befreien. Als Zeugen des Evangeliums werden die­se jungen Menschen mit ihren Altersgenossen zu Förderern einer inklusiven Staatsbürger­schaft in Vielfalt und eines sozial verantwortlichen religiösen Engagements, das soziale Bin­dun­gen und Frieden schafft.

Kürzlich wurden speziell auf Initiative junger Menschen Maßnahmen gestartet, die die Chan­ce eröffnen, das Zusammenleben mit Angehörigen verschiedener Religionen und Kulturen auszuprobieren, damit alle Beteiligten in einer Atmosphäre des gemeinsamen Erlebens und in Respekt vor dem jeweils anderen Glauben zu Akteuren von gemeinsam gelebtem Engage­ment in der Gesellschaft werden.

Junge Menschen für den ökumenischen Dialog

156.  In Bezug auf den Weg zur Versöhnung unter allen Christen ist die Synode dankbar für den Wunsch vieler junger Menschen, die Einheit zwischen den getrennten christlichen Ge­meinschaften weiter zu stärken. Durch ihr Engagement in diese Richtung können junge Menschen ziemlich oft tiefere Wurzeln in ihrem eigenen Glauben schlagen und erleben eine echte Offenheit für das, was andere schenken können. Sie erahnen, dass Christus uns bereits eint, auch wenn gewisse Unterschiede fortbestehen. Wie Papst Franziskus 2014 im Rahmen seines Besuchs bei Patriarch Bartholomäus sagte, sind es die jungen Menschen, „die uns heute auffordern, Schritte nach vorne auf dem Weg zur vollen Gemeinschaft zu machen. Und dies nicht, weil sie die Bedeutung der Unterschiede ignorieren, die uns noch trennen, sondern weil sie darüber hinaus blicken und so das Wesentliche erfassen können, das uns bereits verbindet“ (PAPST FRANZISKUS, Beiträge im Rahmen der Göttlichen Liturgie, Patriarchal­kir­che St. Georg, Istanbul, 30. November 2014).

 

KAPITEL IV
GANZHEITLICHE AUSBILDUNG

Konkretheit, Komplexität und Ganzheitlichkeit

157.   Die heutige Situation ist von einer wachsenden Komplexität sozialer Phänomene und individueller Erfahrungen geprägt. Im konkreten Leben beeinflussen sich die Veränderungen, die sich vollziehen, gegenseitig und können daher nicht aus einem selektiven Blickwinkel be­trachtet werden. Im realen Leben ist alles miteinander verbunden: Familienleben und berufli­ches Engagement, die Nutzung von Technologien und das Erleben von Gemeinschaft, der Schutz von Embryonen und der Schutz von Migranten. Die Konkretheit spricht von einer an­thropologischen Sicht des Menschen in seiner Gesamtheit und von einer Erkenntnis, die nicht trennt, sondern Zusammenhänge erfasst und aus Erfahrung lernt, indem diese im Lichte des Wortes neu gedeutet wird; sie lässt sich eher von exemplarischen Zeugnissen als von abstrak­ten Modellen inspirieren. Dies erfordert einen neuen Ausbildungsansatz, der auf die Einbezie­hung von Perspektiven abzielt, der uns dazu fähig macht zu erfassen, dass Probleme mitein­ander verknüpft sind, und der die verschiedenen Dimensionen des Menschen zu vereinen weiß. Dieser Ansatz steht in tiefem Einklang mit der christlichen Sichtweise, die in der Mensch­werdung des Sohnes die untrennbare Begegnung zwischen Göttlichem und Mensch­li­chem, zwischen Erde und Himmel sieht.

Bildung, Schule und Universität

158.  Während der Synode wurde besonders auf die entscheidende und unersetzliche Aufga­be von Berufsausbildung, Schule und Universität hingewiesen, da dies unter anderem die Or­te sind, an denen ein Großteil der Jugendlichen viel Zeit verbringt. In einigen Teilen der Welt ist eine grundlegende Ausbildung die erste und wichtigste Frage, die junge Menschen an die Kirche richten. Für die Gemeinschaft der Christen ist es daher wichtig, in diesem Umfeld mit gut ausgebildeten Lehrern, qualifizierten Seelsorgediensten und einem angemessenen kultu­rel­len Engagement maßgeblich präsent zu sein.

