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Internationale Theologische Kommission

 

Einige aktuelle Fragen der Eschatologie

(1990)

  

 

Einführung

 

Die heute verbreitete Verwirrung angesichts des Todes und der Existenz nach dem Tod

Ohne die Bekräftigung der Auferstehung Christi wird der christliche Glaube nichtig (1 Kor 15,14). Weil es jedoch eine innere Verbindung zwischen der Tatsache der Auferstehung Christi und der Hoffnung auf unsere künftige Auferstehung gibt (1 Kor 15,12), bildet der auferstandene Christus auch das Fundament unserer Hoffnung, die sich weit über die Grenzen unseres irdischen Lebens hinaus öffnet. Denn „wenn wir unsere Hoffnung nur in diesem Leben auf Christus gesetzt haben, sind wir erbärmlicher daran als alle anderen Menschen“ (1 Kor 15,19). Ohne eine solche Hoffnung wäre es unmöglich, ein christliches Leben zu führen.

Diese Verbindung zwischen der festen Hoffnung auf das künftige Leben und der Möglichkeit, den Anforderungen des christlichen Lebens zu entsprechen, lässt sich mit Klarheit bereits in der frühen Kirche wahrnehmen. Denn damals gedachte man der Tatsache, dass die Apostel durch Leiden die Herrlichkeit erlangt hatten[1]; und auch jene, die zum Martyrium geführt wurden, fanden Kraft in der Hoffnung, durch den Tod zu Christus zu gelangen, und in der Hoffnung auf die eigene künftige Auferstehung[2]. Bis in unsere Zeit gaben die Heiligen, durch diese Hoffnung bewegt und in ihr gegründet, ihr Leben im Martyrium hin oder stellten es in den Dienst Christi und der Schwestern und Brüder. Sie legten ein Zeugnis ab, auf das die übrigen Christen auf ihrem Weg zu Christus schauten und durch das sie gestärkt wurden. Eine solche Hoffnung erhebt das Herz der Christen zu den himmlischen Dingen, ohne sie davon abzuhalten, auch die Pflichten dieser Welt zu erfüllen, denn „die Erwartung der neuen Erde [darf] die Sorge für die Gestaltung dieser Erde nicht abschwächen [...], sondern muss sie im Gegenteil ermutigen“[3].

Die heutige Welt bringt diese christliche Hoffnung jedoch auf vielfältige Weise in Bedrängnis. Denn die Welt von heute ist stark gezeichnet vom Säkularismus, „der in einer autonomistischen Sicht von Mensch und Welt besteht, die von der Dimension des Geheimnisses absieht, sie vernachlässigt oder gar leugnet. Dieser Immanentismus ist eine Verkürzung der umfassenden Sicht des Menschen“[4]. Der Säkularismus bildet gleichsam die Atmosphäre, in der die meisten Christen unserer Zeit leben. Nur mit Mühe können sie sich von seinem Einfluss lösen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass auch bei einigen Christen Verwirrungen über die eschatologische Hoffnung aufkommen. Häufig blicken sie angstvoll auf den bevorstehenden Tod. Sie werden nicht nur gequält durch „den Schmerz und den fortschreitenden Abbau des Leibes, sondern auch, ja noch mehr [durch] die Furcht vor immerwährendem Verlöschen“[5]. Die Christen waren zu allen Zeiten der Geschichte den Versuchungen des Zweifels ausgesetzt. In unseren Tagen scheinen die Ängste vieler Christen jedoch eine Schwäche der Hoffnung anzuzeigen.

Da „Glaube aber ist: Feststehen in dem, was man erhofft, Überzeugtsein von Dingen, die man nicht sieht“ (Hebr 11,1), wird es angebracht sein, sich die Wahrheiten des katholischen Glaubens über das eigene künftige Geschick beständiger vor Augen zu halten. Wir beabsichtigen sie in eine Synthese zusammenzuführen und dabei besonders diejenigen Aspekte hervorzuheben, die unmittelbar eine Antwort auf die heutigen Ängste geben können.

Bevor wir jedoch diese Aufgabe angehen, müssen die Hauptelemente beschrieben werden, aus denen die gegenwärtigen Verwirrungen hervorzugehen scheinen. Es ist zuzugeben, dass in unseren Tagen der Glaube der Christen nicht nur durch Einflüsse erschüttert wird, die als der Kirche äußerlich betrachtet werden müssen. Heute lässt sich die Existenz eines gewissen „theologischen Halbdunkels“ feststellen. Es fehlt nicht an gewissen neuen Interpretationen der Dogmen, die von den Gläubigen so wahrgenommen werden, als werde darin die Gottheit Christi selbst oder die Wirklichkeit seiner Auferstehung in Zweifel gezogen. Aus solchen Meinungen empfangen die Gläubigen keinerlei Stütze für den Glauben, sondern weit eher den Anlass, an vielen anderen Wahrheiten des Glaubens zu zweifeln. Das Bild Christi, das sie aus derartigen Uminterpretationen ableiten, kann ihre Hoffnung nicht schützen. Im unmittelbar eschatologischen Bereich muss erinnert werden an „die in der öffentlichen Meinung weit verbreiteten theologischen Kontroversen, deren Inhalt und Tragweite der große Teil der Gläubigen nicht zu verstehen imstande ist. Man hört, dass die Existenz der Seele und die Bedeutung des Lebens nach dem Tod umstritten sind; ebenso fragt man sich, welche Beziehung zwischen dem Tod des Christen und der universalen Auferstehung besteht. All das verunsichert das christliche Volk, das seinen Sprachgebrauch und seine vertrauten Ausdrücke nicht mehr wiedererkennt“[6]. Solche theologische Zweifel üben häufig einen nicht geringen Einfluss auf die Katechese und auf die Predigt aus, denn in der Vermittlung der Lehre manifestieren sich diese Zweifel entweder aufs Neue oder sie führen dazu, dass die eschatologischen Wahrheiten verschwiegen werden.

Mit dem Phänomen des Säkularismus unmittelbar verbunden ist die – sicher nicht ohne Hilfe der Kommunikationsmedien – weit verbreitete Überzeugung, der Mensch sei ebenso wie alle anderen in Raum und Zeit existierenden Dinge nichts anderes als Materie und werde sich im Tod vollständig auflösen. Weiterhin sorgt die gegenwärtige Kultur, die sich in diesem historischen Kontext herausbildet, mit allen Mitteln dafür, dass der Tod und alle unweigerlich damit verbundenen Fragen in Vergessenheit geraten. Andererseits sieht der Glaube sich erschüttert durch den Pessimismus hinsichtlich der Güte der menschlichen Natur selbst – ein Pessimismus, der aus dem Anwachsen der Ängste und Bedrängnisse hervorgeht. Nach der unermesslichen Grausamkeit, die die Menschen des 20. Jahrhunderts im Zweiten Weltkrieg gezeigt haben, war die Hoffnung recht allgemein verbreitet, dass die Menschen aus der harten Erfahrung gelernt hätten und eine bessere Ordnung der Freiheit und der Gerechtigkeit errichten würden. Doch nach kurzer Zeit folgte eine bittere Enttäuschung: „Ängste und Bedrängnisse haben zugenommen. Auf der ganzen Welt wachsen heute Hunger, Unterdrückung, Ungerechtigkeit und Krieg, Folter und Terrorismus und andere Arten von Gewalt“[7] In den reichen Nationen sehen sich sehr viele hingezogen „zum Götzendienst des mate­riellen Nutzens, des sogenannten Konsumismus" [8] und kümmern sich nicht um ihre Nächsten. Es liegt nahe zu denken, dass der heutige Mensch, der in einem solchen Grade Sklave der Instinkte und Begierden ist und ausschließlich nach irdischen Gütern dürstet, nicht zu einem höheren Ziel bestimmt sei.

So sind viele Menschen im Zweifel, ob der Tod zum Nichts oder zu einem neuen Leben führt. Unter denen, die annehmen, dass es ein Leben nach dem Tod gibt, stellen viele es sich als ein Leben vor, das durch Reinkarnation erneut auf dieser Erde stattfindet, so dass der Lauf unseres irdischen Lebens nicht einzig wäre. Der religiöse Indifferentismus zweifelt am Fundament der Hoffnung auf ein ewiges Leben: Liegt dieses Fundament in der Verheißung Gottes in Jesus Christus oder in einem anderen Erlöser, den wir noch zu erwarten haben? Das „theologische Halbdunkel“ begünstigt diesen Indifferentismus noch weiter, wenn er über das wahre Bild Christi Zweifel weckt, die es vielen Christen schwer machen, auf Ihn zu hoffen.

2. Heute wird die Eschatologie auch aus anderen Beweggründen mit Schweigen übergangen; von diesen Gründen nennen wir hier zumindest einen: das Wiederaufleben der Neigung, eine innerweltliche Eschatologie zu errichten. Es handelt sich um eine Neigung, die in der Theologiegeschichte gut bekannt ist und die seit dem Mittelalter das darstellt, was man „das geistige Erbe des Joachim von Fiore“[9] zu nennen pflegt.

Diese Neigung findet sich bei gewissen Theologen der Befreiung, die so sehr darauf bestehen, dass das Reich Gottes unbedingt bereits innerhalb unserer Geschichte zu errichten sei, dass die Erlösung, die die Geschichte übersteigt, in der Aufmerksamkeit in den Hintergrund zu treten scheint. Sicherlich leugnen solche Theologen in keiner Weise die Wahrheit der Wirklichkeiten, die auf das menschliche Leben und auf die Geschichte folgen. Wenn jedoch das Reich Gottes in einer klassenlosen Gesellschaft angesiedelt ist, dann wird das „Dritte Reich“, in dem das „ewige Evangelium“ (Offb 14,6–7) und das Reich des Geistes in Kraft sind, in einer neuen Form und in Gestalt einer säkularisierten Version dieses Reiches eingeführt[10]. Auf diese Weise wird ein gewisses „Eschaton“ in das Innere der geschichtlichen Zeit verlagert. Dieses „Eschaton“ stellt sich nicht absolut, sondern relativ als „das Letzte“ dar. Die christliche Praxis richtet sich jedoch so ausschließlich darauf, dieses Eschaton zu errichten, dass eine verkürzte Lesart des Evangeliums entsteht, in der das, was zu den absolut letzten Wirklichkeiten gehört, zum großen Teil verschwiegen wird. In diesem Sinne stellt sich in einem solchen theologischen System der Mensch „in die Perspektive eines zeitlichen Messianismus, der eine der radikalsten Ausdrucksformen der Säkularisierung des Reiches Gottes und seines Verschwindens in der Immanenz der menschlichen Geschichte ist“[11].

Die theologale Hoffnung verliert immer dann ihre volle Kraft, wenn sie durch einen politischen Dynamismus ersetzt wird. Das geschieht, wenn aus der politischen Dimension „die wichtigste und ausschließliche Dimension gemacht wird, was zu einer verkürzenden Lesart der Schrift führt“[12]. Es muss darauf aufmerksam gemacht werden, dass keine Form der Eschatologie zulässig ist, die eine verkürzte Lesart des Evangeliums einführt, selbst wenn keinerlei Elemente des marxistischen Systems übernommen werden, die schwer mit dem Christentum zu versöhnen sind.

Es ist bekannt, dass der klassische Marxismus die Religion als das „Opium des Volkes“ betrachtet, insofern die Religion „die Hoffnung des Menschen auf ein künftiges und trügerisches Leben richte und ihn dadurch vom Aufbau der irdischen Gesellschaft ablenke“[13]. Eine solche Anklage entbehrt des objektiven Fundaments. Es ist vielmehr der Materialismus, der den Menschen der wahren Beweggründe beraubt, die Welt aufzubauen. Wofür sollten wir kämpfen, wenn es nichts gibt, was uns nach dem irdischen Leben erwartet? „Lasst uns essen und trinken, denn morgen sind wir tot“ (Jes 22,13). Im Gegenteil, es ist sicher, „dass durch die eschatologische Hoffnung die Bedeutung der irdischen Aufgaben nicht gemindert wird, dass vielmehr ihre Erfüllung durch neue Motive unterbaut wird“[14].

Wir können jedoch nicht ausschließen, dass es nicht wenige Christen gab, die viel an die künftige Welt dachten und einen pietistischen Weg der Abkehr von den sozialen Verpflichtungen einschlugen. Eine solche Vorgehensweise ist abzulehnen. Umgekehrt ist es ebenso wenig gestattet, durch ein Vergessen der künftigen Welt eine rein „temporalistische“ Version des Christentums im persönlichen Leben oder in der pastoralen Arbeit herbeizuführen. Der Begriff der „umfassenden“ Befreiung, den das Lehramt der Kirche[15] vorlegt, wahrt zugleich die Ausgewogenheit und den jeweiligen Reichtum der verschiedenen Elemente der Botschaft des Evangeliums[16]. Daher lehrt uns dieser Ausdruck die wahre Haltung des Christentums und die richtige Weise der pastoralen Tätigkeit, insofern er zeigt, dass wir die falschen und unnützen Gegensätze zwischen der geistlichen Sendung und der Diakonie zugunsten der Welt ablegen und überwinden müssen[17]. Schließlich ist dieser Begriff der wahre Ausdruck der Liebe zu den Schwestern und Brüdern, da er ja anstrebt, sie im absoluten Sinne von jeder Sklaverei zu befreien, an erster Stelle von der Sklaverei des Herzens. Wenn der Christ sich darum sorgt, die anderen im umfassenden Sinne zu befreien, wird er sich in keiner Weise in sich selbst verschließen.

3. Die christliche Antwort auf die Verwirrungen des heutigen Menschen wie auch des Menschen jeder Zeit hält sich an den auferstandenen Christus als Fundament und ist inbegriffen in der Hoffnung auf die künftige Auferstehung in Herrlichkeit für alle, die zu Christus gehören[18]. Diese Auferstehung wird erfolgen nach dem Bilde der Auferstehung Christi selbst: „Wie wir nach dem Bild des Irdischen [Adam] gestaltet wurden, so werden wir auch nach dem Bild des Himmlischen [Adam] gestaltet werden“ (1 Kor 15,49), das heißt nach dem auferstandenen Christus selbst. Unsere Auferstehung wird ein kirchliches Geschehen sein in Verbindung mit der Wiederkunft des Herrn, wenn die volle Zahl der Brüder erreicht sein wird (Offb 6,11). In der Zwischenzeit, unmittelbar nach dem Tod, besteht eine Gemeinschaft der Seligen mit dem auferstandenen Christus, die wenn nötig eine eschatologische Reinigung voraussetzt. Die Gemeinschaft mit dem auferstandenen Christus, die unserer endgültigen Auferstehung vorausgeht, schließt eine bestimmte anthropologische Konzeption und eine Sicht des Todes ein, die spezifisch christlich sind. In Christus, der auferstanden ist, und durch ihn versteht man die „Gemeinschaft der Güter“[19], die zwischen allen Gliedern der Kirche besteht, deren Haupt der auferstandene Herr ist. Christus ist Zweck und Ziel unserer Existenz, zu ihm müssen wir uns mit Hilfe seiner Gnade in diesem kurzen Erdenleben auf den Weg machen. Die ernste Verantwortung lässt sich einsehen durch die unendliche Größe dessen, zu dem wir unterwegs sind. Christus, nicht eine andere irdische Existenz ähnlich der jetzigen, erwarten wir als höchste Erfüllung all unserer Sehnsüchte.

 

Die christliche Auferstehungshoffnung

 

1. Die Auferstehung Christi und unsere Auferstehung

1.1. Der Apostel Paulus schrieb an die Korinther: „Denn vor allem habe ich euch überliefert, was auch ich empfangen habe: Christus ist für unsere Sünden gestorben, gemäß der Schrift, und ist begraben worden. Er ist am dritten Tag auferweckt worden, gemäß der Schrift“ (1 Kor 15,3–4). Jetzt also ist Christus nicht nur in Wahrheit auferstanden, sondern er ist „die Auferstehung und das Leben“ (Joh 11,25) und auch die Hoffnung auf unsere Auferstehung. Daher fügen die Christen heute wie in vergangenen Zeiten im Nizäno-Konstantino­politanischen Glaubensbekenntnis, in derselben Formel „der unsterblichen Tradition der heiligen Kirche Gottes“[20], in der sie den Glauben an Jesus Christus, „auferstanden am dritten Tag gemäß den Schriften“, bekennen, hinzu: „Wir erwarten die Auferstehung der Toten“[21]. In diesem Glaubensbekenntnis finden die Zeugnisse des Neuen Testaments einen Widerhall: „die in Christus Verstorbenen werden auferstehen“ (1 Thess 4,16).

