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VOLLVERSAMMLUNG DER KONGREGATION
FÜR DIE EVANGELISIERUNG DER VÖLKER
ZUM THEMA: "DER HL. PAULUS UND DIE NEUEN AREOPAGE"
[UNIVERSITÄT "URBANIANA", 16.-18. NOVEMBER 2009]

BOTSCHAFT VON BENEDIKT XVI.
AN KARDINAL IVAN DIAS,

PRÄFEKT DER KONGREGATION
FÜR DIE EVANGELISIERUNG DER VÖLKER

 

An den verehrten
Bruder Kardinal IVAN DIAS,
Präfekt der Kongregation für die Evangelisierung der Völker

Zur Vollversammlung der Kongregation für die Evangelisierung der Völker heiße ich Sie, Herr Kardinal, herzlich willkommen. Ich grüße auch die hier anwesenden Kardinäle, Erzbischöfe, Bischöfe und alle Teilnehmer der Versammlung. Mein Gruß gilt auch dem Sekretär, dem beigeordneten Sekretär, dem Untersekretär und allen Mitarbeitern dieses Dikasteriums. Sie alle möchte ich meiner Wertschätzung und Dankbarkeit für den Dienst versichern, den Sie in der Mission »ad gentes« für die Kirche leisten.

Das Thema dieser Begegnung: »Der hl. Paulus und die neuen Areopage« läßt uns auch im Licht des gerade ausgeklungenen Paulusjahres jene Erfahrung nachvollziehen, die der Völkerapostel, nachdem er an zahlreichen Orten gepredigt hatte, in Athen gemacht hat, wo er sich auf den Areopag begab, um das Evangelium in einer Sprache zu verkünden, die wir heute als »inkulturiert« bezeichnen könnten (vgl. Apg 17,22–31).

Dieser Areopag, der damals das kulturelle Zentrum der gebildeten Bürger von Athen darstellte, kann – wie mein verehrter Vorgänger Johannes Paul II. sagte – »heute als Symbol für neue Bereiche aufgefaßt werden, denen das Evangelium zu verkünden ist« (Redemptoris missio, 37). In der Tat drängt uns der Verweis auf dieses Ereignis dazu, den Wert der »Areopage« von heute zu erkennen: jener Bereiche also, wo die größten Anforderungen an die Evangelisierung gestellt werden. Das Anliegen Ihrer Versammlung ist es, dieses Thema mit Realismus zu analysieren und dabei den vielen sozialen Veränderungen unserer Zeit Rechnung zu tragen. Dafür bedarf es eines Realismus, der vom Geist des Glaubens getragen ist und der die Geschichte im Licht des Evangeliums sieht sowie mit der Gewißheit, die Paulus hinsichtlich der Gegenwart des auferstandenen Christus hatte. Auch wir finden Trost in den Worten, die Jesus in Korinth an den Apostel gerichtet hat: »Fürchte dich nicht! Rede nur, schweige nicht! Denn ich bin mit dir, niemand wird dir etwas antun« (Apg 18,9–10). Nicht ohne Grund hat auch der Diener Gottes Paul VI. nachdrücklich betont, daß es nicht nur darum gehe, das Evangelium zu verkünden, sondern »mit der Kraft des Evangeliums jene Urteilskriterien, Werte, Interessen, Denkweisen, Inspirationsquellen und Lebensmodelle der Menschheit zu erreichen, ja gleichsam umzustoßen, die im Gegensatz zum Wort Gottes und zu seinem Heilsplan stehen« (Insegnamenti XIII, [1975], 1448).

Mit diesem Geist müssen wir die »neuen Areopage« betrachten. Einige von ihnen sind in unserer Zeit der Globalisierung weltweit verbreitet, andere wiederum nur auf gewissen Kontinenten zu finden, wie wir auch bei der jüngsten Sonderversammlung der Bischofssynode für Afrika gesehen haben. Das missionarische Wirken der Kirche muß sein Augenmerk daher auf diese neuralgischen Punkte der Gesellschaft des dritten Jahrtausends richten und darf den Einfluß einer weit verbreiteten relativistischen Kultur nicht unterschätzen, der es oft an Werten fehlt und die auch vor dem Heiligtum der Familie nicht haltmacht. Sie schleicht sich in die Erziehung und andere Bereiche der Gesellschaft ein, vergiftet sie und manipuliert die Gewissen, besonders der jungen Menschen. Die Kirche weiß aber auch, daß der Heilige Geist trotz dieser Anfechtungen immer am Wirken ist. So kommt es, daß sich dem Evangelium dennoch neue Türen öffnen und sich der Wunsch nach einer echten geistlichen und apostolischen Erneuerung in der Welt verbreiten kann. Wie schon in anderen Epochen, die im Zeichen der Veränderung standen, besteht die pastorale Priorität darin, das wahre Antlitz Christi, des Herrschers über die Geschichte und einzigen Erlösers der Menschheit, zu zeigen. Das erfordert, daß jede christliche Gemeinschaft und die Kirche in ihrer Gesamtheit gemeinsam Zeugnis ablegen für die Treue zu Christus und geduldig jene Einheit aufbauen, die Christus gewollt und für seine Jünger erfleht hat. In der Tat kann die Einheit der Christen die Evangelisierung und die Auseinandersetzung mit den kulturellen, sozialen und religiösen Anforderungen unserer Zeit erleichtern.

Bei dieser missionarischen Arbeit dürfen wir unseren Blick auf den Apostel Paulus richten, um seinen »Lebensstil«, seinen ganz auf Christus gegründeten »apostolischen« Geist nachzuahmen. Mit einer derart vollkommenen Treue gegenüber dem Herrn wird es den Christen leichter fallen, auch den zukünftigen Generationen das Glaubensvermächtnis zu vermitteln und selbst Schwierigkeiten zu Möglichkeiten der Evangelisierung werden zu lassen. In meiner jüngsten Enzyklika Caritas in veritate wollte ich hervorheben, daß die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der zeitgenössischen Gesellschaft Aufmerksamkeit für das geistliche Leben beinhaltet sowie »eine ernsthafte Beachtung der Erfahrungen des Gottvertrauens, der geistlichen Brüderlichkeit in Christus, des Sich-Anvertrauens an die göttliche Vorsehung und Barmherzigkeit, der Liebe und Vergebung, des Selbstverzichts, der Annahme des Nächsten, der Gerechtigkeit und des Friedens … Das tiefe Verlangen des Christen ist, daß die ganze menschliche Familie Gott als ›Vater unser!‹ anrufen kann« (Nr. 79).

Herr Kardinal, ich danke Ihnen für den Dienst, den das von Ihnen geleitete Dikasterium für die Sache des Evangeliums leistet. Für Sie und die Teilnehmer dieser Vollversammlung erbitte ich den göttlichen Beistand und den Schutz der Jungfrau Maria, Stern der Evangelisierung. Ich erteile Ihnen allen von Herzen meinen Segen.

Aus dem Vatikan, 13. November 2009

BENEDIKT PP. XVI.

 



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