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EUCHARISTIEFEIER AUS ANLASS
DES 400. TODESTAGES DES SEL. CESAR DE BUS,
GRÜNDER DER KONGREGATION DER DOKTRINARIER

PREDIGT VON KARDINAL TARCISIO BERTONE

Pfarrkirche "San Carlo ai Catinari", Rom
Samstag, 29. September 2007

 

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Die heutige Feier bildet den Abschluß der Feierlichkeiten zum Gedenken an den 400. Todestag des sel. César de Bus, des Gründers eurer Ordensfamilie. Dieses einzigartige Gedenkjahr, das am 29. September letzten Jahres mit einer besonderen Botschaft des Heiligen Vaters eröffnet wurde, hatte drei Höhepunkte. Jeder von ihnen stand unter einem Thema, das es zu vertiefen galt: »Im Zeichen der Erinnerung« war das erste, »Im Herzen des Charisma« das zweite. Das heutige Thema lautet schließlich: »Auf die Zukunft hin ausgerichtet«. Dieses Jahr war also ein wahrer geistlicher Weg, eine Pilgerfahrt, die die ganze Familie der Doktrinarier im Geiste zu den Ursprüngen »zurückkehren« ließ, um den Weg mit neuem apostolischem Schwung wieder aufzunehmen, in voller Treue zum Charisma ihres Gründers.

Es ist mir eine wirkliche Freude, heute abend der Eucharistie vorzustehen, hier in eurer Mitte, liebe geistliche Söhne des sel. César de Bus. Ihr kommt aus den verschiedenen Häusern in Italien, Frankreich, Brasilien, Burundi und Indien, und euch allen gilt mein herzlicher Gruß, angefangen bei eurem Generaloberen, P. Giovanni Mario Redaelli, der mich freundlicherweise eingeladen hat, gemeinsam mit euch dieses freudige Ereignis zu erleben. Ich begrüße den Erzbischof von Avignon, Jean Pierre Cattenoz. In dieser Stadt starb euer Gründer am 15. April 1607. Ich begrüße die brasilianischen Bischöfe, die eurem Institut angehören, José Alves da Costa und Vilson Dias de Oliveira. Ich begrüße die anwesenden Obrigkeiten, die Priester, die Ordensmänner und Ordensfrauen, die eurer Kongregation nahestehen, sowie die Gläubigen der Pfarrei »San Carlo ai Catinari«, die von den geschätzten Barnabitenpatres geleitet wird, deren hier anwesenden Generaloberen ich begrüße. Allen übermittle ich vor allem mit Freude den herzlichen Gruß und den Segen, den Seine Heiligkeit Benedikt XVI. sendet. Er ermutigt jeden von euch, mit Begeisterung und Treue euer Werk in der Kirche im Dienste der Evangelisierung fortzusetzen.

Unsere Begegnung hat in der Kirche »Santa Maria in Monticelli« begonnen, wo sich das Grab des sel. César de Bus befindet. Als ich neben dem Grab im Gebet verweilte, dachte ich daran, wie oft auch der hl. Johannes Bosco sich zum Gebet in dieser eurer Kirche aufhielt, um das dort verwahrte Bild Marias, Hilfe der Christen, zu verehren. Es besteht daher ein Band, das die salesianische Familie mit der euren vereint. Diese enge Verbindung wird durch die Tatsache hervorgehoben, daß – wie der Salesianer Giambattista Lemoyne in den biographischen Erinnerungen an Don Bosco schreibt – auf Wunsch Don Boscos selbst ein Doktrinarierpater, Andrea Barrera, die Einweihungspredigt der Kirche des hl. Franz von Sales in Valdocco, in Turin, hielt. Vom Paradies aus wachen sie jetzt über uns und halten Fürsprache für uns, diese beiden treuen Diener des Evangeliums, zu denen Jesus, als er sie im Augenblick des Todes aufnahm, gewiß sagte: »Sehr gut, du bist ein tüchtiger und treuer Diener. … Nimm Teil an der Freude deines Herrn!« (Mt 25,23). Am heutigen Tag erinnert uns besonders der sel. César de Bus daran, daß unsere endgültige Heimat der Himmel ist und daß es unsere Berufung, die Berufung aller Christen ist, das Evangelium in voller Treue zu leben und das Vorbild der Heiligen nachzuahmen. Das ganze Gedenkjahr, das wir heute beschließen, war wirklich eine gute Gelegenheit, »das vorbildliche und evangeliumsgemäße Leben des Heiligen ins Licht zu rücken und die Aktualität seiner Botschaft hervorzuheben « – dazu forderte Benedikt XVI. im vergangenen Jahr in seiner Botschaft auf –, um sein Apostolat weiterzuführen zugunsten der Jugendlichen und all derer, die auf die Verkündigung und das Zeugnis des Evangeliums warten.