Katholische Bildungseinrichtungen verdienen besondere Beachtung, da sie das Anliegen der Kirche nach einer ganzheitlichen Ausbildung junger Menschen zum Ausdruck bringen. Es handelt sich um wertvolle Räume für die Begegnung des Evangeliums mit der Volkskultur und die Weiterentwicklung von Forschung. Sie sind aufgerufen, ein Ausbildungsmodell an­zu­bieten, das in der Lage ist, einen Dialog zwischen dem Glauben und den Fragen der heuti­gen Welt, den verschiedenen anthropologischen Perspektiven, den Herausforderungen in Wis­sen­schaft und Technik, den Veränderungen der gesellschaftlichen Gewohnheiten und dem Engagement für Gerechtigkeit zu führen.

In diesem Umfeld sollte der Förderung jugendlicher Kreativität in den Bereichen Wissen­schaft und Kunst, Poesie und Literatur, Musik und Sport, digitale Welt und Medien etc. be­sondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Auf diese Weise können junge Menschen ihre Ta­lente entdecken und sie dann zum Wohle aller in den Dienst der Gesellschaft stellen.

Neue Ausbilder vorbereiten

159.  Die jüngste Apostolische Konstitution Veritatis gaudium zu den Universitäten und kirch­lichen Fakultäten hat einige maßgebliche Kriterien für ein Ausbildungsprojekt aufge­zeigt, das auf die Herausforderungen der Gegenwart abgestimmt sein muss: eine spirituelle, intellektuelle und existentielle Betrachtung des Kerygmas, Dialog in allen Bereichen, eine klug und kreativ umgesetzte Transdisziplinarität und die dringende Notwendigkeit, sich zu „ver­netzen“ (vgl. Veritatis gaudium, Nr. 4 d). Von diesen Grundsätzen können sich alle Be­rei­che der Erziehung und Bildung leiten lassen; ihre Umsetzung kommt in erster Linie der Ausbildung neuer Erzieher zugute und hilft ihnen, sich für eine kluge Sichtweise zu öffnen, die es ermöglicht, Erfahrung und Wahrheit zu integrieren. Die Päpstlichen Universitäten spie­len weltweit, die Katholischen Universitäten und Studienzentren auf kontinentaler und natio­naler Ebene eine maßgebliche Rolle. Die regelmäßige Überprüfung und anspruchsvolle Qua­li­fi­zierung sowie die ständige Erneuerung dieser Institutionen ist eine große strategische In­ves­tition zum Wohle der jungen Menschen und der gesamten Kirche.

Ausbildung missionarischer Jünger

160.  Auf dem synodalen Weg wurde betont, dass der wachsende Wunsch besteht, jugend­li­chem Protagonismus Raum und Gestalt zu geben. Es ist klar, dass das Apostolat junger Men­schen gegenüber ihren Altersgenossen nicht improvisiert werden kann, sondern das Ergebnis eines ernsthaften, angemessenen Weges sein muss: Wie kann man diesen Prozess begleiten? Wie können wir jungen Menschen bessere Werkzeuge an die Hand geben, damit sie zu ech­ten Zeugen des Evangeliums werden? Diese Frage deckt sich auch mit dem Wunsch vieler jun­ger Menschen, mehr über ihren Glauben zu erfahren, d. h. dessen biblische Wurzeln zu ent­decken und die historische Entwicklung der Lehre, den Sinn der Dogmen und den Reich­tum der Liturgie zu begreifen. Dies ermöglicht es jungen Menschen, über aktuelle Fragen nachzudenken, bei denen der Glaube auf den Prüfstand gestellt wird, um von der Hoffnung, die sie erfüllt, Rechenschaft ablegen zu können (vgl. 1 Petr 3,15).

Aus diesem Grund schlägt die Synode vor, die Erfahrungen der Jugendmission zu nutzen, in­dem Ausbildungszentren für die Evangelisierung eingerichtet werden, die sich an Jugendliche und junge Paare über ein ganzheitliches Erleben richten, das mit der Entsendung in die Mis­sion abschließt. Zwar gibt es bereits in verschiedenen Ländern Initiativen dieser Art, doch wird jede Bischofskonferenz gebeten, die Machbarkeit in ihrem eigenen Kontext zu prüfen.