„Christus ist von den Toten auferweckt worden als der erste der Entschlafenen“ (1 Kor 15,20). Diese Redeweise besagt, dass die Tatsache der Auferstehung Christi nicht etwas in sich Geschlossenes ist, sondern dass sie sich einmal ausweiten soll auf diejeni­gen, die in Christus sind. Insofern unsere künftige Auferstehung „die Ausweitung der Auferstehung Christi selbst auf die Menschen“[22] ist, lässt sich leicht verstehen, dass die Auferstehung des Herrn das Vorbild unserer Auferstehung ist. Die Auferstehung Christi ist auch die Ursache unserer künftigen Auferstehung: „Da nämlich durch einen Menschen der Tod gekommen ist, kommt durch einen Menschen auch die Auferstehung der Toten“ (1 Kor 15,21). Durch die Wiedergeburt der Taufe aus der Kirche und dem Heiligen Geist erlangen wir auf sakramentale Weise die Auferstehung im auferstandenen Christus (Kol 2,12). Die Auferstehung derer, die in Christus sind, muss als Höhepunkt des Geheimnisses betrachtet werden, das in der Taufe bereits begonnen hat. Deshalb stellt sie sich dar als die höchste Gemeinschaft mit Christus und mit den Schwestern und Brüdern sowie auch als der höchste Gegenstand der Hoffnung: „Dann werden wir immer beim Herrn sein“ (1 Thess 4,17; „wir werden“ im Plural!). Deshalb wird die endgültige Auferstehung in Herrlichkeit die vollkommenste Gemeinschaft – auch leibhaftig – zwischen den bereits Auferweckten, die zu Christus gehören, und dem verherrlichten Herrn sein. Aus all dem wird klar, dass die Auferstehung des Herrn gleichsam der Ort unserer künftigen Auferstehung in Herrlichkeit ist und dass diese unsere künftige Auferstehung als ein kirchliches Geschehen gedeutet werden muss.

Aufgrund dieses Glaubens werden auch die Christen unserer Zeit, wenn sie die Auferstehung der Toten bekräftigen, verspottet wie Paulus auf dem Areopag (Apg 17,32). Die gegenwärtige Situation ist in diesem Punkt nicht verschieden von derjenigen, die Origenes zu seiner Zeit beschrieb: „Bildet nicht auch das Geheimnis der Auferstehung, weil nicht verstanden, bei den Ungläubigen fortwährend den Gegenstand ihres Gespräches und ihres Spottes?“[23].

Dieser Angriff und dieser Spott führten nicht dazu, dass die Christen der ersten Jahrhunderte aufhörten, den Glauben an die Auferstehung zu bekennen, oder dass die frühen Theologen aufhörten, diesen Glauben auszulegen. Alle Glaubenssymbole finden ebenso wie das bereits zitierte ihren Höhepunkt in diesem Artikel der Auferstehung. Die Auferstehung von den Toten ist „das häufigste monographische Thema der vorkonstantinischen Theologie; es gibt kaum ein Werk der frühkirchlichen Literatur, das nicht von der Auferstehung spricht“[24]. Umso weniger dürfen wir vor dem gegenwärtigen Widerspruch zurückschrecken.

Das Bekenntnis der Auferstehung erfolgt seit der Zeit der Patristik in einer völlig realistischen Weise. Es scheint, dass die Formel „Auferstehung des Fleisches“ in das alte römische Symbolum Eingang fand und später von hier aus in viele andere, um eine spiritualistische Interpretation der Auferstehung zu vermeiden, die unter gnostischem Einfluss einige Christen anzog[25]. Bei der 11. Synode von Toledo (675) wird die Lehre gut überdacht ausgelegt: Die Auferstehung erfolgt „weder in einem luftförmigen noch in irgendeinem anderen Fleisch“; der Glaube bezieht sich auf die Auferstehung „in dem [Fleisch], in dem wir leben, bestehen und uns bewegen“: Dieses Bekenntnis erfolgt nach dem „Beispiel unseres Hauptes“, d.h. im Licht der Auferstehung Christi[26]. Diese letzte Anspielung auf den auferstandenen Christus zeigt, dass der Realismus in der Weise beibehalten werden muss, dass eine Verwandlung unserer Leiber, die auf Erden leben, in verherrlichte Leiber nicht ausgeschlossen wird. Aber ein ätherischer Körper, der eine Neuschöpfung wäre, entspricht nicht der Realität der Auferstehung Christi und würde daher ein mythisches Element mit sich bringen. Die Väter dieser Synode setzen diejenige Auffassung der Auferstehung Christi voraus, die allein mit den biblischen Aussagen über das leere Grab und über die Erscheinungen des auferstandenen Jesus übereinstimmt (man beachte den Gebrauch des Wortes ôphthê, um die Erscheinungen des auferstandenen Herrn auszu­drücken, und zwischen den Erscheinungsberichten die sogenannten „Wiedererkennungsszenen“); diese Auferstehung wahrt jedoch die Spannung zwischen der realen Kontinuität des Leibes (der Leib, der ans Kreuz geschlagen war, ist derselbe Leib, der auferstanden ist und sich den Jüngern offenbarte) und der glorreichen Verwandlung dieses selben Leibes. Der auferstandene Jesus lud die Jünger nicht nur ein, ihn zu berühren, denn „kein Geist hat Fleisch und Knochen, wie ihr es bei mir seht“, sondern er zeigte ihnen die Hände und die Füße, damit sie feststellen konnten, „dass ich selbst es bin“ (Lk 24,39: oti egô eimí autós); in seiner Auferstehung kehrte er jedoch nicht in die Bedingungen des irdischen und sterblichen Lebens zurück. Um so auch den Realismus der künftigen Auferstehung der Toten aufrechtzuerhalten, dürfen wir in keiner Weise vergessen, dass unser wirkliches Fleisch in der Auferstehung dem verherrlichten Leib Christi gleichgestaltet sein wird (Phil 3,21). Dieser Leib, der jetzt seine Gestalt durch die Seele (psychê) empfängt, wird in der Auferstehung in Herrlichkeit seine Gestalt durch den Geist (pneûma) erhalten (1 Kor 15,44).

1.2. In der Geschichte dieses Dogmas (wenigstens seit diejenige Tendenz überwunden war, die im zweiten Jahrhundert unter Einfluss der Gnostiker auftrat) stellt die Tatsache eine Neuerung dar, dass in unserer Zeit einige Theologen diesen Realismus der Kritik unterziehen. Die traditionelle Darstellung der Auferstehung erscheint ihnen übermäßig grob. Besonders die allzu physischen Beschreibungen des Geschehens der Auferstehung bereiten Schwierigkeiten. Deshalb sucht man manchmal Zuflucht bei einer gewissen spiritualistischen Erklärung der Auferstehung. Im Hinblick darauf wird eine neue Interpretation der traditionellen Aussagen über die Auferstehung gefordert.

Die theologische Hermeneutik der eschatologischen Aussagen muss korrekt sein[27]. Man darf sie nicht behandeln wie Aussagen, die sich nur auf die Zukunft beziehen (die als solche einen anderen logischen Status haben als Aussagen über vergangene oder gegenwärtige Wirklichkeiten, die praktisch als beweisbare Objekte beschrieben werden können), denn auch wenn sie im Hinblick auf uns noch nicht eingetreten und in diesem Sinne zukünftig sind, so sind sie doch in Christus schon wirklich geworden.

Um Übertreibungen sowohl durch eine übermäßig physische Beschreibung als auch durch eine Spiritualisierung der Geschehnisse zu vermeiden, können gewisse Grundlinien aufgezeigt werden:

1.2.1. Zu einer spezifisch theologischen Hermeneutik gehört die volle Annahme der offenbarten Wahrheiten. Gott besitzt das Wissen des Künftigen, das er auch dem Menschen als glaubwürdige Wahrheit offenbaren kann.

1.2.2. Dies hat sich offenbart in der Auferstehung Christi, auf die sich die gesamte patristische Literatur bezieht, wenn sie von der Auferstehung der Toten spricht. Was im erwählten Volk in der Hoffnung wuchs, wurde Wirklichkeit in der Auferstehung Christi. Indem sie durch den Glauben angenommen wird, bedeutet die Auferstehung Christi auch etwas Endgültiges für die Auferstehung der Toten.

1.2.3. Man muss eine in der Heiligen Schrift und in der Vernunft begründete Auffassung vom Menschen und von der Welt haben, die geeignet ist, die hohe Berufung des Menschen und der Welt zu erkennen, insofern sie Geschöpfe sind. Mehr noch muss jedoch hervorgehoben werden: „Gott ist das ‚Letzte Ding‘ des Geschöpfs. Er ist als Gewonnener Himmel, als Verlorener Hölle, als Prüfender Gericht, als Reinigender Fegfeuer. Er ist Der, woran das Endliche stirbt und wodurch es zu Ihm, in Ihm aufersteht. Er ist es aber so, wie er der Welt zugewendet ist, nämlich in seinem Sohn Jesus Christus, der die Offenbarkeit Gottes und damit der Inbegriff der ‚Letzten Dinge‘ ist“.[28] Die erforderliche Sorge, den Realismus in der Lehre vom auferstandenen Leib zu erhalten, darf nicht den Vorrang dieses Aspektes der Gemeinschaft (communio) und Verbundenheit (societas) mit Gott in Christus vergessen (diese unsere Gemeinschaft im auferstandenen Christus wird vollkommen sein, wenn auch wir leibhaft auferstanden sein werden), die das letzte Ziel des Menschen, der Kirche und der Welt sind[29].

1.2.4. Auch die Verwerfung des eschatologischen „Doketismus“ erfordert, dass die Gemeinschaft mit Gott im letzten eschatologischen Stadium nicht als eine rein geistige Wirklichkeit verstanden wird. Gott, der uns in seiner Auferstehung zu einer letzten Gemeinschaft einlädt, ist zugleich der Gott der Schöpfung dieser Welt. Auch dieses „erste Werk“ wird am Ende in der Verherrlichung angenommen sein. In diesem Sinne bekräftigt das II. Vatikanische Konzil: „Die Liebe wird bleiben wie das, was sie einst getan hat, und die ganze Schöpfung, die Gott um des Menschen willen schuf, wird von der Knechtschaft der Vergänglichkeit befreit sein“ [30].

1.2.5. Schließlich ist zu beachten, dass es in den Glaubenssymbolen dogmatische Formulierungen voller Realismus im Hinblick auf den Auferstehungsleib gibt. Die Auferstehung erfolgt „in diesem Fleisch, in dem wir jetzt leben“[31]. Derselbe Leib also ist es, der jetzt lebt und der auferstehen wird. Dieser Glaube tritt in der frühen christlichen Theologie klar in Erscheinung. So nimmt der heilige Irenäus die „Verklärung“ des Fleisches an, „wenn dieses sterbliche und verwesliche Fleisch, das auch vom Tod gezeichnet ist“, in der endgültigen Auferstehung „die Unverweslichkeit und Unsterblichkeit angezogen hat“[32]; eine solche Auferstehung aber erfolgt „in denselben [Leibern], in denen sie auch gestorben waren. Wäre es nämlich nicht so gewesen, dann wären auch nicht dieselben, die gestorben waren, auferstanden“[33]. Die Väter dachten also, dass ohne Identität des Leibes die Identität der Person nicht verteidigt werden könne. Die Kirche hat niemals gelehrt, dass dieselbe Materie erforderlich sei, um sagen zu können, dass es sich um denselben Leib handelt. Doch zeigt die Reliquienverehrung, dass die Auferstehung nicht unabhängig von dem Leib, der gelebt hat, erklärt werden kann; in ihr bekennen die Christen, dass die Leiber der Heiligen, „die lebendige Glieder Christi und ein Tempel des Heiligen Geistes waren“, von Christus „auferweckt und verherrlicht werden“[34].

 

2. Die Wiederkunft Christi, unsere Auferstehung

2.1. Der Auferstehung der Toten wird im Neuen Testament ein bestimmter Zeitpunkt zugeordnet. Nachdem Paulus verkündigt hat, dass die Auferstehung der Toten durch Christus und in Christus stattfinden wird, fügt er hinzu: „Es gibt aber eine bestimmte Reihenfolge: Erster ist Christus; dann folgen, wenn Christus kommt, alle, die zu ihm gehören“ (1 Kor 15,23: en tê parousía autou). Ein konkretes Ereignis wird als Zeitpunkt der Auferstehung der Toten angegeben. Mit dem griechischen Wort parousía wird die zweite, noch ausstehende Ankunft des Herrn in Herrlichkeit bezeichnet, die sich von der ersten Ankunft in Niedrigkeit unterscheidet[35]: die Offenbarung der Herrlichkeit (Tit 2,13) und die Offenbarung der Wiederkunft (2 Thess 2,8) beziehen sich auf dieselbe Ankunft. Dasselbe Ereignis findet Ausdruck im Evangelium nach Johannes (6,54) mit den Worten „am Letzten Tag“ (vgl. auch Joh 6,39–40). Dieselbe Verbindung der Ereignisse findet sich in der lebendigen Beschreibung des ersten Briefes an die Thessalonicher 4,16–17 und wird durch die große Tradition der Väter bekräftigt: „Bei seiner [Christi] Ankunft müssen alle Menschen auferstehen“.[36]

Dieser Aussage steht die Theorie der „Auferstehung im Tode“ entgegen. In ihrer hauptsächlich verbreiteten Form wird sie in einer Weise erläutert, die einhergeht mit einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des Realismus der Auferstehung, denn sie behauptet eine Auferstehung ohne Beziehung zum Leib, der gelebt hat und nun tot ist. Die Theologen, die von der Auferstehung im Tod sprechen, wollen die Existenz einer „getrennten Seele“ (anima separata) nach dem Tod ausschließen, die sie für ein Relikt des Platonismus halten. Sehr verständlich ist die Furcht, die die theologischen Befürworter einer Auferstehung im Tod bewegt; der Platonismus wäre eine schwerwiegende Abweichung vom christlichen Glauben. Für den Glauben ist der Leib nicht ein Gefängnis, aus dem die Seele sich zu befreien hätte. Gerade deshalb ist es jedoch nicht recht verständlich, weshalb Theologen, die den Platonismus fliehen, die endgültige Leibhaftigkeit bzw. die Auferstehung so aussagen, dass nicht zu ersehen ist, dass es sich wirklich noch um „dieses Fleisch, in dem wir jetzt leben“[37], handelt. Die alten Glaubensformeln sprachen mit anderer Kraft von der Auferweckung desselben Leibes, der jetzt lebt.

Die begriffliche Trennung zwischen Leib und Leichnam oder die Einführung von zwei verschiedenen Begriffen in der Auffassung des Leibes (der Unterschied wird im Deutschen mit den Worten „Leib“ und „Körper“ ausgedrückt, während er in vielen anderen Sprachen nicht einmal ausgedrückt werden kann) werden außerhalb akademischer Kreise kaum verstanden. Die pastorale Erfahrung lehrt, dass das christliche Volk mit großer Verwirrung Predigten hört, in denen – während man einen Leichnam beerdigt – behauptet wird, dieser Tote sei bereits auferstanden. Es ist zu befürchten, dass solche Predigten einen negativen Einfluss auf die Gläubigen ausüben, insofern sie die gegenwärtige Verwirrung in der Lehre begünstigen können. In dieser säkularisierten Welt, in der sich die Gläubigen durch den Materialismus des totalen Todes in den Bann gezogen sehen, wäre es noch viel schwerwiegender, ihre Ratlosigkeit zu vermehren.

Andererseits ist die Parusie im Neuen Testament ein konkretes Ereignis, das die Geschichte abschließt. Den neutestamentlichen Texten wird Gewalt angetan, wenn man die Parusie als ein andauerndes Geschehen auslegen will, das nichts anderes sei als die Begegnung des Individuums mit dem Herrn in seinem eigenen Tod.

2.2. „Am letzten Tag“ (Joh 6,54), wenn die Menschen in Herrlichkeit auferstehen, werden sie die vollständige Gemeinschaft mit dem auferstandenen Christus erlangen. Das ist klar zu ersehen, weil die Gemeinschaft des Menschen mit Christus dann einhergehen wird mit der vollen existentiellen Realität beider. Sobald die Geschichte an ihr Ende gekommen ist, wird im übrigen die Auferstehung aller Mitknechte und Brüder den mystischen Leib Christi vervollständigen (Offb 6,11). Deshalb betonte Origenes: „Es ist ein einziger Leib, von dem es heißt, dass er im Gericht aufersteht“.[38] Mit Recht bekannte die 11. Synode von Toledo nicht nur, dass die glorreiche Auferstehung der Toten nach dem Beispiel des auferstandenen Christus erfolge, sondern nach dem „Beispiel unseres Hauptes[39].

Dieser gemeinschaftliche Aspekt der endgültigen Auferstehung scheint sich in der Theorie der Auferstehung im Tod aufzulösen, da sich eine solche Auferstehung eher in einen individuellen Prozess umwandelt. Daher fehlt es unter den Theologen, die der Theorie der Auferstehung im Tod zuneigen, nicht an solchen, die die Lösung in einem so genannten Atemporalismus gesucht haben: Sie behaupten, dass nach dem Tod in keiner Weise Zeit existieren könne, und erkennen zwar an, dass von dieser Welt aus betrachtet die Menschen nacheinander sterben, jedoch meinen sie, dass die Menschen im Leben nach dem Tode, in dem es keine Art von Zeit mehr geben werde, zugleich auferstehen. Dieser Versuch eines Atemporalismus, demzufolge die individuellen, aufeinander folgenden Tode und die kollektive gleichzeitige Auferstehung zusammenfallen, schließt den Rückgriff auf eine Philosophie der Zeit ein, die dem biblischen Denken fremd ist. Die Redeweise des Neuen Testamentes über die Seelen der Märtyrer scheint sie weder jeder Wirklichkeit einer zeitlichen Abfolge noch jeglicher Wahrnehmung einer solchen Abfolge zu entziehen (Offb 6,9–11). In ähnlicher Weise gilt: Wenn es keinerlei Aspekt von Zeit nach dem Tod gäbe, nicht einmal eine bloß analoge im Vergleich zur irdischen Zeit, wäre nicht leicht zu verstehen, weshalb Paulus zu den Thessalonichern, die nach dem Los der Verstorbenen fragten, in futurischen Formulierungen über ihre Auferstehung spricht (anastêsontai) (1 Thess 4,13–18). Außerdem scheint eine radikale Negation jeder Vorstellung von Zeit für die so verstandenen Auferstehungen, die sowohl gleichzeitig sind als auch im Tod erfolgen, die wahre Leibhaftigkeit der Auferstehung nicht ­hinreichend zu berücksichtigen; denn man kann sich nicht für einen wahren Leib aussprechen, der jeder Vorstellung von Zeit fremd ist. Auch die Seelen der Seligen, insofern sie sich in Gemeinschaft mit Christus befinden und in einer wirklich leibhaften Weise auferweckt sind, können nicht ohne irgendeine Verbindung mit der Zeit betrachtet werden.

