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APOSTOLISCHE REISE
VON PAPST BENEDIKT XVI.
NACH KAMERUN UND ANGOLA
(17.-23. MÄRZ 2009)

BEGEGNUNG MIT DEN JUGENDLICHEN

ANSPRACHE VON BENEDIKT XVI.

Stadion "dos Coqueiros" - Luanda
Samstag, 21. März 2009

 

Liebe Freunde!

Ihr seid sehr zahlreich erschienen – auch stellvertretend für viele andere, die im Geiste bei uns sind –, um dem Nachfolger Petri zu begegnen und zusammen mit mir allen die Freude zu verkünden, an Jesus Christus zu glauben und das Versprechen zu erneuern, seine treuen Jünger in unserer Zeit zu sein. Eine ähnliche Begegnung fand hier in dieser Stadt am 7. Juni 1992 mit dem geliebten Papst Johannes Paul II. statt. Nun steht der jetzige Nachfolger Petri vor euch – er sieht zwar etwas anders aus, hat aber dieselbe Liebe im Herzen –, der euch alle in Jesus Christus umarmt. Christus ist »derselbe gestern, heute und in Ewigkeit« (Hebr 13,8).

Zunächst möchte ich mich bei euch für dieses Fest bedanken, das ihr mir bereitet, für dieses Fest, das ihr seid, für eure Anwesenheit und eure Freude. Ich richte einen herzlichen Gruß an die verehrten Brüder im Bischofs- und im Priesteramt sowie an eure Gruppenleiter. Von Herzen danke ich allen, die diese Begegnung vorbereitet haben, und grüße sie, insbesondere die bischöfliche Kommission für Jugend und Berufungen mit ihrem Vorsitzenden, Bischof Almeida Kanda, dem ich für den herzlichen Willkommensgruß danke, den er an mich gerichtet hat. Ich grüße alle Jugendlichen – die katholischen und die nichtkatholischen –, die auf der Suche sind nach einer Antwort auf ihre Fragen. Einige dieser Probleme haben eure Vertreter sicherlich angesprochen; ich habe ihren dankbar zugehört. Als ich sie umarmte, galt diese Umarmung natürlich euch allen.

Den Jugendlichen zu begegnen tut allen gut! Sie haben manchmal viele Schwierigkeiten, aber sie bringen viel Hoffnung mit sich, viel Begeisterung, viel Willen zu einem Neubeginn. Liebe junge Freunde, ihr tragt die Dynamik der Zukunft in euch. Ich lade euch ein, es mit den Augen des Apostels Johannes zu betrachten: »Dann sah ich einen neuen Himmel und eine neue Erde … Ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott her aus dem Himmel herabkommen; sie war bereit wie eine Braut, die sich für ihren Mann geschmückt hat. Da hörte ich eine laute Stimme vom Thron her rufen: Seht, die Wohnung Gottes unter den Menschen!« (Offb 21,1–3). Liebe Freunde, Gott macht den Unterschied: von der friedlichen Vertrautheit zwischen Gott und dem Menschenpaar im Garten Eden über die göttliche Herrlichkeit, die vom Bundeszelt ausstrahlte inmitten des Volkes Israel auf seinem Weg durch die Wüste, bis hin zur Menschwerdung des Sohnes Gottes, der untrennbar eins geworden ist mit dem Menschen in Jesus Christus. Jesus selbst nimmt den Weg durch die menschliche Wüste wieder auf, indem er durch den Tod hindurchgeht und zur Auferstehung gelangt. Er nimmt dabei die gesamte Menschheit mit sich zu Gott. Jetzt ist Jesus nicht mehr an einen Ort und eine bestimmte Zeit gebunden, sondern sein Geist, der Heilige Geist, geht von ihm aus und gelangt in unsere Herzen. So vereint er uns mit Jesus und durch ihn mit dem Vater – mit dem einen und dreifaltigen Gott.

