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APOSTOLISCHE REISE VON PAPST FRANZISKUS 
NACH ZYPERN UND GRIECHENLAND
(2.-6. DEZEMBER 2021)

BEGEGNUNG MIT JUGENDLICHEN

ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS

Schule "St. Dionysius" der Ursulinnen in Maroussi, Athen
Montag, 6. Dezember 2021

[Multimedia]

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Liebe Brüder und Schwestern, kaliméra sas! [Guten Morgen!]

Ich danke euch, dass ihr hierhergekommen seid, viele von euch aus entlegenen Orten: efcharistó! [danke!] Ich freue mich, euch auf dem Höhepunkt meines Besuchs in Griechenland zu treffen. Und ich nutze die Gelegenheit, um meinen Dank für die Aufnahme und all die Arbeit, die für die Organisation geleistet wurde, zu erneuern: efcharistó!

Ich war beeindruckt von euren schönen Zeugnissen. Ich hatte sie bereits gelesen und werde nun einige Passagen mit euch durchgehen.

Katerina, du hast uns von deinen wiederkehrenden Glaubenszweifeln erzählt. Ich möchte dir und euch allen sagen: Habt keine Angst vor Zweifeln, denn sie sind kein Mangel an Glauben. Habt keine Angst vor Zweifeln. Im Gegenteil, die Zweifel sind „Vitamine des Glaubens“: Sie helfen, ihn zu festigen, ihn stärker, das heißt, bewusster zu machen, sie lassen ihn wachsen, sie machen ihn freier und reifer. Sie erhöhen seine Bereitschaft, sich auf den Weg zu machen, Tag für Tag in Demut voranzugehen. Und genau das ist der Glaube: ein täglicher Weg mit Jesus, der uns an der Hand hält, uns begleitet, uns ermutigt und uns aufrichtet, wenn wir fallen. Er erschreckt sich nie. Er ist wie eine Liebesgeschichte, in der man Tag für Tag gemeinsam fortschreitet. Und wie in einer Liebesgeschichte gibt es Momente, in denen man sich Fragen stellen muss. Und das ist gut so, das hebt das Niveau der Beziehung! Und dies ist sehr wichtig für euch, denn ihr könnt den Weg des Glaubens nicht blind gehen, nein, ihr müsst dazu mit Gott, mit dem eigenen Gewissen und mit den anderen sprechen.

In Katerinas Erfahrung möchte ich einen wichtigen Punkt hervorheben. Manchmal kann angesichts von Missverständnissen oder Schwierigkeiten im Leben, in Momenten der Einsamkeit oder Enttäuschung dieser Zweifel an die Tür des Herzens klopfen: „Vielleicht bin ich es, der nicht richtig ist ... vielleicht ist etwas falsch mit mir...“. Freunde, das ist eine Versuchung, die wir zurückweisen müssen! Der Teufel legt diesen Zweifel in unser Herz, um uns in Traurigkeit zu stürzen. Was ist zu tun? Was tun, wenn ein derartiger Zweifel einen erdrückt und nicht in Ruhe lässt, wenn man das Vertrauen verliert und man nicht mehr weiß, wo man anfangen soll? Dann muss man den Ausgangspunkt wiederfinden. Welchen? Um das zu verstehen, hören wir eurer großen klassischen Kultur zu. Wisst ihr, was der Ausgangspunkt für die Philosophie, aber auch für die Kunst, die Kultur und die Wissenschaft war? Wisst ihr es? Alles begann mit einem Funken, mit einer Entdeckung, die durch ein wunderbares Wort wiedergegeben wird: thaumàzein. Es ist das sich wundern, das Staunen. So begann die Philosophie: vom Staunen über die Dinge, die sind, über unsere Existenz hin zur Harmonie der Schöpfung, zum Geheimnis des Lebens.

