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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"

 

Gehorsam und Dialog

Donnerstag, 16. April 2015

 

aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 17, 24. April 2015

 

Zu Beginn der heiligen Messe sprach Papst Franziskus ein Gebet für Benedikt XVI. aus Anlass dessen 88. Geburtstag.

Franziskus feierte am 16. April aus Anlass des 88. Geburtstags Benedikts XVI. die heilige Messe für den emeritierten Papst. Er lud die in der Kapelle der Casa Santa Marta Anwesenden ein, sich seinem Gebet anzuschließen, »damit der Herr ihm beistehen und ihm viel Glück und Freude schenken möge«.

Die Predigt des Papstes galt dem Thema des Gehorsams, das in den Tageslesungen hervortrat. Zu Beginn zitierte er die letzten Worte des Abschnitts aus dem Johannesevangelium (3,31-36): »Wer dem Sohn nicht gehorcht, wird das Leben nicht sehen.« Auf die erste Lesung Bezug nehmend (Apg 5,27-33) wies der Papst auch auf das hin, »was die Apostel zu den Hohenpriestern sagen: Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen«.

Franziskus führte weiter aus: »Der Gehorsam führt uns häufig auf einen Weg, der nicht der Weg ist, den ich meiner Meinung nach gehen sollte. Es gibt einen anderen, den Gehorsam Jesu, der in Getsemani zum Vater sagt: ›Dein Wille geschehe‹«. Indem Jesus dies tue, »ist er gehorsam und rettet uns alle«. Daher müsse man bereit sein, »zu gehorchen, und den Mut haben, einen anderen Weg einzuschlagen, wenn der Herr uns darum bittet«. Denn »derjenige, der gehorcht, hat das ewige Leben; und wer nicht gehorcht, auf dem bleibt Gottes Zorn«.

Gerade vor diesem Hintergrund »können wir über die erste Lesung nachdenken«, so der Papst, »genauer: über den Dialog zwischen den Aposteln und den Hohenpriestern«, »eine Geschichte, die schon etwas weiter vorne im gleichen Kapitel der Apostelgeschichte, dem fünften, begonnen hat«. Der Papst fasste noch einmal zusammen: »Die Apostel predigten zum Volk und hielten sich gewöhnlich in der Halle Salomos auf. Das ganze Volk kam zu ihnen, um sie zu hören: sie wirkten Wunder und die Zahl der Gläubigen wuchs.« Aber »eine kleine Gruppe wagte es aus Furcht nicht, sich ihnen anzuschließen. Sie waren weit weg.« Und doch »brachte man auch aus den nahen Dörfern die Kranken auf Tragbahren auf die Plätze, damit wenigstens der Schatten des Petrus auf sie fiele, wenn er vorbeiging, und sie geheilt würden. Und sie wurden gesund.« Aber, so fahre die Apostelgeschichte fort, »die Hohenpriester und die Führer des Volkes gerieten in Zorn«, denn sie waren »voll Eifersucht, weil das Volk den Aposteln folgte, sie pries, sie lobte«. Und so hätten sie den Befehl gegeben, »sie ins Gefängnis zu werfen«. »In der Nacht aber befreit sie der Engel Gottes, und es wird nicht das erste Mal gewesen sein, dass er dies tat.« Als die Priester sich daher »am Morgen versammeln, um die Apostel zu verurteilen, war das Gefängnis sorgfältig verschlossen und sie waren nicht da«. Dann hätten sie erfahren, dass die Apostel wieder in der Halle Salomos waren und zum Volk predigten. Und da hätten sie sie nochmals holen lassen und vor den Hohen Rat gestellt. Die Tageslesung aus der Apostelgeschichte erzähle dann, was in jenem Augenblick geschehe: Der Tempelhauptmann mit seinen Leuten »führte die Apostel herbei und stellte sie vor den Hohen Rat«. Weiter sei in der Heiligen Schrift zu lesen: »Der Hohepriester verhörte sie und sagte: ›Wir haben euch streng verboten, in diesem Namen zu lehren; ihr aber habt Jerusalem mit eurer Lehre erfüllt; ihr wollt das Blut dieses Menschen über uns bringen.‹«