Ja, meine lieben Freunde! Gott macht den Unterschied… Mehr noch: Gott macht uns anders, er macht uns neu. Das ist die Verheißung, die er selbst uns gibt: »Seht, ich mache alles neu« (Off 21,5). Und das ist wahr! Das sagt uns der Apostel Paulus: »Wenn also jemand in Christus ist, dann ist er eine neue Schöpfung: Das Alte ist vergangen, Neues ist geworden. Aber das alles kommt von Gott, der uns durch Christus mit sich versöhnt … hat« (2 Kor 5,17–18). Jesus Christus ist zum Himmel aufgefahren und in die Ewigkeit eingegangen und ist so zum Herrn aller Zeiten geworden. Daher kann er in der Gegenwart bei uns sein und hält das Buch unserer Tage in seiner Hand: In ihr hält er unsere Vergangenheit fest, mit den Ursprüngen und Grundlagen unseres Seins; in ihr hält er eifersüchtig die Zukunft verborgen und läßt uns das schönste Morgenrot unseres ganzen Lebens erahnen, das von ihm ausstrahlt: die Auferstehung in Gott. Die Zukunft der neuen Menschheit ist Gott; eine allererste Vorwegnahme dessen ist seine Kirche. Wenn ihr könnt, lest aufmerksam ihre Geschichte: Ihr werdet merken, daß die Kirche im Laufe der Jahre nicht altert, sondern im Gegenteil immer jünger wird, weil sie dem Herrn entgegengeht und sich immer mehr der einzigen und wahren Quelle nähert, der die Jugend, die Erneuerung, die Lebenskraft entspringt.

Liebe Freunde, die ihr mir zuhört, die Zukunft ist Gott. Gerade haben wir gehört: »Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen: Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, ist vergangen« (Off 21,4). Ich sehe unterdessen, daß einige der vielen tausend jungen Angolaner hier anwesend sind, die der Krieg und die Minen zu Invaliden gemacht haben. Ich denke an die unzähligen Tränen, die viele von euch wegen des Verlusts von Familienangehörigen vergossen haben, und es ist nicht schwer, sich die grauen Wolken vorzustellen, die noch immer den Himmel eurer schönsten Träume bedecken… Und ich sehe in euren Herzen einen Zweifel, den ihr mir entgegenhaltet: »Das haben wir ja alles! Was du uns sagst, das sieht man nicht. Die Verheißung trägt das göttliche Siegel – und wir glauben das –, aber wann wird Gott sich erheben, um alles neu zu machen?« Die Antwort Jesu ist dieselbe, die er seinen Jüngern gegeben hat: »Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott und glaubt an mich! Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, hätte ich euch dann gesagt: Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten?« (Joh 14,1–2). Aber ihr, liebe Jugendliche, sagt wiederum: »Einverstanden! Aber wann wird das geschehen?« Als ihm die Apostel dieselbe Frage stellten, antwortete Jesus: »Euch steht es nicht zu, Zeiten und Fristen zu erfahren, die der Vater in seiner Macht festgesetzt hat. Aber ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch herabkommen wird; und ihr werdet meine Zeugen sein … bis an die Grenzen der Erde« (Apg 1,7–8). Wie ihr seht, hat Jesus immer eine Antwort für uns. Er sagt uns eines ganz deutlich: Die Erneuerung beginnt im Innern; ihr werdet eine Kraft aus der Höhe erhalten. Die dynamische Kraft der Zukunft liegt in euch.

Sie liegt in uns…, aber wie? So wie das Leben in einem Samenkorn enthalten ist: So hat Jesus es in einer schwierigen Stunde seiner Sendung erklärt. Sie rief am Anfang große Begeisterung hervor, denn die Menschen sahen, daß Kranke geheilt, Dämonen ausgetrieben und das Evangelium verkündigt wurde. Aber ansonsten war die Welt nicht anders als vorher: Die Römer herrschten immer noch; das tägliche Leben war schwer, trotz dieser Zeichen, dieser schönen Worte. Und die Begeisterung ließ langsam nach, viele Jünger verließen sogar den Meister (vgl. Joh 6,66), der zwar predigte, aber die Welt nicht veränderte. Und alle fragten sich: Was ist diese Botschaft letztendlich wert? Was bringt uns dieser Prophet Gottes? Da sprach Jesus von einem Sämann, der den Samen auf den Acker der Welt streute, und erklärte dann, daß der Same sein Wort ist (vgl. Mk 4,3–20), seine Heilungen, die er gewirkt hat – in der Tat nur sehr wenig verglichen mit den enormen Mängeln und Schwierigkeiten der täglichen Wirklichkeit. Und dennoch ist im Samenkorn die Zukunft gegenwärtig, weil das Samenkorn das Brot von morgen, das Leben von morgen in sich trägt. Das Samenkorn scheint fast nichts zu sein, es ist jedoch die Gegenwart der Zukunft, es ist die schon heute gegenwärtige Verheißung; wenn es auf guten Boden fällt, bringt es dreißigfach, ja sechzigfach und hundertfach Frucht.