Aber das Staunen ist nicht nur der Anfang der Philosophie, es ist auch der Anfang unseres Glaubens. Das Evangelium erzählt uns mehrmals, dass jemand, der Jesus begegnet, erstaunt ist, dass er sich wundert. In der Begegnung mit Gott gibt es immer ein Staunen: Es ist der Beginn des Dialogs mit Gott. Und das ist so, weil unser Glaube nicht in erster Linie aus einer Reihe von Dingen besteht, die wir glauben sollen, und aus Geboten, die wir erfüllen müssen. Das Herz des Glaubens ist nicht eine Idee, nicht eine Moral, das Herz des Glaubens ist eine Wirklichkeit, eine wunderschöne Wirklichkeit, die nicht von uns abhängt und die uns sprachlos macht: Wir sind Gottes geliebte Kinder! Dies ist das Herz des Glaubens: Wir sind geliebte Kinder Gottes! Geliebte Kinder: Wir haben einen Vater, der über uns wacht und nie aufhört, uns zu lieben. Denken wir darüber nach: Was auch immer du denkst oder tust, wären es auch die schlimmsten Dinge, Gott liebt dich weiterhin. Ich möchte, dass ihr das gut versteht: Gott wird nicht müde zu lieben. Jemand mag zu mir sagen: „Aber wenn ich in die schlimmsten Dinge abrutsche, liebt Gott mich dann?“ Gott liebt dich. „Und wenn ich ein Verräter bin, ein schrecklicher Sünder, und wenn ich schlecht ende, in Drogen ... Liebt Gott mich dann?“ Gott liebt dich. Gott liebt immer. Er kann nicht aufhören zu lieben. Er liebt immer und in jedem Fall. Er sieht dein Leben und erblickt es als sehr gut (vgl. Gen 1,31). Wir reuen ihn nie. Wenn wir uns vor den Spiegel stellen, sehen wir uns vielleicht nicht so, wie wir es gerne hätten, weil wir Gefahr laufen, uns auf das zu konzentrieren, was uns nicht gefällt. Aber wenn wir uns vor Gott stellen, ändert sich die Perspektive. Wir können nicht anders, als zu staunen, dass wir für ihn trotz all unserer Schwächen und Sünden Kinder sind, die schon immer und für immer geliebt sind. Anstatt den Tag vor dem Spiegel zu beginnen, warum öffnest du nicht einfach das Fenster deines Zimmers und genießt all das, all das Schöne das es gibt, all das Schöne, das du siehst? Geh heraus aus dir. Liebe junge Menschen, denkt daran: Wenn die Schöpfung in unseren Augen schon schön ist, so ist jeder von euch in den Augen Gottes unendlich viel schöner! Er, so sagt die Schrift, »hat uns so staunenswert und wunderbar gestaltet« (vgl. Ps 139,14). Wir sind für Gott ein fantastisches Wunder. Lass dich von diesem Staunen durchdringen. Lass dich von dem lieben, der immer an dich glaubt, von dem, der dich mehr liebt, als du dich selbst lieben kannst. Es ist nicht leicht, diese Weite, diese Tiefe der Liebe zu verstehen, es ist nicht leicht, sie zu begreifen, aber es ist so: Es genügt, sich von Gottes Blick anschauen zu lassen.

Und wenn ihr aufgrund eurer Taten enttäuscht seid, gibt es ein weiteres Staunen, das ihr euch nicht entgehen lassen solltet: das Staunen der Vergebung. Diesbezüglich möchte ich klar sagen: Gott vergibt immer. Wir sind es, die müde werden, um Vergebung zu bitten, aber er vergibt immer. Diesbezüglich möchte ich klar sagen: Gott vergibt immer. Wir sind es, die müde werden, um Vergebung zu bitten, aber er vergibt immer. Dort, in der Vergebung, finden wir das Angesicht des Vaters und den Frieden des Herzens wieder. Dort erneuert er uns und gießt seine Liebe in einer Umarmung aus, die wieder aufrichtet, die das begangene Böse vernichtet und die unauslöschliche Schönheit in uns, die wir seine geliebten Kinder sind, wieder zum Leuchten bringt. Lassen wir nicht zu, dass Trägheit, Angst oder Scham uns den Schatz der Vergebung rauben. Lassen wir uns von Gottes Liebe überraschen! Wir werden uns selbst wiederentdecken; nicht das, was man über uns sagt oder was die Triebe des Augenblicks in uns auslösen; nicht das, was die Werbesprüche uns anhängen, sondern unsere tiefste Wahrheit, die, die Gott sieht, die, an die er glaubt: die unwiederholbare Schönheit, die wir sind.