Eine Zeit der Begleitung auf dem Weg der Unterscheidung

161.  Mehrmals war in der Synodenhalle der betrübte Appell zu vernehmen, es mögen doch für junge Menschen großzügig pädagogische Leidenschaft, mehr Zeit und finanzielle Res­sour­cen investiert werden. Die Synode hat die verschiedenen Beiträge und Wünsche mitsamt den Aussagen über bereits laufende qualifizierte Erfahrungen, die während der synodalen Dis­kussion geäußert wurden, gesammelt und schlägt allen Teilkirchen, Ordensgemein­schaf­ten, Bewegungen, Verbänden und anderen kirchlichen Trägern aus voller Überzeugung vor, jungen Menschen mit Blick auf die Unterscheidung Begleitung anzubieten. Diese Erfahrung der Begleitung – deren Dauer je nach Kontext und Möglichkeiten festgelegt werden muss – kann als Zeit bezeichnet werden, die für die Reifung des christlichen Erwachsenenlebens bestimmt ist. Sie sollte eine längere Trennung von dem angestammten Umfeld und den ge­wohn­ten Beziehungen voraussetzen und auf mindestens drei unverzichtbaren Säulen beruhen: brüderlicher Lebenserfahrung, die mit erwachsenen Erziehern geteilt wird und nüchtern, knapp und respektvoll gegenüber dem gemeinsamen Haus ist; einem gemeinsam gelebten star­ken, aussagekräftigen apostolischen Angebot und einem geistlichen Angebot, das im Ge­bet und sakramentalen Leben verwurzelt ist. Auf diese Weise sind alle notwendigen Voraus­setzungen gegeben, damit die Kirche den jungen Menschen, die dies wünschen, eine tiefe Er­fahrung der Berufungsunterscheidung bieten kann.

Begleitung auf dem Weg zur Ehe

162. Es wird betont, wie wichtig die Begleitung von Paaren im Laufe der Ehevorbereitung ist, wobei zu berücksichtigen ist, dass es mehrere legitime Möglichkeiten zur Gestaltung die­ses Weges gibt. In Amoris laetitia heißt es in Nr. 207 dazu: „Weder geht es darum, ihnen den gesamten Katechismus beizubringen, noch darum, sie mit allzu vielen Themen zu übersätti­gen. […] Es handelt sich um eine Art ,Initiationʻ in das Ehesakrament, die ihnen die notwen­di­gen Elemente vermittelt, um es mit der besten inneren Bereitschaft empfangen zu können und das Familienleben mit einer gewissen Standfestigkeit zu beginnen“. Es ist wichtig, junge Familien insbesondere in den ersten Ehejahren weiter zu begleiten und ihnen zu helfen, zu einem aktiven Teil der christlichen Gemeinschaft zu werden.

Ausbildung von Seminaristen und geweihten Frauen und Männern

163.  Die spezifische Aufgabe der ganzheitlichen Ausbildung von Anwärtern für das Pries­ter­amt und das geweihte Leben von Männern und Frauen ist für die Kirche weiterhin eine wichtige Herausforderung. Es wird auch auf die Bedeutung einer soliden kulturellen und theo­logischen Ausbildung für geweihte Frauen und Männer hingewiesen. Zu den Seminaren ist zu sagen, dass ihre vorderste Aufgabe natürlich in der Annahme und praktischen Umset­zung der neuen Ratio fundamentalis institutionis sacerdotalis besteht. Während der Synode haben sich einige wichtige Schwerpunkte herauskristallisiert, die hier erwähnt werden sollen.

