Index

Back Top Print

CODEX DES KANONISCHEN RECHTES

 

BUCH VI

STRAFBESTIMMUNGEN IN DER KIRCHE

 

TEIL I

STRAFTATEN UND STRAFEN IM ALLGEMEINEN

 

TITEL V

STRAFVERHÄNGUNG (Cann. 1341 – 1353)

 

 

            Can. 1341 - Der Ordinarius hat den Gerichts- oder Verwaltungsweg zur Verhängung oder Feststellung von Strafen zu beschreiten, wenn er erkannt hat, dass weder auf den Wegen pastoralen Bemühens, besonders durch brüderliche Ermahnung, noch durch Verwarnung oder durch Verweis die Gerechtigkeit wiederhergestellt, der Täter gebessert und das Ärgernis behoben werden kann.

 

            Can. 1342 - § 1. Sooft gerechte Gründe der Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens entgegenstehen, kann die Strafe durch ein außergerichtliches Dekret verhängt oder festgestellt werden. Dabei ist can. 1720 zu beachten, vor allem im Hinblick auf das Verteidigungsrecht sowie auf die moralische Gewissheit dessen, der das Dekret nach der Norm des can. 1608 erlässt. Strafsicherungsmittel und Bußen können in jedem Fall durch Dekret verhängt werden.

            § 2. Strafen für immer können nicht durch Dekret verhängt oder festgestellt werden, auch nicht Strafen, für die eine Verhängung durch Dekret in dem diese Strafen festsetzenden Gesetz oder Verwaltungsbefehl verboten ist.

            § 3. Was in Gesetz oder Verwaltungsbefehl über den Richter gesagt wird in Bezug auf die Verhängung oder Feststellung einer Strafe in einem Gerichtsverfahren, ist auf den Oberen anzuwenden, der durch ein außergerichtliches Dekret eine Strafe verhängt oder feststellt, wenn nichts anderes feststeht und es sich nicht um bloße Verfahrensvorschriften handelt.

 

            Can. 1343 - Wenn Gesetz oder Verwaltungsbefehl dem Richter die Vollmacht geben, eine Strafe zu verhängen oder nicht, muss er unter Beachtung der Vorschrift des can. 1326 § 3 die Sache nach seinem Gewissen und klugem Ermessen entscheiden, entsprechend dem, was nötig ist, um die Gerechtigkeit wiederherzustellen, den Täter zu bessern und das Ärgernis zu beheben; der Richter kann in diesen Fällen aber auch, wenn es die Sache erfordert, die Strafe mildern oder an ihrer Stelle eine Buße auferlegen.

 

            Can. 1344 - Auch wenn das Gesetz anordnende Worte verwendet, kann der Richter nach seinem Gewissen und klugem Ermessen:

            1° die Verhängung einer Strafe auf eine günstigere Zeit verschieben, wenn vorauszusehen ist, dass aus einer übereilten Bestrafung größere Übel entstehen werden, es sei denn, dass die dringende Notwendigkeit besteht, das Ärgernis zu beheben;

            2° von der Verhängung einer Strafe absehen oder eine mildere Strafe verhängen oder eine Buße auferlegen, wenn der Täter gebessert ist sowie das Ärgernis und eventuell entstandener Schaden behoben ist, oder wenn er hinreichend von einer weltlichen Autorität bestraft worden oder diese Bestrafung vorauszusehen ist;

            3° die Verpflichtung zur Beachtung einer Sühnestrafe aussetzen, wenn der Täter das erste Mal nach einem untadeligen Leben straffällig geworden ist und nicht die dringende Notwendigkeit besteht, das Ärgernis zu beheben, jedoch so, dass der Täter, wenn er innerhalb einer vom Richter selbst festgesetzten Zeit wieder straffällig werden sollte, die geschuldete Strafe für beide Taten zu büßen hat, wenn nicht inzwischen die Verjährung der Strafklage für die frühere Straftat eingetreten ist.