Erinnert ihr euch an die berühmten Worte, die auf dem Giebel des Tempels von Delphi eingemeißelt sind: γνῶθι σeαυτόν, „erkenne dich selbst“. Heute besteht die Gefahr, dass wir vergessen, wer wir sind, weil wir von tausend Äußerlichkeiten belagert sind, von auf uns einhämmernden Botschaften, die das Leben davon abhängig machen, wie wir uns kleiden, welches Auto wir fahren, wie die anderen uns anschauen... Aber die uralte Aufforderung Erkenne dich selbst ist auch heute noch gültig: Erkenne, dass du einen Wert hast aufgrund dessen, der du bist, und nicht dessen, was du hast. Du hast einen Wert nicht wegen der Marke des Kleides oder der Schuhe, die du trägst, sondern weil du einzigartig bist. Ich denke an ein anderes altes Bild, nämlich das der Sirenen. Wie Odysseus auf seinem Weg nach Hause werdet auch ihr im Leben, das eine abenteuerliche Reise zum Haus des Vaters ist, auf Sirenen treffen. In der Sage lockten sie die Seeleute mit ihrem Gesang an, um sie gegen die Felsen schmettern zu lassen. In der Realität wollen uns die Sirenen von heute mit verführerischen und aufdringlichen Botschaften in den Bann ziehen, die sich auf den leichten Verdienst von Geld, die falschen Bedürfnisse des Konsums, den Kult des körperlichen Wohlbefindens, den Spaß um jeden Preis konzentrieren... Es handelt sich um eine Menge Feuerwerkskörper, die einen Moment lang leuchten und dann nur Rauch in der Luft hinterlassen. Ich verstehe euch, es ist nicht leicht, zu widerstehen. Erinnert ihr euch, wie Odysseus es gelang, den Sirenen zu widerstehen? Er hatte sich an den Großmast des Schiffes binden lassen. Eine andere Figur aber, Orpheus, lehrt uns einen besseren Weg: Er sang eine schönere Melodie als die der Sirenen und brachte sie so zum Schweigen. Deshalb ist es wichtig, das Staunen über die Schönheit des Glaubens zu fördern! Wir sind nicht Christen, weil wir es sein müssen, sondern weil es schön ist. Und gerade um diese Schönheit zu bewahren, sagen wir Nein zu dem, was sie verdunkeln will. Die Freude am Evangelium, das Staunen über Jesus, lässt Verzicht und Mühen in den Hintergrund treten. Also, sind wir uns einig? Denkt immer daran: Christsein bedeutet nicht in erster Linie, dies zu tun, jenes zu tun... Dinge zu tun. Man muss etwas tun, aber das ist nicht der Kern der Sache. Im Wesentlichen bedeutet Christsein, sich von Gott lieben zu lassen und zu erkennen, dass du für Gottes Liebe einzigartig bist.

Kommen wir nun zu einem anderen Kapitel. Die Gesichter der anderen. Ioanna, es hat mir gefallen, dass du über die anderen gesprochen hast, um uns über dein Leben zu erzählen. Vor allem über die beiden wichtigsten Frauen in deinem Leben, deine Mutter und deine Großmutter, die „dich gelehrt haben, zu beten und Gott jeden Tag zu danken“. Auf diese Weise hast du dir den Glauben auf natürliche und echte Weise angeeignet. Und du hast uns etwas vorgeschlagen, was uns guttut: sich mit allem an den Herrn zu wenden, „mit ihm zu reden, ihm seine Sorgen zu bekennen“. So wurde dir Jesus vertraut. Wie glücklich ist er, wenn wir uns ihm öffnen! So lernt man Gott kennen. Denn um ihn kennenzulernen, reicht es nicht aus, klare Vorstellungen von ihm zu haben – das ist ein kleiner Teil, aber es reicht nicht – man muss mit seinem Leben zu ihm gehen. Vielleicht ist das der Grund, warum so viele ihn nicht kennen: weil sie nur Predigten und Reden hören. Stattdessen wird Jesus durch Gesichter und konkrete Menschen vermittelt. Nehmt die Apostelgeschichte zur Hand, und ihr werdet so viele Menschen, Gesichter, Begegnungen sehen: So haben unsere Väter im Glauben Jesus kennengelernt. Gott gibt uns keinen Katechismus in die Hand, sondern er macht sich durch die Geschichten der Menschen gegenwärtig. Er kommt durch uns. Gott gibt uns kein Buch in die Hand, damit wir Dinge auswendig lernen. Nein. Gott macht sich verständlich durch seine Nähe und begleitet uns auf dem Weg des Lebens. Jesus zu kennen, ist der eigentliche Kern unseres Glaubens.