Auf diese Anschuldigungen habe Petrus geantwortet: »Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.« Und »er wiederholt die Heilsgeschichte bis zu Jesus«. Aber als die Mitglieder des Hohen Rates »dieses Kerygma Petri hörten, diese Predigt des Petrus an das Volk über die von Gott durch Christus gewirkte Erlösung, da gerieten sie in Zorn und wollten sie töten«. Praktisch »waren sie unfähig, das Heil Gottes zu erkennen«, obwohl sie »Schriftgelehrte« waren, die »die Geschichte des Volkes studiert hatten, die die Prophezeiungen studiert hatten, die das Gesetz studiert hatten. Sie kannten die gesamte Theologie des Volkes Israel, die Offenbarung Gottes, sie wussten alles: sie waren Gelehrte.«

Die Frage sei: »Wieso diese Härte des Herzens?« Der Papst unterstrich, dass es sich bei ihnen nicht um »Sturheit des Kopfes« gehandelt habe, um »bloße Dickköpfigkeit«. Die Härte sei in ihrem Herzen gewesen. Und da »könnte man sich fragen: Wie sieht der Weg zu dieser vollkommenen Verstocktheit des Kopfes und des Herzens aus? Wie kommt es dazu – zu dieser Verschlossenheit, die auch die Apostel hatten, bevor der Heilige Geist auf sie herabkam?« Jesus sage zu den Emmausjüngern: »Begreift ihr denn nicht? Wie schwer fällt es euch, die Dinge Gottes zu verstehen!«

Im Grunde genommen, so erklärte Franziskus, »besteht die Geschichte dieser Sturheit, der Weg dorthin, aus dem Verschließen in sich selbst und der Unfähigkeit zum Dialog. Es ist das Fehlen des Dialogs.« Es waren Menschen, die »keinen Dialog zu führen wussten, sie wussten nicht, wie man einen Dialog mit Gott führt, weil sie nicht wussten, wie man betet und die Stimme des Herrn hört; und sie waren nicht in der Lage, einen Dialog mit den anderen zu führen.«

Dieses Verschließen vor dem Dialog führte zu einer Auslegung des Gesetzes, »die es immer präziser machen sollte. Aber sie waren verschlossen gegenüber den Zeichen Gottes in der Geschichte, verschlossen gegenüber dem Volk; sie waren verschlossen, ganz und gar verschlossen.« Und »das Fehlen des Dialogs, dieses Verschließen des Herzens führte sie dazu, Gott nicht zu gehorchen«. Das sei »das Drama dieser Schriftgelehrten Israels« gewesen, dieser »Theologen des Volkes Gottes: Sie verstanden nicht zuzuhören, sie waren nicht in der Lage, einen Dialog zu führen.« Denn, so unterstrich der Papst: »Den Dialog führt man mit Gott und mit den Brüdern.« Und »dieser Zorn und dieser Wunsch, alle zum Schweigen zu bringen, die – im vorliegenden Fall – die Neuheit Gottes verkündeten, das heißt dass Jesus auferstanden ist«, sei ein klares Zeichen, »dass man keinen Dialog zu führen weiß, dass ein Mensch nicht offen ist für die Stimme des Herrn, für die Zeichen, die der Herr im Volk tut«. »Sie sind im Unrecht«, aber sie gingen so weit, dass sie aus Wut die Apostel zum Tod verurteilen wollten. Das sei »ein schmerzhafter Weg«, unterstrich Franziskus, auch weil »es sich um dieselben handelte, die den Wächtern des Grabes Geld gegeben haben, damit sie sagen sollten, dass die Jünger den Leib Jesu gestohlen hätten: Sie tun alles, um sich nicht der Stimme Gottes zu öffnen.«

Bevor der Papst die Feier der Eucharistie fortsetzte – »die das Leben Gottes ist, der zu uns aus der Höhe spricht, wie Jesus zu Nikodemus sagt« –, betete er für »die Lehrer, die Gelehrten, für alle, die das Volk Gottes lehren, damit sie sich nicht verschließen, damit sie einen Dialog führen, und sich so vor dem Zorn Gottes retten, der auf ihnen bleiben wird, wenn sie ihre Haltung nicht ändern«.

 



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