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BISCHOFSSYNODE

XIII. ORDENTLICHE GENERALVERSAMMLUNG 

DIE NEUE EVANGELISIERUNG FÜR DIE WEITERGABE DES CHRISTLICHEN GLAUBENS

 

LINEAMENTA

Inhalt

 

Vorwort

Einleitung

1. Die Dringlichkeit einer neuen Evangelisierung
2. Die Pflicht zur Evangelisierung
3. Evangelisierung und die Gabe der Unterscheidung
4. Ausgehend von ihren Herausforderungen in der Welt von heute evangelisieren

Fragen

Erstes Kapitel

Zeit der „neuen Evangelisierung”

5. „Neue Evangelisierung“. Die Bedeutung einer Definition
6. Die Szenarien der neuen Evangelisierung
7. Als Christen angesichts dieser neuen Szenarien
8. „Neue Evangelisierung“ und die Frage der Spiritualität
9. Neue Arten des Kirche Seins
10. Erste Evangelisierung, pastorale Tätigkeit, neue Evangelisierung

Fragen  

Zweites Kapitel

Das Evangelium Jesu Christi verkünden

11. Die Begegnung und die Gemeinschaft mit Christus, Ziel der Weitergabe des Glaubens
12. Die Kirche gibt den Glauben weiter, den sie selber lebt
13. Wort Gottes und Weitergabe des Glaubens
14. Die Pädagogik des Glaubens
15. Die Ortskirchen als Subjekte der Weitergabe
16. Zeugnis ablegen: der Stil der Verkündigung
17. Die Früchte der Weitergabe des Glaubens

Fragen

Drittes Kapitel

Zur christlichen Erfahrung hinführen

18. Die christliche Initiation als evangelisatorischer Prozess
19. Erstverkündigung als Erfordernis neuer Formen des Redens über Gott
20. In den Glauben einführen, zur Wahrheit erziehen
21. Das Ziel einer „Ökologie der menschlichen Person“
22. Evangelisatoren und Erzieher, weil Zeugen

Fragen 

Schluss

23. Die Grundlage der „neuen Evangelisierung“ im Pfingstereignis
24. Die „neue Evangelisierung“, Vision für die Kirche von heute und morgen
25. Die Freude zu evangelisieren

 

Vorwort

«Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe» (Mt 28, 19-20). Mit diesen Worten hat Jesus Christus, bevor er in den Himmel aufgefahren ist und sich zur Rechten Gottes des Vaters gesetzt hat (vgl. Eph 1, 20), seine Jünger ausgesandt, um die Gute Nachricht der ganzen Welt zu verkünden. Sie stellten eine kleine Gruppe von Zeugen Jesu dar, seines irdischen Lebens, seiner Lehre, seines Todes und, vor allen Dingen, seiner Auferstehung (vgl. Apg 1, 22). Die Aufgabe war ungeheuer, weit über ihren Möglichkeiten. Um sie zu ermutigen, verspricht der Herr Jesus die Herabkunft des Parakleten, den der Vater in seinem Namen senden wird (vgl. Joh 14, 26) und der sie «in die ganze Wahrheit führen» (Joh 16, 13) wird. Darüber hinaus sichert er seine bleibende Gegenwart zu: «Seid gewiss, ich bin bei Euch alle Tage bis zum Ende der Welt» (Mt 28, 20).

Nach dem Pfingstereignis, als das Feuer der Liebe Gottes auf die Apostel herabkam (vgl.Apg 2, 3), die im Gebet versammelt waren «zusammen mit den Frauen und Maria, der Mutter Jesu» (Apg 1, 14), begann der Auftrag des Herrn Jesus Wirklichkeit zu werden. Der Heilige Geist, den Jesus Christus in Fülle schenkt (vgl. Joh 3, 34), steht am Beginn der Kirche, die von ihrer Natur her missionarisch ist. Denn als er gerade die Salbung des Geistes erhalten hat, da stand der Apostel Petrus auf «erhob seine Stimme und begann zu reden» (Apg 2, 14). Er verkündete das Heil im Namen Jesu, den «Gott zum Herrn und Messias gemacht hat» (Apg 2, 36). Durch das Geschenk des Geistes verwandelt, haben sich die Jünger in der damals bekannten Welt verstreut und «das Evangelium Jesu Christi, des Sohnes Gottes» (Mk 1, 1) verbreitet. Ihre Botschaft hat das Mittelmeergebiet genauso erreicht wie Europa, Afrika und Asien. Geführt vom Geist, der eine Gabe des Vaters und des Sohnes ist, haben ihre Nachfolger diese Sendung fortgesetzt, die bis zum Ende der Zeiten aktuell bleibt. Solange sie besteht, muß die Kirche das Evangelium vom Kommen des Reiches Gottes verkünden, die Lehre ihres Meisters und Herrn, und vor allem die Person Jesu Christi.