Aber welche Botschaft hält, in kurzen Worten, euer Gründer auch für die Männer und Frauen unseres Jahrhunderts bereit? In diesem Zusammenhang haben die Worte nichts von ihrer Wirkkraft eingebüßt, die Paul VI. am 27. April 1975 in der Petersbasilika sprach, als er ihn in das Buch der Seligen einschrieb. Der Papst sagte damals: »Der sel. César ist eine Gestalt, die anzieht und nachdenklich macht: Sein fester Vorsatz zur Bekehrung, sein Plan zur Evangelisierung bis zum Tod besitzen eine sehr moderne Anziehungskraft und vermitteln uns, daß nichts unmöglich ist für denjenigen, der die Berufung zur Heiligkeit ernstgenommen hat«. Dieser unbeugsame und tapfere Priester erfaßte intuitiv die Notwendigkeit, den Menschen seiner Zeit Jesus Christus nahezubringen, der der Weg, die Wahrheit und das Leben ist, und dabei stets fügsame und unveränderte Treue gegenüber dem Lehramt der Kirche zu bewahren, dem Leuchtfeuer der Wahrheit in einer Welt, die oft ohne feste ideale Bezugspunkte ist. Als hervorragender Apostel der Katechese wiederholte der sel. César de Bus immer wieder: »Alles in uns muß Katechese betreiben, wir müssen ein lebendiger Katechismus werden«. So faßt er in kurzen Worten das außerordentliche Erbe zusammen, das er seiner Ordensfamilie und denen, die ihr Charisma teilen, hinterläßt – eine Sendung im Dienste aller, die jedoch besonders an die jungen Menschen und an die Armen gerichtet ist, die bevorzugten Adressaten der materiellen und geistlichen Fürsorge eures Gründers.

Das Wort Gottes, das uns die Liturgie dieses 28. Sonntags im Jahreskreis anbietet, lädt uns ein, liebevoll auf die Nöte der Armen zu schauen. In der ersten Lesung greift der Prophet Amos diejenigen an, die zum Schaden des Volkes Reichtümer und Besitz angehäuft haben und ein Leben in Luxus und Verschwendung führen. Ebenso fordert Jesus uns im bewegenden, ja sogar dramatischen Beispiel vom reichen Mann und vom armen Lazarus auf, die vielen Armen nicht zu vergessen, die vor den Türen unserer Häuser und an den Straßen unserer Städte liegen. Wie viele Arme, Einzelne und Völker, klopfen an die Türen der Reichen der Welt! Diese Armen identifiziert Jesus in der Gestalt namens »Lazarus«; es sind Menschen, an die nur Gott denkt und denen nur Gott hilft, wie das Wort »Lazarus« selbst sagt. Es bedeutet: »Gott hilft«. Heute gibt es viele Arme, die materielle Hilfe brauchen; es gibt noch mehr Arme, die geistliche Hilfe benötigen. Wie viele sind reich mit Gütern versehen, haben aber nicht das einzige und unentbehrliche Gut, das Gott ist! Besteht die größte Armut etwa nicht, wie Mutter Teresa von Kalkutta sagte, im Fehlen der Liebe, im Fehlen Gottes?

Eben um diesem geistlichen Bedürfnis entgegenzukommen, das wesentlich ist für den Menschen, wandte sich César de Bus in seinem katechetischen Einsatz besonders an die Geringen und an die Armen, ohne jedoch irgend jemanden von der Verkündigung des Evangeliums auszuschließen. Um seine Katechesen anziehend und leicht verständlich zu machen, bediente er sich einfacher und wirksamer Mittel: Tafeln mit Szenen aus dem Evangelium, von ihm selbst gemalt, Lieder, Gedichte (so nahm er gewissermaßen den Gebrauch moderner audiovisueller Mittel voraus). Seine Sprache war direkt und allen zugänglich, er benutzte in Fülle das Wort Gottes und wandte es auf die konkreten Umstände des täglichen Lebens an. Wie zu Recht bemerkt wurde, hat euer Gründer nicht wenige Aspekte vorausgenommen, die das II. Vatikanische Konzil und die Erneuerung der Katechese in diesen Jahren umgesetzt haben und die ein entscheidendes Element der Neuevangelisierung darstellen. Die Katechese, oder – wie euer Seliger gern sagte – »die Einübung der christlichen Lehre«, muß die erste Sendung der Kirche sein, und sie muß in voller Treue zu Gott geschehen, denn das Wort ist nicht Besitz der Kirche und des Katecheten, sondern ein Geschenk des Herrn, das man mit fügsamem Gehorsam und in voller Treue zum Menschen annehmen muß, denn: jeder Mensch bedarf einer Katechese, die ihren Erfordernissen entspricht und auf ihre Fragen und Erwartungen eine Antwort geben kann.