In diesem Zusammenhang, Ioanna, hast du uns von einer dritten Person erzählt, die für dich entscheidend war, einer Ordensschwester, die dir die Freude gezeigt hat, „das Leben als einen Dienst zu sehen“. Das möchte ich unterstreichen: Das Leben als einen Dienst sehen. Es ist wahr, anderen zu dienen ist der Weg zur Erlangung der Freude! Sich den anderen zu widmen ist nichts für Verlierer, sondern für Gewinner; es ist der Weg, etwas wirklich Neues in der Geschichte zu tun. Ich habe gelernt, dass „jung“ im Griechischen „neu“ heißt, und neu heißt jung. Der Dienst ist die Neuheit Jesu; der Dienst, die Hingabe an andere, ist die Neuheit, die das Leben immer jung macht. Möchtest du etwas Neues im Leben machen? Möchtest du wieder jung sein? Gib dich nicht mit der Veröffentlichung von ein paar Posts oder Tweets zufrieden. Gib dich nicht mit virtuellen Begegnungen zufrieden, sondern suche die realen Begegnungen, vor allem mit denen, die dich brauchen: Suche nicht danach, gesehen zu werden, sondern such nach denen, die nicht gesehen werden. Das ist originell und revolutionär. Aus sich herausgehen, um dem anderen zu begegnen. Aber wenn du als Gefangener in dir selbst lebst, wirst du den anderen nie kennenlernen, du wirst nie erfahren, was es heißt, zu dienen. Dienen ist die schönste, die bedeutendste Tat eines Menschen: anderen zu dienen. Viele Menschen sind heute sehr social, aber wenig sozial: in sich selbst verschlossen, Gefangene des Handys in ihrer Hand. Aber die andere Person fehlt auf dem Bildschirm, ihre Augen, ihr Atem, ihre Hände. Der Bildschirm wird leicht zu einem Spiegel, in dem man glaubt, der Welt gegenüberzustehen, aber in Wirklichkeit ist man allein, in einer virtuellen Welt voller Äußerlichkeiten, voller Fotos, die so bearbeitet sind, dass man immer gut und fit darauf erscheint. Wie schön ist es hingegen, mit anderen zusammen zu sein, die Neuheit des anderen zu entdecken! Mit dem anderen zu reden, die Mystik des Miteinanders zu pflegen, die Freude des Teilens, den Eifer des Dienens!

Bei dem Treffen mit den jungen Menschen in der Slowakei im vergangenen September zeigten einige junge Leute dazu ein interessantes Spruchband. Die Aufschrift waren nur zwei Worte: „Fratelli tutti“. Es hat mir gefallen: Oftmals stellt man in den Stadien, bei Demonstrationen und auf der Straße Transparente aus, um sich für die eigene Seite, die eigenen Ideen, die eigene Mannschaft, die eigenen Rechte einzusetzen. Aber das Spruchband dieser jungen Leute sagte etwas Neues: dass es schön ist, sich als Brüder und Schwestern aller zu fühlen, zu spüren, dass andere ein Teil von uns sind und nicht Menschen, von denen man Abstand halten muss. Ich freue mich, euch alle zusammen zu sehen, vereint, obwohl ihr doch aus so unterschiedlichen Ländern und Lebensgeschichten kommt! Träumt von der Geschwisterlichkeit!

Im Griechischen gibt es ein erhellendes Sprichwort: o fílos ine állos eaftós, „der Freund ist mein anderes Ich“. Ja, der andere ist der Weg, sich selbst neu zu entdecken. Nicht der Spiegel, sonddern der Andere. Gewiss ist es schwer, aus der eigenen Komfortzone herauszukommen, es ist einfacher, auf dem Sofa vor dem Fernseher zu sitzen. Aber das ist ein alter Hut, das ist nichts für junge Leute. Ein junger Mensch auf dem Sofa, wie alt sieht das denn aus! Junge Menschen reagieren: Wenn ihr euch einsam fühlt, öffnet euch; wenn die Versuchung kommt, euch zu verschließen, sucht die anderen, übt euch in dieser „Gymnastik der Seele“. Hier sind die größten sportlichen Ereignisse entstanden, die Olympischen Spiele, der Marathonlauf ... Neben dem Geist des Wettkampfs, der dem Leib guttut, gibt es auch den, der der Seele guttut: sich in Offenheit üben, aus eigenem Antrieb weite Strecken zurücklegen, um die Distanz zu den anderen zu verkürzen; sein Herz über die Hindernisse hinwegsetzen; sich gegenseitig die Lasten abnehmen ... Ein solches Training wird euch glücklich machen, wird euch jung halten und euch das Abenteuer des Lebens spüren lassen!