Das Wort „das Evangelium“, τò εÛαγγέλιον, wird schon seit den Anfängen der Kirche verwendet. Der Heilige Paulus gebraucht es oft, wenn er sich auf die ihm von Gott anvertraute Verkündigung des Evangeliums (vgl. 1 Thess 2, 4) «inmitten harter Kämpfe» (1 Thess 2, 2), und die neue Heilsökonomie bezieht (vgl. 1 Thess 1, 5 ff; Gal 1, 6-9 ff). Neben Markus (vgl. Mk 1, 14. 15; 8, 35; 10, 29; 13, 10; 14, 9; 16, 15) wird der Begriff Evangelium auch vom Evangelisten Matthäus verwendet, häufig in der speziellen Verbindung «das Evangelium vom Reich» (Mt 9, 35; 24, 14; vgl. 26, 13). Der Hl. Paulus verwendet auch den Begriff evangelisieren (εÛαγγελίσασθαι; vgl. 2 Kor 10, 16), der sich ebenfalls in der Apostelgeschichte findet (vgl. besonders Apg 8, 4. 12. 25. 35. 40), und dessen Verwendung in der Geschichte der Kirche eine bedeutsame Entwicklung erfahren hat.

In jüngerer Zeit bezieht man sich mit dem Begriff der Evangelisierung auf die Tätigkeit der Kirche in ihrer Gesamtheit. Das am 8. Dezember 1975 veröffentlichte Apostolische Schreiben Evangelii nuntiandi versteht darunter die Predigt, die Katechese, die Liturgie, das sakramentale Leben, die Volksfrömmigkeit, das Lebenszeugnis der Christen (vgl. EN 17, 21, 48 ff). In diesem Schreiben hat der Diener Gottes Papst  Paul VI. die Ergebnisse der dritten Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode zusammengefasst, welche vom 27. September bis 26. Oktober 1974 zum Thema Die Evangelisierung in der modernen Welt stattfand. In den folgenden Jahrzehnten hat das Dokument der evangelisierenden Tätigkeit der Kirche eine bemerkenswerte Dynamik verliehen, die von einer echten menschlichen Weiterentwicklung begleitet wurde (vgl. EN 29, 38, 70).

Im weiten Kontext der Evangelisierung kommt der Verkündigung der Guten Nachricht an die Menschen und Völker, die bis heute das Evangelium Jesu Christi nicht kennen, eine besondere Aufmerksamkeit zu. An sie richtet sich die missio ad gentes. Sie hat beständig die Tätigkeit der Kirche gekennzeichnet, auch wenn sie in einigen geschichtlichen Epochen besonders herausgehobene Momente erlebt hat. Es genügt hier, an die Zeit der Missionierung des amerikanischen Kontinents zu erinnern, oder, später, an die Mission in Afrika, Asien und Ozeanien. Mit seinem Dekret Ad gentes hat das Zweite Vatikanische Konzil die missionarische Natur der ganzen Kirche unterstrichen. Entsprechend dem Auftrag ihres Gründers Jesus Christus sollen die Christen nicht nur die Missionare, d.h. die Menschen, welche sich der Verkündigung an die Nichtchristen widmen, mit dem Gebet und materiellen Beiträgen unterstützen. Sie sind vielmehr selbst aufgerufen, an der Ausbreitung des Reiches Gottes in der Welt mitzuwirken, entsprechend der eigenen Art und Berufung. Diese Aufgabe erhält in der derzeitigen Phase der Globalisierung eine besondere Dringlichkeit, denn aus verschiedenen Gründen immigrieren nicht wenige Menschen, die Jesus Christus nicht kennen, in die Länder mit einer alten christlichen Tradition und kommen daher mit Christen in Kontakt, mit Zeugen des auferstandenen Herrn, der in seiner Kirche gegenwärtig ist, besonders im Wort und in den Sakramenten.

Im Verlauf ihrer 45 Jahre hat die Bischofssynode das Thema der missio ad gentes in verschiedenen Versammlungen behandelt. Einerseits hat sie die missionarische Natur der ganzen Kirche gegenwärtig gehalten, und andererseits die Vorgaben des Zweiten Vatikanischen Konzils beachtet, das im Konzilsdekret Ad gentes die missionarische Sorge als ein wichtiges Ziel der Tätigkeit der Bischofssynode herausgestellt hat: «Da nämlich die Sorge, das Evangelium überall auf Erden zu verkünden, vor allem die Körperschaft der Bischöfe angeht, soll die Bischofssynode bzw. der „ständige Rat der Bischöfe für die gesamte Kirche“ unter den Angelegenheiten von allgemeiner Bedeutung besonders Rücksicht nehmen auf die missionarische Tätigkeit, die größte und heiligste Aufgabe der Kirche» (AG 29).