All dies setzt logischerweise eine totale Hingabe an Christus voraus. Und so war das Leben eures Gründers. Die Worte, die der Apostel Paulus in der zweiten Lesung an seinen Schüler Timotheus richtet, erscheinen beinahe wie eine Zusammenfassung seiner Lebenserfahrung: »Kämpfe den guten Kampf des Glaubens, ergreife das ewige Leben, zu dem du berufen worden bist und für das du vor vielen Zeugen das gute Bekenntnis abgelegt hast« (1 Tim 6,12). Vom Augenblick seiner Bekehrung an, im Heiligen Jahr 1575, hat der sel. César »den guten Kampf gekämpft«, indem er seine ganze Kraft der Verkündigung des Wortes Gottes geweiht hat, dem er sich lange Zeit im Gebet, in der Betrachtung und im Studium widmete. Ich muß, sagte er, ein »lebendiger Katechismus« sein. Und er war es wirklich! In seinem Leben war er Zeuge des absoluten Primats Gottes. Liest man seine Biographie, so ist man beeindruckt vom Geist der Kontemplation, der ihn auszeichnete, von seiner Einfachheit und Strenge und von seinem priesterlichen Eifer. Er war überzeugt, daß die Wirkkraft des Apostolats der Vereinigung mit Gott im Gebet entspringt und hatte als Vorbild des inneren Lebens den hl. Bernhard gewählt, im ständigen Bemühen, Aktion und Gebet, aktives Leben und Kontemplation miteinander zu verbinden. Er hatte intuitiv erfaßt, daß es, um die schwierige Sendung eines Boten des Evangeliums zu erfüllen, notwendig ist, in ununterbrochener Gemeinschaft mit Jesus zu stehen, im Gebet ohne Unterlaß sein Antlitz zu betrachten und ihm liebevoll in den Brüdern zu dienen.

In unserer Zeit, die gezeichnet ist von den besorgniserregenden Verlockungen einer weit verbreiteten Kultur der Leere und der »Sinnlosigkeit«, ist das Vorbild und das Zeugnis eures Seligen ein Vorbild und eine Ermutigung, Christus anzunehmen, der allein die Erwartungen und die tiefe Unruhe des menschlichen Herzens ganz beantworten kann. Deshalb ist am 29. September 1592, vor nunmehr genau 415 Jahren, die Kongregation der Doktrinarier entstanden; deshalb führt sie noch heute ihre Sendung fort und versucht, dem Geist der Ursprünge treu zu bleiben. 400 Jahre sind vergangen, aber das Charisma ist nicht gealtert, weil die Verkündigung und das Zeugnis des Evangeliums, besonders gegenüber den jungen Menschen und den Armen, stets das vorrangige Bemühen der Kirche und jedes Christen bleibt. Euer Gründer erinnert jedoch daran, daß die Voraussetzung für diesen apostolischen Einsatz und das Gegenmittel gegen jede gefährliche innere Zersplitterung die Heiligkeit ist.

Liebe geistliche Söhne des sel. César de Bus, während sich eure Gedenkfeierlichkeiten dem Ende zuneigen, seid ihr zu Recht »auf die Zukunft hin ausgerichtet«, wie das Thema sagt, unter dem dieser feierliche Tag steht.

Wie damals, so ist auch heute eine echte und mutige Verkündigung des Evangeliums dringend notwendig. Zusammen mit den Laien, die euch nahestehen, weiht ihr euch selbst der Katechese und der Ausbildung der Katecheten. Denkt jedoch daran, daß das Streben nach Heiligkeit eure wesentliche und vorrangige Aufgabe ist. Die Heiligkeit ist der beste Beitrag, den ihr der Neuevangelisierung bieten könnt, und die Gewährleistung eines wirklich evangeliumsgemäßen Dienstes zugunsten derer, die des Heilswortes am meisten bedürfen. Verkündigt auch weiterhin mit allen Mitteln das rettende Wort, unterstützt und ermutigt von den Worten, die euch Seine Heiligkeit Benedikt XVI. in seiner bereits zitierten Botschaft geschrieben hat: »Die Eingebung des sel. César de Bus bleibt stets gültig: die Botschaft Christi ganzheitlich zu verkündigen und die Verkündigung mit einem aufrichtigen Bemühen um Bekehrung zu begleiten und so mit dem eigenen Leben die barmherzige Liebe Gottes, der rettet, zu bezeugen. Das ist der Dienst, den die Kirche von eurer Ordensfamilie verlangt«. Vorwärts also »in Domino«, treu dem Vorbild und den Lehren eures Gründers, der euch vom Himmel her stützt und schützt. Über euch wache mütterlich Maria, Helferin der Christen und Stern der Neuevangelisierung! Amen!

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