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SYNODUS EPISCOPORUM
VERLAUTBARUNGEN

XII. ORDENTLICHE GENERALVERSAMMLUNG
DER BISCHOFSSYNODE
5.-26. OKTOBER 2008

Das Wort Gottes im Leben und in der Sendung der Kirche


Die Verlautbarungen dienen nur als Arbeitsmittel zum journalistischen Gebrauch.
Die Übersetzungen aus der Originalsprache haben keinen offiziellen Charakter.


Deutsche Fassung

 

38 - 26.10.2008

INHALT

- MITTAGESSEN MIT DEM HEILIGEN VATER
- EUCHARISTIEFEIER ZUM ABSCHLUSS DER XII. ORDENTLICHEN GENERALVERSAMMLUNG DER BISCHOFSSYNODE
- ANGELUS DOMINI

MITTAGESSEN MIT DEM HEILIGEN VATER

- WORTE VON BENEDIKT XVI. AN DIE SYNODENVÄTER

Nachdem der Papst an der Dreiundzwanzigsten Generalkongregation teilgenommen hatte, bei der die Propositiones vorgelegt und approbiert worden sind, traf er am Samstag, den 25. Oktober 2008 um 13.00 Uhr, mit den Teilnehmern der Bischofssynode im Atrium der „Aula Paolo VI“ im Vatikan zu einem gemeinsamen Mittagessen zusammen. Abschließend richtete er folgende Worte an die Anwesenden.

WORTE VON BENEDIKT XVI. AN DIE SYNODENVÄTER

Geleitet vom Wort Gottes wollen wir gemeinsam vorangehen

Liebe Brüder im Bischofs- und Priesteramt,
liebe Brüder und Schwestern!

Die Synode geht ihrem Ende zu, aber unser gemeinsamer Weg, auf dem wir vom Wort Gottes geleitet werden, geht weiter. In diesem Sinn sind wir gleichermaßen ständig in einer „Synode“, also auf dem gemeinsamen Weg zum Herrn unter der Leitung des Wortes Gottes.
Das Instrumentum laboris sprach von der Polyphonie der Heiligen Schrift. Und ich glaube, wir können nun sagen, dass wir in den Wortbeiträgen dieser Synode auch eine schöne Polyphonie des Glaubens, eine Sinfonie des Glaubens gehört haben, mit so vielfältigen Beiträgen auch von Seiten der Bruderdelegierten. Auf diese Weise haben wir wirklich die Schönheit und den Reichtum des Wortes Gottes gehört.
Es war auch eine Schule des Hörens. Wir haben einander zugehört. Es war ein gegenseitiges Zuhören. Und gerade durch unser gegenseitiges Zuhören haben wir gelernt, das Wort Gottes besser zu hören. Wir haben gespürt, wie wahr doch das Wort des hl. Gregor des Großen ist: Die Heilige Schrift wächst mit demjenigen, der sie liest. Nur im Licht der verschiedenen Wirklichkeiten unseres Lebens, nur in der Auseinandersetzung mit der täglichen Realität, entdecken wir die Potentiale und die verborgenen Reichtümer des Wortes Gottes. Wir sehen, dass sich der Sinn des Wortes Gottes, das uns in der Heiligen Schrift gegeben ist, wenn es auf die Realität bezogen wird.
Auf diese Weise sind wir wirklich bereichert worden. Wir haben gesehen, dass keine Meditation und keine wissenschaftliche Reflexion aus sich heraus dem Wort all diese Reichtümer und Potentiale entnehmen können, die man erst in der Lebensgeschichte eines jeden entdeckt.
Ich weiß nicht, ob die Synode eher interessant oder eher erbaulich war. Auf jeden Fall war sie bewegend. Wir sind bereichert worden durch dieses gegenseitige Zuhören. Wenn wir dem anderen zuhören, hören wir auch besser den Herrn selbst. Und in diesem Dialog des Hörens erkennen wir dann die tiefere Wirklichkeit und lernen den Gehorsam gegenüber dem Wort Gottes, die Angleichung unseres Denkens und unseres Willens an das Denken und an den Willen Gottes. Ein Gehorsam, der kein Angriff auf die Freiheit ist, sondern der alle Möglichkeiten unserer Freiheit entwickelt.
Ich bin nun an dem Punkt angelangt, wo ich all jenen danken möchte, die für die Synode gearbeitet haben. Ich möchte nun nicht einen jeden einzelnen der Beteiligten aufzählen, da ich dabei sicherlich einige vergessen würde. Aber ich danke allen für die große Arbeit, die sie geleistet haben: den Delegierten Präsidenten, dem Relator und seinem beigeordneten Sekretär, allen Relatoren, Mitarbeitern, Technikern, Experten, Auditoren und Auditorinnen, von denen wir viel Bewegendes gelernt haben. Mein herzlicher Dank gilt euch allen. Ich bin ein bisschen beunruhigt, da mir scheint, dass wir bei einigen das Recht auf Nachtruhe und auch auf die Sonntagsruhe verletzt haben, die wirklich Grundrechte sind. Wir müssen darüber nachdenken, wie wir bei den nächsten Synoden diese Situation verbessern können. Ich möchte nun auch der Firma danken, die dieses wunderbare Mittagessen für uns bereitet hat und allen, die es serviert haben. Danke für diese Gabe.
Wir müssen nun unter Zuhilfenahme all dieser Texte mit der Ausarbeitung des nachsynodalen Schreibens beginnen. Auch dies wird eine Schule des Hörens sein. In diesem Sinn bleiben wir vereint und hören die Stimmen aller anderen. Und wir sehen, dass nur dann wenn der andere mir die Schrift auslegt, ich wirklich in den Reichtum der Schrift eintreten kann. Wir brauchen immer diesen Dialog, die Schrift zu hören, die vom anderen aus seiner Perspektive, aus seiner Sicht gelesen wird, um gemeinsam den Reichtum dieses Geschenkes zu erkennen.
Ich wünsche nun allen eine gute Reise, und ich danke euch für eure Arbeit.

