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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"

  

 Der Personalausweis des Christen

 Montag, 9. Juni 2014

 

aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 25, 20. Juni  2014

 

Die Seligpreisungen sind der »Personalausweis « des Christen. Deshalb lud Papst Franziskus in der Predigt vom 9. Juni in der Kapelle des Hauses Santa Marta ein, diesen Text aus dem Evangelium wieder einmal zur Hand zu nehmen und ihn wiederholt zu lesen, um bis ins Tiefste ein »Programm der Heiligkeit« leben zu können, das in Bezug auf die Mentalität der Welt gegen den Strom schwimmt.

Der Papst ging Punkt für Punkt den in der Liturgie verlesenen Text des Matthäusevangeliums (5,1-12) durch. Er fügte dabei die Seligpreisungen in den Kontext des täglichen Lebens ein. Jesus, so erklärte er, spricht »in aller Einfachheit«, er gibt eine Art Umschreibung, eine Art Kommentar zu den beiden Hauptgeboten: den Herrn und den Nächsten lieben«. »Wenn jemand von uns die Frage stellt: ›Wie wird man ein guter Christ?‹«, dann sei die Antwort einfach: man müsse das tun, was Jesus in den Seligpreisungen sage. Dies gehe gegenüber dem, »was üblich ist, was man in der Welt tut«, in eine vollkommen andere Richtung. Es gehe letztlich darum, dass der Herr »weiß, wo die Sünde und wo die Gnade ist, und er weiß sehr wohl, welche Wege dich zur Sünde führen und welche dich zur Gnade führen«. Das sei der Sinn seiner Worte: »Selig, die arm sind vor Gott« oder »Armut gegen Reichtum«.

»Der Reiche«, so erläuterte der Bischof von Rom, »fühlt sich mit seinen Reichtümern normalerweise sicher. Jesus selbst hat uns das im Gleichnis vom Kornspeicher gesagt«, wo er von dem seiner selbst sicheren Mann spreche, der in seiner Beschränktheit nicht daran denke, dass er noch am selben Tag sterben könne. Und der Papst fügte hinzu: »Reichtümer können dir nichts sichern. Noch mehr: Wenn das Herz reich ist, ist es so selbstzufrieden, dass es keinen Platz für das Wort Gottes gibt.« Deshalb sage Jesus: »Selig, die arm sind vor Gott, die ein armes Herz haben, damit der Herr eintreten kann.« Und weiter: »Selig die Trauernden; denn sie werden getröstet werden.«

Im Gegensatz dazu »sagt uns die Welt: Freude, Glück, Vergnügen, das ist das Schöne am Leben!« Und »wenn es Probleme der Krankheit, des Leids in der Familie gibt, dann ignorieren sie dies, schauen weg«. Denn »die Welt will nicht weinen: sie zieht es vor, die schmerzlichen Situationen zu ignorieren, sie zuzudecken«. Aber »nur derjenige, der die Dinge sieht, wie sie sind, und der in seinem Herzen weint, ist glücklich und wird getröstet werden«: mit dem Trost Jesu und nicht mit dem der Welt.

»Selig, die keine Gewalt anwenden«, so fuhr der Papst fort, ist eine starke Aussage, gerade »in dieser Welt, die von Anfang an eine Welt der Kriege ist; eine Welt, in der überall gestritten wird, wo überall Hass herrscht«. Und doch »sagt Jesus: keinen Krieg, keinen Hass! Friede, Sanftmut! « Der eine oder andere könnte dagegen einwenden: »Wenn ich im Leben so sanftmütig bin, dann wird man mich für einen Dummkopf halten «. Vielleicht treffe das zu, so der Papst, dennoch sollten wir ruhig zulassen, dass die anderen »das denken: aber du bist sanftmütig, denn dank dieser Sanftmut wirst du das Land erben!«

»Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit « sei eine weitere großartige Aussage Jesu, die sich an jene richte, die »für die Gerechtigkeit kämpfen, damit auf der Welt Gerechtigkeit herrsche«. Die Wirklichkeit zeige uns, so bemerkte der Bischof von Rom, wie »leicht« es sei, »Teil jener Cliquen der Bestechung zu werden«, Teil »dieser alltäglichen Politik des do ut des« zu werden, wo »alles ein Geschäft ist«. Und, so fügte er hinzu, »wie viele Menschen leiden aufgrund dieser Ungerechtigkeiten!« Gerade angesichts dieser Dinge »sagt Jesus: Selig, die gegen diese Ungerechtigkeiten kämpfen«. »Wir sehen also«, präzisierte der Papst, »dass das eine gegen den Strom schwimmende Lehre ist« im Vergleich zu »dem, was die Welt uns sagt«.

Und weiter: »Selig die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden.« Es handle sich dabei, so erläuterte er, um »jene Menschen, die vergeben, weil sie die Irrtümer der anderen verstehen «. Jesus »sagt nicht: Selig, die Rache üben, die sich rächen«, oder die sagten »Auge um Auge, Zahn um Zahn«, sondern er nenne die selig, »die vergeben, die Barmherzigen«. Und man müsse ja auch immer daran denken, so erinnerte er, dass »wir alle ein Heer von Menschen sind, denen vergeben wurde! Uns allen ist vergeben worden! Und deshalb ist der selig, der diesen Weg der Vergebung geht.«

»Selig, die ein reines Herz haben« sei nun ein Satz Jesu, der sich auf die beziehe, die »ein einfaches, reines Herz haben, das nicht schmutzig ist: ein Herz, das mit dieser so wunderschönen Reinheit zu lieben versteht«. Sodann erinnere »selig, die Frieden stiften« an die unzähligen Situationen des Kriegs, die sich wiederholten. Bei uns, so gab der Papst zu, »ist es sehr verbreitet, Kriege anzuzetteln oder zumindest Missverständnisse zu verursachen«. Das geschehe, »wenn ich von diesem etwas höre und zu einem anderen gehe und es erzähle; und wenn ich auch noch eine zweite, etwas erweiterte Auflage davon mache und diese berichte«. Kurz, es sei »die Welt des Tratsches«, der erzeugt werde von Leuten, die tratschen, die keinen Frieden stiften«, die Gegner des Friedens und mit Sicherheit nicht selig seien.

Schließlich erinnere Jesus, indem er die für selig erkläre, »die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden«, daran, »wie viele Menschen verfolgt werden« und »einfach dafür verfolgt wurden, dass sie für die Gerechtigkeit gekämpft hatten«.

Das also, erläuterte der Papst, »ist das Lebensprogramm, das Jesus uns anbietet«. Ein Programm, das gleichzeitig »sehr einfach und sehr schwer« sei. »Und sollten wir noch etwas mehr wollen«, so bekräftigte er, »dann gibt uns Jesus noch weitere Hinweise«, vor allem »jenes Protokoll, nach dem wir gerichtet werden, das im 25. Kapitel des Matthäusevangeliums steht: ›Ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig, und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war krank, und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis, und ihr seid zu mir gekommen.‹«

Das sei der Weg, um »das christliche Leben auf dem Niveau der Heiligkeit zu führen«. Im Übrigen, fügte Franziskus hinzu, »haben die Heiligen nichts anderes getan«, als die Seligpreisungen und jenes »Protokoll des Jüngsten Gerichts« zu leben. Das seien »wenige Worte, einfache Worte, aber praktisch für alle, denn das Christentum ist eine praktische Religion«, die praktiziert, getan und nicht nur gedacht werden muss.

Und praktisch ist auch der abschließende Vorschlag von Papst Franziskus: »Wenn ihr heute zuhause etwas Zeit habt, dann schlagt das Matthäusevangelium, Kapitel 5, auf: ganz am Anfang stehen diese Seligpreisungen«. Und im »Kapitel 25 stehen dann die anderen« Worte Jesu. »Es wird euch gut tun«, so mahnte er, »dies ein-, zwei-, dreimal zu lesen: es ist das Programm für die Heiligkeit.«

 



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