Als erstes die Auswahl der Ausbilder: Hier reicht es nicht aus, dass diese kulturell entspre­chend vorbereitet sind, sondern sie müssen zu brüderlichen Beziehungen, einfühlsamem Zu­hö­ren und tiefer innerer Freiheit fähig sein. Zweitens erfordert eine angemessene Begleitung ernsthafte, kompetente Arbeit in differenzierten pädagogischen Teams, zu denen auch Frauen gehören. Die Einrichtung dieser Ausbildungsteams, in denen verschiedene Berufungen zu­sam­menwirken, ist eine kleine, aber wertvolle Form der Synodalität, die sich auf die Menta­li­tät junger Menschen in der Erstausbildung auswirkt. Drittens sollte die Ausbildung darauf abzielen, zukünftige Seelsorge und Geweihte dazu zu befähigen, ihre Führungsrolle souverän und nicht autoritär auszuüben, und junge Kandidaten dazu erziehen, sich für die Gemein­schaft einzusetzen. Besondere Aufmerksamkeit sollte bestimmten Ausbildungskriterien gewidmet werden wie z. B. der Überwindung eines Hangs zum Klerikalismus, der Teamfä­hig­keit, der Empfindsamkeit für die Armen, einer transparenten Lebensführung und der Be­reit­schaft, sich begleiten zu lassen. Viertens ist die Ernsthaftigkeit der anfänglichen Unter­schei­dung entscheidend, denn allzu oft werden junge Menschen, die sich in Seminaren oder Ausbildungshäusern melden, aufgenommen, ohne ihre Geschichte ausreichend zu kennen und eingehend nachzuvollziehen. Besonders heikel wird die Frage bei den sogenannten „Wander­seminaristen“. Hier sind instabile Beziehungen und Gefühle sowie eine mangelhafte Verwur­ze­lung in der Kirche gefährliche Anzeichen. Die Kirchenvorschriften diesbezüglich zu ver­nach­lässigen, ist ein unverantwortliches Verhalten, das sehr schwerwiegende Folgen für die christliche Gemeinschaft haben kann. Ein fünfter Punkt betrifft die zahlenmäßige Zusammen­set­zung der Ausbildungsgemeinschaften: Sind sie zu groß, besteht die Gefahr, dass die Aus­bil­dung unpersönlich wird und die jungen Menschen auf ihrem Weg nicht richtig kennen­ge­lernt werden können. Sind sie zu klein, besteht die Gefahr, dass sie diese ersticken und Ab­hän­gigkeitsverhältnisse entstehen; in solchen Fällen ist die beste Lösung die Einrichtung in­ter­diözesaner Seminare oder Bildungshäuser über mehrere religiöse Provinzen hinweg mit kla­ren Ausbildungsprojekten und deutlich definierten Verantwortlichkeiten.

Die Synode formuliert drei Vorschläge zur Förderung der Erneuerung

164.    Der erste betrifft die gemeinsame Ausbildung von Laien, Geweihten und Priestern. Es ist wichtig, dass junge Männer und Frauen in der Ausbildung in ständigem Kontakt zum All­tagsleben von Familien und Gemeinschaften stehen, wobei besonderes Augenmerk auf die Präsenz von Frauen und christlichen Paaren gelegt wird, damit die Ausbildung in der Kon­kretheit des Lebens verwurzelt und von Beziehungsmustern geprägt ist, die in Interaktion mit dem sozialen und kulturellen Kontext stehen.

Der zweite Vorschlag beinhaltet die Aufnahme einer speziellen Vorbereitung auf die Jugend­pastoral in den Lehrplan zur Vorbereitung auf das Priesteramt und das geweihte Leben, und zwar durch gezielte Ausbildungskurse und gelebte Erfahrungen des Apostolats und der Evan­gelisierung.

Der dritte Vorschlag fordert, dass im Rahmen einer authentischen Unterscheidung von Perso­nen und Situationen in Anlehnung an die Sichtweise und den Geist der Ratio fundamentalis institutionis sacerdotalis die Möglichkeit erwogen wird, den Ausbildungsprozess im erfah­rungsbezogenen, gemeinschaftlichen Sinne zu überprüfen. Dies gilt insbesondere für die letz­te Phase des Weges, die eine schrittweise Einbindung in pastorale Verantwortung vorsieht. Deren Formen und Modalitäten können von den Bischofskonferenzen der einzelnen Länder über ihre Ratio nationalis festgelegt werden.


SCHLUSSWORT

Gerufen, heilig zu werden

165.   Alle berufungsspezifischen Unterschiede vereinen sich in dem einen universellen Ruf zur Heiligkeit, der im Grunde nichts anderes als die Erfüllung jenes Rufes zur Freude der Liebe sein kann, der im Herzen eines jeden jungen Menschen erklingt. In der Tat können die verschiedenen Lebensformen nur aus der einen Berufung zur Heiligkeit heraus artikuliert werden, in dem Wissen, dass Gott will „dass wir heilig sind, und mehr von uns erwartet, als dass wir uns mit einer mittelmäßigen, verwässerten, flüchtigen Existenz zufriedengeben“ (PAPST FRANZISKUS, Gaudete et exsultate, Nr. 1). Die Heiligkeit findet ihre unerschöpfliche Quelle im Vater, der uns durch seinen Heiligen Geist Jesus, „den Heiligen Gottes“ (vgl. Mk 1,24), sendet, der in unsere Mitte gekommen ist, um uns heilig zu machen durch die Freund­schaft zu ihm, der Freude und Frieden in unser Leben bringt. Grundvoraussetzung für jede Erneuerung ist es, den lebendigen Kontakt zu dem glücklichen Leben Jesu in der gesamten normalen Pastoral der Kirche wiederherzustellen.