EUCHARISTIEFEIER ZUM ABSCHLUSS DER XII. ORDENTLICHEN GENERALVERSAMMLUNG DER BISCHOFSSYNODE

- HOMILIE DES HEILIGEN VATERS

Heute morgen, 26. Oktober 2008, dem XXX. Sonntag im Jahreskreis, zelebriert der Heilige Vater Benedikt XVI. um 9.30 Uhr in der Vatikanbasilika beim Grab des Apostels Petrus eine Eucharistiefeier mit den Synodenvätern zum Abschluss der XII. Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode, die vom 5. bis 26. Oktober 2008 in der Synodenaula im Vatikan zum Thema Das Wort Gottes im Leben und in der Sendung der Kirche stattgefunden hat.

Mit dem Papst konzelebrieren 326 Synodenväter, darunter 52 Kardinäle, 14 hohe Repräsentanten von katholischen Ostkirchen, 45 Erzbischöfe, 130 Bischöfe und 85 Priester (12 Synodenväter, 5 Mitarbeiter des Generalsekretariats, 30 Auditoren, 5 Experten, 4 Pressebeauftragte, 24 Assistenten und 5 Übersetzer).

Während der Heilige Vater und die Konzelebranten sich zum Altar begeben, wird der Eingangsgesang Tu es Petrus gesungen.

Zum Eucharistischen Gebet treten zum Altar: der Delegierte Präsident der Bischofssynode, der Generalrelator und der Sondersekretär der XII. Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode zusammen mit dem Generalsekretär der Bischofssynode.

Nach der Verkündigung des Evangeliums hat der Heilige Vater die Predigt gehalten

Nach dem Apostolischen Segen haben der Chor und die Gemeinde die marianische Antiphon Ave Regina Caelorum gesungen.

