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BENEDIKT XVI.

ANGELUS

Petersplatz
Sonntag, 11. März 2012

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Liebe Brüder und Schwestern!

Das Evangelium des heutigen dritten Sonntags in der Fastenzeit erzählt in der Fassung des hl. Johannes die bekannte Episode von Jesus, der die Händler von Tieren und die Geldwechsler aus dem Tempel von Jerusalem vertreibt (vgl. Joh 2,13–55). Das von allen Evangelisten überlieferte Ereignis trug sich zu, als das Paschafest nahe war, und machte sowohl auf die Menge als auch auf die Jünger einen großen Eindruck. Wie sollen wir diese Geste Jesu auslegen? Zunächst ist anzumerken, daß sie von den Hütern der öffentlichen Ordnung nicht verhindert wurde, da sie als eine typisch prophetische Handlung gesehen wurde: die Propheten nämlich klagten oft im Namen Gottes Mißbräuche an, und bisweilen taten sie dies mit symbolischen Gesten. Wenn überhaupt, so bestand das Problem in ihrer Autorität. Daher also fragten die Juden Jesus: »Welches Zeichen läßt du uns sehen als Beweis, daß du dies tun darfst?« (Joh 2,18), zeige uns, daß du wirklich im Namen Gottes handelst.

Die Vertreibung der Händler aus dem Tempel ist auch in einem politisch-revolutionären Sinn gedeutet worden, wobei man Jesus in einer Linie mit der Bewegung der Zeloten sah. Diese waren eben »Eiferer« für das Gesetz Gottes und bereit, zu dessen Befolgung Gewalt anzuwenden. Zur Zeit Jesu erwarteten sie einen Messias, der Israel von der Herrschaft der Römer befreien sollte.

Doch Jesus enttäuschte diese Erwartung, so daß sich einige Jünger von ihm abwandten und Judas Iskariot ihn sogar verriet. In Wirklichkeit ist es unmöglich, Jesus als einen gewalttätigen Menschen zu deuten: die Gewalt steht im Widerspruch zum Reich Gottes, sie ist ein Werkzeug des Antichristen. Die Gewalt dient nie der Menschheit, sondern entmenschlicht sie.

Hören wir also die Worte, die Jesus sprach, als er so handelte: »Schafft das hier weg, macht das Haus meines Vaters nicht zu einer Markthalle!« Und die Jünger erinnerten sich nunmehr daran, was im Psalm geschrieben steht: »Der Eifer für dein Haus hat mich verzehrt« (69,10). Dieser Psalm ist ein Hilferuf in einer Situation äußerster Gefahr aufgrund des Hasses der Feinde: die Situation, die Jesus in seinem Leiden erleben wird. Der Eifer für den Vater und sein Haus wird ihn bis zum Kreuz bringen: sein Eifer ist der Eifer der Liebe, die persönlich bezahlt, nicht jener Eifer, der Gott durch Gewalt dienen will. Das »Zeichen« nämlich, das Jesus als Beweis für seine Autorität geben wird, wird gerade sein Tod und seine Auferstehung sein. »Reißt diesen Tempel nieder«, sagte er, »in drei Tagen werde ich ihn wieder aufrichten.« Und der hl. Johannes merkt an: »Er aber meinte den Tempel seines Leibes« (Joh 2,20–21). Mit dem Pascha Jesu beginnen ein neuer Gottesdienst, der Gottesdienst der Liebe, und ein neuer Tempel, der er selbst ist, der auferstandene Christus, durch den jeder Gläubige Gottvater »im Geist und in der Wahrheit« (Joh 4,23) anbeten kann.

Liebe Freunde, der Heilige Geist hat begonnen, diesen neuen Tempel im Schoß der Jungfrau Maria zu errichten. Durch ihre Fürsprache bitten wir, daß jeder Christ zum lebendigen Stein dieses geistlichen Gebäudes werde.


Nach dem Angelusgebet

Liebe Brüder und Schwestern, meine Gedanken gelten vor allem der geliebten Bevölkerung von Madagaskar, die vor kurzem von gewaltigen Naturkatastrophen heimgesucht wurde, die Menschen, Infrastrukturen und der Landwirtschaft schwere Schäden zugefügt haben. Während ich die Opfer und die so schwer geprüften Familien meines Gebets versichere, spreche ich die Hoffnung auf die großherzige Hilfe der internationalen Gemeinschaft aus, zu der ich nachdrücklich ermutigen möchte.