 

3. Die unmittelbare Gemeinschaft mit Christus nach dem Tod gemäß dem Neuen Testament

3.1. Die frühen Christen, ob sie die Parusie nun für nahe bevorstehend oder noch für weit entfernt hielten, lernten bald aus Erfahrung, dass einige von ihnen vor der Parusie durch den Tod hinweggerafft wurden. Paulus tröstete diejenigen, die über das Los dieser Verstorbenen besorgt waren, indem er sie an die Lehre der künftigen Auferstehung der verstorbenen Gläubigen erinnerte: „Zuerst werden die in Christus Verstorbenen auferstehen“ (1 Thess 4,16). Diese Überzeugung des Glaubens ließ andere Fragen offen, die sich bald stellen mussten, z.B.: In welchem Zustand befinden sich in der Zwischenzeit die Verstorbenen? Für diese Frage war es nicht nötig, eine vollständig neue Antwort auszuarbeiten, denn in der gesamten biblischen Tradition fanden sich schon seit langem Elemente für eine Lösung. Das Volk Israel dachte seit den ersten Etappen seiner Geschichte, die uns bekannt sind, dass etwas von den Menschen nach dem Tod Bestand habe. Dieser Gedanke erscheint bereits in der ältesten Vorstellung dessen, was Sheol genannt wird.

3.2. Die alte jüdische Auffassung von der Sheol war im ersten Stadium ihrer Entwicklung recht unvollkommen. Man dachte, sie befinde sich als Gegenpol zum Himmel unter der Erde. Daher bildete sich der Ausdruck „hinabsteigen in die Sheol “ (Gen 37,35; Ps 55,16 usw.). Die dort wohnen, heißen refaim. Dieses hebräische Wort verfügt nicht über einen Singular, was anzuzeigen scheint, dass man einem individuellen Leben dieser Verstorbenen keine Aufmerksamkeit schenkte. Sie loben Gott nicht und sind von ihm getrennt. Alle haben, wie eine anonyme Masse, dasselbe Schicksal. In diesem Sinne schließt die Fortdauer nach dem Tode, die ihnen zugeschrieben wird, noch nicht die Idee einer Vergeltung ein.

3.3. Gleichzeitig mit dieser Vorstellung beginnt der Glaube Israels sich zu zeigen, der darauf vertraut, dass die Allmacht Gottes jemanden aus der Sheol herausführen kann (1 Sam 2,6; Am 9,2 usw.). Durch diesen Glauben wird die Idee der Auferstehung der Toten vorbereitet, der in Dan 12,2 und in Jes 26,19 Ausdruck findet und der zur Zeit Jesu unter den Juden weit vorherrscht, mit der bekannten Ausnahme der Sadduzäer (Mk 12,18).

Der Glaube an die Auferstehung führt zu einer Weiterentwicklung in der Weise, von der Sheol zu denken. Die Sheol wird nicht mehr als ein gemeinsamer Wohnort der Toten aufgefasst, sondern als unterteilt in zwei Stockwerke, von denen eines für die Gerechten und das andere für die Gottlosen bestimmt ist. Die Toten befinden sich darin bis zum Jüngsten Gericht, bei dem der endgültige Urteilsspruch verkündet wird; doch bereits in diesen verschiedenen Stockwerken empfangen sie in anfänglicher Weise die verdiente Vergeltung. Diese Auffassungsweise zeigt sich im Äthiopischen Henochbuch 22[40] und ist vorausgesetzt in Lk 16,19–31.

3.4. Im Neuen Testament wird ein gewisses Zwischenstadium dieses Typs bestätigt, insofern das Weiterleben unmittelbar nach dem Tod als ein Thema gelehrt wird, das sich von der Auferstehung unterscheidet, die ganz sicher im Neuen Testament niemals mit dem Tod in Verbindung gebracht wird. Es ist hinzuzufügen, dass bei der Aussage über dieses Weiterleben als zentrale Idee die Gemeinschaft mit Christus betont wird.

So verspricht der gekreuzigte Jesus dem guten Schächer: „Amen, ich sage dir: heute noch wirst du mit mir im Paradies sein“ (Lk 23,43). Das Paradies ist ein jüdischer Terminus technicus, der dem Ausdruck „Gan Eden“ entspricht. Er wird jedoch ausgesagt, ohne weiter beschrieben zu werden; der zentrale Gedanke besteht darin, dass Jesus den guten Schächer unmittelbar nach dem Tod in die Gemeinschaft mit sich selbst aufnehmen will. Stephanus zeigt bei der Steinigung dieselbe Hoffnung. In den Worten „Ich sehe den Himmel offen und den Menschensohn zur Rechten Gottes stehen“ (Apg 7,56), zusammen mit seinem letzten Gebet „Herr Jesus, nimm meinen Geist auf!“ (Apg 7,59), bekräftigt er seine Hoffnung, unmittelbar von Jesus in dessen Gemeinschaft aufgenommen zu werden.

In Joh 14,1–3 spricht Jesus zu seinen Jüngern über die vielen Wohnungen, die es im Hause seines Vaters gibt: „Wenn ich gegangen bin und einen Platz für euch vorbereitet habe, komme ich wieder und werde euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid, wo ich bin“ (14,3). Es lässt sich kaum bezweifeln, dass diese Worte sich auf die Zeit des Todes der Jünger beziehen und nicht auf die Parusie, die im Evangelium nach Johannes zweitrangig wird (allerdings nicht im ersten Johannesbrief). Von neuem steht die Idee der Gemeinschaft mit Christus im Zentrum. Er ist nicht nur „der Weg, [sondern auch] die Wahrheit und das Leben“ (Joh 14,6). Zu vermerken ist die Ähnlichkeit der Worte zwischen „monaí“ (Wohnungen) und „ménein“ (bleiben). Jesus ermahnt uns unter Bezug auf das irdische Leben: „Bleibt in mir, dann bleibe ich in euch“ (Joh 15,4), „bleibt in meiner Liebe“ (15,9). Schon auf Erden gilt: „Wenn jemand mich liebt, wird er an meinem Wort festhalten; mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und bei ihm wohnen (monên)“ (Joh 14,23). Diese „Wohnung“, die Gemeinschaft ist, wird jenseits des Todes intensiver.

3.5. Paulus verdient besondere Aufmerksamkeit. Sein Hauptabschnitt über das Zwischenstadium ist Phil 1,21–24: „Denn für mich ist Christus das Leben, und Sterben Gewinn. Wenn ich aber weiterleben soll, bedeutet das für mich fruchtbare Arbeit. Was soll ich wählen? Ich weiß es nicht. Es zieht mich nach beiden Seiten: Ich sehne mich danach, aufzubrechen und bei Christus zu sein – um wie viel besser wäre das! Aber euretwegen ist es notwendiger, dass ich am Leben bleibe“. In Vers 21 ist „das Leben“ (tò zên) Subjekt, „Christus“ ist Prädikat. So wird immer die Idee der Gemeinschaft mit Christus betont, die auf Erden angefangen hat und als der einzige Gegenstand der Hoffnung im Stadium nach dem Tod verkündet wird: „bei Christus sein“ (1,23). Die Gemeinschaft nach dem Tod wird intensiver, und deshalb ist das Stadium nach dem Tod ersehnenswert.

Aus dem Vorgehen des Paulus spricht keine Verachtung des irdischen Lebens; schließlich entscheidet er sich für das Verbleiben „im Fleisch“ (Phil 1,25). Paulus ersehnt nicht von Natur aus den Tod (2 Kor 5,2–4). Den Leib zu verlieren, ist schmerzvoll. Es ist üblich, die Haltungen des Sokrates und Jesu angesichts des Todes gegenüberzustellen. Sokrates betrachtet den Tod als eine Befreiung der Seele im Hinblick auf den Kerker oder das Grab (sôma) des Leibes (sôma); Jesus, der sich hingibt für die Sünden der Welt (Joh 10,15), empfindet im Garten Gethsemani auch Furcht vor dem nahenden Tod (Mk 14,32). Die Haltung des Paulus entbehrt nicht der Ähnlichkeit mit der Haltung Jesu. Das Stadium nach dem Tod ist einzig deshalb zu ersehnen, weil es im Neuen Testament immer (mit Ausnahme von Lk 14,19–31, wo der Kontext ein ganz anderer ist) Gemeinschaft mit Christus bedeutet.

Es wäre völlig falsch zu behaupten, dass Paulus eine Entwicklung durchgemacht habe, in der er vom Glauben an die Auferstehung zur Hoffnung auf Unsterblichkeit übergegangen sei. Beides besteht bei ihm von Anfang an gleichzeitig. In demselben Brief an die Philipper, in dem er den Beweggrund darlegt, aus dem man den Zwischenzustand ersehnen kann, spricht er mit Freude von der Hoffnung auf die Wiederkunft des Herrn, „der unseren armseligen Leib verwandeln wird in die Gestalt seines verherrlichten Leibes“ (Phil 3,21). Das Zwischenstadium wird jedoch als vorübergehend aufgefasst, zweifellos als erstrebenswert um der darin enthaltenen Einheit mit Christus willen, jedoch so, dass die höchste Hoffnung immer die Auferstehung der Leiber bleibt: „Denn dieses Vergängliche muss sich mit Unvergänglichkeit bekleiden und dieses Sterbliche mit Unsterblichkeit“ (1 Kor 15,53).

 

4. Die Wirklichkeit der Auferstehung im gegenwärtigen theologischen Kontext

4.1 Es ist leicht zu verstehen, dass ausgehend von dieser doppelten Linie in der Lehre des Neuen Testaments die ganze christliche Tradition, ohne bedeutende Ausnahmen, fast bis in unsere Zeit hinein den Gegenstand der eschatologischen Hoffnung als in zwei Phasen konstituiert verstanden hat. Sie glaubt, dass zwischen dem Tod des Menschen und dem Ende der Welt ein bewusstes Element des Menschen Bestand hat, das mit dem Namen „Seele“ (psychê) bezeichnet wird, der auch in der Heiligen Schrift Verwendung findet (Weish 3,1; Mt 10,28) und bereits dort das Subjekt der Vergeltung ist. Bei der Wiederkunft des Herrn, die auf das Ende der Geschichte folgt, wird die selige Auferstehung „derer, die zu Christus gehören“ (1 Kor 15,23), erwartet. Von da an beginnt die ewige Verherrlichung des ganzen bereits auferstandenen Menschen, unbeschadet der Kontinuität und der Identität im Fortbestand [subsistentia] zwischen dem Menschen, der gelebt hat, und dem Menschen, der auferweckt werden wird; dank dieses Fortbestandes hört der konkrete Mensch niemals ganz auf zu existieren.

4.2. Als Ausnahmen von dieser Tradition müssen gewisse Christen des zweiten Jahrhunderts in Erinnerung gerufen werden, die sich unter dem Einfluss der Gnostiker der „Erlösung des Fleisches“ widersetzten und als Auferstehung das bloße Weiterleben der Seele, ausgestattet mit einer gewissen Körperlichkeit, bezeichneten[41]. Eine andere Ausnahme ist der Thnetopsychismus des Tatian und einiger arabischer Häretiker, die annahmen, der Mensch sterbe so vollständig, dass nicht einmal seine Seele weiterlebe. Die endgültige Auferstehung wurde verstanden als eine neue Schöpfung aus dem Nichts, aus dem toten Menschen[42].

Seit diesen Häresien bis fast in unsere Zeit hinein gab es praktisch keine einzige Ausnahme in dieser Thematik. Martin Luther stellt keine Ausnahme dar, da er die eschatologische Zweiphasigkeit zugesteht. Für ihn ist der Tod „die Trennung der Seele vom Leib“[43]; er hält daran fest, dass die Seelen zwischen dem Tod und der endgültigen Auferstehung weiterleben, auch wenn er Zweifel über die Weise zum Ausdruck bringt, wie das Stadium vorzustellen ist, in dem sich die Seelen zwischen dem Tod und der Auferstehung befinden: bisweilen gestand er zu, dass die Heiligen vielleicht im Himmel für uns beten[44], während er an anderen Stellen eher meinte, dass sich die Seelen in einem Zustand des Schlafes befinden[45]. Niemals negierte er jedoch den Zwischenzustand, selbst wenn er ihn in einer Weise deutete, die vom katholischen Glauben verschieden ist[46]. Die lutherische Orthodoxie bewahrte die Zweiphasigkeit, während sie die Idee des Seelenschlafs aufgab.

4.3. Zum ersten Mal beginnt sich im 20. Jahrhundert eine Ablehnung der Zweiphasigkeit zu verbreiten. Die neue Tendenz kam bei einigen evangelischen Theologen auf, und zwar in der Form des Ganztodes (wie der alte Thnetopsychismus) und der Auferstehung am Ende der Zeiten, die als Schöpfung aus dem Nichts erklärt wurde. Die Gründe, auf die man sich berief, waren vorwiegend konfessionelle: der Mensch könne vor Gott nichts Eigenes vorweisen, nicht nur keine Werke, sondern eben so wenig die naturhafte Unsterblichkeit der Seele; der Ernst des Todes werde nur gewahrt, wenn dieser den ganzen Menschen betreffe und nicht nur den Leib; wenn der Tod eine Strafe für die Sünde und der ganze Mensch Sünder sei, müsse der ganze Mensch vom Tod betroffen sein, andernfalls würde man zu verstehen geben, dass die Seele, in der sich die Wurzel der Sünde befindet, vom Tod befreit sei. Nach und nach begann auf fast programmatische Weise die Vorlage eines neuen eschatologischen Schemas: allein die Auferstehung anstelle von Unsterblichkeit und Auferstehung.

Diese erste Form der Tendenz brachte viele Schwierigkeiten mit sich: Wenn der ganze Mensch im Tod verschwindet, könnte Gott einen Menschen erschaffen, der diesem vollständig gleich wäre; wenn aber zwischen beiden keine existentielle Kontinuität bestünde, könnte der zweite Mensch nicht derselbe sein wie der erste. Deshalb wurden neue Theorien ausgearbeitet, die die Auferstehung im Tod behaupten, bei der kein Leerraum zwischen dem Tod und der Parusie aufkommt. Man muss zugeben, dass auf diese Weise ein Thema eingeführt wurde, das dem Neuen Testament unbekannt ist, da das Neue Testament immer von der Auferstehung bei der Parusie und niemals im Tod des Menschen spricht[47].

Als die neue Tendenz begann, sich auf einige katholische Theologen zu übertragen, erachtete der Heilige Stuhl sie in einem Brief, der an alle Bischöfe gerichtet war [48], als nicht im Einklang stehend mit einem legitimen theologischen Pluralismus.

4.4. Alle diese Theorien müssten beurteilt werden mit einer ernsthaften Erwägung des biblischen Zeugnisses und der Geschichte der Tradition sowohl im Hinblick auf die Eschatologie selbst als auch im Hinblick auf ihre anthropologischen Voraussetzungen. Doch darüber hinaus könnte man sich mit Recht fragen, ob eine Theorie leicht alle Beweggründe ablegen kann, die zu ihrem Entstehen führten. Das muss besonders dann berücksichtigt werden, wenn eine bestimmte theologische Linie in der Tat aus konfessionellen, nicht-katholischen Prinzipien hervorgegangen ist.

Weiterhin müssten die Nachteile für den ökumenischen Dialog beachtet werden, die aus dem neuen Verständnis hervorgehen würden. Auch wenn die neue Tendenz unter einigen evangelischen Theologen entstanden ist, so entspricht sie doch nicht der großen Tradition der lutherischen Orthodoxie, die auch jetzt unter den Gläubigen dieser Konfession vorherrscht. Bei den getrennten Christen des Ostens ist die Überzeugung von einer Eschatologie der Seelen, die der Auferstehung der Toten vorausgeht, noch stärker. Alle diese Christen halten die Eschatologie der Seelen für nötig, weil sie die Auferstehung der Toten in Verbindung mit der Parusie Christi sehen [49]. Mehr noch, wenn wir über den Bereich der christlichen Konfessionen hinausblicken, muss bedacht werden, dass die Eschatologie der Seelen weitgehend ein Gemeingut bei den nicht-christlichen Religionen ist.

