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CODEX DES KANONISCHEN RECHTES

 

BUCH VII

PROZESSE

 

TEIL I

GERICHTSWESEN IM ALLGEMEINEN (Cann. 1400 – 1403)

 

TITEL II

DIE VERSCHIEDENEN INSTANZEN UND ARTEN DER GERICHTE (Cann. 1417 – 1445)

 

KAPITEL I

GERICHT ERSTER INSTANZ

Artikel 1

RICHTER

Can. 1419 — § 1. In jedem Bistum und für alle vom Recht nicht ausdrücklich ausgenommenen Gerichtssachen ist der Diözesanbischof Richter erster Instanz; er kann seine richterliche Gewalt persönlich oder durch andere gemäß den nachfolgenden Canones ausüben.

§ 2. Handelt es sich jedoch um Rechte oder Vermögenswerte einer juristischen Person, die vom Bischof vertreten wird, so entscheidet darüber in erster Instanz das Berufungsgericht.

Can. 1420 — § 1. Jeder Diözesanbischof ist gehalten, einen Gerichtsvikar, d. h. einen Offizial mit ordentlicher richterlicher Gewalt zu bestellen, der vom Generalvikar verschieden ist, sofern nicht die geringe Größe einer Diözese oder der geringe Anfall an Gerichtssachen eine andere Regelung angeraten erscheinen läßt.

§ 2. Der Gerichtsvikar bildet mit dem Bischof ein Gericht; er kann aber nicht über Fälle entscheiden, die der Bischof sich vorbehält.

§ 3. Dem Gerichtsvikar können Helfer beigegeben werden, die die Bezeichnung beigeordnete Gerichtsvikare oder Vizeoffiziale führen.

§ 4. Sowohl der Gerichtsvikar als auch die beigeordneten Gerichtsvikare müssen Priester, gut beleumundet, Doktoren oder wenigstens Lizentiaten des kanonischen Rechtes und mindestens dreißig Jahre alt sein.

§ 5. Mit der Sedisvakanz erlischt ihr Amt nicht, und sie können vom Diözesanadministrator nicht ihres Amtes enthoben werden; sobald jedoch der neue Bischof von seinem Bistum Besitz ergriffen hat, bedürfen sie der Bestätigung in ihrem Amt.

Can. 1421 — § 1. Im Bistum sind vom Bischof Diözesanrichter zu bestellen, die Kleriker sein müssen.

§ 2. Die Bischofskonferenz kann die Erlaubnis geben, daß auch Laien als Richter bestellt werden, von denen einer bei der Bildung eines Kollegialgerichtes herangezogen werden kann, soweit eine Notwendigkeit dazu besteht.

§ 3. Die Richter haben gut beleumundet und Doktoren oder wenigstens Lizentiaten des kanonischen Rechtes zu sein.

Can. 1422 — Der Gerichtsvikar, die beigeordneten Gerichtsvikare und die übrigen Richter werden unter Wahrung der Bestimmung des can. 1420, § 5 auf bestimmte Zeit ernannt; sie können nur aus einem rechtmäßigen und schwerwiegenden Grund ihres Amtes enthoben werden.

Can. 1423 — § 1. Mehrere Diözesanbischöfe können mit Genehmigung des Apostolischen Stuhles einvernehmlich anstelle der in cann. 1419—1421 erwähnten Diözesangerichte für ihre Bistümer ein einziges Gericht der ersten Instanz einrichten; in diesem Fall kommen den beteiligten Bischöfen zusammen oder einem von diesen bestimmten Bischof alle Vollmachten zu, die der Diözesanbischof bezüglich seines Gerichtes besitzt.

§ 2. Die in § 1 erwähnten Gerichte können entweder für alle beliebigen Gerichtssachen oder nur für einzelne Arten von Prozeßsachen eingerichtet werden.

Can. 1424 — Der Einzelrichter kann in jedem Verfahren zwei bewährte Kleriker oder Laien als Beisitzer zu seiner Beratung hinzuziehen.

Can. 1425 — § 1. Unter Verwerfung jeder gegenteiligen Gewohnheit sind dem Kollegialgericht von drei Richtern vorbehalten:

1° Streitsachen, die a) das Band der heiligen Weihe oder b) das Band der Ehe betreffen, unter Wahrung der Vorschriften der cann. 1686 und 1688;

2° Strafsachen a) bei Straftaten, die die Strafe der Entlassung aus dem geistlichen Stand zur Folge haben können; b) zur Verhängung oder Feststellung der Exkommunikation.

§ 2. Der Bischof kann schwierigere oder bedeutendere Prozesse einem mit drei oder fünf Richtern besetzten Gericht übertragen.

§ 3. Sofern der Bischof in Einzelfällen nichts anderes verfügt hat, hat der Gerichtsvikar für die Behandlung jedes einzelnen Falles die Richter nach der Ordnung turnusgemäß zu berufen.

§ 4. Sollte etwa ein Kollegialgericht nicht eingerichtet werden können, so kann die Bischofskonferenz, solange diese Unmöglichkeit besteht, für erstinstanzliche Verfahren die Erlaubnis erteilen, daß der Bischof die Gerichtssachen einem Kleriker als Einzelrichter überträgt; dieser soll, falls dies möglich ist, einen beratenden Beisitzer und einen Vernehmungsrichter hinzuziehen.

§ 5. Die einmal bestimmten Richter darf der Gerichtsvikar nur aus einem sehr schwerwiegenden Grund, der in einem Dekret darzulegen ist, auswechseln.

Can. 1426 — § 1. Das Kollegialgericht muß in kollegialer Weise verfahren und die Urteile mit Stimmenmehrheit fällen.

§ 2. Nach Möglichkeit muß der Gerichtsvikar oder ein beigeordneter Gerichtsvikar den Vorsitz führen.

Can. 1427 — § 1. Für Streitsachen zwischen Ordensleuten oder Niederlassungen desselben klerikalen Ordensinstitutes päpstlichen Rechtes ist, sofern in den Konstitutionen nichts anderes vorgesehen ist, der Provinzial oder, wenn es sich um ein rechtlich selbständiges Mönchskloster handelt, der örtliche Abt Richter erster Instanz.

§ 2. Unbeschadet einer abweichenden Bestimmung der Konstitutionen entscheidet über Streitsachen zwischen zwei Provinzen in erster Instanz der oberste Leiter persönlich oder durch einen Delegierten; Streitsachen zwischen zwei Mönchsklöstern entscheidet der Abtpräses der Mönchskongregation.

§ 3. Entsteht jedoch ein Rechtsstreit zwischen Ordensleuten oder juristischen Personen verschiedener Ordensinstitute oder auch zwischen Ordensleuten desselben klerikalen Institutes diözesanen Rechtes oder eines laikalen Institutes, ferner zwischen einem Ordensangehörigen und einem Weltkleriker oder einem Laien oder einer nichtklösterlichen juristischen Person, so entscheidet in erster Instanz das Diözesangericht.