Die Welt durch Heiligkeit wiedererwecken

166. Wir müssen heilig sein, damit wir junge Menschen einladen können, es zu werden. Die jungen Menschen haben mit lauter Stimme eine authentische, leuchtende, transparente, frohe Kirche gefordert: Nur eine Kirche der Heiligen kann diesen Forderungen gerecht werden! Viele von ihnen haben sie verlassen, weil sie in ihr keine Heiligkeit gefunden haben, sondern Mittelmäßigkeit, Anmaßung, Spaltung und Korruption. Leider ist die Welt mehr über den Missbrauch durch einige Menschen aus der Kirche empört, als sich durch die Heiligkeit ihrer Glieder gestärkt zu fühlen: Deshalb muss die Kirche insgesamt ihre Perspektive entschlossen, sofort und radikal ändern! Junge Menschen brauchen Heilige, die wiederum andere Heilige formen und so zeigen, dass „Heiligkeit das schönste Gesicht der Kirche ist“ (PAPST FRANZIS­KUS, Gaudete et exsultate, Nr. 9). Es gibt eine Sprache, die alle Männer und Frauen aller Zeiten, Orte und Kulturen verstehen können, weil sie unmittelbar und leuchtend ist: Es ist die Sprache der Heiligkeit.

Mitgerissen von der Heiligkeit junger Menschen

167.  Von Beginn des synodalen Weges an war klar, dass junge Menschen ein wesentlicher Bestandteil der Kirche sind. Gleiches gilt für ihre Heiligkeit, die in den letzten Jahrzehnten vielgestaltig in allen Teilen der Welt erblüht ist: Während der Synode hat es uns bewegt, über den Mut so vieler junger Menschen, die aus Treue zum Evangelium ihr Leben hingegeben haben, nachzusinnen und zu meditieren. Die Zeugnisse junger Synodenteilnehmer zu hören, die sich im Angesicht der Verfolgung entschlossen haben, Jesu Leidenschaft zu teilen, hat uns erbaut. Durch die Heiligkeit junger Menschen kann die Kirche ihre geistliche Glut und apostolische Kraft erneuern. Der durch das gute Leben so vieler junger Menschen erzeugte Balsam der Heiligkeit kann die Wunden der Kirche und Welt heilen und uns zu jener Fülle der Liebe zurückführen, zu der wir schon immer gerufen sind: Die jungen Heiligen drängen uns, zu unserer ersten Liebe zurückzukehren (vgl. Offb 2,4).



[1] Anm. d. Übers.: eigentlich (und so auch im Instrumentum laboris): 8. Dezember 1965
 
[2] INTERNATIONALE THEOLOGISCHE KOMMISSION, Die Synodalität in Leben und Sendung der Kirche, 2. März 2018, Nr. 9. Das Dokument veranschaulicht den Charakter dieser Synodalität auch mit den Worten: „Die synodale Dimension der Kirche drückt die Rolle aller Getauften als aktive Subjekte aus und gleichzeitig die besondere Rolle des Bischofsamtes in der kollegialen und hierarchischen Gemeinschaft mit dem Bischof von Rom. Diese ekklesiologische Sicht lädt dazu ein, die Entwicklung der synodalen Gemeinschaft zwischen ,allenʻ, ,einigenʻ und ,einemʻ zu fördern. Auf verschiedenen Ebenen und in unterschiedlichen Formen, auf der Ebene der Teilkirchen, ihrer regionalen Gruppierungen und jener der Universalkirche impliziert die Synodalität die Ausübung des sensus fidei der universitas fidelium (alle), das leitende Amt des Bischofskollegiums, jeder mit seinem Presbyterium (einige) sowie das Amt der Einheit des Bischofs und des Papstes (einer). So werden in der synodalen Dynamik der gemeinschaftliche Aspekt, der das ganze Gottesvolk einschließt, die kollegiale Dimension bezüglich des Bischofsamtes und das vorrangige Amt des Bischofs von Rom miteinander vereint. Diese Korrelation befördert jene singularis conspi­ratio zwischen Gläubigen und Hirten, die das Abbild der ewigen conspiratio ist, die in der Heiligen Dreifaltigkeit gelebt wird“ (Nr. 64).

 

 

 

Abstimmungsergebnisse

für jede Nummer des Abschlussdokuments

 

Stimmberechtigte = 268

Abstimmung des I. und II. Teils

 Anwesende = 249     -    2/3 der Anwesenden = 166

       

Nr.

TITEL

Placet

Non placet

 

EINLEITUNG

 

 

1.

Wie wir die Synode erlebt haben

227

1

2.