Im traditionellen christlichen Denken ist die Eschatologie der Seelen ein Stadium, in dem im Verlauf der Geschichte die Schwestern und Brüder in Christus sich nach und nach mit ihm und in ihm vereinigen. Der Gedanke der familienhaften Vereinigung der Seelen durch den Tod, der nicht wenigen afrikanischen Religionen bekannt ist, bietet Gelegenheit für den interreligiösen Dialog mit ihnen. Schließlich muss hinzugefügt werden, dass im Christentum eine solche Vereinigung am Ende der Geschichte zu ihrem Höhepunkt kommt, wenn alle Menschen durch die Auferstehung zu ihrer vollen existentiellen und auch leibhaftigen Wirklichkeit geführt werden.

4.5. In der Geschichte dieser Frage wurde später eine andere Argumentationsweise zugunsten nur einer einzigen Phase vorgelegt. Man wendet ein, das Schema der Zweiphasigkeit stamme aus einer hellenistischen Entstellung. Die einzige biblische Vorstellung sei die der Auferstehung; im Gegensatz dazu sei die Unsterblichkeit der Seele aus der griechischen Philosophie hervorgegangen. Folgerichtig wird vorgeschlagen, die christliche Eschatologie von jedem hellenistischen Zusatz zu reinigen.

Es ist anzuerkennen, dass die Idee der Auferstehung in der Heiligen Schrift recht jung ist (Dan 12,1–3 ist diesbezüglich der erste fraglose Text). Die älteste Auffassung der Juden besagte eher die Fortdauer der Schatten der Menschen, die gelebt haben (refaim) in einer gemeinsamen Wohnstatt der Toten (sheol), die von ihren Gräbern unterschieden ist. Diese Denkweise ist recht ähnlich der Art, wie Homer von den Seelen (psychaí) in der Unterwelt (hadês) sprach. Diese Parallele zwischen der hebräischen und der griechischen Kultur, die auch in anderen Epochen besteht, lässt an deren angeblichem Gegensatz zweifeln. In der Antike waren an allen Küsten des Mittelmeeres die kulturellen Ähnlichkeiten und die gegenseitigen Einflüsse viel grösser, als oft angenommen wird, und sie stellen auch kein Phänomen dar, das der Heiligen Schrift gegenüber sekundär wäre und ihre Botschaft entstellen würde.

Andererseits kann nicht angenommen werden, dass einzig die hebräischen Kategorien ein Instrument der göttlichen Offenbarung gewesen seien. Gott hat „viele Male und auf vielerlei Weise“ gesprochen (Hebr 1,1). Es ist undenkbar, dass die Bücher der Heiligen Schrift, in denen die Inspiration sich in Worten und Begriffen der griechischen Kultur ausdrückt, darum weniger Autorität besäßen als diejenigen, die in hebräischer oder aramäischer Sprache geschrieben wurden.

Schließlich ist es nicht möglich, von einer hebräischen und einer griechischen Mentalität zu sprechen, als ob es sich um einförmige Einheiten handelte. Die unvollkommenen Vorstellungen der Patriarchen wurden durch die spätere Offenbarung geschliffen. Die griechische Philosophie ihrerseits lässt sich nicht auf den Platonismus oder auf den Neuplatonismus einschränken. Das darf nicht vergessen werden, existierten doch viele Kontakte der Väter nicht nur mit dem mittleren Platonismus, sondern auch mit der Stoa [50]. Aus diesem Grunde müssten sowohl die Geschichte der Offenbarung und der Tradition als auch die Beziehungen zwischen der hebräischen und der griechischen Kultur in differenzierterer Weise dargelegt werden.

 

5. Der zur Auferstehung berufene Mensch

5.1. Das II. Vatikanische Konzil lehrt: „In Leib und Seele einer, vereint der Mensch durch seine Leiblichkeit die Elemente der stofflichen Welt in sich: Durch ihn erreichen diese die Höhe ihrer Bestimmung und erheben ihre Stimme zum freien Lob des Schöpfers [...]. Der Mensch irrt aber nicht, wenn er seinen Vorrang vor den körperlichen Dingen bejaht und sich selbst nicht nur als Teil der Natur oder als anonymes Element in der menschlichen Gesellschaft betrachtet, denn in seiner Innerlichkeit übersteigt er die Gesamtheit der Dinge. In diese Tiefe geht er zurück, wenn er in sein Herz einkehrt, wo Gott ihn erwartet, der die Herzen durchforscht, und wo er selbst unter den Augen Gottes über sein eigenes Geschick entscheidet. Wenn er daher die Geistigkeit und Unsterblichkeit seiner Seele bejaht, wird er nicht zum Opfer einer trügerischen Einbildung, die sich von bloß physischen und gesellschaftlichen Voraussetzungen herleitet, sondern erreicht er im Gegenteil die tiefe Wahrheit der Wirklichkeit“[51]. Mit diesen Worten erkennt das Konzil den Wert der spontanen und elementaren Erfahrung an, durch die der Mensch wahrnimmt, dass er allen anderen irdischen Geschöpfen übergeordnet ist, und sich gewiss ist, dass er durch Erkenntnis und Liebe Gottes teilhaftig werden kann. Der grundlegende Unterschied zwischen den Menschen und jenen anderen Geschöpfen zeigt sich im eingeborenen Streben nach Glückseligkeit. Es bewirkt, dass der Mensch die Vorstellung einer vollständigen Zerstörung seiner Person verwirft und verabscheut. Die Seele beziehungsweise der „Keim der Ewigkeit im Menschen lässt sich nicht auf die bloße Materie zurückführen und wehrt sich gegen den Tod“[52]. Weil diese unsterbliche Seele geistig ist, hält die Kirche daran fest, dass Gott ihr Schöpfer in jedem Menschen ist [53].

Diese Anthropologie macht die schon genannte zweiphasige Eschatologie möglich. Weil diese christliche Anthropologie eine Dualität von Elementen einschließt (das Schema „Leib – Seele“), die sich so trennen können, dass eines der beiden („die geistige und unsterbliche Seele“) getrennt fortbesteht und weiterlebt, ist sie manchmal des platonischen Dualismus angeklagt worden. Das Wort „Dualismus“ kann in vielerlei Weise verstanden werden. Wenn man daher von der christlichen Anthropologie spricht, ist es besser, das Wort „Dualität“ zu verwenden. Weil andererseits in der christlichen Tradition der Zustand des Weiterlebens der Seele nach dem Tod nicht endgültig und auch nicht der ontologisch höchste Zustand ist, sondern ein „Zwischenzustand“, vorübergehend und hingeordnet auf das letzte Ziel, die Auferstehung, besitzt die christliche Anthropologie ganz eigene Charakterzüge und ist verschieden von der bekannten Anthropologie der Platoniker[54].

5.2. Außerdem kann die christliche Anthropologie schon deshalb nicht mit dem platonischen Dualismus verwechselt werden, weil in ihr der Mensch nicht nur Seele ist, so dass der Leib wie ein Kerker verachtet würde. Der Christ schämt sich seines Leibes nicht, wie etwa Plotin[55]. Die Hoffnung auf die Auferstehung würde den Platonikern absurd erscheinen, weil sich die Hoffnung nicht auf eine Rückkehr in den Kerker setzen lässt. Diese Hoffnung auf die Auferstehung ist jedoch im Neuen Testament zentral. Als Folge dieser Hoffnung betrachtete die frühe christliche Theologie die getrennte Seele als „halben Menschen“ und leitete daraus die Angemessenheit ab, dass später die Auferstehung folge: „O wie unwürdig wäre es für Gott, einen halben Menschen zur Erlösung zu erheben“[56]. Der heiligen Augustinus bringt gut den gemeinsamen Sinn der Väter zum Ausdruck, wenn er über die getrennte Seele schreibt, dass ihr „ein gewisser natürlicher Drang innewohnt, ihren Leib zu leiten [...] solange ihr der Leib nicht untersteht, dessen Leitung jener Drang zu seiner Stillung braucht[57].

5.3. Die duale Anthropologie begegnet uns in Mt 10,28: „Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können, sondern fürchtet euch vor dem, der Seele und Leib ins Verderben der Hölle stürzen kann“. Wenn wir dieses „Logion“ im Licht der zeitgenössischen Anthropologie und Eschatologie hören, lehrt es uns, dass es eine von Gott gewollte Tatsache ist, dass die Seele nach dem irdischen Tod weiterlebt, bis sie in der Auferstehung aufs Neue eins wird mit dem Leib. Man braucht sich nicht zu wundern, dass der Herr diese Worte aus Anlass der von ihm vorgetragenen Lehre über das Martyrium verkündet hat. Die biblische Geschichte zeigt, dass das Martyrium für die Wahrheit auch den privilegierten Moment darstellt, an dem im Licht des Glaubens ebenso die von Gott vollzogene Schöpfung wie die künftige eschatologische Auferstehung und die Verheißung des ewigen Lebens erhellt werden (2 Makk 7,9.11.14.22–23.28 und 36).

Auch im Buch der Weisheit steht die Offenbarung der Eschatologie der Seelen in einem Kontext, in dem von denjenigen gesprochen wird, die „in den Augen der Menschen gestraft“ wurden (Weish 3,4). „In den Augen der Toren sind sie gestorben, ihr Heimgang gilt als Unglück“ (Weish 3,2), doch: „Die Seelen der Gerechten sind in Gottes Hand“ (Weish 3,1). Diese Eschatologie der Seelen ist in demselben Buch verbunden mit der klaren Bekräftigung der Macht Gottes, die Auferstehung der Menschen zu bewirken (Weish 16,13–14).

5.4. Die Kirche nimmt in Treue die Worte des Herrn in Mt 10,28 an und „behauptet die Fortdauer und das Fortbestehen eines geistigen Elementes nach dem Tod, das mit Bewusstsein und Wille begabt ist, so dass das ‚menschliche Ich‘ selbst, in der Zwischenzeit jedoch ohne die Ergänzung seines Leibes, fortbesteht“[58]. Diese Aussage gründet in der charakte­ri­stischen Dualität der christlichen Anthropologie.

Dennoch werden dieser Aussage manchmal einige Worte des hl. Thomas entgegengehalten, der behauptet: „Meine Seele ist nicht das ‚Ich‘“.[59] Der Kontext dieser Aussage ist jedoch bestimmt durch die unmittelbar vorausgehenden Worte, in denen betont wird, dass die Seele ein Teil des Menschen ist. Diese Lehre durchzieht die ganze Summa theologiae des hl. Thomas; wenn eingewandt wird: „Die getrennte Seele ist Einzelsubstanz einer vernunftbegabten Natur, doch sie ist nicht Person“, so antwortet er: „Die Seele ist ein Teil des Menschen; mag sie deshalb auch getrennt [vom Leib] sein, so behält sie doch ihrer Natur nach die Fähigkeit zur Vereinigung [mit dem Leib] und kann deshalb nicht Einzelsubstanz genannt werden, d.h. Hypostase oder erste Substanz, eben so wenig wie die Hand oder irgendein anderer Teil des Menschen. Und so kommt ihr weder die Definition noch der Name der Person zu“.[60] In diesem Sinne, d.h. insofern die mensch­liche Seele nicht der ganze Mensch ist, kann gesagt werden, dass sie nicht das „Ich“ ist. Mehr noch, man muss dies festhalten, damit die traditionelle Linie der christlichen Anthropologie bestehen bleibt. Daher leitet der hl. Thomas daraus ab, dass es in der getrennten Seele ein Verlangen nach dem Leib beziehungsweise nach der Auferstehung gibt[61]. Diese Position des heiligen Thomas bekundet den traditionellen Sinn der christlichen Anthropologie, wie ihn schon der hl. Augustinus zum Ausdruck gebracht hat[62].

In einem anderen Sinne kann und muss jedoch gesagt werden, dass in der getrennten Seele „dasselbe menschliche ‚Ich‘“ fortbesteht[63]. Insofern sie das bewusste und fortbestehende Element des Menschen ist, können wir dank der Seele eine wahre Kontinuität zwischen dem Menschen, der auf Erden gelebt hat, und dem Menschen, der auferstehen wird, festhalten. Ohne eine solche Kontinuität eines fortbestehenden menschlichen Elementes wären der Mensch, der auf Erden gelebt hat, und derjenige, der auferstehen wird, nicht dasselbe „Ich“. Daher bleiben nach dem Tod die Akte des Verstehens und des Willens bestehen, die auf Erden vollzogen wurden. Die Seele, auch insofern sie getrennt ist, verwirklicht personale Akte des Verstehens und des Willens. Außerdem ist der Fortbestand der getrennten Seele einleuchtend aufgrund der Praxis der Kirche, die Gebete an die Seelen der Seligen richtet.

Aus diesen Erwägungen geht hervor, dass einerseits die getrennte Seele eine ontologisch unvollständige und dass sie andererseits eine mit Bewusstsein ausgestattete Wirklichkeit ist; mehr noch, nach der Definition Benedikts XII. besitzen die Seelen der vollkommen gereinigten Heiligen „sogleich nach dem Tode“ und sicherlich schon als getrennte („auch vor der Wiederannahme ihrer Leiber“) die volle Glückseligkeit der unmittelbaren Anschauung Gottes[64]. Eine solche Glückseligkeit ist in sich vollkommen, und es kann nichts der Art nach Höheres geben. Die glorreiche Verwandlung des Leibes in der Auferstehung ist selbst die Auswirkung dieser Schau im Hinblick auf den Leib; in diesem Sinne spricht Paulus von einem pneumatischen Leib (1 Kor 15,44), d.h. gestaltet unter dem Einfluss des „Geistes“ und nicht mehr allein der Seele („psychischer Leib“).

Verglichen mit der Glückseligkeit der individuellen Seele schließt die endgültige Auferstehung den ekklesialen Aspekt ein, insofern dann alle Schwestern und Brüder, die zu Christus gehören, zur Fülle gelangen werden (Offb 6,11). Dann wird die ganze Schöpfung Christus unterworfen sein (1 Kor 15,27–28), und so wird auch sie „von der Sklaverei des Verderbens befreit werden“ (Röm 8,21).

 

6. Der christliche Tod

6.1. Die für die christliche Anthropologie charakteristische Auffassung bietet eine konkrete Weise an, den Sinn des Todes zu verstehen. Da in der christlichen Anthropologie der Leib kein Gefängnis ist, aus dem der Eingekerkerte zu fliehen begehrt, und auch kein Kleid, das man leicht ablegen könnte, ist der naturhaft betrachtete Tod für keinen einzigen Menschen etwas Erstrebenswertes und auch kein Geschehnis, das der Mensch ruhigen Sinnes ergreifen könnte, ohne zuvor das naturhafte Widerstreben zu überwinden. Niemand braucht sich der Empfindungen des naturhaften Widerwillens zu schämen, die er vor dem Tod erfährt, da ja der Herr selbst sie vor seinem Tod durchleiden wollte und Paulus bezeugt, dass er solche Empfindungen hatte: „wir wollen nicht entkleidet, sondern überkleidet werden“ (2 Kor 5,4). Der Tod spaltet den Menschen zuinnerst. Mehr noch, weil die menschliche Person nicht nur Seele ist, sondern Seele und Leib in ihrer wesentlichen Vereinigung, betrifft der Tod die Person.

Das Absurde des Todes zeigt sich klarer, wenn wir bedenken, dass er in der geschichtlichen Ordnung gegen den Willen Gottes existiert (Weish 1,13–14; 2,23–24): denn „der Mensch, hätte er nicht gesündigt“, wäre dem leiblichen Tod „entzogen gewesen“ [65]. Der Tod muss vom Christen mit einer gewissen Empfindung der Busse angenommen werden, im Blick auf die Worte des Paulus: „der Lohn der Sünde ist der Tod“ (Röm 6,23).

Auch ist es natürlich, dass der Christ am Tod der Personen leidet, die er liebt. „Jesus begann zu weinen“ (Joh 11,35) um seinen toten Freund Lazarus. Auch wir können und müssen weinen um unsere toten Freunde.

6.2. Das Widerstreben, das der Mensch angesichts des Todes erfährt, und die Möglichkeit, dieses Widerstreben zu überwinden, stellen eine für den Menschen charakteristische Haltung dar, die vollständig verschieden ist von derjenigen jedes anderen Lebewesens. Auf diese Weise ist der Tod ein Anlass für den Menschen, sich als Mensch erweisen zu können und zu müssen. Der Christ kann darüber hinaus die Furcht vor dem Tod überwinden, indem er sich auf andere Beweggründe stützt.