In den letzten Jahrzehnten wurde auch von der Dringlichkeit der neuen Evangelisierung gesprochen. Ausgehend von der Evangelisierung als normalem Horizont der Tätigkeit der Kirche genauso wie von der Verkündigung des Evangeliums ad gentes, welche die Bildung von Gemeinschaften vor Ort, den Ortskirchen in den Missionsländern der ersten Evangelisierung erforderlich macht, richtet sich die neue Evangelisierung vor allem an diejenigen, die sich in den Ländern mit alter christlicher Tradition von der Kirche entfernt haben. Leider gibt es dieses Phänomen auch in Ländern, in denen die Gute Nachricht erst in den letzten Jahrhunderten verkündet, aber bisher noch nicht ausreichend aufgenommen wurde, um das persönliche, familiäre und soziale Leben der Christen zu verwandeln. Dies haben auch die Spezialversammlungen der Bischofssynode mit kontinentalem Charakter herausgestellt, welche in Vorbereitung auf das Jubiläumsjahr 2000 gefeiert wurden. Es handelt sich um eine große Herausforderung für die Gesamtkirche. Aus diesem Grund hat Seine Heiligkeit Papst Benedikt XVI., nachdem er die Meinung der Mitbrüder im Bischofsamt gehört hatte, entschieden, die XIII. Ordentliche Generalversammlung der Bischofssynode, die vom 7. bis 28. Oktober 2012 stattfinden wird, zum Thema Die neue Evangelisierung für die Weitergabe des christlichen Glauben einzuberufen. Indem sie die Überlegungen aufgreift, die bisher zum Thema gemacht wurden, wird es das Ziel dieser Synodenversammlung sein, die aktuelle Situation der Ortskirchen zu studieren, um in Gemeinschaft mit dem Heiligen Vater, Papst Benedikt XVI., Bischof von Rom und Hirte der Gesamtkirche, neue Möglichkeiten und Ausdrucksformen der Guten Nachricht zu umreißen, die es dem Menschen von heute mit neuer Begeisterung, wie sie den Heiligen eigen ist, den freudigen Zeugen des Herrn Jesus Christus, «der war, der ist und der kommen wird» (Apg 4, 8), zu verkünden. Es handelt sich um eine Herausforderung, wie der Schriftgelehrte, der ein Jünger des Himmelreiches geworden ist, Neues und Altes aus dem reichen Schatz der Tradition hervorzuholen (vgl. Mt 13, 52).

Die Lineamenta, die hier vorgestellt werden, und die mit Hilfe des Ordentlichen Rates des Generalsekretariates der Bischofssynode erarbeitet wurden, stellen eine bedeutende Etappe in der Vorbereitung der Synodenversammlung dar. Am Ende jedes Kapitels finden sich einige Fragen, welche das Ziel haben, die Diskussion auf der Ebene der Gesamtkirche zu erleichtern. Die Lineamenta werden ja an die Bischofssynoden der Katholischen Ostkirchen sui iuris, die Bischofskonferenzen, die Dikasterien der Römischen Kurie und die Vereinigung der Generalobern verschickt, an Organe also, mit denen das Generalsekretariat der Bischofssynode offizielle Beziehungen unterhält. Sie sollen das Nachdenken über dieses Dokument in den entsprechenden Strukturen erleichtern: in den Diözesen, Seelsorgsgebieten, Pfarreien, Ordensgemeinschaften, Vereinigungen, Bewegungen usw. Die Antworten dieser Organe sollten dann von den Verantwortlichen der Bischofskonferenzen, der Bischofssynoden sowie auch der anderen erwähnten Organe zusammengefasst und bis zum 1. November 2011, dem Fest Allerheiligen, an das Generalsekretariat der Bischofssynode geschickt werden. Mit Hilfe des Ordentlichen Rates werden diese Antworten aufmerksam ausgewertet und in das Instrumentum laboris, das Arbeitsdokument der kommenden Synodenversammlung, eingearbeitet.

Indem wir im Voraus für die zuvorkommende Mitarbeit danken, welche einen wertvollen Austausch von Gaben, Sorgen und pastoralen Anliegen darstellt, vertrauen wir den Weg der XIII. Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode dem mütterlichen Schutz der Seligen Jungfrau Maria, Stern der Neuen Evangelisierung, an. Ihre Fürsprache erwirke der Kirche die Gnade, sich im Heiligen Geist zu erneuern, damit sie in unserer Zeit mit erneuertem Schwung den Auftrag des Auferstandenen Herrn erfüllen kann: «Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen» (Mk 16, 15).