HOMILIE DES HEILIGEN VATERS

Liebe Mitbrüder im Bischofs- und im Priesteramt,
liebe Brüder und Schwestern!
Das Wort des Herrn, das eben im Evangelium erklungen ist, hat uns daran erinnert, dass in der Liebe das gesamte göttliche Gesetz zusammengefasst ist. Der Evangelist Matthäus berichtet, dass die Pharisäer, nachdem Jesus die Sadduzäer mit seiner Antwort zum Schweigen gebracht hatte, zusammengekommen waren, um ihn auf die Probe zu stellen (vgl. 22,34-35). Einer von ihnen, ein Gesetzeslehrer, fragte ihn: “Meister, welches Gebot im Gesetz ist das wichtigste?” (V. 36). Die Frage lässt die in der alten jüdischen Tradition vorhandene Besorgnis erkennen, ein einendes Prinzip für die verschiedenen Formulierungen des göttlichen Willens zu finden. Dies war keine einfache Frage, wenn man bedenkt, dass es im Gesetz Mose 613 Gebote und Verbote gab. Wie sollte man erkennen, welches von ihnen das größte ist? Aber Jesus antwortet ohne zu zögern: “Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deine Gedanken. Das ist das wichtigste und erste Gebot” (V. 37-38). In seiner Antwort zitiert Jesus das Shemà, das Gebet, das der fromme Israelit mehrmals am Tag spricht, vor allem am Morgen und am Abend (vgl. Dtn 6.4-9; 11,13-21; Num 15,37-41): der Ausruf der Gott als dem einzigen Herrn geschuldeten ganzheitlichen und totalen Liebe. Die Betonung liegt auf der Totalität dieser Hingabe an Gott, es werden die drei Fähigkeiten aufgezählt, die den Menschen in seinen tiefen psychischen Strukturen ausmachen: Herz, Seele und Verstand. Der Begriff Verstand, diánoia, umfasst den rationalen Aspekt. Gott ist nicht nur Gegenstand der Liebe, der Pflicht, des Willens und des Gefühls, sondern auch des Intellekts, der deshalb aus diesem Bereich nicht ausgeschlossen werden darf. Vielmehr ist es gerade unser Denken, das wir mit den Gedanken Gottes in Einklang bringen müssen. Dann aber fügt Jesus etwas hinzu, nach dem der Gesetzeslehrer in Wirklichkeit gar nicht gefragt hatte: “Ebenso wichtig ist das zweite: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst” (V. 39). Das Überraschende der Antwort Jesu besteht in der Tatsache, dass er eine Ähnlichkeitsbeziehung zwischen dem ersten und dem zweiten Gebot herstellt, das er in gleicher Weise mit einer biblischen, dem levitischen Kodex der Heiligkeit (vgl. Lev 19,18) entnommenen Formulierung beschreibt. Und schließlich werden am Schluss des Abschnitts die beiden Gebote miteinander verbunden in ihrer Rolle als fundamentales Prinzip, auf dem die gesamte biblische Offenbarung ruht: “An diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz samt den Propheten” (V. 40).
Der Text aus dem Evangelium, über den wir nachdenken, unterstreicht, dass Jünger Christi zu sein bedeutet, nach seinen Lehren zu handeln, die zusammengefasst sind im ersten und größten Gebot des göttlichen Gesetzes, dem Gebot der Liebe. Auch die erste Lesung aus dem Buch Exodus hebt die Pflicht der Liebe hervor; eine Liebe, die in den Beziehungen zwischen den Personen konkret bezeugt wird: es müssen von Achtung, Zusammenarbeit und großherziger Hilfe geprägte Beziehungen sein. Auch der Fremde, die Witwe und der Bedürftige - das heißt jene Mitbürger, die niemand “verteidigt” - sind Nächste, die geliebt werden sollen. Der biblische Autor beschäftigt sich auch mit Einzelheiten, wie im Fall des einem Armen geliehenen Objektes (vgl. Ex 22,25-26). Hier ist es Gott selbst, der sich zum Garanten der Situation macht, in der sich dieser Nächste befindet.