Der Vorbereitungsprozess

229

1

3.

Das Abschlussdokument der Synode

191

43

 

VORWORT

 

 

4.

Jesus geht mit den Jüngern von Emmaus

235

2

 

TEIL I

 

 

5.

„UND ER GING MIT IHNEN“

239

1

 

KAPITEL I. EINE HÖRENDE KIRCHE

 

 

 

Empathisch zuhören und sehen

 

 

6.

Der Wert des Zuhörens

238

2

7.

Junge Menschen möchten, dass man ihnen zuhört

238

1

8.

Das Zuhören in der Kirche

236

5

9.

Das Zuhören bei qualifizierten Seelsorgern und Laien

235

7

 

Die Vielfalt der Kontexte und Kulturen

 

 

10.

Eine Welt im Plural

240

0

11.

Eine Welt im Umbruch

238

2

12.

Ausgrenzung und Marginalisierung

240

1

13.

Männer und Frauen

221

18

14.

Kulturelle Kolonialisierung

233

5

 

Ein erster Blick auf die Kirche von heute

 

 

15.

Das erzieherische Engagement der Kirche

233

2

16.

Die Arbeit der Jugendpastoral

238

3

17.

Die Belastung durch administrative Tätigkeit

220

16

18.

Die Situation in den Pfarreien

228

9

19.

Die Initiation in das Christensein

239

2

20.

Ausbildung von Seminaristen und Personen des geweihten Lebens

227

12

 

KAPITEL II. DREI SCHWERPUNKTE        

 

 

 

Neuerungen in der digitalen Welt

 

 

21.

Eine alles durchdringende Realität         

235

3

22.

Das Netzwerk der Möglichkeiten

231

3

23.

Die dunkle Seite des Netzes

232

2

24.

Die dunkle Seite des Netzes (bis)

235

3

 

Migranten als Paradigma unserer Zeit

 

 

25.

Ein vielschichtiges Phänomen

231

7

26.

Gewalt und Schutzlosigkeit

234

5

27.

Geschichten von Trennung und Begegnung

234

3

28.

Die prophetische Rolle der Kirche

235

3

 

Alle Formen von Missbrauch erkennen und auf diese reagieren

 

 

29.

Wahrheit schaffen und um Vergebung bitten

208

30

30.

Zur Wurzel gehen

204

31

31.

Dankbarkeit und Ermutigung

234

8

 

KAPITEL III. IDENTITÄT UND BEZIEHUNGEN           

 

 

 

Familie und generationenübergreifende Beziehungen

 

 

32.

Die Familie als privilegierter Bezugspunkt

237

2

33.

Die Bedeutung von Mutterschaft und Vaterschaft

222

18

34.

Beziehungen zwischen den Generationen

237

1

35.

Junge Menschen und kulturelle Wurzeln

233

4

36.

Freundschaften und Peer-Beziehungen

239

2

 

Körper und Gefühlsleben

 

 

37.

Laufende Änderungen

206

33

38.

Die Rezeption der Morallehre der Kirche

214

25

39.

Fragen von Jugendlichen

195

43

 

Formen der Schutzlosigkeit

 

 

40.

Die Arbeitswelt

235

2

41.

Gewalt und Verfolgung

239

1

42.

Marginalisierung und soziale Notlage

234

3

43.

Die Erfahrung von Leid

241

1

44.

Verletzlichkeit als Ressource

235

3

 

KAPITEL IV. JUNG SEIN HEUTE

 

 

 

Aspekte der heutigen Jugendkultur

 

 

45.

Originalität und Besonderheit

238

2

46.

Engagement und soziale Teilhabe

235

1

47.

Kunst, Musik und Sport

232

7

 

Spiritualität und Religiosität

 

 

48.

Unterschiedliche religiöse Kontexte

239

1

49.

Die Suche nach Religiosität

238

1

50.

Die Begegnung mit Jesus

238

1

51.

Der Wunsch nach einer lebendigen Liturgie

227

9

 

Partizipation und Protagonismus

 

 

52.

Junge Menschen wollen Protagonisten sein

230

9

53.

Gründe, weshalb man sich entfernt

234

8

54.

Junge Menschen in der Kirche

235

3

55.

Frauen in der Kirche

209

30

56.

Die Sendung der jungen Menschen gegenüber ihren Altersgenossen

237

2

57.

Wunsch nach einer authentischeren und brüderlicheren Gemeinschaft

234

8

 

TEIL II

 

 

58.