Glaube und Hoffnung lehren uns ein anderes Gesicht des Todes. Jesus nahm die Furcht vor dem Tod im Licht des Willens des Vaters an (Mk 14,36). Er starb, „um die zu befreien, die durch die Furcht vor dem Tod ihr Leben lang der Knechtschaft verfallen waren“ (Hebr 2,15). Folglich kann schon Paulus die Sehnsucht haben aufzubrechen, um bei Christus zu sein; diese Gemeinschaft mit Christus nach dem Tod wird von Paulus im Vergleich zu dem Zustand des gegenwärtigen Lebens als etwas betrachtet, das „um vieles besser“ wäre (Phil 1,23). Der Vorzug dieses Lebens besteht darin, dass wir „im Leibe wohnen“ und so unsere volle existentielle Wirklichkeit besitzen; doch im Hinblick auf die volle Gemeinschaft nach dem Tod leben wir „fern vom Herrn in der Fremde“ (2 Kor 5,6). Auch wenn wir durch den Tod aus diesem Leib ausziehen und uns so unserer existentiellen Fülle beraubt sehen, nehmen wir ihn guten Mutes an, ja wir können ihn sogar ersehnen, insofern er dazu führt, „daheim beim Herrn zu sein“ (2 Kor 5,8). Diese mystische Sehnsucht nach der Gemeinschaft mit Christus nach dem Tode, die zusammen mit der naturhaften Furcht vor dem Tod bestehen kann, zeigt sich hin und wieder in der geistlichen Tradition der Kirche, vor allem bei den Heiligen, und muss in ihrem wahren Sinn verstanden werden. Wenn diese Sehnsucht dazu führt, Gott durch den Tod zu loben, dann gründet dieses Lob in keiner Weise in einer positiven Bewertung dieses Zustandes selbst, in dem die Seele des Leibes entbehrt, sondern in der Hoffnung, durch den Tod des Herrn teilhaftig zu werden[66]. Der Tod wird dann betrachtet als Tor, das zur Gemeinschaft mit Christus nach dem Tod führt, und nicht als Befreiung für die Seele im Hinblick auf einen Leib, der ihr eine Last wäre.

In der östlichen Tradition findet sich häufig der Gedanke, dass der Tod gut ist, insofern er die Bedingung und den Weg zur künftigen Auferstehung in Herrlichkeit darstellt. „Wenn es also nicht möglich ist, dass ohne Auferstehung unsere Natur zum Besseren hin verwandelt wird, die Auferstehung aber nicht geschehen kann, ohne dass der Tod vorausgegangen ist, ist der Tod, indem er für uns Anfang und Weg der Veränderung zum Besseren geworden ist, wohl ein Gut “.[67] Christus gab in seinem Tod und seiner Auferstehung dem Tod dieses Gutsein: „So wollte er, indem er dem Darniederliegenden die Hand reichte und sich gleichsam zu unserem Leichnam niederbeugte, dem Tode so weit sich nahen, dass er die Sterblichkeit austrank und an seinem eigenen Leibe die Auferstehung der Menschheit einleitete, indem er durch seine Macht das ganze Menschengeschlecht mit auferweckte“.[68] In diesem Sinne wandelte Christus „den Untergang in den Aufgang“[69].

Auch der Schmerz und die Krankheit, die ein Anfang des Todes sind, sollen von den Christen auf neue Weise angenommen werden. Schon in sich selbst werden sie als Last ertragen, jedoch mehr noch insofern sie Zeichen dafür sind, dass die Auflösung unseres Leibes fortschreitet [70]. Jetzt aber haben wir durch die Annahme des Schmerzes und der Krankheit, die Gott zulässt, teil an der Passion Christi, und indem wir sie aufopfern, vereinen wir uns mit der Tat, mit der der Herr sein eigenes Leben dem Vater dargebracht hat für die Erlösung der Welt. Jeder einzelne von uns soll bekräftigen, wie einst Paulus: „Für den Leib Christi, die Kirche, ergänze ich in meinem irdischen Leben das, was an den Leiden Christi noch fehlt“ (Kol 1,24). Durch die Verbindung mit der Passion des Herrn werden wir auch dazu geführt, die Herrlichkeit des auferstandenen Christus zu erlangen: „Wohin wir auch kommen, immer tragen wir das Todesleiden Jesu an unserem Leib, damit auch das Leben Jesu an unserem Leib sichtbar wird“ (2 Kor 4,10).[71]

In ähnlicher Weise ist es uns nicht erlaubt, über den Tod der Freunde zu trauern „wie die anderen, die keine Hoffnung haben“ (1 Thess 4,13). Diese pflegen „mit Wehklagen, Tränen und Seufzern“ „die elend Sterbenden, gleichsam ihr gänzliches Erlöschen“ zu beklagen; wir aber trösten uns, wie Augustinus beim Tod seiner Mutter, mit dem Gedanken: „diese Frau [Monica] war weder elend gestorben, noch starb sie ganz“.[72]

6.3. Dieser positive Aspekt des Todes wird nur erreicht durch eine Weise zu sterben, die das Neue Testament „Sterben im Herrn“ nennt: „Selig die Toten, die im Herrn sterben“ (Offb 14,13). Dieses „Sterben im Herrn“ ist erstrebenswert, insofern es zur Glückseligkeit führt, und es wird in einem heiligen Leben vorbereitet: „Ja, spricht der Geist, sie sollen ausruhen von ihren Mühen; denn ihre Werke begleiten sie“ (Offb 14,13). Auf diese Weise ist das irdische Leben hingeordnet auf die Gemeinschaft mit Christus nach dem Tod; sie wird bereits im Zustand der getrennten Seele erlangt[73], der ohne Zweifel ontologisch unvollkommen und unvollständig ist. Weil die Gemeinschaft mit Christus ein höherer Wert ist als die existentielle Fülle, kann das irdische Leben nicht als der höchste Wert betrachtet werden. Das rechtfertigt in den Heiligen die mystische Sehnsucht nach dem Tod, die, wie schon gesagt, häufig ist.

Durch ein heiliges Leben, zu dem die Gnade Gottes uns ruft und bei dem sie uns zu Hilfe kommt, ist die ursprüngliche Verbindung zwischen dem Tod und der Sünde gleichsam gebrochen, nicht weil der Tod im physischen Sinne aufgehoben wäre, sondern insofern er zum ewigen Leben zu führen beginnt. Diese Weise zu sterben ist eine Teilhabe am Paschamysterium Christi. Die Sakramente bereiten uns auf diesen Tod vor. Die Taufe, in der wir auf mystische Weise der Sünde sterben, weiht uns zur Teilnahme an der Auferstehung des Herrn (Röm 6,3–7). Durch den Empfang der Eucharistie, die das „Heilmittel der Unsterblichkeit“[74] ist, empfängt der Christ die Garantie, teilzuhaben an der Auferstehung Christi.

Das Sterben im Herrn impliziert die Möglichkeit einer anderen Weise zu sterben, und zwar den Tod außerhalb des Herrn, der zum zweiten Tod führt (Offb 20,14). In diesem Tod zeigt die Kraft der Sünde, durch die der Tod in die Welt kam (Röm 5,12), im höchsten Grade ihr Vermögen, von Gott zu trennen.

6.4. Schnell bildeten sich – und sicher unter dem Einfluss des Glaubens an die Auferstehung der Toten – christliche Gebräuche bei der Beerdigung der Leichname der Gläubigen. Die Sprechweise, die sich in den Worten coemeterium (griechisch koimêtêrion = dormitorium) oder depositio (das Recht Christi, den Leib des Christen wiederzuerlangen, im Gegensatz zu donatio) ausdrückt, setzt diesen Glauben voraus. In der Fürsorge, die man dem Leichnam zuwendet, wird eine „Pflicht der Menschlichkeit“ gesehen, doch „wenn so etwas die Menschen tun, die nicht an die Auferstehung glauben, um wie viel mehr ist es die Pflicht derer, die glauben, dass der Liebesdienst, den sie einem entseelten, aber für die Auferstehung und ein ewiges Leben bestimmten Leib erweisen, zugleich gewissermaßen ein Zeugnis eben dieses Glaubens ist!“[75]

Während langer Zeit war die Verbrennung der Leichname verboten[76], weil sie historisch wahrgenommen wurde in Verbindung mit einer neuplatonischen Mentalität, die mittels dieser Handlung die Zerstörung des Leibes anstrebte, damit so die Seele sich vollständig vom Kerker befreien könne[77] (in späteren Zeiten verwies diese Handlung auf eine materialistische oder agnostische Haltung). Die Kirche verbietet die Verbrennung nicht mehr, „es sei denn, sie ist aus Gründen gewählt worden, die der christlichen Glaubenslehre widersprechen“[78]. Es ist dafür zu sorgen, dass die gegenwärtige Verbreitung der Verbrennung auch unter Katholiken in keiner Weise ihre richtige Einstellung zur Auferstehung des Fleisches verdunkelt.

 

7. Die „lebendige Gemeinschaft“ aller Glieder der Kirche in Christus[79]

7.1. Die Communio-Ekklesiologie, die für das II. Vatikanische Konzil höchst charakteristisch ist, glaubt, dass die Gemeinschaft der Heiligen bzw. die Vereinigung der Schwestern und Brüder in Christus, die im Band der Liebe besteht, durch den Tod nicht unterbrochen wird, sie „wird vielmehr nach dem beständigen Glauben der Kirche gestärkt durch die Mitteilung geistlicher Güter“[80]. Der Glaube gibt den Christen, die auf Erden leben, „die Möglichkeit, mit den geliebten Brüdern, die schon gestorben sind, in Christus Gemeinschaft zu haben“[81]. Diese Gemeinschaft geschieht durch verschiedene Formen des Gebets.

Ein sehr wichtiges Thema in der Offenbarung des Johannes bildet die himmlische Liturgie. Die Seelen der Seligen nehmen an ihr teil. Bei der irdischen Liturgie, vor allem „bei der Feier des eucharistischen Opfers sind wir also sicherlich dem Kult der himmlischen Kirche innigst verbunden, da wir uns in verehrendem Gedenken vereinigen vor allem mit Maria, der glorreichen, allzeit reinen Jungfrau, aber auch mit dem heiligen Joseph wie auch den heiligen Aposteln und Märtyrern und allen Heiligen“ [82]. Wenn die irdische Liturgie gefeiert wird, wird wahrhaft der Wille sichtbar, sie mit der himmlischen Liturgie zu vereinigen. So erscheint im römischen Hochgebet dieser Wille nicht nur in dem Gebet „In Gemeinschaft mit der ganzen Kirche“ (wenigstens in seiner gegenwärtigen Form), sondern auch im Übergang von der Präfation zum Kanon und in dem Kanon-Gebet „Wir bitten Dich, allmächtiger Gott“, in dem gebeten wird, dass die irdische Opfergabe auf den erhabenen Altar des Himmels getragen werde.

Doch diese himmlische Liturgie besteht nicht allein im Lob. Ihre Mitte ist das Lamm, das dasteht wie geschlachtet (Offb 5,6), das heißt „Christus Jesus, der gestorben ist, mehr noch: der auferweckt worden ist, der zur Rechten Gottes sitzt und für uns eintritt“ (Röm 8,34; vgl. Hebr 7,25). Weil die Seelen der Seligen an dieser Fürbittliturgie teilnehmen, tragen sie darin auch Sorge für uns und unsere Pilgerschaft: „Sie legen für uns Fürsprache ein und helfen uns in unserer Schwachheit durch ihre brüderliche Sorge“.[83] Da wir uns in dieser Vereinigung zwischen der himmlischen und der irdischen Liturgie bewusst werden, dass die Seligen für uns beten, „ziemt es sich also durchaus, diese Freunde und Miterben Christi, unsere Brüder und besonderen Wohltäter, zu lieben, [und] Gott für sie den schuldigen Dank abzustatten“[84].

Darüber hinaus ermahnt uns die Kirche beharrlich, „sie flehentlich anzurufen und zu ihren Gebeten, ihrem Beistand und ihrer Hilfe Zuflucht zu nehmen, um von Gott durch seinen Sohn Jesus Christus, unseren Herrn, der allein unser Erlöser und Erretter ist, Wohltaten zu erwirken“[85]. Diese Anrufung der Heiligen ist ein Akt, durch den der Gläubige sich ihrer Liebe vertrauensvoll überantwortet. Weil Gott die Quelle ist, aus der alle Liebe sich verströmt (Röm 5,5), ist jede Anrufung der Heiligen eine Anerkennung Gottes als des tiefsten Fundamentes für deren Liebe, und sie strebt hin zum letzten Ziel, zu Ihm.

7.2. Der Gedanke der Beschwörung (evocatio) der Geister ist völlig verschieden vom Begriff der Anrufung (invocatio). Das II. Vatikanische Konzil empfiehlt die Seelen der Seligen anzurufen, erinnert zugleich aber auch an die wichtigsten Dokumente, die vom Lehramt der Kirche ausgingen und „gegen jegliche Form der Geisterbeschwörung“ [86] gerichtet sind. Dieses beständige Verbot hat seinen biblischen Ursprung schon im Alten Testament (Dtn 18,10–14; vgl. auch Ex 22,17; Lev 19,31; 20,6.27). Sehr bekannt ist die Schilderung der Geister­be­schwö­rung des Samuel (’obot), die er für König Saul ausführte (1 Sam 28,3–25) und der die Schrift die Verwerfung, ja sogar den Tod des Saul zuschreibt: „So starb Saul wegen der Treulosigkeit, die er gegen den Herrn begangen hatte. Er hatte das Wort des Herrn nicht befolgt und den Totengeist befragt, um Auskunft zu suchen; an den Herrn aber hatte er sich nicht gewandt. Darum ließ er ihn sterben und übergab das Königtum David, dem Sohn Isais“ (1 Chr 10,13–14). Die Apostel behielten dieses Verbot im Neuen Testament bei, indem sie alle magischen Künste verwarfen (Apg 13,6–12; 16,16–18; 19,11–20).

Beim II. Vatikanischen Konzil legte die Kommission für die Lehre dar, was unter dem Wort „Beschwörung“ zu verstehen ist; als „Beschwörung“ gilt jegliche Methode, „durch die man mit menschlichen Techniken eine sinnlich wahrnehmbare Kommunikation mit den Geistern oder den getrennten Seelen hervorzurufen beabsichtigt, um verschiedene Nachrichten und verschiedene Hilfen zu erhalten“[87]. Diese Gesamtheit von Techniken pflegt man allgemein mit dem Namen „Spiritismus“ zu bezeichnen. Häufig – wie es in der zitierten Antwort heißt  – strebt man durch die Geisterbeschwörung danach, verborgene Nachrichten zu erlangen. Auf diesem Gebiet müssen die Gläubigen sich auf das beziehen, was Gott offenbart hat: „Sie haben Moses und die Propheten, auf die sollen sie hören“ (Lk 16,29). Eine weitergehende Neugier über das, was nach dem Tod ist, ist ungesund und muss daher unterdrückt werden.

Es fehlt heute nicht an Sekten, die die Anrufung der Heiligen, wie die Katholiken sie praktizieren, ablehnen und sich auf deren Verbot in der Bibel berufen; auf diese Weise unterscheiden sie sie nicht von der Geisterbeschwörung. Unsererseits müssen wir die Gläubigen zur Anrufung der Heiligen ermahnen und sie zugleich lehren, die Heiligen auf eine Weise anzurufen, die den Sekten keinerlei Anlass zu dieser Verwechslung gibt.

7.3. Im Hinblick auf die Seelen der Verstorbenen, die nach dem Tod noch der Reinigung bedürfen, „hat die pilgernde Kirche seit den Anfängen der christlichen Religion [...] auch Fürbitten für sie dargebracht“ [88]. Denn sie glaubt, dass ihnen „die Fürbitten der lebenden Gläubigen [nützen], wie etwa Messopfer, Gebete, Almosen und andere Werke der Frömmigkeit, die von den Gläubigen entsprechend den Anordnungen der Kirche für andere Gläubige gewöhnlich verrichtet werden“[89].

7.4. Die „Allgemeine Einführung in das Römische Messbuch“ nach der nachkonziliaren liturgischen Erneuerung erklärt sehr gut den Sinn dieser vielfältigen Gemeinschaft aller Glieder der Kirche, die ihren Höhepunkt in der liturgischen Feier der Eucharistie erreicht: die Fürbitten „bringen zum Ausdruck, dass die Eucharistie in Gemeinschaft mit der ganzen Kirche, der himmlischen wie der irdischen, gefeiert wird und dass die Darbringung für sie und alle ihre Glieder, die Lebenden wie Verstorbenen, erfolgt, da sie alle zur Teilnahme an dem durch Christi Leib und Blut erlangten Heil der Erlösten berufen sind“[90]

 

8. Die Reinigung der Seele bei der Begegnung mit dem verherrlichten Christus

8.1. Wenn das Lehramt der Kirche bekräftigt, dass die Seelen der Heiligen sich unmittelbar nach dem Tod der seligen Gottesschau und der vollkommenen Gemeinschaft mit Christus erfreuen, setzt sie immer voraus, dass es sich um die Seelen handelt, die für gereinigt befunden werden[91]. Daher haben die Worte des Psalms 15,1–2, auch wenn sie sich auf das irdische Heiligtum beziehen, eine große Bedeutung für das Leben nach dem Tod: „Herr, wer darf Gast sein in deinem Zelt, wer darf weilen auf deinem heiligen Berg? Der makellos lebt und das Rechte tut; der von Herzen die Wahrheit sagt“[92]. Nichts Beflecktes kann eintreten in die Gegenwart des Herrn.

Mit diesen Worten wird das Bewusstsein einer so grundlegenden Wirklichkeit ausgedrückt, dass sich in den meisten großen Religionen der Geschichte auf die eine oder andere Weise ein Schimmer der Notwendigkeit einer Reinigung nach dem Tod findet.

