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ANSPRACHE VON BENEDIKT XVI.
AN DIE BRUDERSCHAFTEN DER ITALIENISCHEN DIÖZESEN

Petersplatz
Samstag, 10. November 2007

 

Liebe Brüder und Schwestern!

Ich freue mich, euch zu empfangen, und begrüße euch alle, die ihr die weite und vielgestaltige Welt der Bruderschaften vertretet, die in jeder Region und Diözese Italiens präsent sind. Ich begrüße die Bischöfe, die euch begleiten, insbesondere Msgr. Armando Brambilla, Weihbischof in Rom und Delegat der Italienischen Bischofskonferenz für die Bruderschaften und Sodalitäten, und danke ihm für die Worte, die er in eurem Namen an mich gerichtet hat. Ich begrüße Dr. Francesco Antonetti, Präsident des Verbandes, dem die italienischen Bruderschaften wie auch die Mitglieder der Leitungsräte und eure kirchlichen Assistenten angehören. Ihr, liebe Freunde, seid in euren charakteristischen Gewändern, die an alte, fest im Volk Gottes verwurzelte Traditionen erinnern, auf dem Petersplatz zusammengekommen. Danke für euren Besuch, der eine vielstimmige Glaubensbekundung sein will und zugleich eine Geste, die eure treue Verbundenheit mit dem Nachfolger Petri zum Ausdruck bringt.

Muß man da nicht sogleich an die Bedeutung und den Einfluß erinnern, den die Bruderschaften in den christlichen Gemeinschaften Italiens seit den ersten Jahrhunderten des vergangenen Jahrtausends ausgeübt haben? Viele von ihnen, die von seeleneifrigen Menschen ins Leben gerufen wurden, sind rasch zu Zusammenschlüssen gläubiger Laien geworden, denen es darum ging, einige Merkmale der Volksfrömmigkeit, die an das Leben Jesu Christi, besonders an sein Leiden, seinen Tod und seine Auferstehung, und an die Verehrung der Jungfrau Maria und der Heiligen gebunden sind, ins Licht zu rücken und fast immer mit konkreten Werken der Barmherzigkeit und Solidarität zu verbinden. So haben sich eure Bruderschaften von Anfang an durch ihre typischen Formen der Volksfrömmigkeit ausgezeichnet, zu denen viele karitative Initiativen für die Armen, Kranken und Leidenden hinzukamen; in dieses Wetteifern großzügiger Hilfe für die Bedürftigen wurden zahlreiche Freiwillige aus allen Gesellschaftsschichten eingebunden. Man versteht diesen Geist brüderlicher Liebe besser, wenn man bedenkt, daß der Beginn ihrer Entstehung ins Mittelalter fällt, als es noch keine fest strukturierten Formen öffentlicher Hilfe gab, die soziale und gesundheitsfürsorgliche Maßnahmen für die schwächsten Gruppen der Gemeinschaft gewährleistet hätten. Diese Situation dauerte in den folgenden Jahrhunderten an, ja wir könnten sagen, bis in unsere Tage hinein, wo trotz des gestiegenen wirtschaftlichen Wohlstands die Mißstände der Armut dennoch nicht verschwunden sind und daher auf dem Gebiet der Solidarität heute, wie in der Vergangenheit, noch viel zu tun bleibt.

Die Bruderschaften sind jedoch nicht einfache Gesellschaften für gegenseitige Hilfe oder philanthropische Vereinigungen, sondern ein Miteinander von Brüdern, die, weil sie in dem Bewußtsein, lebendiger Teil der Kirche zu sein, das Evangelium leben wollen, sich vornehmen, das Gebot der Nächstenliebe in die Tat umzusetzen, das dazu drängt, das Herz für die anderen, besonders die Bedrängten und Notleidenden, zu öffnen. Die Liebe des Evangeliums – Liebe zu Gott und zu den Brüdern – ist das Unterscheidungsmerkmal und das Lebensprogramm jedes Jüngers Christi und jeder kirchlichen Gemeinschaft. In der Heiligen Schrift wird ganz klar, daß die Gottesliebe eng mit der Liebe zum Nächsten verbunden ist (vgl. Mk 12,29–31). »Der Liebesdienst« – schrieb ich in der Enzyklika Deus caritas est – »ist für die Kirche nicht eine Art Wohlfahrtsaktivität, die man auch anderen überlassen könnte, sondern er gehört zu ihrem Wesen, ist unverzichtbarer Wesensausdruck ihrer selbst« (Nr. 25). Um den Brüdern die fürsorgliche Liebe des himmlischen Vaters zu vermitteln, ist es jedoch notwendig, aus der Quelle zu schöpfen, die Gott selbst ist – durch ausgedehnte Gebetszeiten, durch das ständige Hören seines Wortes und ein Leben, das seinen Mittelpunkt ganz im Herrn hat und von den Sakramenten, besonders der Eucharistie, gespeist wird.

In einer Zeit großer Veränderungen, die wir gerade durchleben, braucht die Kirche in Italien auch euch, liebe Freunde, um die Verkündigung des Evangeliums der Liebe auf alten und neuen Wegen zu allen gelangen zu lassen. Mögen eure verdienstvollen Bruderschaften, im festen Fundament des Glaubens an Christus verwurzelt, mit der einzigartigen Vielfalt von Charismen und der kirchlichen Lebenskraft, die sie auszeichnet, durch ihren Einsatz an den vielen Fronten der Neuevangelisierung weiterhin die Botschaft vom Heil unter dem Volk verbreiten! Ihr werdet diese eure wichtige Sendung erfüllen können, wenn ihr immer eine tiefe Liebe zum Herrn und einen fügsamen Gehorsam gegenüber euren Bischöfen pflegt. Unter diesen Voraussetzungen werden eure Bruderschaften, wenn sie an den bewährten Eigenschaften der »Evangelizität« und der »Kirchlichkeit« festhalten, weiterhin volksnahe Schulen gelebten Glaubens und Schmieden der Heiligkeit sein; sie werden auch in Zukunft in der Gesellschaft evangeliumsgemäßer »Sauerteig« sein und zur Auslösung jenes geistlichen Wiedererwachens beitragen, das wir uns alle wünschen.

Es ist also ein weites Feld, auf dem ihr, liebe Freunde, arbeiten müßt, und ich ermutige euch dazu, die Initiativen und Aktivitäten jeder eurer Bruderschaften zu vermehren. Ich bitte euch vor allem darum, eure geistliche Bildung zu pflegen und nach der Heiligkeit zu streben, indem ihr den Vorbildern echter christlicher Frömmigkeit folgt, an denen es in der Geschichte eurer Bruderschaften nicht fehlt. Nicht wenige eurer Mitbrüder haben sich im Laufe der Jahrhunderte durch Mut und starken Glauben, manchmal bis zum Opfer des Lebens, als ehrliche und hochherzige Arbeiter des Evangeliums ausgezeichnet. Folgt ihren Spuren! Heute ist es noch nötiger, einen echten asketischen und missionarischen Elan zu pflegen, um sich den vielen Herausforderungen der modernen Zeit zu stellen. Es beschütze und leite euch die Heilige Jungfrau, und eure Schutzheiligen mögen euch vom Himmel her beistehen! Mit diesen Gefühlen spreche ich für euch, die ihr hier anwesend seid, und für jede Bruderschaft in Italien den Wunsch für ein fruchtbares Apostolat aus und, während ich euch meines Gebetsgedenkens versichere, segne ich alle von Herzen.

 

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