BOTSCHAFT VON BENEDIKT XVI.
ZUR ERÖFFNUNG DER FEIERN
DES JUBILÄUMS DER ERZDIÖZESE BAMBERG
Meinem verehrten Bruder Ludwig Schick,
Erzbischof von Bamberg
Verehrter Mitbruder im Bischofsamt!
Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!
Mit besonderer Freude habe ich davon Kenntnis erhalten, daß das Erzbistum Bamberg vom 1. November 2006 bis zum 1. November 2007 ein Jubiläumsjahr aus Anlaß seines tausendjährigen Bestehens feiert. Wenn ich auch nicht – wie es mein Vorgänger Benedikt VIII. im Jahre 1020 getan hat – in eigener Person nach Bamberg kommen kann, so soll doch zur Eröffnung der Jahrtausendfeier des Erzbistums der herzliche Segensgruß des Nachfolgers des hl. Petrus nicht fehlen. Zu diesem festlichen Tag übermittle ich Ihnen, lieber Mitbruder, und allen anwesenden Mitbrüdern im bischöflichen Amt, den Priestern, Diakonen und Ordensleuten sowie allen Gläubigen, die am Eröffnungsgottesdienst teilnehmen, herzliche Glück- und Segenswünsche.
Mit Euch blicke ich auf den langen Weg zurück, den das Bistum des hl. Heinrich durch ein Jahrtausend gegangen ist, das von tiefgreifenden politischen, kulturellen und religiösen Umbrüchen gekennzeichnet war. Daß in all diesen Stürmen Hirten und Gläubige »den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet und den Glauben bewahrt« (2 Tim 4,7), ja auch Zeiten kraftvoller Blüte des Glaubens erlebt haben, ist wahrlich Grund genug, aus dankerfülltem Herzen ein freudiges »Te Deum« anzustimmen, das nun das ganze Jubiläumsjahr nicht verstummen soll.
Bei dieser Rückschau fällt unser Blick neben dem heiligen kaiserlichen Stifterpaar auf Bischof Suidger, der auch als Papst Clemens II. sein ihm so liebes Bistum Bamberg beibehalten und in seinem Dom bestattet werden wollte. Wir denken an Otto, den heiligen Bischof, der nicht nur seinem Bistum ein vorbildlicher Hirte war, sondern auch den Pommern das Evangelium gebracht hat. Wir erinnern uns an die Stürme der Glaubensspaltung, die die Grundfesten des Bistums Bamberg erschüttert haben. Wir begegnen aber auch nicht wenigen Priestern und Gläubigen, die – wie die Nonnen von St. Klara in Nürnberg, geleitet von ihrer gelehrten Äbtissin Caritas Pirckheimer – in aller Not ein bewundernswertes Zeugnis des Glaubens und der Treue zur Kirche abgelegt haben. Schließlich waren es erleuchtete und eifrige Hirten – allen voran Johann Gottfried von Aschhausen –, die den Wiederaufbau des darniederliegenden kirchlichen Lebens unerschrocken in Angriff genommen haben. Ungeachtet großer Widerstände haben sie sich bemüht, Lehren und Weisungen des Reformkonzils von Trient ins Werk zu setzen. So haben sie eine Zeit der Blüte des religiösen und kulturellen Lebens eingeleitet, von der nicht nur viele und wertvolle Werke der kirchlichen Kunst und Architektur zeugen, sondern auch verschiedene Ausdrucksformen der Volksfrömmigkeit, die bis auf den heutigen Tag in vielen Gemeinden gepflegt werden. Als Aufklärung und Rationalismus die Grundlagen des Glaubens in Frage stellten, wußte der Fürstbischof Franz Ludwig von Erthal als umsichtiger und tieffrommer Hirte in treuer Gefolgschaft zu Papst und Kirche klug die Spreu vom Weizen zu sondern, so daß das gute Neue dem guten Alten zu dienen vermochte. Auf diese Weise wurde der Grund dafür gelegt, daß der katholische Glaube weiter Kreise auch den Ideologien des späten 19. und des 20. Jahrhunderts standhielt, wie die nicht wenigen Glaubenszeugen aus der Zeit des Dritten Reiches beweisen. All dies ist wahrlich Grund zu Lob und Dank gegen Gott, der sein Volk auf dem Weg durch Licht und Dunkel dieses Jahrtausends geleitet hat.