Auch die Kirche bekennt, dass jegliche Befleckung ein Hindernis für die innige Begegnung mit Gott und seinem Christus ist. Dieses Prinzip muss nicht nur von den Befleckungen verstanden werden, die die Freundschaft mit Gott brechen und zerstören und daher, wenn sie im Tod bleiben, die Begegnung mit Gott endgültig unmöglich machen (Todsünden), sondern auch von denjenigen, die diese Freundschaft verdunkeln und zuvor eine Reinigung erforderlich machen, damit diese Begegnung möglich wird. Dazu gehören die sogenannten täglichen oder lässlichen Sünden[93] und die Sündenfolgen, die auch im gerechtfertigten Menschen nach der Vergebung der Schuld, durch die die ewige Strafe ausgeschlossen wird, bleiben können[94]. Das Sakrament der Krankensalbung ist darauf hingeordnet, die Sündenfolgen vor dem Tod zu sühnen[95]. Nur wenn wir Christus gleichförmig werden, können wir Gemeinschaft mit Gott haben (Röm 8,29).

Daher sind wir zur Reinigung eingeladen. Auch wer vom Bad kommt, muss seine Füße vom Staub befreien (Joh 13,10). Die Kirche glaubt, dass für diejenigen, die das nicht hinreichend durch die Busse auf Erden getan haben, ein Zustand der Reinigung nach dem Tod existiert[96], d.h. „eine der Anschauung Gottes vorgängige Reinigung“[97]. Da diese Reinigung nach dem Tod und vor der endgültigen Auferstehung stattfindet, gehört dieser Zustand zum eschatologischen Zwischenstadium; ja, die Existenz dieses Zustandes belegt, dass es eine eschatologische Zwischenphase gibt.

Der Glaube der Kirche über diesen Zustand drückt sich implizit bereits in den Gebeten für die Verstorbenen aus, für die es eine Vielzahl sehr alter Zeugnisse in den Katakomben gibt[98] und die letztlich in dem Zeugnis von 2 Makk 12,46 gründen [99]. In diesen Gebeten wird vorausgesetzt, dass die Gebete der Gläubigen den Verstorbenen helfen können, ihre Reinigung zu erlangen. Die Theologie über diesen Zustand begann sich im dritten Jahrhundert zu entfalten aus Anlass derer, die den Frieden mit der Kirche empfangen hatten, ohne die vollständige Busse vor ihrem Tod vollbracht zu haben[100].

Es ist absolut notwendig, die Praxis des Gebets für die Verstorbenen beizubehalten. In ihm ist ein Bekenntnis des Glaubens an die Existenz dieses Zustandes der Reinigung enthalten. Das ist der Sinn der Beerdigungsliturgie, der nicht verdunkelt werden darf: der gerechtfertigte Mensch kann einer weiteren Reinigung bedürfen. In der byzantinischen Liturgie stellt sich sehr schön die Seele des Verstorbenen selbst vor und ruft zum Herrn: „Ich bleibe ein Bild deiner unsagbaren Herrlichkeit, auch wenn ich verwundet bin durch die Sünde“.[101]

8.2. Die Kirche glaubt, dass ein Zustand der endgültigen Verdammung für diejenigen besteht, die mit schwerer Sünde belastet sterben [102]. Es muss gänzlich vermieden werden, den Zustand der Reinigung für die Begegnung mit Gott auf allzu ähnliche Weise zu verstehen wie den Zustand der Verdammung, als ob der Unterschied zwischen beiden nur darin bestünde, dass der eine ewig und der andere zeitlich wäre; die Reinigung nach dem Tod ist „völlig verschieden von der Bestrafung der Verdammten“[103]. Tatsächlich können ein Zustand, dessen Mitte die Liebe ist, und ein anderer, dessen Mitte der Hass wäre, nicht miteinander verglichen werden. Der Gerechtfertigte lebt in der Liebe Christi. Seine Liebe wird bewusster durch den Tod. Die Liebe, die sich aufgehalten sieht, der geliebten Person teilhaftig zu werden, leidet Schmerz, und durch den Schmerz wird sie gereinigt[104]. Der hl. Johannes vom Kreuz erläutert, dass der Heilige Geist als „lebendige Liebesflamme“ die Seele reinigt, damit sie zur vollkommenen Gottesliebe gelangt, ebenso hier auf Erden wie nach dem Tod, wenn es notwendig sein sollte; in diesem Sinne stellt er eine gewisse Parallele her zwischen der Reinigung, die in den sogenannten „Nächten“ erlangt wird, und der passiven Reinigung des Purgatoriums[105]. In der Geschichte dieses Dogmas hat eine mangelnde Sorgfalt beim Aufweis dieses tiefen Unterschieds zwischen dem Zustand der Reinigung und dem Zustand der Verdammung ernste Schwierigkeiten bei der Führung des Dialogs mit den Christen des Ostens hervorgerufen[106].

 

9. Die Unwiederholbarkeit und Einzigkeit des menschlichen Lebens. Die Probleme der Reinkarnation

9.1. Mit dem Wort „Reinkarnation“ (oder auch mit anderen Äquivalenten wie den griechischen Termini metempsychôsis oder metempsômátôsis) wird eine Lehre bezeichnet, nach der die menschliche Seele nach dem Tod einen anderen Leib annimmt und sich auf diese Weise von neuem inkarniert. Es handelt sich um eine Auffassung, die im Heidentum entstand und, als völlig im Widerspruch zur Heiligen Schrift und zur Tradition der Kirche stehend, immer durch den Glauben und die christliche Theologie verworfen worden ist[107].

Die „Reinkarnation“ ist heute in der Welt weit verbreitet, auch im Westen und unter sehr vielen, die sich als Christen bezeichnen. Viele Kommunikationsmittel verkünden sie. Außerdem wird jeden Tag der Einfluss der orientalischen Religionen und Philosophien stärker, die an der Reinkarnation festhalten; diesem Einfluss scheint das Anwachsen einer synchretistischen Mentalität zuzuschreiben zu sein. Die Leichtigkeit, mit der viele die Reinkarnation annehmen, ist vielleicht zum Teil auf eine spontane und instinktive Reaktion auf den wachsenden Materialismus zurückzuführen. In der Denkweise vieler Menschen unserer Zeit wird dieses irdische Leben als zu kurz wahrgenommen, um in ihm alle Möglichkeiten eines Menschen zu verwirklichen oder um die in diesem Leben begangenen Fehler überwinden oder korrigieren zu können.

Der katholische Glaube bietet eine volle Antwort auf diese Denkweise. Es ist wahr, dass das menschliche Leben zu kurz ist, um die darin begangenen Fehler zu überwinden und zu korrigieren. Ebenso wenig ist es möglich, alle virtuellen Möglichkeiten eines Menschen in der so kurzen Zeit eines einzigen irdischen Lebens zu verwirklichen; doch die endgültige Auferstehung in Herrlichkeit wird den Menschen zu einem Zustand führen, der all seine Sehnsucht übertrifft.

9.2. Ohne dass es möglich wäre, hier im einzelnen alle Aspekte darzulegen, mit denen die verschiedenen Reinkarnationisten ihr System erklären, kann doch die Tendenz der Reinkarnationslehre, die heute in der westlichen Welt vorherrscht, synthetisch auf vier Punkte zurückgeführt werden[108].

9.2.1. Es gibt viele irdische Existenzen. Unser gegenwärtiges Leben ist weder unsere erste leibhafte Existenz noch wird es die letzte sein. Wir haben schon früher gelebt, und wir werden noch wiederholt in immer neuen materiellen Leibern leben.

9.2.2. Es gibt in der Natur ein Gesetz, das zu einem ständigen Fortschritt bis zur Vollkommenheit antreibt. Dieses selbe Gesetz leitet die Seelen zu immer neuen Leben und erlaubt keinerlei Rückschritt, ja nicht einmal einen endgültigen Stillstand. Umso mehr ist ein definitiver Zustand der Verdammung ohne Ende ausgeschlossen. Nach mehr oder weniger Jahrhunderten werden alle zur endgültigen Vollendung eines reinen Geistes geführt werden (Negation der Hölle).

9.2.3. Das Endziel wird durch die eigenen Verdienste erlangt. In jeder neuen Existenz macht die Seele Fortschritte im Masse ihrer eigenen Anstrengungen. Jedes begangene Übel wird behoben durch persönliche Sühneleistungen, die der eigene Geist in neuen und schwierigen Inkarnationen erleidet (Negation der Erlösung).

9.2.4. In dem Masse, wie die Seele bis zur endgültigen Vollendung voranschreitet, wird sie in ihren neuen Inkarnationen jedes Mal einen weniger materiellen Leib annehmen. In diesem Sinne hat die Seele die Neigung zu einer endgültigen Unabhängigkeit vom Leib. Auf diesem Weg wird die Seele zu einem Endzustand geführt, in dem sie schließlich immer frei vom Leib und unabhängig von der Materie leben wird (Negation der Auferstehung).

9.3. Diese vier Elemente, die die Anthropologie der Reinkarnationslehre ausmachen, widersprechen den zentralen Aussagen der christlichen Offenbarung. Es ist nicht nötig, noch weiter auf ihrer Verschiedenartigkeit im Bezug zu einer charakteristisch christlichen Anthropologie zu bestehen. Das Christentum verteidigt eine Dualität, die Reinkarnation einen Dualismus, in dem der Leib ein bloßes Instrument der Seele ist und nach jeder irdischen Existenz verlassen wird, um einen anderen, völlig verschiedenen Leib anzunehmen. Auf dem Gebiet der Eschatologie verwirft die Reinkarnationslehre die Möglichkeit einer ewigen Verdammung und den Gedanken der Auferstehung des Fleisches.

Ihr Hauptirrtum besteht jedoch in der Negation der christlichen Soteriologie. Die Seele rettet sich durch ihre Anstrengung. Auf diese Weise wird eine Soteriologie der Selbsterlösung vertreten, die der christlichen Soteriologie der Fremderlösung vollständig entgegengesetzt ist. Wenn nun die Fremderlösung aufgehoben wird, kann man in keiner Weise mehr von Christus, dem Erlöser, sprechen. Der Kern der Soteriologie des Neuen Testaments ist in diesen Worten enthalten: Gott hat uns begnadet „in seinem geliebten Sohn; durch sein Blut haben wir die Erlösung, die Vergebung der Sünden nach dem Reichtum seiner Gnade. Durch sie hat er uns mit aller Weisheit und Einsicht reich beschenkt“ (Eph 1,6–8). Mit diesem zentralen Punkt steht oder fällt die ganze Lehre über die Kirche, die Sakramente und die Gnade. So ist die Gewichtigkeit der Lehren, die in dieser Frage enthalten sind, offenkundig, und man versteht leicht, dass das Lehramt der Kirche dieses System unter dem Namen der Theosophie zurückgewiesen hat[109].

Im Hinblick auf den entscheidenden Punkt, der von den Vertretern der Reinkarnationslehre behauptet wird – die Wiederholbarkeit des menschlichen Lebens –, ist die Aussage des Hebräerbriefes 9,27 bekannt: „es ist dem Menschen bestimmt, ein einziges Mal zu sterben, worauf dann das Gericht folgt“. Das II. Vatikanische Konzil zitierte diesen Text, um zu lehren, dass der Lauf unseres irdischen Lebens einzig ist. [110]

Im Phänomen der Reinkarnationslehre werden vielleicht gewisse Bestrebungen sichtbar, sich vom Materialismus zu befreien. Diese Dimension der „spiritualistischen“ Bewegung gestattet jedoch in keiner Weise zu verbergen, wie sehr die Reinkarnationslehre der Botschaft des Evangeliums widerspricht.

 

10. Die Größe des göttlichen Plans und der Ernst des menschlichen Lebens

10.1. In der Einzigkeit des menschlichen Lebens zeigt sich klar dessen Ernst. Das menschliche Leben kann nicht wiederholt werden. Da das irdische Leben ein Weg zu den eschatologischen Wirklichkeiten ist, hat die Weise, wie wir darin voranschreiten, unwiderrufliche Folgen. Dadurch führt unser leibhaftiges Leben zu einer ewigen Bestimmung.

Der Mensch seinerseits wird erst dann beginnen, den Sinn seiner letzten Bestimmung zu erkennen, wenn er seine eigene, von Gott empfangene Natur bedenkt. Gott schuf den Menschen nach seinem „Bild und Gleichnis“ (Gen 1,26). Das schließt ein, dass er ihn fähig machte, Gott zu erkennen und ihn frei zu lieben, während er als Herr alle übrigen Geschöpfe regieren, sie unterwerfen und sich ihrer bedienen sollte [111]. Diese Befähigung gründet in der Geistigkeit der menschlichen Seele. Weil diese in jedem Menschen unmittelbar durch Gott erschaffen ist[112], existiert jeder Mensch als Gegenstand eines konkreten Aktes schöpferischer Liebe Gottes.

10.2. Gott hat nicht nur den Menschen erschaffen, sondern er hat ihn darüber hinaus in das Paradies gesetzt (Gen 2,8); mit diesem Bild will die Heilige Schrift ausdrücken, dass der erste Mensch in Nähe und Freundschaft zu Gott gebildet war[113]. Man versteht dann, dass durch die Sünde gegen ein schwerwiegendes Gebot Gottes das Paradies verloren geht (Gen 3,23–24), da eine solche Sünde die Freundschaft des Menschen mit Gott zerstört.

Auf die Sünde des ersten Menschen folgt die Verheißung der Erlösung (Gen 3,15), die sowohl nach der jüdischen als auch nach der christlichen Exegese durch den Messias gebracht werden sollte (vgl. in Verbindung mit dem Wort sperma in der Septuaginta [LXX]: autós und nicht autó).

Wahrhaftig, in der Fülle der Zeiten hat Gott „uns durch Christus mit sich versöhnt“ (2 Kor 5,18). D.h. „er hat den, der keine Sünde kannte, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm Gerechtigkeit Gottes würden“ (2 Kor 5,21). Von Barmherzigkeit bewegt hat Gott „die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat“ (Joh 3,16). Die Erlösung erlaubt uns, „die Tiefe jener Liebe zu enthüllen, die nicht einmal vor dem außerordentlichen Opfer des Sohnes zurückweicht, um der Treue des Schöpfers und Vaters zu den Menschen gerecht zu werden, die nach seinem Bild geschaffen und vom ‚Anfang’ an in diesem Sohn zur Gnade und Herrlichkeit berufen sind“[114].

Jesus ist das wahre „Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt“ (Joh 1,29). Die Vergebung der Sünde, die durch den Tod und die Auferstehung Christi erlangt wird (Röm 4,25) ist nicht rein juridisch, vielmehr erneuert sie den Menschen innerlich[115], ja sie erhebt ihn sogar über seine natürliche Beschaffenheit. Christus ist vom Vater gesandt worden, „damit wir die Sohnschaft erlangen“ (Gal 4,5). Wenn wir lebendig an seinen Namen glauben, gibt er uns die „Macht, Kinder Gottes zu werden“ (Joh 1,12). Auf diese Weise treten wir in die Familie Gottes ein. Der Plan des Vaters besteht darin, dass wir „dem Bild seines Sohnes gleichgestaltet werden, damit dieser der Erstgeborene von vielen Brüdern sei“ (Röm 8,29). Folglich wird der Vater Jesu Christi unser Vater (Joh 20,17).

Weil wir Söhne des Vaters in dem Sohn sind, sind wir „auch Erben; wir sind Erben Gottes und Miterben Christi“ (Röm 8,17). So erscheint der Sinn des ewigen Lebens, das uns versprochen ist, als Teilhabe am Erbe Christi: „Unsere Heimat ist im Himmel“ (Phil 3,20), da wir ja im Hinblick auf den Himmel nicht „Fremde ohne Bürgerrecht, sondern Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes“ sind (Eph 2,19).

10.3. Indem Jesus uns die Geheimnisse seines Vaters offenbart, will er uns zu seinen Freunden machen (Joh 15,15). Aber keine Freundschaft kann aufgedrängt werden. Die Freundschaft wie auch die Annahme an Kindes statt werden angeboten, um frei angenommen oder abgelehnt zu werden. Die himmlische Seligkeit ist die Vollendung der Freundschaft, die von Christus umsonst angeboten und vom Menschen frei angenommen wird. „Bei Christus sein“ (Phil 1,23) in der Weise der Freundschaft stellt das Wesen der ewigen Glückseligkeit des Himmels dar (2 Kor 5,6–8; 1 Thess 4,17). Das Thema der Gottesschau „von Angesicht zu Angesicht“ (1 Kor 13,12; vgl. 1 Joh 3,2) muss verstanden werden als Ausdruck der innigen Freundschaft (vgl. schon Ex 33,11: „Jahwe sprach mit Mose von Angesicht zu Angesicht, wie ein Mensch mit seinem Freund zu sprechen pflegt“).

