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ANSPRACHE VON BENEDIKT XVI.
AN DEN NEUEN BOTSCHAFTER VON KIRGISISTAN,
MARATBEK SALIEVIC BAKIEV*

Donnerstag, 14. Dezember 2006

 

Herr Botschafter!

Mit Freude heiße ich Sie heute im Vatikan willkommen und nehme das Beglaubigungsschreiben entgegen, durch das Sie als außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter der Kirgisischen Republik beim Hl. Stuhl akkreditiert werden. Zu diesem bedeutsamen Anlaß bitte ich Sie freundlich, Seiner Exzellenz Präsident Kurmanbek Bakiyew und den Menschen Ihres Landes meine herzlichen Grüße zu überbringen. Versichern Sie ihnen, daß ich für ihre guten Wünsche danke und um Frieden und Wohlergehen für die Nation bete.

Die diplomatischen Beziehungen der Kirche gehören zu ihrer Sendung im Dienst an der internationalen Gemeinschaft. Ihr Einsatz in der Zivilgesellschaft gründet in der Überzeugung, daß die Aufgabe, eine gerechtere Welt aufzubauen, die übernatürliche Berufung des Menschen anerkennen und berücksichtigen muß. Der Hl. Stuhl bemüht sich deshalb, das Verständnis der menschlichen Person zu fördern, denn »der Mensch empfängt von Gott seine ihm wesenhafte Würde und mit ihr die Fähigkeit, über jede Gesellschaftsordnung in Richtung der Wahrheit und des Guten hinauszuschreiten« (Centesimus Annus, 38). Ausgehend von diesem Verständnis hilft die Kirche dem weiten Bereich der Kulturen und Nationen, die unsere Welt bilden, die universalen Werte deutlich zu machen und zu schützen, die die Würde jeder Person sichern und dem Gemeinwohl dienen.

Die außerordentliche Schönheit der Natur von Kirgisistan ist ein Segen für Ihre Nation. Ein so sichtbarer Beweis für die Hand des Schöpfers erfreut die Herzen Ihrer Landsleute und hilft ihnen, ihre Gedanken auf Gott den Allmächtigen zu lenken. In der Tat, die Kirgisen kennen die Wichtigkeit der Religionsfreiheit gut und wissen, daß die Seele der Nation zerbricht, wenn die geistliche Dimension der Personen unterdrückt oder sogar geleugnet wird. Während der traurigen Zeit der Einschüchterung in der Geschichte Zentralasiens, als die Übermacht der Gewalt andauerte, nährten die Gläubigen die Hoffnung auf Freiheit und Gerechtigkeit, auf eine Zukunft, in der die Wahrheit über die menschliche Person und das Ziel der Gesellschaft überwiegen. Heute wird diese Hoffnung in vielfältiger Weise gelebt: als geübte Toleranz zwischen religiösen und ethnischen Gemeinschaften, als Achtung für die Rolle der Familie im Herzen Ihrer Gesellschaft und als Blüte der schönen Künste Ihrer Nation. Solche Züge und Werte, die in der Tat die Geschichte seit langem zieren, gewinnen höheres Gewicht und Bedeutung, wenn wir die einzigartige geographische Lage von Kirgisistan als kulturellen Kreuzungspunkt betrachten.

Während die Kirgisische Republik ihre nationale Identität weiterentfaltet, soll man immer daran denken, daß die wichtige Komponente wirtschaftlicher Entwicklung einen moralischen Aspekt enthält, der für das Wohl und den friedvollen Fortschritt einer Nation von entscheidender Bedeutung ist. Denn hier wird die Forderung nach Gerechtigkeit erfüllt (vgl. Sollicitudo Rei Socialis, 10). Das Recht auf sinnvolle Arbeit und einen annehmbaren Lebensstandard, die Sicherheit einer gerechten Verteilung der Güter und des Wohlstands sowie die verantwortungsvolle Nutzung der natürlichen Ressourcen gründen auf einem Wachstumskonzept, das sich nicht auf die reine Befriedigung der materiellen Bedürfnisse beschränkt. Ein solches Konzept muß auch die Würde jeder menschlichen Person – das eigentliche Subjekt jeglichen Fortschritts – herausstellen und damit das Gemeinwohl der ganzen Menschheit vermehren.

Das berechtigte Streben nach wirtschaftlicher Entwicklung ist an Grundsätze und Handlungsweisen gebunden, die die Stabilität des Staates fördern, die für den Wohlstand notwendig ist. Ihr Land hat schon manche Schritte zum Schutz der Grundrechte der Bürger und zur Förderung der Demokratie unternommen. Verantwortliches und transparentes Regieren, frei von Einmischung, die Beibehaltung von Gesetz und Ordnung, Pressefreiheit und öffentliche Teilhabe an den zivilen Institutionen, die der echten Entwicklung der Nation dienen, spielen ihre besondere Rolle und tragen zu einer Kultur des Friedens und der Zusammenarbeit bei. Ich ermutige Ihre Regierung bei ihren Anstrengungen, die sicherstellen sollen, daß dieser Prozeß nicht aufgehalten, sondern beschleunigt wird.

Herr Botschafter, die Mitglieder der katholischen Kirche in Ihrem Land sind sehr gering an Zahl. Indem sie freundliche Beziehungen zu den muslimischen und orthodoxen Gemeinschaften pflegen, bemühen sie sich, alle Menschen in Kirgisistan unparteiisch zu erreichen. Ihr karitativer Einsatz reicht von der Lehrtätigkeit an der Universität bis zum Besuch von Gefängnissen und der Sorge für Behinderte. Das ist ein Teil der Verpflichtung der Kirche zur praktischen und konkreten Liebe zu jedem Menschen und besonders zu den Armen. Wenn sie diese Dienste leistet, will sie weder Macht noch Privileg, sondern nur die Freiheit, ihren Glauben an »die unlösliche Verschränkung von Gottes- und Nächstenliebe« (Deus Caritas Est, 16) durch Werke der Güte, der Gerechtigkeit und des Friedens zum Ausdruck bringen. Sollten in Ihrem Land neue soziale und geistliche Nöte auftreten, wird die katholische Gemeinde hochherzig und weise antworten, dessen bin ich sicher.

Exzellenz, wenn Sie nun der beim Hl. Stuhl akkreditierten diplomatischen Gemeinschaft beitreten, versichere ich Sie der bereitwilligen Hilfe der verschiedenen Büros und Ämter der Römischen Kurie. Sie haben freundlich bemerkt, daß die Beziehungen, die zwischen der Kirgisischen Republik und dem Hl. Stuhl bestehen, freundschaftlich und auf gegenseitige Achtung und Zusammenarbeit gegründet sind. Möge Ihre Mission diese Bande der Verständigung stärken. Mit meinen aufrichtigen guten Wünschen erbitte ich für Sie, Ihre Familie und Ihre Landsleute den reichen Segen des Allmächtigen Gottes.


*L'Osservatore Romano n. 6 pp. 10,11.

 

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