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ANSPRACHE VON BENEDIKT XVI.
AN DEN NEUEN BOTSCHAFTER VON LUXEMBURG
BEIM HL. STUHL, PAUL DÜHR

Donnerstag, 18. Dezember 2008

 

Herr Botschafter!

Mit Freude empfange ich Eure Exzellenz zu dieser feierlichen Amtshandlung aus Anlaß der Überreichung des Beglaubigungsschreibens, mit dem Sie als außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter des Großherzogtums Luxemburg beim Heiligen Stuhl akkreditiert werden. Ich danke Ihnen, Herr Botschafter, für die freundlichen Worte, die Sie an mich gerichtet haben, und bitte Sie, Seiner Königlichen Hoheit Großherzog Henri meine herzlichen Wünsche für seine Person und die großherzogliche Familie zu übermitteln sowie auch für die Zufriedenheit und das Wohlergehen der Bevölkerung Luxemburgs. Ich bitte Gott, die Anstrengungen und Initiativen all derer, die für das Gemeinwohl Sorge tragen, zu unterstützen.

In diesen letzten Tagen des Jahres gehen auch die Feierlichkeiten zu Ende, die den 1350. Jahrestag der Geburt des hl. Willibrord, des zweiten Schutzheiligen Ihrer Nation, begleitet haben. Mitten in den größten politischen Wechselfällen war er ein unermüdlicher Missionar und insbesondere durch ihn wurde der Samen des Evangeliums in die Erde Ihres Landes gelegt, ist gewachsen, hat Frucht gebracht und dessen Geschichte tief geprägt. Auch heute nimmt die katholische Gemeinschaft aktiv am sozialen und politischen Leben Ihrer Nation teil, indem sie einen für das Wohlergehen der gesamten Bevölkerung nützlichen Beitrag zu leisten und wirksam zur Lösung der Probleme beizutragen sucht, die das Leben der Menschen belasten.

Insbesondere besteht die allen gemeinsame dringende Pflicht, die Würde des Menschen vor den Angriffen zu schützen, denen er in Situationen der Armut ausgesetzt ist, die selbst in den am weitesten entwickelten Nationen wie der Ihrigen existieren. Diese Aufmerksamkeit muß sich auf verschiedenen Ebenen auswirken: durch eine Aktivität aus der Nähe, aber auch auf nationaler Ebene, ohne die internationale Zusammenarbeit zu vergessen. Die gegenwärtige Finanzkrise, die so viel Besorgnis hervorruft, möge Ihr Land nicht vom Einsatz abhalten, den es für Solidarität und Entwicklungshilfe gewährt. Ich wünsche, daß Ihr Land ebenso bei den anderen entwickelten Ländern, mit denen es enge Beziehungen unterhält, erneut zu bekräftigen weiß, daß die reichen Länder ihre Pflichten nicht vergessen dürfen und dies in erster Linie gegenüber dem Schicksal der ärmsten Völker. Der Wohlstand, dessen sich Ihr Land glücklicherweise erfreut, verpflichtet es zur Vorbildlichkeit.

Der ökonomische Kontext lädt paradoxerweise dazu ein, den wahren Schatz des Lebens zu suchen und aufmerksam die Gleichgewichte zu beachten, die ein harmonisches soziales Leben ermöglichen. Zu all den Elementen, die dazu beitragen, gehört zweifellos die Respektierung des Sonntags. Über seine religiöse Bedeutung hinaus erinnert die Einzigartigkeit dieses Tages jeden Bürger an seine hohe Würde und daran, daß seine schwere Arbeit kein Sklavendienst ist. Dieser Tag ist allen geschenkt, damit der Mensch nicht nur auf seine Arbeits- oder Kaufkraft reduziert wird, sondern ausruhen und den höchsten Wirklichkeiten des menschlichen Lebens Zeit widmen kann: dem Familienleben, den uneigennützigen Begegnungen mit den anderen, den geistigen Aktivitäten und dem Gottesdienst. Es ist wichtig, in einem eitlen und gefährlichen Jagen nach Profit nicht dasjenige zu vergessen, was nicht nur ein sozialer Gewinn ist, sondern vor allem das Kennzeichen einer tiefen humanistischen Weisheit.