Diese vollendete, frei angenommene Freundschaft schließt die Möglichkeit ihrer Ablehnung ein. Alles, was frei angenommen wird, kann in Freiheit abgelehnt werden. Wer so die Zurückweisung wählt, „hat kein Erbteil im Reich Christi und Gottes“ (Eph 5,5). Die ewige Verdammung nimmt ihren Ursprung in der bis zum Ende freien Zurückweisung der Liebe und des Erbarmens Gottes[116]. Die Kirche glaubt, dass dieser Zustand im Entzug der Gottesschau und in der ewigen Auswirkung dieser Strafe auf das ganze Sein des Sünders liegt[117]. Diese Lehre des Glaubens zeigt ebenso die Bedeutung der menschlichen Befähigung zur freien Zurückweisung Gottes wie den Ernst dieser freien Ablehnung. Während der Christ in diesem Leben weilt, weiß er sich unter das künftige Gericht Gottes gestellt: „Denn wir alle müssen vor dem Richterstuhl Christi offenbar werden, damit jeder seinen Lohn empfängt für das Gute oder Böse, das er im irdischen Leben getan hat“ (2 Kor 5,10). Nur vor Christus und durch das von ihm mitgeteilte Licht wird das Geheimnis der Ungerechtigkeit (mysterium iniquitatis) einsichtig werden, das in den Sünden besteht, die wir begangen haben. Durch die schwere Sünde gelangt der Mensch dazu, in seiner Weise zu handeln „Gott als Feind seines eigenen Geschöpfes hinzustellen und vor allem als Feind des Menschen, als Quelle von Gefahr und Bedrohung für den Menschen[118].

Da der Lauf unseres irdischen Lebens einzig ist (Hebr 9,27)[119] und da uns in ihm umsonst die göttliche Freundschaft und Annahme an Kindes statt zusammen mit der Gefahr, sie durch die Sünde zu verlieren, angeboten sind, tritt der Ernst dieses Lebens klar hervor. Denn die Entscheidungen, die in ihm getroffen werden, haben ewige Folgen. Der Herr hat „den Weg des Lebens und den Weg des Todes“ (Jer 21,8) vor uns gestellt. Obgleich Er uns durch die vorausgehende und helfende Gnade zum Weg des Lebens einlädt, können wir doch jeden der beiden Wege wählen[120]. Nach der Wahl respektiert Gott mit Ernst unsere Freiheit, ohne aufzuhören, hier auf Erden seine heiligmachende Gnade auch denen anzubieten, die sich von ihm trennen. Man muss wirklich sagen, dass Gott respektiert, was wir in Freiheit aus uns selbst machen wollen, sei es dass wir die Gnade annehmen, sei es dass wir sie zurückweisen. In diesem Sinne versteht man, dass auf irgendeine Weise sowohl die Erlösung als auch die Verdammung hier auf Erden beginnen, insofern der Mensch durch seine moralischen Entscheidungen sich frei für Gott öffnet oder verschließt. Andererseits zeigt sich klar die Größe der menschlichen Freiheit und der Verantwortung, die aus ihr hervorgeht.

Jeder Theologe ist sich der Schwierigkeiten bewusst, die der Mensch sowohl in unserer Zeit als auch in jeder anderen Zeit der Geschichte bei der Annahme der Lehre des Neuen Testamentes über die Hölle erfährt. Daher ist ein offener Sinn für die nüchterne Lehre des Evangeliums sehr zu empfehlen, sowohl um sie auszulegen als auch um sie zu glauben. Wir müssen uns mit dieser Nüchternheit zufrieden geben und den Versuch vermeiden, konkret die Wege zu bestimmen, auf denen die unendliche Güte Gottes und die wahrhafte menschliche Freiheit miteinander versöhnt werden können. Die Kirche nimmt die menschliche Freiheit ebenso ernst wie die göttliche Barmherzigkeit, die dem Menschen die Freiheit als Bedingung zugestanden hat, um die Erlösung zu erlangen. Wenn die Kirche für die Erlösung aller betet, dann betet sie eigentlich für die Bekehrung aller Menschen, die leben. Gott „will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen“ (1 Tim 2,4). Die Kirche hat immer geglaubt, dass dieser universale Heilswille Gottes tatsächlich eine umfassende Wirksamkeit hat. Niemals hat die Kirche die Verdammung irgendeiner konkreten Person erklärt. Weil aber die Hölle eine wahre, reale Möglichkeit für jeden Menschen ist, ist es nicht erlaubt – auch wenn das heute manchmal in der Beerdigungspredigt vergessen wird –, eine Art Automatismus der Erlösung zu unterstellen. Daher ist es im Hinblick auf diese Lehre absolut notwendig, sich die Worte des Paulus zu eigen zu machen: „O Tiefe des Reichtums, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unergründlich sind seine Entscheidungen, wie unerforschlich seine Wege!“ (Röm 11,33).

10.4. Das irdische Leben erscheint den Vertretern der Reinkarnationslehre zu kurz, um einzig sein zu können. Aus diesem Grund dachten sie an seine Wiederholbarkeit. Der Christ muss sich der Kürze dieses irdischen Lebens bewusst sein, von dem er weiß, dass es einzig ist. Weil „wir alle uns in vielen Dingen verfehlen“ (Jak 3,2) und die Sünde in unserem schon vergangenen Leben oft gegenwärtig war, ist es nötig, „die Zeit zu nutzen“ (Eph 5,16); wir wollen „alle Last und die Fesseln der Sünde abwerfen. Lasst uns mit Ausdauer in dem Wettkampf laufen, der uns aufgetragen ist, und dabei auf Jesus blicken, den Urheber und Vollender des Glaubens“ (Hebr 12,1–2). „Denn wir haben hier keine Stadt, die bestehen bleibt, sondern wir suchen die künftige“ (Hebr 13,14). So eilt der Christ als Fremder und Gast (1 Petr 2,11) voran, um durch ein heiliges Leben zur Heimat zu gelangen (Hebr 11,14), in der er immer beim Herrn sein wird (1 Thess 4,17).

 

11. Lex orandi – lex credendi

11.1. Es ist ein theologisches Prinzip, dass „die Regel des Betens die Regel des Glaubens bestimmt“ (legem credendi lex statuat supplicandi)[121]. Wir können und müssen in der Liturgie den Glauben der Kirche suchen und finden. Weil jetzt eine vollständige Untersuchung über die eschatologische Lehre der Liturgie nicht möglich ist, wollen wir nur eine kurze Synthese der wichtigsten Gedanken darlegen, die man in der erneuerten römischen Liturgie nach dem II. Vatikanischen Konzil antrifft.

11.2. An erster Stelle ist festzuhalten, dass in der Liturgie der Verstorbenen[122] der auferstandene Christus die letzte Wirklichkeit ist, die alle weiteren eschatologischen Wirklichkeiten erhellt. Folglich wird die höchste Hoffnung auf die leibhafte Auferstehung gesetzt: „Weil aber Christus auferstanden ist als Erstgeborener der Toten, der den Leib unserer Niedrigkeit umformen und dem Leib seiner Herrlichkeit gleichgestalten wird, empfehlen wir unseren Bruder dem Herrn, damit er ihn in seinen Frieden aufnehme und seinen Leib auferwecke am Jüngsten Tage“[123]. In diesem Text ist es klar, dass die Auferstehung nicht nur als künftige, d.h. als noch nicht verwirklichte, ausgesagt wird, sondern dass sie stattfinden wird am Ende der Welt.

11.3. Weil wir die Auferstehung bis zum Ende der Zeiten erhoffen müssen, existiert in der Zwischenzeit eine Eschatologie der Seelen. Aus diesem Grund wird beim Segnen des Grabes ein Gebet gesprochen, damit „wenn sein Fleisch [des Verstorbenen] in das Grab gelegt wird, seine Seele im Paradies empfangen werde“[124]. Mit biblischen Ausdrücken, die Lk 23,43 entnommen sind, wird daran erinnert, dass es „sogleich nach dem Tod“ für die Seele eine Vergeltung gibt. Auch andere Gebetsformulierungen bekennen diese Eschatologie der Seelen; so enthält die Begräbnisliturgie folgendes Gebet, das gesprochen wird, wenn der Leib in den Sarg gelegt wird: „Empfange, Herr, die Seele deines Dieners N., den du gewürdigt hast, ihn aus dieser Welt zu dir zu rufen, damit ihr [der Seele], befreit von allen Banden der Sünde, die Seligkeit der Ruhe und des ewigen Lichtes gewährt werde, so dass sie verdienen möge, unter deine Heiligen und Erwählten in der Herrlichkeit der Auferstehung aufgenommen zu werden“[125]. Ein Gebet für die „Seele“ des Verstorbenen wird mehrere Male wiederholt[126]. Die Formel, die für den Sterbenden gesprochen werden soll, wenn der Augenblick des Todes schon nahe zu sein scheint, ist völlig traditionell und sehr alt: „Mache dich auf den Weg, christliche Seele, von dieser Welt, im Namen Gottes, des allmächtigen Vaters, der dich erschaffen hat, im Namen Jesu Christi, des Sohnes des lebendigen Gottes, der für dich gelitten hat, im Namen des Heiligen Geist, der in dich ausgegossen ist; heute noch sei dein Ort im Frieden und deine Wohnstatt bei Gott im heiligen Zion“[127].

Die Formulierungen, die in solchen Gebeten verwendet werden, schließen eine Bitte ein, die nicht verständlich wäre, wenn es keine Reinigung nach dem Tod gäbe: „Möge seine Seele keine Verletzung erleiden, [...] verzeihe ihm alle Übertretungen und Sünden“[128]. Der Bezug zu den Übertretungen und Sünden muss mit den täglichen Sünden und den Folgen der Todsünden erklärt werden, während es in der Kirche kein einziges Gebet für die Verdammten gibt.

In einem Gebet wird sehr schön die Hinordnung der Eschatologie der Seelen auf die Auferstehung unterstrichen: „In deine Hände, gütigster Vater, empfehlen wir die Seele unseres Bruders, von der sicheren Hoffnung getragen, dass er wie alle in Christus Verstorbenen mit Christus auferstehen wird am Jüngsten Tage“[129]. Diese Auferstehung wird auf eine völlig realistische Weise verstanden sowohl durch die Parallele zur Auferstehung Christi selbst wie auch durch den Bezug zum toten Leib, der im Grab liegt: „Herr Jesus Christus, indem du drei Tage im Grab gelegen hast, hast du die Gräber all derer geheiligt, die an dich glauben. Während diese Gräber dazu dienen, die Leiber beizusetzen, mögen sie auch die Hoffnung auf die Auferstehung vermehren. Gewähre daher gnädig, dass dein Diener in diesem Grab in Frieden schlafend ruhe, bis du, der du die Auferstehung und das Leben bist, ihn auferwecken und erleuchten wirst“[130]. Das Dritte Eucharistische Hochgebet unterstreicht gleichzeitig den Realismus der Auferstehung der Toten (sicherlich verbunden mit dem Gedanken der Verwandlung in Herrlichkeit), ihre Beziehung zur Auferstehung Christi selbst und ihre künftige Beschaffenheit: „Durch die Taufe ist er dem Tod deines Sohnes gleichgestaltet worden. Gib, dass er ihm auch gleich werde in seiner Auferstehung, wenn er die Toten auferwecken wird im Fleisch von der Erde und den Leib unserer Niedrigkeit gleichgestalten wird dem Leib seiner Herrlichkeit“[131]. Diesem Text ist eine große theologische Bedeutung beizumessen, weil er im Hochgebet selbst enthalten ist.

 

Schluss

Wir haben versucht, diese Darstellung zu einigen aktuellen Fragen der Eschatologie abzuschließen mit dem Zeugnis der Liturgie. Denn der Glaube der Kirche zeigt sich in der Liturgie, die der bevorzugte Ort ist, um diesen Glauben zu bekennen. Aus ihrem Zeugnis ist hervorgegangen, dass die Liturgie das Gleichgewicht hält, das in der Eschatologie zwischen den individuellen und den kollektiven Elementen bestehen muss, und dass sie den christologischen Sinn der letzten Wirklichkeiten unterstreicht, ohne den die Eschatologie zu einer bloß menschlichen Spekulation herabgesetzt würde.

Es sei uns erlaubt, am Ende dieser Darlegung als abschließende Synthese der Lehre den Abschnitt zu zitieren, mit dem die „Vorbemerkungen“ zur Begräbnisliturgie beginnen, in der im übrigen auf vollkommene Weise der Geist der neuen römischen Liturgie aufscheint.

„Die Kirche feiert in der Begräbnisliturgie ihrer Kinder vertrauensvoll das Paschamysterium Christi, durch das diejenigen, die durch die Taufe ein Leib mit dem toten und auferstandenen Christus geworden sind, mit ihm durch den Tod zum Leben übergehen: in der Seele gereinigt und mit den Heiligen und Erwählten in den Himmel aufgenommen, im Leib jedoch die selige Hoffnung der Ankunft Christi und der Auferstehung der Toten erwartend. Daher bringt sie das eucharistische Opfer des Pascha Christi für die Verstorbenen dar und sendet Gebete und Fürbitten für sie empor, damit durch die gegenseitige Mitteilung aller Glieder Christi das, was sie für die einen als geistliche Hilfe erlangen, den anderen als Trost der Hoffnung zuteil werde“[132].

 



[1] Vgl. Clemens von Rom, Ad Corinthios V (FC 15, 75–77; A. Lindemann [Hg.], Die Apostolischen Väter, Tübingen 1992, 87).

[2] Vgl. Ignatius von Antiochien, Ad Romanos IV (Funk I, 256–258; A. Lindemann [Hg.], Die Apostolischen Väter, Tübingen 1992, 211–213).

[3] GS 39, AAS 58 (1966): 1057

[4] Zweite außerordentliche Bischofssynode, Schlussdokument (10. Dezember 1985) II, A, 1, in: OR dt. 1 (1986) 12–14, hier 12; VApS 68, 3–22, hier 7; HK 40 (1986) 40–48, hier 42.

[5] GS 18, AAS 58: 1038.

[6] Kongregation für die Glaubenslehre, Recentiores episcoporum Synodi (17. Mai 1979), Einleitung, in: AAS 71 (1979) 940–942, hier 940; deutsche Übersetzung: Zu einigen Fragen der Eschatologie, in: VApS 11, 4; vgl. DH 4650–4659 (gekürzt).

[7] Zweite außerordentliche Bischofssynode, Schlussdokument (10. Dezember 1985) II, D, 1, in: OR dt. 1 (1986) 14; VApS 68, 18; HK 40 (1986) 46.

[8] Zweite außerordentliche Bischofssynode, Schlussdokument (10. Dezember 1985) I, 4, in: OR dt. 1 (1986) 12; VApS 68, 4–5; HK 40 (1986) 41.

[9] Vgl. Henri de Lubac, La postérité spirituelle de Joachim de Flore, 2 vol., Paris 1979–1981.

[10] Zum Verhältnis zwischen Marx und Hegel vgl. Henri de Lubac, La postérité spirituelle de Joachim de Flore, t. 2, Paris 1981, 256–360.

[11] Kongregation für die Glaubenslehre, Instruktion über einige Aspekte der „Theologie der Befreiung“ (6. August 1984) X, 6, in: AAS 76 (1984) 876–909, hier 900; VApS 57, 22.

[12] Kongregation für die Glaubenslehre, Instruktion über einige Aspekte der „Theologie der Befreiung“ (6. August 1984) X, 5, in: AAS 76 (1984) 900; VApS 57, 22.

[13] GS 20, AAS 58: 1040.

[14] GS 21, AAS 58: 1041.

[15] Paul VI., Evangelii nuntiandi 34.

[16] Vgl. Internationale Theologische Kommission, Über das Verhältnis zwischen menschlichem Wohl und christlichem Heil.

[17] Vgl. Zweite außerordentliche Bischofssynode, Schlussdokument (10. Dezember 1985) II, D, 6, in: OR dt. 1 (1986) 14; VApS 68, 20–21; HK 40 (1986) 47.

[18] Es ist hier nicht nötig zu erläutern, dass die Menschen zu Christus gehören können, ohne dass sie auf sichtbare Weise seiner Kirche angehören: vgl. LG 15f.

[19] LG 49, AAS 57: 55.

[20] Paul VI., Credo des Gottesvolkes, Einleitung.

[21] 1. Konzil von Konstantinopel, Konstantinopolitanisches Glaubensbekenntnis (DH 150).

[22] Kongregation für die Glaubenslehre, Recentiores episcoporum Synodi 2, in: AAS 71 (1979) 941; DH 4652; VApS 11, 5.

[23] Origenes, Contra Celsum 1, 7 (GCS 2, 60).

[24] Alfred Stuiber, Refrigerium interim. Die Vorstellungen vom Zwischenzustand und die frühchristliche Grabeskunst, Bonn 1957, 101.

[25] Vgl. John Norman Davidson Kelly, Altchristliche Glaubensbekenntnisse. Geschichte und Theologie, Göttingen 2191993, 163–165.

[26] 11. Synode von Toledo, Glaubensbekenntnis (DH 540).

[27] Zur Hermeneutik vgl. Internationale Theologische Kommission, Die Interpretation der Dogmen.

[28] Hans Urs von Balthasar, Umrisse der Eschatologie, in: Ders., Verbum caro. Skizzen zur Theologie I, Einsiedeln 21960, 282.

[29] Vgl. DV 2, AAS 58 (1966): 818.

[30] GS 39, AAS 58: 1057.

[31] Fides Damasi (DH 72).

[32] Irenäus, Adversus haereses V, 13, 3 (FC 8/5, 109). Dieses Fragment ist auf Griechisch erhalten; für das Wort „Verklärung“ steht der Ausdruck  metaschêmatismós.

[33] Irenäus, Adversus haereses V, 13, 1 (FC 8/5, 105).

[34] Konzil von Trient, 25. Sitzung, Dekret über die Anrufung, die Verehrung und die Reliquien der Heiligen und über die heiligen Bilder (DH 1822).