 

Vatikanstadt, 2. Februar 2011

Fest der Darstellung des Herrn

 

a Nikola Eterović
Titularerzbischof von Cibale
Generalsekretär


Einleitung

 

«Ich ließ mich finden von denen, die nicht nach mir suchten; ich offenbarte mich denen, die nicht nach mir fragten.» (Röm 10, 20)

 

1. Die Dringlichkeit einer neuen Evangelisierung

Beim Abschluss der Arbeiten der Spezialversammlung der Bischofssynode für den Nahen Osten hat Papst Benedikt XVI. das Thema der neuen Evangelisierung in klarer Weise an die erste Stelle der Agenda unserer Kirche gesetzt. «Während der Arbeiten der Versammlung wurde häufig die Notwendigkeit unterstrichen, das Evangelium erneut denen zu verkünden, die es wenig kennen oder sich sogar von der Kirche entfernt haben. Oft wurde der dringende Bedarf nach einer Neuevangelisierung auch für den Nahen Osten benannt. Dies ist ein weites Thema, vor allem in den schon früh christianisierten Ländern. Auch die jüngst erfolgte Gründung des Päpstlichen Rates zur Förderung der Neuevangelisierung entspricht diesem tiefen Bedürfnis. Nachdem ich den Episkopat der ganzen Welt zu Rate gezogen und den Ordentlichen Rat des Generalsekretariats der Bischofssynode angehört habe, habe ich daher entschieden, die nächste Ordentliche Vollversammlung der Bischofssynode im Jahr 2012 dem folgenden Thema zu widmen: „Nova evangelizatio ad christianam fidem tradendam – Die neue Evangelisierung für die Weitergabe des christlichen Glaubens“»[1].

Wie er selbst in Erinnerung ruft, ist die Entscheidung, diese Versammlung dem Thema der neuen Evangelisierung zu widmen, im Zusammenhang mit einem einheitlichen Projekt zu sehen, dessen unmittelbar vorausgehenden Etappen die Gründung eines Dikasteriums ad hoc[2] und die Veröffentlichung des postsynodalen Schreibens Verbum Domini [3] darstellen; dieses Projekt hat seine Wurzeln im Einsatz für eine erneuerte Tätigkeit im Bereich der Evangelisierung, welcher das Lehramt und den apostolischen Dienst von Papst Paul VI. und Papst Johannes Paul II. beseelt haben. Ausgehend vom Zweiten Vatikanischen Konzil ist die neue Evangelisierung immer deutlicher als das Mittel erkannt worden, durch das es möglich ist, den Herausforderungen einer Welt in immer schnellerer Veränderung zu begegnen und zugleich als der Weg, um heute die Gabe leben zu können, die darin besteht, vom Heiligen Geist zusammengerufen worden zu sein, um die Erfahrung Gottes zu machen, der uns Vater ist und allen die Gute Nachricht – das Evangelium – Jesu Christi zu bezeugen und zu verkünden.

 2. Die Pflicht zur Evangelisierung

Die Kirche, welche den Glauben verkündet und weitergibt, ahmt das Handeln Gottes selbst nach, der sich der Menschheit mitteilt, indem er seinen Sohn schenkt, in der Gemeinschaft der Trinität lebt, und den Heiligen Geist sendet, um mit der Menschheit zu kommunizieren. Damit die Evangelisierung ein Echo dieser göttlichen Kommunikation sein kann, muß sich die Kirche durch das Handeln des Heiligen Geistes formen lassen, und sich dem gekreuzigten Christus gleich gestalten, welcher der Welt das Angesicht der Liebe und der Gemeinschaft Gottes zeigt. Auf diese Weise entdeckt sie ihre Berufung als Ecclesia mater wieder, die dem Herrn Töchter und Söhne gebiert, indem sie den Glauben weitergibt, und jene Liebe lehrt, die ihre Kinder nährt.

Im Herzen der Verkündigung steht der geglaubte und bezeugte Jesus Christus. Den Glauben weitergeben bedeutet im Wesentlichen, die Schriften, besonders aber das Evangelium, weiter zu geben, die es erlauben Jesus, den Herrn, kennen zu lernen.