Apropos Abenteuer, Aboud, dein Zeugnis hat uns beeindruckt: Du bist mit deinen Eltern aus dem geliebten, leidgeprüften Syrien geflohen, nachdem ihr mehrmals Gefahr gelaufen seid, im Krieg getötet zu werden. Und dann, nach so vielen Ablehnungen und tausend Schwierigkeiten, seid ihr auf die einzig mögliche Art und Weise in diesem Land gelandet: mit dem Boot, „auf einem Felsen ohne Wasser und ohne Essen, in Erwartung der Morgendämmerung und eines Schiffes der Küstenwache“. Eine echte Odyssee der Neuzeit. Und da fiel mir ein, dass in Homers Odyssee der erste Held, der in Erscheinung tritt, nicht Odysseus ist, sondern ein junger Mann: Telemachus, sein Sohn, der ein großes Abenteuer erlebt.

Er hatte seinen Vater nicht kennengelernt und ist voll Sorgen und ohne Zuversicht, weil er nicht weiß, wo er sich befindet oder ob er überhaupt existiert. Er fühlt sich ohne Wurzeln und steht am Scheideweg: Entweder er bleibt dort und wartet, oder er macht etwas Verrücktes und begibt sich auf die Suche nach ihm. Es gibt verschiedene Stimmen, darunter die der Gottheit, die ihn auffordert, Mut zu fassen und aufzubrechen. Und das tut er dann auch: Er steht auf, repariert heimlich das Schiff und eilt bei Sonnenaufgang zu seinem Abenteuer. Der Sinn des Lebens besteht nicht darin, am Strand zu bleiben in der Erwartung, dass der Wind Neuigkeiten bringt. Die Rettung liegt im offenen Meer, im Elan, in der Suche, in der Verfolgung von Träumen, den wahren, denjenigen, die man mit offenen Augen hat, die harte Arbeit, Kampf, Gegenwind, plötzliche Stürme mit sich bringen. Bitte lasst euch nicht von Ängsten lähmen, habt große Träume! Und träumt gemeinsam! Wie bei Telemachus wird es auch hier solche geben, die versuchen werden, euch aufzuhalten. Es wird immer Leute geben, die euch sagen werden: „Vergiss es, riskiere es nicht, es ist nutzlos“. Es sind diejenigen, die die Träume ersticken, die Mörder der Hoffnung, die unheilbaren Nostalgiker der Vergangenheit.

Ihr hingegen nährt bitte den Mut der Hoffnung, den Mut, den du hattest, Aboud. Wie macht man das? Durch eure Entscheidungen. Entscheiden ist eine Herausforderung. Es bedeutet, sich der Angst vor dem Unbekannten zu stellen, dem Einheitsbrei zu entkommen und zu entscheiden, das Leben selbst in die Hand zu nehmen. Um richtige Entscheidungen zu treffen, könnt ihr euch an eine Sache erinnern: Bei guten Entscheidungen geht es immer um andere, nicht nur um sich selbst. Das sind die Entscheidungen, für die es sich lohnt, zu riskieren, die Träume, die umzusetzen sind: Es sind die, die Mut erfordern und andere einbeziehen.

Und wenn ich mich jetzt von euch verabschiede, wünsche ich euch dies: den Mut, vorwärts zu gehen, den Mut, Risiken einzugehen, den Mut, nicht im Sessel zu bleiben. Den Mut zum Risiko, den Mut, auf andere zuzugehen, nie allein, immer mit anderen. Und mit diesem Mut wird jeder von euch sich selbst, den Anderen und den Sinn des Lebens finden. Das wünsche ich euch, mit der Hilfe Gottes, der euch alle liebt. Gott liebt euch, habt Mut, geht vorwärts! Brostà, óli masí! [Vorwärts, alle zusammen!]



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