BENEDIKT XVI.
ANGELUS
Petersplatz
2. Adventssonntag, 5. Dezember 2010
(Video)
Liebe Brüder und Schwestern!
Das Evangelium dieses zweiten Adventssonntags (Mt 3,1–12) stellt uns die Gestalt des hl. Johannes des Täufers vor, der sich nach einer berühmten Prophezeiung des Jesaja (vgl. 40,3) in die Wüste von Judäa zurückgezogen und mit seiner Verkündigung das Volk zur Umkehr aufgerufen hatte, um für das unmittelbar bevorstehende Kommen des Messias bereit zu sein. Der hl. Gregor der Große kommentiert, daß der Täufer »den rechten Glauben und die guten Werke predigt …, damit die Kraft der Gnade durchdringend sei, das Licht der Wahrheit erstrahle, die Wege zu Gott gerade werden und nach dem Hören des Wortes, das zum Guten führt, in der Seele aufrechte Gedanken entstehen« (Hom. in Evangelia, XX, 3, CCL 141,155). Der Vorläufer Jesu, der zwischen dem Alten und dem Neuen Bund steht, ist wie ein Stern, der dem Aufgang der Sonne vorangeht, dem Aufgang Christi, das heißt dessen, auf den sich – nach einer anderen Prophezeiung des Jesaja – »der Geist des Herrn [niederläßt]: der Geist der Weisheit und der Einsicht, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Gottesfurcht« (Jes 11,2).
In der Adventszeit sind auch wir gerufen, die Stimme Gottes zu hören, die in der Wüste der Welt durch die Heilige Schrift erklingt, besonders wenn diese mit der Kraft des Heiligen Geistes verkündet wird. Der Glaube nämlich wird um so stärker, je mehr man sich vom göttlichen Wort erleuchten läßt, von allem – wie der Apostel Paulus in Erinnerung ruft –, »was einst geschrieben worden ist…, damit wir durch Geduld und durch den Trost der Schrift Hoffnung haben« (Röm 15,4).
Das Vorbild des Hörens ist die Jungfrau Maria: »Durch die Betrachtung des Lebens der Mutter Gottes, das völlig vom Wort geprägt ist, entdecken wir, daß auch wir berufen sind, in das Geheimnis des Glaubens einzutreten, durch das Christus in unserem Leben Wohnung nimmt. Jeder gläubige Christ, so der hl. Ambrosius, empfängt und gebiert gewissermaßen das Wort Gottes in sich« (Nachsynodales Apostolisches Schreiben Verbum Domini, 28).
Liebe Freunde, »auf einem Kommen ruht auch unser Heil«, schrieb Romano Guardini (Nähe des Herrn, Betrachtungen über Advent, Weihnachten, Jahreswende und Epiphanie, Verlagsgemeinschaft topos plus, Kevelaer 2009, 4. Auflage, S. 11). »Der wirkliche Erlöser ist aus der Freiheit Gottes gekommen… So besteht die Entscheidung des Glaubens zu einem guten Teil darin […], den aus Gottes Freiheit Hertretenden aufzunehmen« (ebd., S. 11f.). »Der Erlöser«, so fügt er hinzu, »kommt zu jedem Menschen im Besonderen: in dessen Freuden und Nöte, Einsichten, Ratlosigkeiten und Versuchungen, in alles das, was sein nur ihm eigenes Wesen und Leben ausmacht« (ebd., S. 12).
Die Jungfrau Maria, in deren Schoß der Sohn des Höchsten Wohnstatt genommen hat und die wir am kommenden Mittwoch, 8. Dezember, am Hochfest der Unbefleckten Empfängnis feiern, bitten wir, uns auf diesem geistlichen Weg zu stützen, um mit Glauben und Liebe das Kommen des Erlösers zu empfangen.
APPELL
In dieser Adventsszeit, in der wird gerufen sind, die Erwartung des Herrn in uns zu nähren und ihn in unserer Mitte aufzunehmen, lade ich euch ein, angesichts der Gewalt, der Intoleranz und des Leidens in der Welt zu beten, auf daß das Kommen Jesu Trost, Versöhnung und Frieden bringe. Ich denke an die vielen schwierigen Situationen wie die ständigen Attentate, zu denen es im Irak gegen Christen und Muslime kommt, an die gewalttätigen Auseinandersetzungen in Ägypten, bei denen Tote und Verletzte zu beklagen sind, an die Opfer von Menschenhändlern und Kriminellen wie das Drama der Geiseln aus Eritrea und anderen Nationen in der Wüste Sinai. Die Achtung der Rechte aller ist die Voraussetzung für das zivile Zusammenleben. Unser Gebet zum Herrn und unsere Solidarität mögen all jenen Hoffnung bringen, die von Leid geprüft sind.
