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ANSPRACHE VON JOHANNES PAUL II. 
AN DIE PILGER AUS KÄRNTEN


Samstag, 16. Dezember 2000

 

Verehrter Bruder im Bischofsamt,
liebe Schwestern und Brüder aus Kärnten!

1. Mit dem Christbaum, den Ihr aus Eurer Heimat nach Rom gebracht habt, fühlen wir uns alle reich beschenkt. Vor drei Jahren habt Ihr Euch entschlossen, im Großen Jubiläum des Jahres 2000 den Weihnachtsbaum für den Petersplatz zu stiften. Schon damals hat der Heilige Stuhl das Angebot angenommen, das heute Wirklichkeit wird. Der Christbaum ist ein sprechender Gruß des Landes Kärnten und der Kirche von Gurk-Klagenfurt an alle, die sich an Weihnachten aus der Stadt Rom und dem ganzen Erdkreis mit dem Zentrum der Christenheit verbinden.

Ich danke allen, die sich um dieses Geschenk verdient gemacht haben. Besonders grüße ich Euren verehrten Oberhirten Bischof Egon Kapellari und alle Pilger, unter die sich der Landeshauptmann von Kärnten mit einer offiziellen Delegation und der Bürgermeister von Gurk an der Spitze einer Gruppe aus der Marktgemeinde eingereiht haben.

2. Wenn ich in den vergangenen Tagen von meinem Arbeitszimmer auf den Petersplatz blickte, dann hat mich der Baum zur geistlichen Betrachtung angeregt. Schon in meiner Heimat hatte ich Bäume sehr gern. Wenn man sie anschaut, fangen sie gleichsam zu sprechen an. Ein Dichter sieht in den Bäumen eindringliche Prediger: "Sie predigen nicht Lehren und Rezepte, sie verkündigen das Urgesetz des Lebens".

Im Blühen des Frühlings, in der Reife des Sommers, in den Früchten des Herbstes und im Sterben des Winters erzählt der Baum das Geheimnis des Lebens nach. Daher haben die Menschen von alters her auf das Bild des Baumes zurückgegriffen, um sich mit den Grundfragen des eigenen Lebens auseinanderzusetzen.

3. Wie die Bäume, so brauchen auch die Menschen Wurzeln, die in die Tiefe greifen. Denn nur wer tief genug in fruchtbarem Boden verwurzelt ist, der steht fest. Er kann sich nach oben ausstrecken, um das Licht der Sonne aufzunehmen, und gleichzeitig den Winden wehren, die ihn umwehen. Wer aber glaubt, auf das Fundament verzichten zu dürfen, dessen Existenz hängt auf Dauer wie Wurzeln ohne Erdreich in der Luft.

Die Heilige Schrift nennt uns das Fundament, in das wir unser Leben einwurzeln können, um festen Stand zu haben. Der Apostel Paulus gibt uns den guten Rat: "Bleibt in Jesus Christus verwurzelt und auf ihn gegründet. Haltet in dem Glauben fest, in dem ihr unterrichtet worden seid" (vgl. Kol 2, 7).

4. Der Baum lenkt meine Gedanken noch in eine andere Richtung. In unseren Häusern und Wohnungen ist es guter Brauch, den Christbaum neben die Krippe zu stellen. Muß man da nicht an das Paradies denken, an den Baum des Lebens, aber auch an den Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen? Mit der Geburt des Sohnes Gottes hat die neue Schöpfung begonnen. Der erste Adam wollte sein wie Gott und aß vom Baum der Erkenntnis. Jesus Christus, der neue Adam, war wie Gott, hielt aber nicht daran fest, Gott gleich zu sein, sondern entäußerte sich, wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich (vgl. Phil 2, 6f.): von der Geburt bis zum Tod, von der Krippe bis zum Kreuz. Vom Baum des Paradieses kam der Tod, vom Baum des Kreuzes erstand das Leben. So gehört der Baum zur Krippe und deutet bereits auf das Kreuz, den Lebensbaum.

6. Herr Bischof, liebe Schwestern und Brüder! Noch einmal drücke ich Euch gegenüber meine tiefe Dankbarkeit für Eure weihnachtliche Gabe aus. Nehmt als Gegengabe die Botschaft des Baumes mit, wie sie der Psalmist in Worte gefaßt hat: "Wohl dem Mann, der Freude hat an der Weisung des Herrn, über seine Weisung nachsinnt bei Tag und bei Nacht. Er ist wie ein Baum, der an Wasserbächen gepflanzt ist, der zur rechten Zeit seine Frucht bringt und dessen Blätter nicht welken. Alles, was er tut, wird ihm gut gelingen" (Ps 1, 2f.).

Mit diesen Gedanken wünsche ich Euch allen sowie Euren Angehörigen und Freunden daheim ein gesegnetes und frohes Weihnachtsfest im Heiligen Jahr 2000. Alles, was Ihr im Neuen Jahr beginnt, möge Euch mit Gottes Hilfe gut gelingen. Die Heiligen Eurer Heimat seien Euch dabei mächtige Fürsprecher. Von Herzen erteile ich Euch den Apostolischen Segen.

 

 

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