In der zweiten Lesung können wir eine konkrete Umsetzung des höchsten Gebotes der Liebe in einer der ersten christlichen Gemeinden erkennen. Der hl. Paulus schreibt an die Thessalonicher und gibt ihnen zu verstehen, dass er sie schätzt und voll Zuneigung in seinem Herzen trägt, obwohl er sie erst seit kurzem kennt. Er weist auf sie als “Vorbild für alle Gläubigen in Mazedonien und in Achaia” (1 Thess 1,6-7) hin. Es fehlt in dieser erst vor kurzem gegründeten Gemeinde sicher nicht an Schwächen und Schwierigkeiten, aber es ist die Liebe, die alles überwindet, alles erneuert und alles besiegt: die Liebe dessen, der im Bewusstsein seiner eigenen Grenzen gehorsam den Worten Christi, des göttlichen Meisters, folgt, die durch einen treuen Jünger weitergegeben wurden: “Ihr seid unserem Beispiel gefolgt und dem des Herrn”, schreibt der hl. Paulus, “ihr habt das Wort trotz großer Bedrängnis aufgenommen”. Und er fährt fort: “Von euch aus ist das Wort des Herrn aber nicht nur nach Mazedonien und Achaia gedrungen, sondern überall ist euer Glaube an Gott bekannt geworden” (1 Thess 6.8). Die Lehre, die wir aus der Erfahrung der Thessalonicher ziehen - eine Erfahrung, die in Wahrheit alle authentischen christlichen Gemeinschaften gemeinsam haben -, ist, dass die Liebe zum Nächsten aus dem gehorsamen Hören des göttlichen Wortes kommt. Es ist eine Liebe, die auch harte Prüfungen für die Wahrheit des göttlichen Wortes auf sich nimmt, und gerade so wächst die wahre Liebe, und die Wahrheit erstrahlt in ihrem vollen Glanz. Wie wichtig ist es also, das Wort zu hören und ihm im persönlichen und gemeinschaftlichen Leben Gestalt zu verleihen!
In dieser Eucharistiefeier zum Abschluss der Synodenarbeiten nehmen wir in einzigartiger Weise die Beziehung wahr, die zwischen dem liebevollen Hören auf Gottes Wort und dem uneigennützigen Dienst an den Brüdern besteht. Wie oft haben wir in den vergangenen Tagen Erfahrungen und Reflexionen gehört, die unterstreichen, dass es heute ein wachsendes Bedürfnis gibt, innerlicher auf Gott zu hören, sowie sein Heilswort wahrhaft zu kennen und in aufrichtigerer Weise den Glauben zu teilen, der sich beständig am Tisch des göttlichen Wortes nährt! Liebe und verehrte Brüder, ich danke jedem von euch für das, was er zur Vertiefung des Synodenthemas “Das Wort Gottes im Leben und in der Sendung der Kirche” beigetragen hat. Ich grüße euch alle voll Zuneigung. Einen besonderen Gruß richte ich an die Herren Kardinäle: die Delegierten Präsidenten und den Generalsekretär der Synode, denen ich für ihren beständigen Einsatz danke. Ich grüße euch, liebe Brüder und Schwestern, die ihr aus allen Kontinenten gekommen seid und eure bereichernde Erfahrung mitgebracht habt. Übermittelt bei eurer Rückkehr allen den herzlichen Gruß des Bischofs von Rom. Ich grüße die Bruderdelegierten, die Experten, die Auditoren und die Sondergäste, die Mitglieder des Generalsekretariats der Synode und alle für die Pressearbeit Zuständigen. Ein besonderer Gedanke gilt den Bischöfen Kontinentalchinas, die nicht an dieser Synodenversammlung teilnehmen konnten. Ich möchte an dieser Stelle ihrer Liebe zu Christus, ihrer Gemeinschaft mit der Weltkirche und ihrer Treue zum Nachfolger des Apostels Petrus meine Stimme verleihen und Gott dafür danken. Wir denken in unserem Gebet an sie und alle ihrer Hirtensorge anvertrauten Gläubigen. Bitten wir den “obersten Hirten” (1 Petr 5,4) ihnen Freude, Kraft und apostolischen Eifer zu schenken, damit sie mit Weisheit und Weitsicht die katholische Gemeinschaft in China führen können, die uns so sehr am Herzen liegt.