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Grußworte nach dem Angelusgebet
... auf französisch: Liebe französischsprachige Pilger, ich grüße euch mit Freude! Das heutige Evangelium stellt uns die Gestalt des Propheten Johannes des Täufers vor und lehrt uns, Demut, Nüchternheit und Offenheit gegenüber der göttlichen Gnade zu leben. Es lädt uns also dazu ein, es nicht zuzulassen, daß die materiellen Sorgen unseren Weg hin zu Weihnachten behindern. Der Heilige Geist möge uns helfen, unser Streben nach einer besseren Welt zu läutern und uns bei unserer Suche nach einem immer christlicheren Leben zu stärken! Euch allen einen gesegneten Sonntag!
… auf englisch: Es freut mich, alle Pilger und Besucher aus dem englischen Sprachraum zu begrüßen, die bei diesem Angelusgebet zugegen sind. Die Liturgie vom zweiten Adventssonntag lädt uns ein, unsere Herzen auf das große Geheimnis der Menschwerdung vorzubereiten. Jesus, der aus der Jungfrau Maria geboren wurde, möge uns seine Gnade gewähren, so daß wir in der Adventszeit in immer größerer Treue zu seiner unverbrüchlichen Liebe wachsen. Ich wünsche euch allen einen angenehmen Aufenthalt in Rom und einen gesegneten Sonntag!
… auf deutsch: Ganz herzlich heiße ich die Pilger und Besucher deutscher Sprache hier auf dem Petersplatz willkommen. Am Beginn des heutigen Evangeliums steht der Ruf des Täufers Johannes: »Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe« (Mt 3,2). Umkehr bedeutet: Nicht aus uns selbst werden wir groß, sondern durch Gott, der sich zu uns niederbeugt. Er wartet auf uns, daß wir ihm und seiner Schöpfung unsere Liebe schenken. Der Ruf Johannes des Täufers lädt uns ein, aus dem Eigenen auszubrechen und das Licht des göttlichen Erbarmens in uns hineinzulassen und in der Welt zu verbreiten. Euch und euren Familien wünsche ich einen gesegneten zweiten Adventssonntag.
… auf spanisch: Herzlich grüße ich die Pilger aus dem spanischen Sprachraum, die am heutigen Angelusgebet teilnehmen, besonders die Gruppe aus der Pfarrei »San Agustín« in Alcalá de Guadaira anläßlich ihres 50jährigen Bestehens, wie auch die Pilgergruppen aus den Pfarreien »San Isidoro« und »San Lorenzo« in Valencia sowie aus den Pfarreien »San Antonio de Padua«, »Sant Vicenç dels Horts« und »San Pedro del Masnou« in Barcelona. Ich lade alle ein, sich innerlich auf das Weihnachtsfest durch die Umkehr der Herzen vorzubereiten, die es uns gestattet, das Kommen Jesu mit Gefühlen der Freude, der Bereitschaft und des Glaubens Mariens zu empfangen. Sie begleite uns auf diesem Weg. Ich wünsche euch einen gesegneten Sonntag.
… auf polnisch: Mein Gruß geht nun an die Polen. In der heiligen Messe des zweiten Adventsonntags werden wir zur Umkehr der Herzen ermahnt, zu der uns Johannes der Täufer aufruft, der Prophet an den Ufern des Jordans. Er erinnert alle daran, daß »das Himmelreich nahe ist«. Der Advent sei für uns eine Gelegenheit, um »im Herzen den Weg des Herrn zu bereiten« (vgl. Mt 3,2–3). Mein Segen begleite euch bei der Verwirklichung dieses Auftrags.
… auf italienisch: Schließlich grüße ich voll Zuneigung die Pilger italienischer Sprache, besonders die Gläubigen aus der Provinz Tarent und aus Rocca di Papa. Allen wünsche ich einen gesegneten Sonntag und eine gute Woche. Einen gesegneten zweiten Adventssonntag! Danke!
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