„DA WURDEN IHRE AUGEN AUFGETAN“

238

1

 

Ein neues Pfingsten

 

 

59.

Das Wirken des Heiligen Geistes

234

2

60.

Der Heilige Geist verjüngt die Kirche

236

4

61.

Der Heilige Geist im Leben des Gläubigen

238

2

62.

Eine echte Gotteserfahrung

240

3

 

KAPITEL I. DAS GESCHENK DER JUGEND      

 

 

 

Der junge Jesus unter jungen Menschen

 

 

63.

Die Jugend Jesu

232

9

64.

Mit dem Blick des Herrn

236

5

65.

Besonderheiten des Jugendalters

232

7

66.

Die gesunde Unruhe der jungen Menschen

232

5

67.

Verletzte junge Menschen

235

5

 

Erwachsen werden

 

 

68.

Eine Zeit der Entscheidungen

238

1

69.

Das Leben im Zeichen der Mission

238

2

70.

Eine Pädagogik, die fähig zum Aufruf ist

236

3

71.

Der wahre Sinn der Autorität

237

1

72.

Die Bindung zur Familie

244

0

 

Zur Freiheit berufen

 

 

73.

Das Evangelium der Freiheit

226

4

74.

Freiheit, die erwidert wird

239

1

75.

Freiheit und Glaube

235

0

76.

Die verletzte und erlöste Freiheit

238

0

 

KAPITEL II. DAS GEHEIMNIS DER BERUFUNG         

 

 

 

Die Suche nach Berufung

 

 

77.

Berufung als Weg und Entdeckung

237

3

78.

Berufung als Gnade und Freiheit

236

3

79.

Schöpfung und Berufung

235

3

80.

Für eine Kultur der Berufung

230

10

 

Die Berufung, Jesus nachzufolgen

 

 

81.

Die Faszination Jesu

238

1

82.

Glaube, Berufung und Jüngerschaft

237

3

83.

Die Jungfrau Maria

236

2

 

Berufung und Berufungen

 

 

84.

Berufung und Auftrag der Kirche

230

2

85.

Die Vielfalt der Charismen

239

3

86.

Beruf und Berufung

232

7

87.

Die Familie

210

6

88.

Das geweihte Leben

227

4

89.

Das Priestertum

231

7

90.

Die Lebenssituation von „Singles”

212

29

 

KAPITEL III. DER AUFTRAG ZU BEGLEITEN            

 

 

 

Eine Kirche, die begleitet

 

 

91.

Vor der Wahl stehen

234

2

92.

Gemeinsam das Brot brechen

238

1

93.

Lebensbereiche und Rollen

238

3

94.

Die Integration in die Gesellschaft begleiten

241

3

 

Gemeinschafts-, Gruppen- und Einzelbegleitung

 

 

95.

Eine fruchtbare Spannung

243

3

96.

Gemeinschafts- und Gruppenbegleitung

240

3

97.

Persönliche geistliche Begleitung

241

3

98.

Die Begleitung und das Sakrament der Versöhnung

239

6

99.

Eine ganzheitliche Begleitung

236

5

100.

Begleitung in der Ausbildung zum Priesteramt und geweihten Leben

241

5

 

Qualifizierte Begleiter

 

 

101.

Zur Begleitung gerufen

239

2

102.

Das Profil des Begleiters

240

4

103.

Die Bedeutung der Ausbildung

237

4

 

KAPITEL IV. DIE KUNST DER UNTERSCHEIDUNG

 

 

 

Die Kirche als Umfeld, um zu unterscheiden

 

 

104.

Eine Konstellation von Bedeutungen in der Vielfalt der geistlichen Tradition

235

3

105.

Der konstitutive Verweis auf das Wort und die Kirche

236

3

 

Das Gewissen in der Unterscheidung

 

 

106.

Gott spricht zum Herzen

223

20

107.

Die christliche Vorstellung von Gewissen

219

23

108.

Die Bildung des Gewissens

205

36

109.

Das kirchliche Gewissen

205

34

 

Die Praxis der Unterscheidung

 

 

110.

Die Vertrautheit mit dem Herrn

238

3

111.

Die Bereitschaft des Herzens

235

4

112.

Der Dialog in der Begleitung

238

2

113.

Die Entscheidung und die Bestätigung

238

3

 

 

   

Stimmberechtigte = 268

Abstimmung des III. Teils    

Anwesende = 248    -    2/3 der Anwesenden = 166

 

 

 

 

 

TEIL III

 

 

114.