Wir alle, die wir an den Synodenarbeiten teilgenommen haben, nehmen das erneuerte Bewusstsein mit, dass die Hauptaufgabe der Kirche am Beginn des neuen Jahrtausends vor allem darin besteht, sich vom Wort Gottes zu ernähren, um den Einsatz in der Neuevangelisierung, der Verkündigung in unserer Zeit wirksam werden zu lassen. Jetzt muss diese kirchliche Erfahrung in jede Gemeinschaft hineingetragen werden; wir müssen die Notwendigkeit erkennen, das gehörte Wort in Gesten der Liebe umzusetzen, weil nur so die Verkündigung des Evangeliums glaubwürdig wird, trotz aller menschlicher Schwächen. Das erfordert vor allem eine noch tiefere Kenntnis Christi und ein immer fügsameres Hören auf sein Wort.
In diesem Paulusjahr machen wir uns die Worte des Apostels zu eigen: “Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde” (1 Kor 9,16), und ich wünsche von Herzen, dass in jeder Gemeinschaft mit immer festerer Überzeugung diese Sehnsucht des hl. Paulus als Berufung im Dienst am Evangelium für die Welt wahrgenommen wird. Am Beginn der Synodenarbeiten habe ich an den Aufruf Jesu erinnert: “die Ernte ist groߔ (Mt 9,37), ein Aufruf, auf den wir unermüdlich antworten müssen trotz der Schwierigkeiten, auf die wir stoßen können. So viele Menschen sind auf der Suche, manchmal sogar ohne sich dessen bewusst zu sein, nach der Begegnung mit Christus und seinem Evangelium; so viele haben es nötig, in ihm den Sinn ihres Lebens zu finden. Ein klares und gemeinsames Zeugnis von einem Leben nach dem von Jesus bezeugten Wort Gottes zu geben ist daher ein unerlässlicher Prüfstein für die Sendung der Kirche.
Die Lesungen, die die Liturgie uns heute zur Betrachtung anbietet, erinnern uns daran, dass die Fülle des Gesetzes sowie aller göttlichen Schriften die Liebe ist. Wer also meint, die Schriften oder zumindest irgendeinen Teil von ihnen verstanden zu haben, ohne sich durch ihr Verständnis auch dafür einzusetzen, die zweifache Liebe zu Gott und zum Nächsten aufzubauen, zeigt in Wirklichkeit, dass er noch weit davon entfernt ist, den tiefen Sinn verstanden zu haben. Aber wie soll man dieses Gebot in die Tat umsetzen, wie könnte man die Liebe zu Gott und den Brüdern ohne einen lebendigen und intensiven Kontakt mit den Heiligen Schriften leben? Das Zweite Vatikanische Konzil bekräftigt: “Der Zugang zur Heiligen Schrift muss für die an Christus Glaubenden weit offenstehen” (Konstitution Dei Verbum, 22), damit die Menschen, wenn sie der Wahrheit begegnen, in der echten Liebe wachsen können. Es handelt sich um ein heute unerlässliches Erfordernis für die Evangelisierung. Und weil die Begegnung mit der Schrift nicht selten Gefahr läuft, keine “kirchliche Angelegenheit” zu sein, sondern Subjektivismus und Willkür ausgesetzt ist, wird es unerlässlich, durch eine gehaltvolle und glaubwürdige Pastoral, die Kenntnis der Heiligen Schrift zu fördern, um das Wort in der christlichen Gemeinschaft zu verkünden, zu feiern und zu leben. Dies soll im Dialog mit den Kulturen unserer Zeit