Index   Back Top Print

[ DE  - EN  - ES  - FR  - IT  - PT ]

SCHREIBEN VON PAPST BENEDIKT XVI.
AN MONSIGNOR JULIÁN BARRIO BARRIO,
ERZBISCHOF VON SANTIAGO DE COMPOSTELA,
ZUM ABSCHLUSS DES HEILIGEN COMPOSTELANISCHEN JAHRES

  

An Seine Exzellenz Julián Barrio Barrio
Erzbischof von Santiago de Compostela

1. Anläßlich des feierlichen Abschlusses des Heiligen Compostelanischen Jahres 2010 denke ich tiefbewegt an das Haus des hl. Jakobus zurück, das ich vor kurzem mit tiefer innerer Freude besucht habe. Ich möchte mich der Danksagung an Gott anschließen für die Gaben, die seine Güte in diesen Monaten über die Scharen von Menschen ausgegossen hat, die von lebendigem Glauben erfüllt zu diesem heiligen Ort gepilgert sind. Dabei erneuerten sie die feste Anhänglichkeit an die von den Aposteln überlieferte Botschaft und erlebten mit dem Geist der Umkehr die Begegnung mit der Barmherzigkeit und der Liebe Jesu Christi. Während ich die Bischöfe, die Ordensleute, die Seminaristen und die Gläubigen, die sich aus jenem Anlaß versammelt haben, herzlich grüße und an die unvergeßlichen Augenblicke zurückdenke, die wir gemeinsam am Grab des Apostels und frühen Märtyrers erlebt haben, möchte ich an sie ein Wort der Ermutigung richten, auf daß die in dem Heiligen Jahr so reichlich gesammelten Früchte christlichen Lebens und kirchlicher Erneuerung alle, die bis Santiago de Compostela gelangt sind, dazu anspornen mögen, Zeugen des auferstandenen Christus zu sein.

2. Sie haben tatsächlich Sorgen, Hoffnungen und Herausforderungen mit den Brüdern und Schwestern geteilt, denen sie auf dem Weg begegnet sind, während sie, um aus sich herauszugehen und sich den anderen zu öffnen, den Gott zu hören trachteten, der zu uns spricht und in uns Wohnung nimmt. So haben sie den »Pórtico de la Gloria« erreicht, wo sie die liebevolle und gastfreundliche Majestät Christi erwartete, in deren Licht der Mensch den echten Sinn seines Daseins und Wege zu einem friedlichen und konstruktiven Zusammenleben zwischen den Völkern finden kann. Unter dem wohlwollenden Blick des Apostels haben sie ihr Glaubensbekenntnis erneuert, den Lobpreis angestimmt und ein demütiges Bekenntnis ihrer Sünden abgelegt. Auf das Glaubensbekenntnis folgte der Empfang der Vergebung im Bußsakrament und die Begegnung mit dem Herrn in der Eucharistie.

3. Diese Begegnung kann sie nicht gleichgültig lassen. Die Pilger sollen nach Hause zurückkehren, so wie die Emmausjünger, die unterwegs mit Jesus ein Gespräch führten und ihn erkannten, als er das Brot brach. Froh und dankbar kehrten sie in die Heilige Stadt zurück, um allen mitzuteilen, daß Jesus auferstanden und ihnen lebend erschienen war. So wurden sie zu frohen und vertrauensvollen Boten des lebendigen Christus, der Balsam für unsere Leiden und Grund unserer Hoffnung ist (vgl. Lk 24,13–35). Auch jetzt wird, wenn sie Compostela verlassen, nachdem sie die Liebe des Herrn, der ihnen entgegengekommen ist, erfahren haben, in ihnen das tiefe Verlangen spürbar werden, den Auftrag des Apostels Petrus zu erfüllen: »Haltet in eurem Herzen Christus, den Herrn, heilig! Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt!« (1 Petr 3,15). Das erfordert den Vorsatz, unseren Glauben jeden Tag mehr zu stärken durch die eifrige Teilnahme an den der Kirche anvertrauten Geheimnissen der Gnade und durch ein wirkungsvolles und konkretes Beispiel der Liebe. Wir werden keine glaubwürdigen Zeugen Gottes sein, wenn wir nicht treue Mitarbeiter und Diener der Menschen sind. Dieser Dienst für ein tieferes Verständnis und eine mutigere Verteidigung des Menschen ist eine Forderung des Evangeliums und ein wesentlicher Beitrag zu unserer christlichen Gesellschaft.

4. Mit diesen Gefühlen möchte ich mich jetzt besonders an die jungen Menschen wenden, mit denen ich mich zu meiner Freude im nächsten Jahr in Madrid zur Feier des Weltjugendtages treffen werde. Ich lade sie ein, sich von Christus ansprechen zu lassen, indem sie mit ihm einen offenen und ruhigen Dialog führen und sich auch der Frage stellen: Wird der Herr auf mich zählen, nämlich sein Apostel in der Welt zu sein, Bote seiner Liebe zu sein? Möge in der Antwort die Hochherzigkeit und auch jener Mut nicht fehlen, der den hl. Jakobus dazu brachte, ohne Opfer zu scheuen, dem Meister zu folgen. Ich ermutige auch die Seminaristen, sich immer mehr mit Jesus zu identifizieren, der sie ruft, in seinem Weinberg zu arbeiten (vgl. Mt 20,3–4). Die Berufung zum Priestertum ist ein wunderbares Geschenk, auf das sie stolz sein sollen, da die Welt Menschen nötig hat, die sich vollständig der Aufgabe hingeben, Jesus Christus gegenwärtig zu machen, die ihr Leben und Tun nach ihm gestalten und jeden Tag voll Demut seine Worte und Gebärden wiederholen, um inmitten der ihnen anvertrauten Herde ein Spiegelbild von ihm zu sein. Das ist die Mühsal, aber auch die Ehre der Priester, die ich mit dem hl. Paulus daran erinnern möchte, daß niemand und nichts in der Welt sie von der Liebe Gottes, die in Christus offenbar geworden ist, wird scheiden können (vgl. Röm 8,39).

5. Während ich im Herzen die dankbare Erinnerung an meinen Besuch in Compostela bewahre, bitte ich den Herrn, daß die Vergebung und das Streben nach Heiligkeit, die in diesem Heiligen Compostelanischen Jahr aufgeblüht sind, helfen mögen, unter dem Leitbild des hl. Jakobus das erlösende Wort Jesu Christi in dieser Teilkirche und an jedem Ort Spaniens immer gegenwärtiger werden zu lassen, und daß man sein Licht auch in Europa als eine unablässige Einladung dazu wahrnehmen möge, dessen christliche Wurzeln zu stärken und auf diese Weise seinen Einsatz für die Solidarität und die entschlossene Verteidigung der Würde des Menschen zu intensivieren.

6. Dem liebevollen Schutz der allerseligsten Jungfrau Maria, deren mütterlichem Herzen der hl. Apostel Jakobus seine Leiden und seine Freuden empfohlen hat, vertraue ich einer altehrwürdigen Tradition folgend alle Söhne und Töchter dieses edlen Landes an und erteile ihnen zum Zeichen des Trostes und beständigen göttlichen Beistandes den Apostolischen Segen.

Aus dem Vatikan, 18. Dezember 2010

BENEDIKT XVI.

 

© Copyright 2010 - Libreria Editrice Vaticana

    



Copyright © Dicastero per la Comunicazione - Libreria Editrice Vaticana