Ich möchte auch die Gelegenheit unserer Begegnung nutzen, Herr Botschafter, um meiner lebhaften Sorge in bezug auf den Gesetzestext über Euthanasie und Beihilfe zum Selbstmord Ausdruck zu verleihen, der gegenwärtig im Parlament debattiert wird. Dieser Text legitimiert konkret die Möglichkeit, dem Leben ein Ende zu setzen. Im übrigen wird er in widersprüchlicher Weise begleitet von einem anderen Projekt, das gute Gesetzesbestimmungen zur Entwicklung der Palliativpflege enthält, um die Schmerzen in der Endphase der Krankheit erträglicher zu machen und eine angemessene menschliche Begleitung des Patienten zu fördern. Die politisch Verantwortlichen, deren ernste Pflicht es ist, dem Wohl des Menschen zu dienen, wie auch die Ärzte und Familien müssen alle daran denken, daß »die willentliche Entscheidung, einen unschuldigen Menschen seines Lebens zu berauben, vom moralischen Standpunkt her immer schändlich ist und niemals … gestattet werden kann« (Evangelium vitae, 57). In Wahrheit gehen Liebe und echtes Mitleid einen anderen Weg. Die Bitte, die in der äußersten Konfrontation mit dem Leiden und dem Tod im Herzen des Menschen aufsteigt – besonders dann, wenn er versucht ist, der Verzweiflung nachzugeben, und er so verwirrt ist, daß er nicht mehr leben möchte –, ist vor allem eine Bitte um Begleitung und ein Aufruf zu mehr Solidarität und Unterstützung in der Prüfung. Diese Bitte mag anspruchsvoll erscheinen, aber sie allein ist des Menschen würdig und führt zu neuerer und tieferer Solidarität, die letztlich die familiären und sozialen Bande bereichert und stärkt. Auf diesem Weg einer größeren Menschlichkeit sind alle Menschen guten Willens zur Zusammenarbeit aufgerufen, und die Kirche will ihrerseits entschieden all ihre Ressourcen der Aufmerksamkeit und des Dienstes einsetzen. In der Treue zu den christlichen und humanistischen Wurzeln seiner Nation und in der beständigen Sorge, das Gemeinwohl zu fördern, möge es dem luxemburgischen Volk in allen seinen Teilen immer ein Anliegen sein, die Größe und Unantastbarkeit des menschlichen Lebens zu bekräftigen!

Mit Freude grüße ich durch Ihre Vermittlung, Herr Botschafter, den Erzbischof von Luxemburg, Fernand Franck, die Priester, Diakone und alle Gläubigen, die die katholische Gemeinschaft des Großherzogtums bilden.

Wie ich bereits betont habe, weiß ich, daß ihnen die Sorge am Herzen liegt, zusammen mit allen Bürgern ein soziales Leben aufzubauen, wo jeder den Weg der persönlichen und gemeinschaftlichen Entfaltung finden kann. Gott stärke diese guten Vorsätze!

Während Sie, Exzellenz, offiziell Ihr Amt beim Heiligen Stuhl antreten, bringe ich meine besten Wünsche für ein gutes Gelingen Ihrer Mission zum Ausdruck. Seien Sie versichert, Herr Botschafter, daß Sie bei meinen Mitarbeitern immer von Herzen Aufmerksamkeit und Verständnis finden werden. Indem ich die Fürsprache der Jungfrau Maria und des hl. Willibrord anrufe, bitte ich den Herrn um seinen Segen in Fülle für Sie persönlich, für Ihre Familie und Ihre Mitarbeiter wie auch für die leitenden Persönlichkeiten und das luxemburgische Volk.

 

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