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PAPST FRANZISKUS

GENERALAUDIENZ

Petersplatz
Mittwoch, 16. April 2014

 

Liebe Brüder und Schwestern,
guten Tag!

Heute, in der Mitte der Karwoche, führt uns die Liturgie eine traurige Episode vor Augen: den Bericht über den Verrat des Judas, der zu den Hohenpriestern geht, um zu feilschen und ihnen seinen Meister auszuliefern: »Was wollt ihr mir geben, wenn ich euch Jesus ausliefere?« Jesus hat in jenem Augenblick einen Preis. Dieser dramatische Vorgang bezeichnet den Beginn des Leidens Christi, einen schmerzhaften Weg, den er mit absoluter Freiheit wählt.

Er selbst sagt ganz deutlich: »Ich gebe mein Leben hin… Niemand entreißt es mir, sondern ich gebe es aus freiem Willen hin. Ich habe Macht, es hinzugeben, und ich habe Macht, es wieder zu nehmen« (vgl. Joh 10,17-18). Und so beginnt mit diesem Verrat der Weg der Erniedrigung, der Entäußerung Jesu. So als wäre er auf dem Markt: Dieser kostet 30 Silberstücke… Nachdem Jesus den Weg der Erniedrigung und der Entäußerung einmal eingeschlagen hat, geht er ihn bis zum Ende. Jesus erfährt schließlich die völlige Erniedrigung durch den »Tod am Kreuz«. Es handelt sich um den schlimmsten Tod; er war Sklaven und Schwerverbrechern vorbehalten. Jesus wurde als Prophet betrachtet, aber er stirbt wie ein Schwerverbrecher.

Wenn wir auf Jesus in seinem Leiden schauen, dann sehen wir gleichsam in einem Spiegel die Leiden der Menschheit und finden die göttliche Antwort auf das Geheimnis des Bösen, des Schmerzes, des Todes. Oft empfinden wir Entsetzen aufgrund des Bösen und des Leids, das uns umgibt, und wir fragen uns: »Warum lässt Gott das zu?« Es ist eine tiefe Wunde für uns, das Leiden und den Tod zu sehen, besonders wenn Unschuldige davon betroffen sind! Wenn wir die Kinder leiden sehen, ist es eine Verwundung des Herzens: Es ist das Geheimnis des Bösen. Und Jesus nimmt all dieses Böse, all dieses Leiden auf sich. In dieser Woche wird es uns allen guttun, auf den Gekreuzigten zu schauen, die Wunden Jesu zu küssen, sie am Gekreuzigten zu küssen. Er hat das ganze menschliche Leiden auf sich genommen, er hat sich mit diesem Leiden bekleidet.

Wir erwarten, dass Gott in seiner Allmacht das Unrecht, das Böse, die Sünde und das Leiden mit einem triumphierenden göttlichen Sieg überwindet. Gott dagegen zeigt uns einen demütigen Sieg, der aus menschlicher Sicht als Scheitern erscheint. Wir können sagen, dass Gott im Scheitern siegt! Denn der Sohn Gottes erscheint am Kreuz als besiegter Mensch: Er leidet, er wird verraten, er wird verhöhnt, und am Ende stirbt er. Aber Jesus lässt es zu, dass das Böse über ihn hereinbricht, und er nimmt es auf sich, um es zu besiegen. Sein Leiden ist kein Unfall; sein Tod – eben dieser Tod – stand »geschrieben«. Tatsächlich finden wir nicht viele Erklärungen. Es handelt sich um ein erschütterndes Geheimnis, das Geheimnis der großen Demut Gottes: »Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab« (Joh 3,16). Denken wir in dieser Woche viel an den Schmerz Jesu und sagen wir uns: Das ist für mich. Auch wenn ich der einzige Mensch auf der Welt gewesen wäre, hätte er es getan. Er hat es für mich getan. Küssen wir den Gekreuzigten und sagen: für mich, danke Jesus, für mich.

Wenn alles verloren scheint, wenn niemand mehr bleibt – denn sie werden »den Hirten erschlagen, dann werden sich die Schafe der Herde zerstreuen« (Mt 26,31) –, dann greift Gott ein mit der Macht der Auferstehung. Die Auferstehung Jesu ist nicht das glückliche Ende eines schönen Märchens, sie ist nicht das »Happy End« eines Films, sondern sie ist das Eingreifen Gottes, des Vaters – dort, wo die menschliche Hoffnung zerbricht.

Der Augenblick, in dem alles verloren scheint, der Augenblick des Schmerzes, in dem viele Menschen gleichsam das Bedürfnis verspüren, vom Kreuz hinabzusteigen, ist der Augenblick, an dem die Auferstehung am nächsten ist. Die Nacht ist am dunkelsten, bevor der Morgen anbricht, bevor das Licht beginnt. Im dunkelsten Augenblick greift Gott ein und erweckt zum Leben.

Jesus hat sich entschieden, diesen Weg zu gehen, und er ruft uns, ihm auf demselben Weg der Erniedrigung nachzufolgen. Wenn wir in gewissen Augenblicken des Lebens keinen Ausweg aus unseren Schwierigkeiten finden, wenn wir in der tiefsten Dunkelheit versinken, das ist der Augenblick unserer Erniedrigung und völligen Entäußerung, die Stunde, in der wir erfahren, dass wir schwach und Sünder sind. Und gerade dann, in diesem Augenblick, dürfen wir unser Scheitern nicht hinter einer Maske verbergen, sondern müssen uns vertrauensvoll der Hoffnung auf Gott öffnen, wie Jesus es getan hat. Liebe Brüder und Schwestern, in dieser Woche wird es uns guttun, ein Kreuz in die Hand zu nehmen, es immer wieder zu küssen und zu sagen: danke, Jesus, danke, Herr. So sei es.

* * *

Ein herzliches Willkommen sage ich allen Pilgern und Besuchern deutscher Sprache, besonders den zahlreichen Jugendlichen und Schülern. Wir wollen uns auf Ostern vorbereiten, indem wir Jesus unsere Herzen öffnen, um Vergebung bitten für unsere Fehler und uns seiner Leitung anvertrauen. Euch und euren Familien erbitte ich den Segen und die Gnade des Herrn. Frohe Ostern!

 



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