Es war Papst Paul VI., welcher, als er die Priorität der Evangelisierung erneut betonte, allen Gläubigen in Erinnerung rief: «Es wäre sicher nicht ohne Nutzen, wenn jeder Christ und jeder Verkündiger folgenden Gedankengang im Gebet vertiefte: Die Menschen können durch die Barmherzigkeit Gottes auf anderen Wegen gerettet werden, auch wenn wir ihnen das Evangelium nicht verkünden; wie aber können wir uns retten, wenn wir aus Nachlässigkeit, Angst, Scham – was der hl. Paulus „sich des Evangeliums schämen“ nennt – oder infolge falscher Ideen es unterlassen, dieses zu verkünden?»[4]. Die Frage, mit welcher Evangelii nuntiandi schließt, klingt in unseren Ohren wie eine ureigene Auslegung des Textes des Hl. Paulus, von dem wir ausgegangen sind; und sie hilft uns dabei, unmittelbar zum Kern des Themas, das wir in diesem Text behandeln wollen, vorzudringen: die absolute Zentralität der Aufgabe der Evangelisierung für die Kirche von heute. Unsere gelebte Erfahrung und unsere Haltung im Hinblick auf die Evangelisierung zu überprüfen, ist nicht nur auf einer funktionalen Ebene nützlich, etwa um unsere Praxis und unser Vorgehen bei der Verkündigung zu verbessern. Auf einer tieferen Ebene ist es ein Weg, um uns selbst über die Qualität unseres Glaubens zu befragen, über unsere Art und Weise, Christen, Jünger Jesu Christi zu sein und uns als solche zu fühlen, gesandt, der Welt Christus zu verkünden, Zeugen zu sein, voll des Heiligen Geistes (vgl. Lk 24, 48f; Apg 1, 8) dazu berufen, alle Menschen aller Länder zu seinen Jüngern zu machen (vgl. Mt 28, 19f).

Das Wort der Jünger von Emmaus (vgl. Lk 24, 13-35) ist ein Sinnbild für die Möglichkeit einer fehlgeschlagenen Verkündigung Christi, die unfähig ist, Leben weiterzugeben. Die Zwei aus Emmaus verkünden einen Toten (vgl. Lk 24, 21-24), erzählen von ihrer Frustration und dem Verlust der Hoffnung. Sie zeigen der Kirche aller Zeiten die Möglichkeit einer Verkündigung auf, die kein Leben schenkt, sondern den verkündeten Christus, die Verkünder und die Empfänger der Verkündigung im Tod gefangen hält. Die Frage nach der Weitergabe des Glaubens, die kein individualistisches und einsames Unternehmen, sondern ein gemeinschaftliches, kirchliches Ereignis ist, darf nicht auf Antworten abzielen, in denen es nur um effiziente Kommunikationsstrategien geht und sie darf sich auch nicht auf eine Analyse der Empfänger der Botschaft, etwa die Jugendlichen, beschränken, sondern sie muß als eine Frage gestellt werden, welche das mit dieser spirituellen Aufgabe betraute Subjekt betrifft. Sie muß zu einer Frage der Kirche nach sich selbst werden. Das erlaubt es, das Problem nicht in äußerlicher, sondern in der richtigen Weise anzugehen, denn es geht um die Kirche als Ganze, in ihrem Sein und in ihrem Leben. Und vielleicht gelingt es auf diese Weise auch, sich der Tatsache bewußt zu werden, daß das Problem der Unfruchtbarkeit der Evangelisierung heute, der Katechese in den modernen Zeiten, ein ekklesiologisches Problem ist, das die Fähigkeit bzw. Unfähigkeit der Kirche betrifft, sich als wirkliche Gemeinschaft zu formen, als wirkliche Bruderschaft, als Körper, nicht wie eine Maschine oder eine Firma.

«Die pilgernde Kirche ist ihrem Wesen nach „missionarisch”»[5]. Diese Aussage des Zweiten Vatikanischen Konzils fasst in einfacher und umfassender Weise die kirchliche Tradition zusammen: Die Kirche ist missionarisch, d.h. als Gesandte unterwegs, weil sie ihren Ursprung in der Sendung Jesu Christi und in der Sendung des Heiligen Geistes hat, die dem Plan Gottes des Vaters entsprechend erfolgen.[6] Zugleich ist die Kirche missionarisch, weil sie sich diesen Ursprung in erster Person zu eigen macht, indem sie zur Verkünderin und Zeugin dieser Offenbarung Gottes wird, und das Volk Gottes aus der Zerstreuung sammelt, damit sich jene Prophezeiung des Propheten Jesaja erfüllen kann, welche die Kirchenväter immer als an die Kirche gerichtet gelesen haben: «Mach den Raum deines Zeltes weit, spann deine Zelttücher aus, ohne zu sparen. Mach die Stricke lang und die Pflöcke fest! Denn nach rechts und links breitest du dich aus. Deine Nachkommen werden Völker beerben und verödete Städte besiedeln.» (Jes 54, 2-3)[7].

Die Aussagen des Apostels Paulus «wenn ich nämlich das Evangelium verkünde, kann ich mich deswegen nicht rühmen, denn ein Zwang liegt auf mir. Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde!» (1 Kor 9, 16) können daher auf die Kirche als solche angewandt und im Hinblick auf sie durchbuchstabiert werden. So ruft uns auch Papst Paul VI. in Erinnerung, daß: «allen Menschen die Frohbotschaft zu verkündigen, die wesentliche Sendung der Kirche ist … Evangelisieren ist in der Tat die Gnade und eigentliche Berufung der Kirche, ihre tiefste Identität. Sie ist da, um zu evangelisieren.»[8].

