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CODEX DES KANONISCHEN RECHTES

 

BUCH VII

PROZESSE


 

TEIL III

BESONDERE ARTEN VON VERFAHREN


 

TITEL I

EHEPROZESSE (Cann. 1671 – 1707)

 

 

KAPITEL III

NICHTVOLLZUGS VERFAHREN

Can. 1697 — Das Recht, gnadenweise die Auflösung einer gültigen, aber nicht vollzogenen Ehe zu erbitten, haben nur die Gatten oder ein Gatte, selbst gegen den Willen des anderen.

Can. 1698 — § 1. Über die Tatsache des Nichtvollzugs einer Ehe und das Vorliegen eines gerechten Grundes für die Gewährung der Dispens entscheidet einzig der Apostolische Stuhl.

§ 2. Die Dispens jedoch wird ausschließlich vom Papst gewährt.

Can. 1699 — § 1. Zuständig zur Entgegennahme der Bittschrift um Dispens ist der Diözesanbischof, in dessen Bereich der Bittsteller seinen Wohnsitz oder Nebenwohnsitz hat; steht fest, daß das Bittgesuch begründet ist, so muß der Bischof die Durchführung des Verfahrens anordnen.

§ 2. Weist der vorgebrachte Fall aber besondere Schwierigkeiten in rechtlicher oder moralischer Hinsicht auf, so soll der Diözesanbischof den Apostolischen Stuhl um Rat angehen.

§ 3. Gegen das Dekret, mit dem der Bischof die Bittschrift abweist, steht die Beschwerde an den Apostolischen Stuhl offen.

Can. 1700 — § 1. Unter Wahrung der Vorschrift des can. 1681 soll der Bischof die Erhebung in diesen Verfahren für ständig oder für Einzelfälle dem Gericht seiner oder einer fremden Diözese oder einem geeigneten Priester übertragen.

§ 2. Ist eine gerichtliche Klage auf Nichtigerklärung derselben Ehe eingebracht worden, so ist die Durchführung des Prozesses demselben Gericht zu übertragen.

Can. 1701 — § 1. In diesen Verfahren muß stets der Bandverteidiger beteiligt sein.

§ 2. Ein Rechtsbeistand wird nicht zugelassen; der Bischof kann jedoch wegen der Schwierigkeit des Falles gestatten, daß der Bittsteller oder die belangte Partei sich der Hilfe eines Rechtskundigen bedient.

Can. 1702 — Bei der Durchführung der Beweiserhebung ist jeder Gatte zu vernehmen; nach Möglichkeit sind die Canones über die Beweiserhebung im ordentlichen Streitverfahren und im Ehenichtigkeitsverfahren einzuhalten, soweit sie mit der besonderen Art dieser Verfahren in Einklang gebracht werden können.

Can. 1703 — § 1. Offenlegung der Akten erfolgt nicht; wird der Richter jedoch gewahr, daß die vorgebrachten Beweise dem Begehren des Bittstellers oder der Einrede der belangten Partei sehr hinderlich sind, so kann er das in kluger Weise der betreffenden Partei eröffnen.

§ 2. Der Richter kann einer Partei auf Antrag eine eingereichte Urkunde oder ein eingeholtes Zeugnis zeigen und eine Frist für die Vorlage einer Stellungnahme setzen.

Can. 1704 — § 1. Nach Abschluß der Erhebungen hat der Untersuchungsrichter sämtliche Akten mit einem geeigneten Bericht dem Bischof zu übergeben, der ein Gutachten zum wahren Sachverhalt sowohl über die Tatsache des Nichtvollzugs als auch über den gerechten Grund zur Dispenserteilung und über die Angemessenheit des Gnadenerweises zu erstatten hat.

§ 2. Ist die Durchführung des Verfahrens gemäß can. 1700 einem fremden Gericht übertragen worden, so ist die Stellungnahme zugunsten des Ehebandes bei diesem Gericht anzufertigen; das in § 1 erwähnte Gutachten hat jedoch der auf tragerteilende Bischof zu erstatten, dem der Untersuchungsrichter gleichzeitig mit den Akten einen geeigneten Bericht zu übersenden hat.

Can. 1705 — § 1. Der Bischof hat sämtliche Akten zusammen mit seinem Gutachten und den Bemerkungen des Bandverteidigers dem Apostolischen Stuhl zu übersenden.

§ 2. Sind nach Auffassung des Apostolischen Stuhles zusätzliche Erhebungen erforderlich, so wird dies dem Bischof unter Angabe der Punkte angezeigt, bezüglich derer die Erhebung zu ergänzen ist.

§ 3. Wenn der Apostolische Stuhl den Bescheid erteilt hat, daß aus den Unterlagen der Nichtvollzug nicht feststehe, kann der in can. 1701, § 2 erwähnte Rechtskundige am Sitz des Gerichtes in die Prozeßakten, nicht jedoch in das Gutachten des Bischofs einsehen, um abzuwägen, ob noch etwas Gewichtiges für eine Neuvorlage des Bittgesuches angeführt werden kann.

Can. 1706 — Das Dispensreskript wird vom Apostolischen Stuhl dem Bischof übersandt; dieser wird aber den Parteien das Reskript bekanntgeben und außerdem dem Pfarrer sowohl des Eheschließungs- wie des Taufortes baldigst auftragen, die gewährte Dispens in das Ehe- und das Taufbuch einzutragen.