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JUBILÄUMSPILGERREISE
VON PAPST JOHANNES PAUL II.
 INS HEILIGE LAND (20.-26. MÄRZ 2000)

BESUCH IM FLÜCHTLINGSLAGER VON DHEISHEH IN DEN PALÄSTINENSISCHEN AUTONOMIEGEBIETEN

GRUSSWORTE VON JOHANNES PAUL II.

Mittwoch, 22. März 2000

 

Herr Arafat,
liebes palästinensische Volk!

1. Es war mir wichtig, daß meine Pilgerreise ins Geburtsland Jesu Christi zum 2000. Jahrestag jenes außerordentlichen Ereignisses auch diesen Besuch in Dheisheh einschließen sollte. Es ist sehr bedeutsam, daß ich euch Flüchtlinge und Vertriebene sowie die Vertreter der in einer echten Hilfsaktion engagierten Organisationen und Einrichtungen hier in der Nähe von Betlehem treffe. Während meines ganzen Pontifikats habe ich mich dem palästinensischen Volk in seinem Leid nahe gefühlt.

Ich begrüße jeden von euch, und ich hoffe und bete, daß mein Besuch euch in eurer schwierigen Situation etwas Trost bringen kann. So Gott will, wird er auch dazu dienen, die Aufmerksamkeit auf euer andauerndes Elend zu lenken. Euch werden viele Dinge vorenthalten, die eigentlich grundlegende Bedürfnisse des Menschen sind: angemessene Unterkunft, Gesundheitsfürsorge, Ausbildung und Arbeit. Vor allem aber lebt ihr in der traurigen Erinnerung an das, was ihr gezwungenermaßen zurückgelassen habt, nicht nur materiellen Besitz, sondern eure Freiheit, die Nähe von Verwandten, das familiäre Umfeld und die Kulturtraditionen, von denen euer persönliches Leben und das eurer Familien gestärkt wurde. Es ist richtig, daß hier in Dheisheh und in anderen Lagern viel getan wird, um euren Bedürfnissen gerecht zu werden, hauptsächlich durch die »United Nations Relief and Works Agency« [Organisation der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge]. Besonders freue ich mich über die wirkungsvolle Präsenz der »Päpstlichen Mission für Palästina« und vieler anderer katholischer Einrichtungen. Trotzdem bleibt noch viel zu tun.

2. Die erniedrigenden Bedingungen, unter denen die Flüchtlinge oft leben müssen; das Andauern über lange Zeitabschnitte von Zuständen, die schon in Notfällen oder über kurze Übergangszeiten kaum auszuhalten sind; die Tatsache, daß die Vertriebenen gezwungen sind, sich oft jahrelang in den Durchgangslagern aufzuhalten: Diese Elemente sind das Maß der dringenden Forderung nach einer gerechten Lösung zu den tieferliegenden Gründen des Problems. Nur durchsetzungsfähige Anstrengungen seitens der Spitzenpolitiker im Nahen Osten und in der internationalen Gemeinschaft insgesamt – angeregt von einer höheren Auffassung der Politik als Dienst für das Gemeinwohl – können die Ursachen eurer jetzigen Situation aus dem Weg räumen. Mein Aufruf gilt einer verstärkten internationalen Solidarität und dem politischen Willen, diese Herausforderung aufzunehmen. Ich bitte alle, die sich aufrichtig für Gerechtigkeit und Frieden einsetzen, den Mut nicht zu verlieren. Ich appelliere an die politisch Verantwortlichen, die schon er reichten Abkommen auch umzusetzen und weiter auf den Frieden zuzugehen, nach dem sich alle vernünftigen Männer und Frauen sehnen, und auf die Gerechtigkeit, auf die sie ein unveräußerliches Recht besitzen.

3. Liebe Jugendliche! Bemüht euch auch in Zukunft darum, durch Ausbildung euren rechtmäßigen Platz in der Gesellschaft einzunehmen trotz der Schwierigkeiten und Benachteiligungen, denen ihr aufgrund eures Flüchtlingsstatus ausgesetzt seid. Die katholische Kirche freut sich besonders, der edlen Sache der Bildung durch die äußerst wertvolle Arbeit der Universität Betlehem dienen zu können, die in der Folge des Besuchs meines Vorgängers Papst Paul VI. im Jahr 1964 gegründet wurde.

Liebe Brüder und Schwestern, liebe Flüchtlinge! Denkt nicht, daß ihr wegen eurer gegenwärtigen Situation in den Augen Gottes an Bedeutung verliert! Ihr dürft eure Würde als seine Kinder nie vergessen! Hier in Betlehem wurde das göttliche Kind im Stall in eine Krippe gelegt, und Hirten aus den umliegenden Feldern waren die ersten, die die Himmelsbotschaft des Friedens und der Hoffnung für die Welt empfingen. Der Plan Gottes erfüllte sich unter großer Demut und Armut. Wahrscheinlich waren die Hirten von Betlehem eure Vorfahren.

Liebe Helfer und Freiwillige, glaubt an den Auftrag, den ihr hier ausführt! Echte und konkrete Solidarität mit Menschen in Not ist nicht eine Gefälligeit, die man ihnen gewährt, sondern eine Forderung unserer gemeinsamen Menschlichkeit und eine Anerkennung der Würde jedes menschlichen Wesens.

Wenden wir uns vertrauensvoll an den Herrn, um ihn zu bitten, die Verantwortungsträger zur Förderung von Gerechtigkeit, Sicherheit und Frieden zu veranlassen – ohne Verzögerung und in einer ausgesprochen konkreten Art und Weise.

Durch ihre sozialen und karitativen Einrichtungen wird die Kirche auch in Zukunft an eurer Seite sein und vor der Welt für euch eintreten.

Gott segne euch alle!

 

 


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