In dieser doppelten Dynamik der Evangelisierung und der Mission aber kommt der Kirche nicht nur die aktive Rolle als Subjekt der Verkündigung zu, sondern auch die reflexive des Zuhörens und der Jüngerschaft. Als Evangelisatorin beginnt die Kirche damit, sich selbst zu evangelisieren.[9]. Die Kirche ist sich dessen bewußt, selbst die sichtbare Frucht dieses ununterbrochenen Werkes der Evangelisierung zu sein, das der Geist durch die Geschichte hindurchführt, damit das Volk der Erlösten die lebendige Erinnerung des Gottes Jesu Christi bezeugt. Und heute können wir diese unsere Gewissheit mit noch größerer Überzeugung vertreten, denn wir kommen aus einer Geschichte, die reich ist an außergewöhnlichen Seiten, auf Grund des Mutes, der Hingabe, des Wagnisses, der Intuition und der Vernunft; sie hat uns Seiten hinterlassen, die in Texten, Gebeten, pädagogischen Modellen und Methoden, geistlichen Wegen, Wegen der Einführung in den Glauben, erzieherischen Werken und Institutionen viele Echos und Spuren finden lassen.

 3. Evangelisierung und die Gabe der Unterscheidung

Diese in das Werk der Evangelisierung eingeschriebene Dimension des Hörens und der Jüngerschaft anzuerkennen, ist auch aus einem zweiten Grund neben dem vorhin angegebenen des Dankes und der Kontemplation der mirabilia Dei für die Kirche wichtig. Die Kirche erkennt sich als Frucht dieser Evangelisierung an, die Kirche versteht sich nicht nur als Handelnde, sondern auch als eine, an der gehandelt wird, denn sie ist überzeugt davon, daß die Regie dieses ganzen Prozesses nicht in ihren Händen liegt, sondern in den Händen Gottes, der sie durch den Geist in der Geschichte führt. Wie es auch der hl. Paulus in dem Text erahnen lässt, welcher dieser Einleitung vorangestellt ist, ist sich die Kirche dessen bewußt, dass die Regie der Tätigkeit der Evangelisierung dem Heiligen Geist obliegt: ihm vertraut sie sich an, um die Mittel, die Zeiten und die Orte jener Verkündigung zu erkennen, die zu leben sie berufen ist. Das wusste auch der Hl. Paulus gut, der in einem Moment großer Veränderung wie dem der Entstehungszeit der Kirche diesen Primat Gottes in der Organisation und in der Durchführung der Evangelisierung nicht nur „theoretisch“, sondern „praktisch“ anerkennt; und es gelingt ihm, die Gründe dieses Vorranges zu belegen, indem er sich auf die Schrift, genauer gesagt, auf die Propheten, bezieht.

Der Apostel Paulus erkennt diesen Primat der Tätigkeit des Geistes innerhalb eines besonders intensiven und bedeutenden Momentes für die werdende Kirche an: für die Gläubigen scheint es tatsächlich nahezuliegen, andere Wege einzuschlagen; die ersten Christen zeigen sich im Hinblick auf einige Entscheidungen, die zu treffen sind, unsicher. Der Prozess der Evangelisierung formt sich zu einem Prozess der Entscheidung um; die Verkündigung macht es erforderlich, daß es zunächst einen Moment des Hörens, des Verstehens und der Auslegung gibt.

Unsere Zeiten sind in vielem der Situation ähnlich, in welcher der Hl. Paulus gelebt hat: auch wir sind als Christen in eine Periode starker historischer und kultureller Umbrüche hineingestellt, wie wir im Laufe des Textes noch näher sehen werden. Auch für uns erfordert die Tätigkeit der Evangelisierung eine analoge, symmetrische und gleichzeitige Aktion der Unterscheidung der Geister. Schon vor über vierzig Jahren hat das Zweite Vatikanische Konzil festgestellt: «Heute steht die Menschheit in einer neuen Epoche ihrer Geschichte, in der tiefgehende und rasche Veränderungen Schritt um Schritt auf die ganze Welt übergreifen.»[10]. Diese Veränderungen, von denen das Konzil spricht, haben sich in dem Zeitraum nach seinem Abschluss vervielfacht, und, anders als zur damaligen Zeit, sind sie nicht mehr Anlass zur Hoffnung, sie rufen keine utopischen Erwartungen mehr hervor, sondern gehen einher mit Angst und verbreiten Skepsis. Auch das erste Jahrzehnt dieses neuen Jahrhunderts/Jahrtausends war der Schauplatz von Umwandlungen, welche die Geschichte der Menschheit in unauslöschlicher und in mehr als einem Fall dramatischer Weise gezeichnet haben.