Die Feier dieses Millenniums soll jedoch nicht so sehr ein Verweilen im Gedenken an eine bedeutende Vergangenheit sein. Vielmehr gilt es, aus deren reichem Erbe jene Kräfte zu schöpfen, die das Gottesvolk des Erzbistums Bamberg befähigen, der Mahnung des Apostels zu folgen: »Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt« (1 Petr 3,15), und so Zeugnis für Jesus Christus zu geben. Zu Recht habt Ihr Euch für das Jubiläumsjahr – und darüber hinaus – zum Vorsatz gemacht, einander im Glauben zu stärken, Gemeinschaft zu leben und für die Menschen da zu sein. Es ist ja die Hauptaufgabe einer jeden Gemeinschaft von Gläubigen, dafür zu sorgen, daß auch die nachfolgenden Generationen den Zugang zur Wahrheit und zum Heil in Jesus Christus finden. Gewiß ist deshalb viel von Neuevangelisierung, von Erneuerung der Kirche die Rede, werden Strukturreformen und pastorale Programme entworfen und dafür mancherlei Anstrengungen unternommen. Doch darf dabei nicht vergessen werden, was ein großer Prediger, Aegidius von Viterbo, auf dem 5. Laterankonzil gesagt hat: »Reform der Kirche geschieht dann, wenn sich die Menschen durch das Heilige umformen lassen, nicht aber dadurch, daß die Menschen sich das Heilige anpassen«.
Wahre Erneuerung der Kirche entspringt in der Tat stets aus vertiefter Einsicht in die von Gott geoffenbarte Wahrheit und aus der Bereitschaft, sich vom Heiligen ergreifen und formen zu lassen. Ein solcher geistlicher Aufbruch ist letztlich nicht allein das Ergebnis pastoraler Strategien, sondern vor allem das Werk der Gnade in der Tiefe der Herzen. Eigentlich geht es da um die je neue Begegnung eines jeden mit dem in seiner Kirche geheimnisvoll gegenwärtigen Christus. Zu dieser Begegnung führen das Bemühen um Treue im täglichen Gebet und um die ehrfürchtige Feier des Mysteriums von Leiden, Tod und Auferstehung des Herrn in der heiligen Liturgie, die Hochschätzung der Sakramente – nicht zuletzt des Bußsakramentes – sowie das beharrliche Streben nach Verwirklichung des Evangeliums im Alltagsleben. All das soll darum auch in Familien und Pfarreien aufs neue selbstverständlich werden. Aus solchem Grund erwächst die Kraft zum Zeugnis für Christus in der Welt.
An diese Sendung, die Welt im Geiste Christi zu gestalten, gemahnt Euch ein überaus kostbarer Zeuge der tausendjährigen Bamberger Geschichte: der Sternenmantel des heiligen Kaisers Heinrich. In seinem Mittelpunkt steht das Bild des herrscherlichen Christus. Um ihn herum gruppieren sich die Bilder von Bischöfen und Heiligen und vor allem die den Kosmos darstellenden Sternbilder und sagen uns: Christus ist der Herrscher des Alls. Dieser Mantel ruhte auf den Schultern des Kaisers als sichtbares Zeichen seiner Würde und Sendung. Denn das Amt des Kaisers diente dem Auftrag der Kirche, der Herrschaft Christi in der Welt der Menschen den Weg zu bereiten: dem Reich der Wahrheit und des Lebens, der Heiligkeit und der Gnade, dem Reich der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens. An dieser Sendung hat jeder getaufte und gefirmte Christ als Glied des Volkes Gottes, des auserwählten Geschlechts und der königlichen Priesterschaft (vgl. 1 Petr 2,9), ganz persönlich Anteil.
Im Vertrauen auf die Fürsprache der heiligen Bistumspatrone Heinrich, Kunigunde und Otto bete ich zu Gott, daß alle Gläubigen diese ihre Mission stets neu erkennen und annehmen mögen. Insbesondere bete ich darum, daß all jene jungen Männer und Frauen, die der Herr zum Priestertum oder zum Ordensleben berufen will, seine Stimme hören und ihm bereitwillig folgen. Der Dreieinige Gott, von dem »jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt« (Jak 1,17), begleite die Feier des Millenniums des Erzbistums Bamberg mit der Fülle seiner Gnade, damit auch dort unsere tägliche Bitte erfüllt werde: »Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden«.
Liebe Katholiken in der Erzdiözese Bamberg, das große Bistumsjubiläum, dessen Ihr ein Jahr lang gedenkt, sporne Euch im Zeugnis für den auferstandenen Herrn an und stärke Euren Einsatz im Glauben und in der Liebe in Gemeinschaft mit Eurem Hirten und der weltweiten Katholischen Kirche, damit Ihr in Freude das Kommen Christi bereitet und erwartet.
Mit diesem Gebetswunsch erteile ich Ihnen, verehrter Mitbruder, und den im Hohen Dom zu Bamberg zum feierlichen Eröffnungsgottesdienst des Jubiläumsjahres Versammelten sowie allen Diözesanen Ihres Erzbistums von Herzen meinen Apostolischen Segen.
Aus dem Vatikan, am 22. Oktober 2006, dem 29. Sonntag im Jahreskreis.
BENEDICTUS PP. XVI
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