Meine Freunde, ihr seid die Saat, die Gott auf dem Acker aussät und die im Herzen eine Kraft aus der Höhe trägt, die Kraft des Heiligen Geistes. Der einzige Weg jedoch, um von der Verheißung des Lebens zur Frucht zu gelangen, ist der, das Leben aus Liebe hinzugeben, aus Liebe zu sterben. Das hat Jesus selbst gesagt: »Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht. Wer an seinem Leben hängt, verliert es; wer aber sein Leben in dieser Welt geringachtet, wird es bewahren bis ins ewige Leben« (Joh 12,24–25). So sprach Jesus, und so handelte er: Seine Kreuzigung scheint das völlige Scheitern zu sein, sie ist es aber nicht! Jesus hat »sich selbst kraft ewigen Geistes Gott als makelloses Opfer dargebracht« (Hebr 9,14). Indem er so als Samenkorn in die Erde fiel, konnte er zu jeder Zeit und im Laufe der Zeiten Frucht tragen. Und dort habt ihr das neue Brot, das Brot des zukünftigen Lebens, die Allerheiligste Eucharistie, die uns nährt und die das dreifaltige Leben im Herzen der Menschen zur Entfaltung bringt.

Liebe junge Freunde, die ihr gleichsam von der Kraft des ewigen Geistes erfüllte Samenkörner seid, entfaltet euch durch die Wärme der Eucharistie, in der das Vermächtnis des Herrn umgesetzt wird: Er schenkt sich uns hin, und wir antworten darauf, indem wir uns den anderen hinschenken aus Liebe zu ihm. Das ist der Weg des Lebens; aber ihr könnt ihn nur dann gehen, wenn ihr im ständigen Dialog mit dem Herrn und im wahren Dialog untereinander steht. Die vorherrschende gesellschaftliche Kultur hilft euch weder, das Wort Jesu zu leben, noch unterstützt sie die Selbsthingabe, zu der er euch einlädt nach dem Plan des Vaters. Liebe Freunde, die Kraft ist in euch, wie sie in Jesus war, der sagte: »Der Vater, der in mir bleibt, vollbringt seine Werke… Wer an mich glaubt, wird die Werke, die ich vollbringe, auch vollbringen, und er wird noch größere vollbringen, denn ich gehe zum Vater (Joh 14,10.12). Habt daher keine Angst, endgültige Entscheidungen zu treffen. Es fehlt euch nicht an Großherzigkeit – das weiß ich! Aber ihr habt Angst vor dem Risiko, euch für das ganze Leben zu binden, in der Ehe oder in einem Leben besonderer Weihe: »Die Welt ist immer in Bewegung, und das Leben ist voller Möglichkeiten. Kann ich in diesem Augenblick über mein ganzes Leben verfügen, ohne zu wissen, welche Überraschungen es für mich bereithält? Setze ich durch eine endgültige Entscheidung nicht meine Freiheit aufs Spiel und fessele mich mit eigenen Händen?« Diese Bedenken kommen euch, und durch die gegenwärtige individualistische und hedonistische Kultur werden sie noch unterstützt. Aber wenn ein junger Mensch sich nicht entscheidet, läuft er Gefahr, auf ewig ein Kind zu bleiben!

Ich sage euch: Habt Mut! Wagt endgültige Entscheidungen, denn in Wahrheit stehen sie der Freiheit nicht entgegen, sondern sie lenken sie vielmehr in die richtige Bahn. Sie machen es möglich, voranzugehen und etwas Großes im Leben zu erreichen. Das Leben hat zweifellos nur dann einen Wert, wenn ihr den Mut zum Abenteuer habt, wenn ihr darauf vertraut, daß der Herr euch niemals verlassen wird. Jugend von Angola, setze in dir den Heiligen Geist frei, die Kraft aus der Höhe! Indem du wie Jesus auf sie vertraust, wage sozusagen diesen Sprung in die Endgültigkeit und gib dadurch dem Leben eine Chance! So werden unter euch Inseln, Oasen und schließlich große Flächen christlicher Kultur entstehen, in denen »die heilige Stadt, die von Gott her aus dem Himmel herabkommt, bereit wie eine Braut, die sich für ihren Mann geschmückt hat«, sichtbar wird. Das ist das lebenswerte Leben, das ich euch von Herzen wünsche. Es lebe die Jugend von Angola! 

 

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