... auf französisch: Seid willkommen, liebe französischsprachige Brüder und Schwestern. Am heutigen dritten Sonntag in der Fastenzeit fordert uns der Herr zur Umkehr auf. Die Fastenzeit ist eine Zeit der Gnade, die uns geschenkt wird, damit wir unsere Herzen und unseren Geist läutern und uns von unseren Ängsten und Zweifeln befreien können. Voll Zuversicht wollen wir uns von Christus verwandeln lassen und keine Furcht haben, unsere Gewohnheiten und Verhaltensweisen zu ändern. Die Jungfrau Maria helfe uns, daß wir uns Zeit für das Gebet nehmen, denn Gott wird es uns durch die Fruchtbarkeit der Stille und des Gebets geben, das wahre Glück zu erfahren! Gott segne euch!

… auf englisch: Ich grüße alle englischsprachigen Besucher, die zum Angelusgebet gekommen sind, einschließlich der neokatechumenalen Gemeinschaft aus Bristol. Im heutigen Evangelium sagt Jesus seine Auferstehung voraus und verweist auf den Tempel, der sein Leib, die Kirche, ist. Unsere Betrachtung dieser Geheimnisse möge unsere Einheit mit dem Herrn und seiner Kirche vertiefen. Auf euch alle rufe ich Gottes Segen herab.

… auf deutsch: Mit Freude grüße ich alle Pilger und Besucher deutscher Sprache, besonders die Teilnehmer an der Siebenkirchenwallfahrt des Collegium Germanicum et Hungaricum und die Pilgergruppe aus Mannheim. Das heutige Evangelium berichtet uns von Jesu Tempelreinigung und dem Hinweis auf den neuen Tempel, der er selbst ist. Nach einem Wort des Apostels Paulus sind aber auch wir ein wahrer Tempel, wenn wir Christus in uns Gestalt werden lassen. Im Sakrament der Buße gibt uns der Herr Gelegenheit, diese Gestalt immer wieder zu erneuern. In jeder Beichte macht er uns neu zum Tempel, in dem er Wohnung nimmt. Der Herr schenke euch Freude und Zuversicht auf allen euren Wegen.

… auf spanisch: Voll Zuneigung grüße ich die Pilger aus dem spanischen Sprachraum, besonders die Gruppe von Gläubigen aus Murcia, Alicante und Sevilla. Am heutigen dritten Sonntag der Fastenzeit berichtet uns das Evangelium von Jesus, der nach Jerusalem hinaufzog und vom Eifer für die Dinge seines Vaters erfüllt die Händler aus dem Tempel vertreibt. Gleichzeitig erklärt er, daß er der neue Tempel ist, die endgültige Wohnstatt Gottes unter den Menschen. In Christus sind wir gerufen, einen echten, lebendigen Gottesdienst im Geist und in der Wahrheit darzubringen, unseren Leib als Tempel des lebendiges Gottes zu hüten und es zu verstehen, den Werken des Bösen abzusagen. Diese Vorsätze wollen wir der allerseligsten Jungfrau Maria anempfehlen. Vielen Dank!

… auf portugiesisch: Einen herzlichen Gruß an die Pilger portugiesischer Sprache, besonders an die hier anwesenden Brasilianer, die zu einer fastenzeitlichen Pilgerreise gekommen sind. Die Praxis des Fastens, des Almosengebens und des Gebets helfe euch, die barmherzige Gegenwart des Herrn zu erfahren, der Quell der wahren Gesundheit für alle Menschen und für den ganzen Menschen ist.

… auf polnisch: Herzlich grüße ich die Polen. Das Evangelium des heutigen Sonntags offenbart die Sorge Jesu um den Tempel als Ort der Begegnung mit Gott. Dennoch spricht es auch vom Tempel seines Leibes, der durch den Tod zerstört und mit der Auferstehung neu errichtet wird. Der lebendige Christus ist unser Tempel. In ihm beten wir Gott »im Geist und in der Wahrheit« an. Sein Segen begleite euch immer!

.... auf italienisch: Zum Schluß richte ich einen herzlichen Gruß an die Pilger italienischer Sprache, besonders an die Kinder des Dekanats Rho bei Mailand, die zum Bekenntnis ihres Glaubens gekommen sind, und an die Firmlinge aus Marzocca und Montignano. Ich grüße die Gläubigen aus Ischia und Crotone. Allen wünsche ich einen gesegneten Sonntag und eine gute Woche. Danke! Schönen Sonntag!

 

 

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