„NOCH IN DERSELBEN STUNDE BRACHEN SIE AUF“

242

0

 

Eine junge Kirche

 

 

115.

Eine Ikone der Auferstehung

241

2

116.

Mit jungen Menschen gehen

241

1

117.

Der Wunsch, alle jungen Menschen zu erreichen

223

17

118.

Spirituelle, pastorale und missionarische Umkehr

214

25

 

KAPITEL I. DIE MISSIONARISCHE SYNODALITÄT DER KIRCHE

 

 

 

Eine konstitutive Dynamik

 

 

119.

Junge Menschen bitten uns, gemeinsam unterwegs zu sein

206

34

120.

Der synodale Prozess geht weiter

203

39

121.

Die synodale Gestalt der Kirche

191

51

122.

Die synodale Gestalt der Kirche (bis) 

199

43

123.

Eine partizipative, mitverantwortliche Kirche

202

38

124.

Unterscheidungsprozesse in der Gemeinschaft

208

33

 

Ein Stil für die Mission

 

 

125.

Die missionarische Gemeinschaft

215

26

126.

Eine Mission im Dialog

230

10

127.

Zu den Peripherien der Welt

228

11

 

KAPITEL II. IM ALLTAG GEMEINSAM UNTERWEGS SEIN

 

 

 

Von den Strukturen hin zu den Beziehungen

 

 

128.

Vom Delegieren zur Einbeziehung

224

13

129.

Die Erneuerung der Pfarrei

225

11

130.

Offene und durchschaubare Strukturen

222

15

 

Das Leben der Gemeinschaft

 

 

131.

Ein Mosaik aus Antlitzen

229

9

132.

Die Gemeinschaft vor Ort

229

8

133.

Kerygma und Katechese

231

9

134.

Die zentrale Bedeutung der Liturgie

230

10

135.

Die zentrale Bedeutung der Liturgie (bis) 

223

15

136.

Die zentrale Bedeutung der Liturgie (ter)

236

4

137.

Die Großzügigkeit der Diakonie

239

4

 

Jugendpastoral aus Berufungssicht

 

 

138.

Die Kirche als Haus für junge Menschen

236

6

139.

Berufungsanimation in der Pastoral

234

3

140.

Eine Berufungspastoral für junge Menschen

233

8

141.

Von der Fragmentierung zur Integration

230

8

142.

Die fruchtbare Beziehung zwischen Ereignissen und dem täglichen Leben

237

4

143.

Jugendzentren

232

6

 

KAPITEL III. EIN ERNEUTER MISSIONARISCHER SCHWUNG

 

 

144.

Einige dringende Herausforderungen

222

17

145.

Die Mission in der digitalen Welt

237

3

146.

Die Mission in der digitalen Welt (bis)

234

6

147.

Migranten: Mauern niederreißen und Brücken bauen

228

12

148.

Die Frauen in der synodalen Kirche

201

38

149.

Sexualität: ein klares, freies, authentisches Wort

214

26

150.

Sexualität: ein klares, freies, authentisches Wort (bis)

178

65

151.

Wirtschaft, Politik, Arbeit, gemeinsames Haus

230

7

152.

Wirtschaft, Politik, Arbeit, gemeinsames Haus (bis) 

236

1

153.

Wirtschaft, Politik, Arbeit, gemeinsames Haus (ter) 

233

6

154.

Wirtschaft, Politik, Arbeit, gemeinsames Haus (quater) 

229

6

155.

In interkulturellen und interreligiösen Kontexten

225

13

156.

Junge Menschen für den ökumenischen Dialog

228

9

 

KAPITEL IV. GANZHEITLICHE AUSBILDUNG

 

 

157.

Konkretheit, Komplexität und Ganzheitlichkeit

233

9

158.

Bildung, Schule und Universität

230

6

159.

Neue Ausbilder vorbereiten

230

7

160.

Ausbildung missionarischer Jünger

230

7

161.

Eine Zeit der Begleitung auf dem Weg der Unterscheidung

229

13

162.

Begleitung auf dem Weg zur Ehe

231

9

163.

Ausbildung von Seminaristen und geweihten Frauen und Männern

217

22

164.

Die Synode formuliert drei Vorschläge zur Förderung der Erneuerung

211

25

 

 

SCHLUSSWORT

 

 

165.

Gerufen, heilig zu werden

234

2

166.

Die Welt durch Heiligkeit wiedererwecken

216

8

167.

Mitgerissen von der Heiligkeit junger Menschen

239

2