geschehen, im Dienst der Wahrheit und nicht der gängigen Ideologien, zur Vertiefung des Dialogs, den Gott mit allen Menschen führen will (vgl. ebd., 21). Zu diesem Zweck muss der Vorbereitung der Priester besondere Sorgfalt gewidmet werden, denn sie sollen anschließend die Beschäftigung mit der Bibel anhand von geeigneten Hilfsmitteln fördern. Die gegenwärtigen Bemühungen, um unter den Laien Initiativen in bezug auf die Bibel und besonders unter den Jugendlichen die Ausbildung von Gruppenleitern ins Leben zu rufen, müssen ermutigt werden. Das Bemühen, den Glauben durch das Wort Gottes auch den Fernstehenden und besonders denen, die ernsthaft auf der Suche nach dem Sinn des Lebens sind, bekannt zu machen, muss unterstützt werden.
Viele andere Überlegungen wären noch hinzuzufügen, ich beschränke mich aber darauf, zu unterstreichen, dass der privilegierte Ort, an dem das Wort Gottes, das die Kirche aufbaut, erklingt - wie während der Synode oftmals betont wurde - zweifellos die Liturgie ist. Hier scheint auf, dass die Bibel das Buch eine Volkes und für ein Volk ist; ein Erbe, eine den Lesern übergebene Hinterlassenschaft, damit sie in ihrem Leben die Heilsgeschichte Gegenwart werden lassen, deren schriftliches Zeugnis die Bibel bewahrt. Deshalb gibt es eine Beziehung wechselseitiger, lebenswichtiger Zugehörigkeit zwischen Volk und Buch: die Bibel bleibt ein lebendiges Buch mit dem Volk, seinem Subjekt, das sie liest; das Volk existiert nicht ohne das Buch, denn in ihm findet es seine Daseinsberechtigung, seine Berufung, seine Identität. Diese wechselseitige Zugehörigkeit von Volk und Heiliger Schrift wird in jeder liturgischen Versammlung gefeiert, die durch den Heiligen Geist auf Christus hört, denn er ist es, der spricht, wenn in der Kirche die Schrift gelesen wird und der erneuerte Bund Gottes mit seinem Volk angenommen wird. Schrift und Liturgie stimmen in dem einen Ziel überein, das Volk Gottes zum Dialog mit dem Herrn sowie zum Gehorsam gegenüber dem Willen des Herrn zu führen. Das aus dem Mund Gottes hervorgegangene und in den Schriften bezeugte Wort kehrt zu ihm zurück in der Form der betenden Antwort des Volkes, einer gelebten Antwort, einer Antwort, die der Liebe entspringt (vgl. Jes 55,10-11).
Liebe Brüder und Schwestern, beten wir, damit das erneuerte Hören auf das Wort Gottes durch das Wirken des Heiligen Geistes eine echte Erneuerung der universalen Kirche und jeder kirchlichen Gemeinschaft hervorbringen kann. Wir vertrauen die Früchte dieser Synodenversammlung der mütterlichen Fürsprache der Jungfrau Maria an. Ihr vertraue ich auch die II. Sonderversammlung der Synode für Afrika an, die nächstes Jahr in Rom stattfinden wird. Ich habe die Absicht, mich im nächsten März nach Kamerun zu begeben, um den Vertretern der Bischofskonferenzen Afrikas das Instrumentum laboris dieser Synodenversammlung zu übergeben. Von dort aus werde ich mich, so Gott will, nach Angola begeben, um feierlich den 500. Jahrestag der Evangelisierung des Landes zu begehen. Die allerseligste Jungfrau Maria - die als “Magd des Herrn” ihr Leben hingegeben hat, damit sich alles in Übereinstimmung mit dem Willen Gottes erfülle (vgl. Lk 1,38) und die aufgefordert hat, alles zu tun, was Jesus sagt (vgl. Joh 2,5) - möge uns lehren, in unserem Leben den Primat des Wortes anzuerkennen, das uns allein Rettung schenken kann. Amen!