Wir leben in einem historischen Moment, der reich ist an Veränderungen und Spannungen, manches gerät aus dem Gleichgewicht, Bezugspunkte gehen verloren. Diese Zeit drängt uns immer mehr dazu, reduziert auf das Hier und Jetzt und auf das Vorläufige zu leben, was das Hören und die Vermittlung der menschlichen Erinnerung sowie die Mitteilung der Werte, auf welche die Zukunft der kommenden Generationen aufgebaut werden könnte, immer schwieriger macht. In diesem Zusammenhang wird sowohl die Präsenz der Christen, als auch die Arbeit christlicher Institutionen weniger selbstverständlich wahrgenommen und häufig mit Argwohn betrachtet; in den letzten Jahrzehnten haben sich die kritischen Rückfragen vervielfacht, welche an die Kirche, an die Christen und manchmal auch an das Bild Gottes gestellt werden, den wir verkünden. Daher steht die Aufgabe der Evangelisierung neuen Herausforderungen gegenüber, die bewährte Praktiken zur Diskussion stellen, und gängige Vorgangsweisen, die immer gültig schienen, schwächen; die, um es mit einem Wort zu sagen, die Kirche dazu zwingen, sich in neuer Weise über den Sinn ihrer Tätigkeit im Bereich der Verkündigung und der Weitergabe des Glaubens zu befragen. Dieser Herausforderung begegnet die Kirche nicht ganz unvorbereitet: mit ihr hat sie sich schon in den Versammlungen der Bischofssynode auseinandergesetzt, welche in besonderer Weise dem Thema der Verkündigung und der Weitergabe des Glaubens gewidmet waren. Dies wird in den Apostolischen Schreiben, welche die Synoden abschließen – Evangelii nuntiandi und Catechesi tradendae – bezeugt. In diesen beiden Synoden hat die Kirche einen bedeutenden Moment der Überprüfung und der Belebung des ihr eigenen Verkündigungsauftrages erlebt.

4. Ausgehend von ihren Herausforderungen in der Welt von heute evangelisieren

Der Text des hl. Paulus, von dem wir uns in dieser Einleitung führen lassen, hilft uns auf seine Weise, Sinn und Beweggrund der nächsten Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode zu verstehen, auf die wir uns vorbereiten. In einer so langen und zugleich so differenzierten Zeit des Wandels und der Veränderung ist es für die Kirche nützlich, Räume und Gelegenheiten des gegenseitigen Austauschs zu schaffen, damit das Niveau der Qualität jener Unterscheidung der Geister, zu welcher uns die Tätigkeit der Evangelisierung herausfordert, die wir als Kirche zu leben berufen sind, hoch gehalten wird. Auf diesem Weg der Unterscheidung der Geister will die nächste Ordentliche Generalversammlung ein herausragender Moment, eine bedeutsame Etappe, sein. Seit den Versammlungen über die Evangelisierung und die Katechese hatte sich der sozio-kulturelle Kontext mit bedeutenden und teilweise unerwarteten Umbrüchen auseinander zu setzen, deren Effekte – wie im Fall der Wirtschafts- und Finanzkrise – in unseren Realitäten vor Ort immer noch sichtbar sind und sich auswirken. Die Kirche selbst ist in direkter Weise von diesen Wandlungen betroffen und muß sich nun mit Fragestellungen, neuen Phänomenen, die es zu verstehen gilt, Praktiken, die korrigiert werden müssen, Wegen und Realitäten, denen auf neue Weise die Hoffnung des Evangeliums zu verkünden ist, auseinandersetzen. Ein solcher Zusammenhang führt uns auf natürliche Weise auf die nächste Synodenversammlung zu. Aus dem Zuhören und dem gegenseitigen Austausch werden wir alle bereichert hervorgehen und bereit sein, jene Wege herausfinden, die Gott durch seinen Geist vorbereitet, um sich zu zeigen und von den Menschen finden zu lassen, so wie es der Prophet Jesaja im Bild beschrieben hat (vgl. Jes 40, 3; 57, 14; 62, 10).

Die Unterscheidung der Geister setzt aus sich selbst voraus, daß Themen und Gegenstände herausgearbeitet werden, auf die wir gemeinsam blicken und von denen das gemeinsame Hören und der gegenseitige Austausch ausgehen können. Diese unsere Übung der Unterscheidung der Geister, welche die Unterstützung der Tätigkeit der Evangelisierung und die Betrachtung der Veränderungen, die sie betreffen, zum Ziel hat, ist dazu aufgerufen, die Hauptpunkte dieser kirchlichen Praxis in dem Mittelpunkt des Interesses zu stellen: das Entstehen, die Verbreitung und das schrittweise Wachsen einer „neuen Evangelisierung“ in unseren Kirchen; die Art und Weise, in der die Kirche sich heute die Aufgabe der Weitergabe des Glaubens zu eigen macht und mit Leben füllt; die Ausdrucksweise und konkrete Gestaltung, welche in unserer Gegenwart die Mittel annehmen, über welche die Kirche verfügt, um den Glauben zu wecken (christliche Initiation, Erziehung) und die Herausforderungen, denen sie sich zu stellen haben. Diese Themen sind zugleich ein Umriss des Textes, der hier vorgelegt wird. Seine Absicht ist es, das Zuhören und den Austausch anzustoßen, um die Grenzen jener Unterscheidung der Geister zu weiten, die in unserer Kirche schon im Gang ist, und ihr so Resonanz zu verschaffen, ein immer katholischeres und universelleres Echo.