[35] Vgl. 1. Konzil von Konstantinopel, Konstantinopolitanisches Glaubensbekenntnis (DH 150): „und wird wieder kommen mit Herrlichkeit“.

[36] Pseudo-Athanasianisches Bekenntnis Quicumque (DH 76).

[37] Fides Damasi (DH 72).

[38] Origenes, In Leviticum homilia 7, 2 (GCS 29, 378; SC 286f.).

[39] 11. Synode von Toledo, Glaubensbekenntnis (DH 540).

[40] Vgl. Siegbert Uhlig, Das äthiopische Henochbuch (= Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit, Band V), Gütersloh 1984, 555–558; GCS 5,51–55.

[41] Tertullian bekämpfte sie als die neuen Sadduzäer (De resurrectione mortuorum [De carnis resurrectione] 2, 2 [CCL 2, 922; BKV1 Tertullian 2, Kempten 1872, 219–360, hier 226–230]). Der heilige Irenäus klagt sie an als Personen, die nicht einsehen wollen, „dass – wenn es so wäre, wie sie sagen – der Herr selbst, an den zu glauben sie behaupten, nicht erst am dritten Tag auferstanden wäre, sondern nach seinem Verscheiden am Kreuz sofort emporgestiegen wäre, wobei er den Leib der Erde hinterlassen hätte“ (Adversus haereses V, 31, 1 [FC 8/5, 233–234; SC 153, 388–390]) Für Irenäus erhält die ganze „Ökonomie“ Gottes durch das Fleisch die Einheit: Gott hat den Menschen aus Fleisch erschaffen und sandte seinen Sohn in das Fleisch, um das Fleisch des Menschen zu erlösen (vgl. Adversus haereses VV, 14, 1 [FC 8/5, 115–117; SC 153, 182]). Es ist daran zu erinnern, dass die Formulierung „Auferstehung des Fleisches“ in die Glaubensbekenntnisse Eingang fand, um diesen Einfluss der Gnostiker auszuschließen (s.o. Anm. 25).

[42] Nach Eusebius von Cäsarea (Historia ecclesiastica 6, 37 [GCS 9/2, 592; BKV2 II, 6, 37]), überzeugte Origenes diese arabischen Häretiker, von ihrem Irrtum abzulassen.

[43] Martin Luther, Vorlesungen über 1. Mose 22,11, in: WA 43, 218.

[44] Vgl. Schmalkaldische Artikel 2,2, in: Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche, Göttingen 3191956, 425.

[45] Martin Luther, Brief an Amsdorf (Wartburg, 13. Januar 1522), in: WA, Briefwechsel 2, 422.

[46] Vgl. Benedikt XII., Benedictus Deus (DH 1000), wo bekräftigt wird, dass die Seelen aller Heiligen „sogleich nach ihrem Tod“ und „vor der Wiederannahme ihrer Leiber und dem allgemeinen Gericht“ „das göttliche Wesen in einer unmittelbaren Schau und auch von Angesicht zu Angesicht geschaut haben und schauen – ohne Vermittlung eines Geschöpfes, das sich als geschauter Gegenstand darböte; vielmehr zeigt sich ihnen das göttliche Wesen unmittelbar unverhüllt, klar und offen, und dass die so Schauenden eben dieses göttliche Wesen genießen, sowie dass aufgrund dieser Schau und dieses Genusses die Seelen derer, die schon dahingeschieden sind, wahrhaft selig sind und das ewige Leben und die ewige Ruhe haben“.

[47] Weiter oben in Abschnitt 2. wurde angespielt auf die Haupttheorien, mit denen heute die Auferstehung im Tod vorgetragen wird. Ebenfalls oben in Abschnitt 4.2. wird an die wenigen Vorgänger dieser Tendenz erinnert, die es in der Zeit der Patristik gab.

[48] Vgl. Kongregation für die Glaubenslehre, Recentiores episcoporum Synodi, in: AAS 71 (1979) 939–943; VApS 11.

[49] Zu den evangelischen Christen vgl. Confessio Augustana 17 (BSLK 73).

[50] Vgl. Michel Spanneut, Le stoïcisme des Pères de l’Eglise. De Clément de Rome à Clement d’Alexandrie (= Patristica sorbonensia), Paris 1956.

[51] GS 14, AAS 58: 1035-36. 

[52] Ebd. AAS 58: 1038.

[53] Vgl. Paul VI., Credo des Gottesvolkes 8; vgl. Pius XII., Humani generis (DH 3896).

[54] Noch in unseren Tagen wird bei den Juden, wenn sie vom Schlaf erwachen, ein Gebet (berakah) gesprochen, in dem unterschieden wird zwischen „den Seelen“ und „den toten Leibern“, darüber hinaus mit einer Anspielung auf die „Auferstehung“; der Text stammt aus dem babylonischen Talmud; vgl. Seder R. Amran Gaon, part 1., Hebrew Text with critical Apparatus, Translation with Notes and Introduction by D. Hedegärd (Lund 1951), 13.

[55] Vgl. Porphyrios, Über Plotins Leben und über die Ordnung seiner Schriften, in: Plotins Schriften, übers. v. Richard Harder, Bd. 5 (Anhang), Hamburg 1958, 2; vgl. auch Augustinus, De Civitate Dei 22, 26 (CCL 48, 853) für die Position des Porphyrius.

[56] Tertullian, De resurrectione mortuorum (De carnis resurrectione) 34, 3 (CCL 2, 964).

[57] Augustinus, De Genesi ad litteram 112, 35 (CSEL 28/1, 432–433).

[58]  Kongregation für die Glaubenslehre, Recentiores episcoporum Synodi 3, in: AAS 71 (1979) 941; VApS 11, 5.

[59] Thomas von Aquin, Super primam epistolam ad Corinthios  15, 2, 924, in: Ders., Super epistolas Sancti Pauli lectura, ed. Raphael Cai, Bd. 1, Taurini-Romae 1953, 411.

[60] Thomas von Aquin, S.th., , 1, ad 5 (Deutsche Thomas-Ausgabe 3, Salzburg-Leipzig 1939, 45–46). Wenn der heilige Thomas es als einen Irrtum betrachtet „zu sagen, dass Christus während der drei Tage des Todes Mensch gewesen sei“ (S.th. III, III, 50, 4 c [Deutsche Thomas-Ausgabe 28, Heidelberg-Graz-Wien-Köln 1956, 137), dann tritt er dafür ein, dass die Einheit zwischen Seele und Leib zum Begriff des Menschseins gehört.

[61] An der in Anm. 59 zitierten Stelle schrieb der heilige Thomas: „Denn es steht fest, dass die Seele ihrer Natur nach mit dem Leib verbunden ist, gegen die Natur und zufällig aber von ihm getrennt wird. Daher ist die des Leibes entkleidete Seele unvollkommen, solange sie ohne Leib ist. Es ist aber unmöglich, dass das, was der Natur nach und im eigentlichen Sinne besteht, endlich und gleichsam nichts sei; und dass das, was gegen die Natur und zufällig besteht, unendlich sei, wenn die Seele für immer ohne den Körper fortbesteht“.

[62] Vgl. seinen Text, auf den Anm. 57 sich bezieht.

[63] Kongregation für die Glaubenslehre, Recentiores episcoporum Synodi 3, in: AAS 71 (1979) 941; VApS 11, 5.

[64] Benedikt XII., Benedictus Deus (DS 1000).

[65] GS 18, AAS 58: 1038.

[66] Vgl. Canticum fratris Solis, 12–13, in: Leonard Lehmann (Hg.), Das Erbe eines Armen. Franziskus-Schriften, Kevelaer 2003, 55: „Gelobt seist du, mein Herr, durch unsere Schwester, den leiblichen Tod; ihm kann kein Mensch lebend entrinnen [...] Selig jene, die sich in deinem heiligsten Willen finden, denn der zweite Tod wird ihnen kein Leid antun“.

[67] Gregor von Nyssa, Oratio consolatoria in Pulcheriam, in: Gregorii Nysseni opera, hg. v. Werner Jaeger und Hermann Langerbeck, Bd. 9, Leiden 1967, 472.

[68] Gregor von Nyssa, Oratio catechetica magna 32 (BKV2 56 [1927] 63; PG 45, 80).

[69] Clemens von Alexandrien, Protrepticus 11 (GCS 12, 80).

[70] GS 18, AAS 58: 1038.

[71] Vgl. Johannes Paul II., Salvifici doloris, AAS 76 (1984): 201-50.

[72] Augustinus, Confessiones 9, 12, 29 (CCL 27, 150).

[73] Vgl. Benedikt XII., Benedictus Deus (DH 1000).

[74]  Ignatius von Antiochien, Ad Ephesios XX, 2 (Funk I, 230; A. Lindemann [Hg.], Die Apostolischen Väter, Tübingen 1992, 191).

[75] Augustinus, De cura pro mortuis gerenda 18, 22 (CSEL 41, 658–659).

[76] Vgl. Dekret des Heiligen Offiziums vom 15. Dezember 1886 (DH 3195–3196); Instruktion des Heiligen Offiziums vom 19. Juni 1926 (DH 3680).

[77]Vgl. C. Cumont, Lux perpetua,  Paris 1949, 390.

[78] CIC (1983) can. 1176 §3.

[79] LG 51, AAS 57: 57.

[80] LG 49, AAS 57: 55.

[81] GS 18, AAS 58: 1038.

[82] LG 50, AAS 57: 57.

[83] Paul VI., Credo des Gottesvolkes 29.

[84] LG 50, AAS 57: 56.

[85] Konzil von Trient, 25. Sitzung, Dekret über die Anrufung, die Verehrung und die Reliquien der Heiligen und über die heiligen Bilder (DH 1821); LG 50.

[86] LG 49, Anm. 148 [Kapitel 7, Anm. 2], AAS 57: 19f.

[87] Ad caput VII de Ecclesia, responsio ad modum 35, in: AS 3/8, 144.

[88] LG 50, AAS 57:55.

[89] Konzil von Florenz, Dekret für die Griechen (DH 1304).

[90] Missale Romanum, editio typica (Typis Polyglottis Vaticanis 1970), Institutio generalis Missalis Romani 55 55, g, 40.

[91] Vgl. Benedikt XII., Benedictus Deus (DH 1000).

[92] Origenes (In Exodum homilia 9,2 [SC 321, 282–286; PG 12, 362–363]) meint, dass es sich es an dieser Stelle um das himmlischen Heiligtum handelt; vgl. Augustinus, Enarratio in Psalmum 14, 14, 1 (CCL 38, 88).

[93 Zur Unterscheidung der Sünden vgl. Internationale Theologischen Kommission, Versöhnung und Buße C., C., III.

[94] Vgl. Konzil von Trient, 6. Sitzung, Dekret über die Rechtfertigung,  Kanon 30 (DH 1580).

[95] Vgl. Konzil von Trient, 14. Sitzung, Die Lehre über das Sakrament der Letzten Ölung, Kap. 2 (DH 1696).

[96] Vgl. Konzil von Trient, 6. Sitzung, Dekret über die Rechtfertigung, Kanon 30 (DH 1580); vgl. Konzil von Florenz, Dekret für die Griechen (DH 1304).

[97] Kongregation für die Glaubenslehre, Recentiores episcoporum Synodi 7, in: AAS 71 (1979) 942; VApS 11, 5.

[98] Vgl. Tertullian, De corona 3, 3 (CCL 2, 1043).

[99] Vgl. LG 50, AAS 57: 55.

[100] Vgl. Cyprian, Epistula 55, 20, 3, in: ed. L. Bayard, 2.a ed., t. 2 (Paris 1961), 144 (PL 3, 786).

[101] Euloghitaria der Begräbnisliturgie vor dem Evangelium.

[102] Vgl. LG 48, AAS 57: 54.

[103] Kongregation für die Glaubenslehre, Recentiores episcoporum Synodi 7, in: AAS 71 (1979) 942; VApS 11, 5.

[104] Vgl. Santa Caterina da Genova, Dialogo spritituale tra anima e corpo. Trattato del Purgatorio (= L’anima del mondo 31), Piemme 1999.

[105] Johannes vom Kreuz, Vida y Johannes vom Kreuz, Cruz, ed. L. Ruano,  10.ª ed. (Madrid 1978) 1013; Noche oscura 2, 6, 6 y 2, 20, 5: ebd.., 682 und 716.

[106] Die Lateiner, die vom Feuer des Purgatoriums sprachen, wurden von den Byzantinern so verstanden, als ob sie das origenistische System verträten, dass die Strafen bloss und immer medizinal seien. Daher wird die Lehre von der Reinigung nach dem Tod beim Konzil von Florenz mit großer Nüchternheit dargelegt (Dekret für die Griechen [DH 1304]). Im 16. Jahrhundert stießen die Reformatoren im Gedanken dieser Reinigung nach dem Tod auf andere Schwierigkeiten, die in Verbindung mit der Lehre von der äußerlichen Rechtfertigung allein durch den Glauben standen; diese Verbindung wird ausdrücklich bekräftigt in der Apologie der Augsburgischen Konfession 12 12 (BSLK 252–291, hier 255). Es ist charakteristisch, dass das Konzil von Trient dogmatisch über diese Reinigung nach dem Tod bei der 6. Sitzung im Dekret über die Rechtfertigung (Kanon 30 [DH 1580]) sprach; das Dekret über den Reinigungsort bei der 25. Sitzung ist dann disziplinär und bezieht sich ausdrücklich auf das andere, dogmatische Dekret (DH 1820).

[107] Vgl. Leo Scheffczyk, Der Reinkarnationsgedanke in der altchristlichen Literatur (= Bayerische Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-historische Klasse, Sitzungsberichte 1985, Heft 4), München 1985.

[108] In nicht wenigen östlichen Kulturen wird die Reinkarnation mit größerem Nachdruck in den Aspekten der Reinigung, ja manchmal sogar der Bestrafung, vorgebracht, als dies in ihrer jüngsten westlichen Form der Fall ist. Dadurch wird die Reinkarnation als etwas Schmerzvolles verstanden, dem der Mensch zu entfliehen wünscht. Die Befreiung aus diesem Zyklus wird von einigen als Frucht ihrer eigenen Anstrengung betrachtet, von anderen als Gabe Gottes.

[109] Die Antwort des Heiligen Offiziums, Theosophische Lehren (DH 3648) bezieht sich auf diesen Ideenkomplex.

[110] Es ist eine wohlbekannte historische Tatsache, dass die Worte „am Ende unseres einmaligen Erdenlebens“ in die Endredaktion eingefügt wurden aufgrund eines von 123 Konzilsvätern vorgeschlagenen modus, „dass die Einzigkeit dieses irdischen Lebens gegen die Vertreter der Reinkarnationslehre bekräftigt werden möge“ (Ad caput VII de Ecclesia, modus 30, in: AS 3/8, 143).

[111] Vgl. GS 12, AAS 58: 1034.

[112] Vgl. oben in Anm. 53 einige Texte des Lehramtes der Kirche zu diesem Punkt.

[113] Zur Wirklichkeit dieses Zustandes vgl. Konzil von Trient, 5. Sitzung, Dekret über die Ursünde, Kanon 1 (DH 1511).

[114] Johannes Paul II., Dives in misericordia 7.

[115] Vgl. Konzil von Trient, 6. Sitzung, Dekret über die Rechtfertigung, Kanon 7 (DH 1528).

[116] Vgl. Paul VI., Credo des Gottesvolkes 12.

[117] Vgl. Kongregation für die Glaubenslehre, Recentiores episcoporum Synodi 7, in: AAS 71 (1979) 941f.; VApS 11, 5–6.

[118] Johannes Paul II., Dominum et vivificantem 38.

[119] LG 48, AAS 57: 54.

[120] Vgl. Konzil von Trient, 6. Sitzung, Dekret über die Rechtfertigung, Kanon 5 (DH 1525).

[121] Indiculus 8 (DH 246).

[122] Das lateinische Wort defunctus für „Verstorbener“ bezeichnet denjenigen, der eine Aufgabe erfüllt hat. Der defunctus existiert jetzt als Subjekt. Derjenige, der von seinen Verpflichtungen auf Erden zurücktritt (defungitur), wird im Reich zugelassen, sei es unmittelbar nach dem Tod, sei es nach der eschatologischen Reinigung, wenn nötig.

[123] Ordo exsequiarum 55, editio typica (Typis Polyglottis Vaticanis 1969) 25. Genau dieselben Worte in Ordo exsequiarum 72, S. 32 und 184, S. 73.

[124] Ordo exsequiarum 195, S. 77.

[125] Ordo exsequiarum 30, S. 16.

[126] Vgl. Ordo exsequiarum 33, S. 18; 46–48, S. 22; 65, S. 29; 67, S. 30; 167, S. 67; 174, S. 70; 192–193, S. 76; 195, S. 77; 200, S. 80; 230, S. 87.

[127] Ordo unctionis infirmorum eourumque pastoralis cura 146, editio146, editio typica (Typis Polyglottis Vaticanis 1972) 60.

[128] Ordo exsequiarum 167, S. 68.

[129] Ordo exsequiarum 48, S. 22.

[130] Ordo exsequiarum 53, S. 24.

[131] Missale Romanum, editio typica (Typis Polyglottis Vaticanis 1970) 465.

[132] Ordo exsequiarum, Praenotanda 1, S. 7.

 

  

 
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