ANGELUS DOMINI

- ANSPRACHE DES PAPSTES

Am Ende der heiligen Messe zeigte sich der Heilige Vater Benedikt XVI. am Fenster seines Arbeitszimmers im Apostolischen Palast, um mit den auf dem Petersplatz versammelten Gläubigen und Pilgern den Angelus zu beten. Als Einleitung zu dem Mariengebet hielt der Papst folgende Ansprache, bei der er auf die kurz zuvor beschlossene XII. Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode Bezug nahm.

ANSPRACHE DES PAPSTES

Liebe Brüder und Schwestern!
Mit der Eucharistiefeier im Petersdom endete heute vormittag die XII. Generalversammlung der Bischofssynode, die unter dem Thema stand: „Das Wort Gottes im Leben und in der Sendung der Kirche“. Eine jede Synodenversammlung ist eine intensive Erfahrung der ki rchlichen Gemeinschaft; dies trifft um so mehr auf diese letzte Versammlung zu, da im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit das stand, was die Kirche erleuchtet und leitet: das Wort Gottes, das Christus ist. Wir haben jeden Tag in andächtigem Hören verbracht und dabei die ganze Gnade und Schönheit wahrgenommen, seine Jünger und Diener zu sein. Der ursprünglichen Bedeutung des Begriffes „Kirche“ entsprechend haben wir die Freude verspürt, vom Wort zusammengerufen zu sein, und insbesondere in der Liturgie haben wir uns auf den Weg gemacht in der Kirche als unserem verheißenen Land, das uns einen Vorgeschmack auf das Himmelreich gibt.
Ein Aspekt, über den viel nachgedacht wurde, ist das Verhältnis zwischen dem Wort und den Worten, das heißt zwischen dem göttlichen Wort und den Schriften, in denen es zum Ausdruck gebracht wird. Wie das II. Vatikanische Konzil in d er Konstitution Dei Verbum lehrt (Nr. 12), erfordert eine gute Bibelexegese sowohl die historisch-kritische als auch die theologische Methode, da die Heilige Schrift Wort Gottes in menschlichen Worten ist. Dies führt dazu, daß jeder Text so gelesen und ausgelegt werden muß, daß der Einheit der ganzen Schrift, der lebendigen Tradition der Kirche und dem Licht des Glaubens Rechnung getragen wird. Wenn es wahr ist, daß die Bibel auch ein literarisches Werk, ja mehr noch: der große Kodex der universalen Kultur ist, so ist es gleichermaßen wahr, daß sie ihres göttlichen Elements nicht beraubt werden darf, sondern in demselben Geist gelesen werden muß, in dem sie niedergeschrieben worden ist. Wissenschaftliche Exegese und Lectio divina sind somit beide notwendig und ergänzen einander, um über den wörtlichen Sinn hinweg den geistlichen Sinn zu suchen, den Go tt uns heute mitteilen will.
Am Ende der Synodenversammlung haben die Patriarchen der Ostkirchen einen Appell an die Öffentlichkeit gerichtet, den ich mir zueigen mache, um die Aufmerksamkeit der internationalen Gemeinschaft, der Religionsführer und aller Männer und Frauen guten Willens auf jene Tragödie zu lenken, die sich in einigen Ländern des Orients abspielt, wo die Christen Opfer von Intoleranz und grausamen Gewaltakten sind, getötet, bedroht und gezwungen werden, ihr Zuhause zu verlassen und auf der Suche nach einer Zuflucht umherzuirren. Ich denke in diesem Moment vor allem an den Irak und an Indien. Ich bin mir dessen sicher, daß die alten und edlen Völker dieser Nationen im Lauf der Jahrhunderte respektvollen Zusammenlebens gelernt haben, den Beitrag wertzuschätzen, den die kleinen, aber eifrigen und qualifizierten christlichen Minderheiten zum Wachstum der gemeinsamen Heimat leisten. Sie beanspruchen keine Privilegien, sondern wollen nur weiterhin in ihrem Land und zusammen mit ihren Mitbürgern leben können, wie sie es seit jeher getan haben. Die jeweiligen zivilen und religiösen Obrigkeiten bitte ich, es an keiner Anstrengung fehlen zu lassen, damit die Gesetzlichkeit und das zivile Zusammenleben bald wiederhergestellt werden und damit die aufrechten und ehrlichen Bürger wissen, daß sie auf einen angemessenen Schutz seitens der staatlichen Stellen zählen können. Ich bringe die Hoffnung zum Ausdruck, daß die zivilen und religiösen Verantwortlichen aller Länder im Bewußtsein ihrer Rolle als Leiter und Bezugspunkt für ihre Völker bedeutsame und deutliche Gesten der Freundschaft und der Anerkennung gegenüber den Minderheiten tun, seien diese christlich oder zu anderen Religionen gehörig, und daß sie die Verteidigung deren legi timer Rechte als eine Ehrensache betrachten.
Darüber hinaus freut es mich, auch euch, die ihr hier anwesend seid, das bekannt zu geben, was ich gerade während der heiligen Messe angekündigt habe: Im Oktober des kommenden Jahres wird in Rom die 2. Sonderversammlung der Synode für Afrika stattfinden. Zuvor möchte ich, so Gott will, im März nach Afrika reisen. Dabei werde ich zuerst Kamerun besuchen, wo ich den Bischöfen des Kontinents das „Instrumentum laboris“ der Synode überreichen werde, und dann Angola anläßlich des 500. Jahrestages der Evangelisierung jenes Landes. Wir wollen die oben erwähnten Leiden wie auch die Hoffnungen, die wir alle im Herzen tragen, insbesondere die Erwartungen für die Afrikasynode, der Fürsprache der allerseligsten Maria anvertrauen.
 

 

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