 

            Can. 1345 - Sooft einem Täter der volle Gebrauch der Vernunft gefehlt hat oder er eine Straftat aus Notlage, schwerer Furcht, Leidenschaft oder, unter Beachtung des can. 1326 § 1, n. 4, in Trunkenheit oder einer ähnlichen Geistestrübung begangen hat, kann der Richter auch von jeder Bestrafung absehen, wenn er der Überzeugung ist, auf andere Weise könne seine Besserung eher gefördert werden; der Täter muss jedoch bestraft werden, wenn anders die Gerechtigkeit nicht wiederhergestellt und das gegebenenfalls entstandene Ärgernis nicht beseitigt werden kann.

 

            Can. 1346 - § 1. Für gewöhnlich werden so viele Strafen verhängt wie Straftaten vorliegen.

            § 2. Sooft aber ein Täter mehrere Straftaten begangen hat, wird es, falls die Häufung der Spruchstrafen zu groß erscheint, dem klugen Ermessen des Richters überlassen, die Strafen innerhalb angemessener Grenzen zu ermäßigen und ihn einer Überwachung zu unterstellen.

 

            Can. 1347 - § 1. Eine Beugestrafe kann gültig nicht verhängt werden, wenn nicht vorher der Täter mindestens einmal verwarnt worden ist, seine Widersetzlichkeit aufzugeben, und ihm eine entsprechende Zeitspanne für den Sinneswandel gewährt wurde.

            § 2. Es ist davon auszugehen, dass ein Täter von der Widersetzlichkeit abgelassen hat, wenn er die Straftat wirklich bereut hat und er außerdem eine Widergutmachung der Schäden und eine Behebung des Ärgernisses geleistet oder zumindest ernsthaft versprochen hat.

 

            Can. 1348 - Wenn ein Angeklagter von der Anklage freigesprochen wird oder über ihn keine Strafe verhängt wird, kann der Ordinarius durch geeignete Ermahnungen oder andere Wege pastoralen Bemühens oder auch, wenn es die Sache verlangt, durch Strafsicherungsmittel für dessen Nutzen und für das öffentliche Wohl sorgen.

 

            Can. 1349 - Wenn eine Strafe unbestimmt ist und das Gesetz nichts anderes vorsieht, soll der Richter bei der Festlegung der Strafe diejenigen auswählen, die dem entstandenen Ärgernis und der Schwere des Schadens angemessen sind; schwerere Strafen aber darf er nicht verhängen, wenn nicht die Schwere des Falles dies unbedingt erfordert; Strafen für immer kann er jedoch nicht verhängen.

 

            Can. 1350 - § 1. Bei den über einen Kleriker zu verhängenden Strafen ist immer darauf zu achten, dass er nicht dessen entbehrt, was zu seinem angemessenen Unterhalt notwendig ist, es sei denn, es handelt sich um die Entlassung aus dem Klerikerstand.

            § 2. Bei einem aus dem Klerikerstand Entlassenen aber, der wegen der Strafe wirklich in Not geraten ist, soll der Ordinarius so weit als möglich Vorsorge treffen, ausgeschlossen ist jedoch die Übertragung eines Amtes, eines Dienstes oder einer Aufgabe.

 

            Can. 1351 - Die Strafe bindet den Täter überall, auch wenn das Recht dessen erloschen ist, der die Strafe festgesetzt, verhängt oder festgestellt hat, wenn nichts anderes ausdrücklich bestimmt ist.

 

            Can. 1352 - § 1. Wenn eine Strafe den Empfang von Sakramenten oder Sakramentalien verbietet, wird das Verbot ausgesetzt, solange sich der Täter in Todesgefahr befindet.

            § 2. Die Verpflichtung zur Beachtung einer Tatstrafe, die weder festgestellt worden noch an dem Ort, wo sich der Täter aufhält, offenkundig ist, wird insofern ganz oder teilweise ausgesetzt, als sie der Täter nicht ohne Gefahr eines schweren Ärgernisses oder einer Rufschädigung beachten kann.

 

            Can. 1353 - Berufung oder Beschwerde gegen richterliche Urteile oder gegen Dekrete, die irgendeine Strafe verhängen oder feststellen, haben aufschiebende Wirkung.