Fragen

Die Unterscheidung der Geister, um die es hier geht, ist von ihrer Natur her immer geschichtlich und begrenzt: sie geht von einem konkreten Faktum aus, sie entfaltet sich als Reaktion auf ein bestimmtes Ereignis. Auch, wenn sie allgemein betrachtet im gleichen kulturellen Kontext verortet sind, haben unsere Ortskirchen in diesen Jahrzehnten Wegstrecken in diesem Unterscheidungsprozess hinter sich gebracht, die einzigartig sind, geprägt von ihrem Kontext und ihrer Geschichte.

1. Welche dieser Etappen lohnt es sich, den anderen Ortskirchen mitzuteilen?

2. Welche dieser geschichtlichen Übungen der Unterscheidung sind es wert, innerhalb der Katholizität der Kirche ausgetauscht zu werden, damit die universale Kirche, ausgehend vom gegenseitigen Hören dieser Ereignisse, die Wege erkennen kann, welche ihr der Heilige Geist für das Werk der Evangelisierung weist?

3. Das Thema der „neuen Evangelisierung“ ist in der Zwischenzeit in unseren Ortskirchen weit verbreitet. Wie wurde es aufgenommen und konkretisiert? Welche Interpretationsprozesse sind dadurch angestoßen worden?

4. Welche pastoralen Aktivitäten wurden durch das Aufgreifen des Themas der „neuen Evangelisierung“ besonders gefördert? Welche waren einem Wandel und einer bedeutenderen Intensivierung unterworfen? Welche haben hingegen in irgendeiner Form Widerstand geleistet und von der Thematik Abstand genommen?


Erstes Kapitel

Zeit der „neuen Evangelisierung”

«Wie sollen sie an den glauben, von dem sie nichts gehört haben? Wie sollen sie hören, wenn niemand verkündigt?» (Röm 10, 14)

 5. „Neue Evangelisierung“. Die Bedeutung einer Definition

Auch wenn die Rede von der „neuen Evangelisierung“ sicherlich verbreitet und auch angenommen ist, bleibt dieser Begriff doch einer, der erst vor kurzem im Gesamt des kirchlichen und pastoralen Nachdenkens aufgetaucht ist, und dessen Bedeutung daher nicht immer klar und fest umrissen ist. Der Begriff wurde erstmals von Papst Johannes Paul II. während seiner ersten Polenreise benutzt, [11] und zwar zunächst ohne eine besondere Gewichtung und auf eine Art und Weise, die zunächst nicht erkennen ließ, welche Rolle der Begriff in der Folge bekommen sollte. Später hat er den Begriff der „neuen Evangelisierung“ wieder aufgegriffen und vor allem in seinem auf die Kirchen in Lateinamerika bezogenen Lehramt unterstrichen. Papst Johannes Paul II. griff auf diesen Begriff zurück, um Schwung in eine Sache zu bringen; er führte ihn ein, als ein Mittel, um Energie im Hinblick auf einen neuen missionarischen und evangelisatorischen Eifer weiter zu geben. Den Bischöfen Lateinamerikas sagte er: «Die Erinnerung an ein halbes Jahrtausend Evangelisierung wird ihre volle Bedeutung entfalten, wenn sie für Euch als Bischöfe, gemeinsam mit Eurem Presbyterium und Euren Gläubigen zur Verpflichtung wird; sicher nicht zu einer Verpflichtung der Re-Evangelisierung, vielmehr einer neuen Evangelisierung. Neu in ihrem Eifer, in ihren Methoden, in ihren Ausdrucksformen»[12]. Es geht nicht darum, etwas zu wiederholen, was schlecht gemacht wurde, oder nicht funktioniert hat, so als ob der neue Einsatz ein implizites Urteil über das Scheitern des ersten wäre. Die neue Evangelisierung ist keine Verdopplung der ersten, sie ist keine einfache Wiederholung, sondern der Mut, angesichts der gewandelten Voraussetzungen, unter denen die Kirche gerufen ist, heute die Verkündigung des Evangeliums zu leben, neue Wege zu wagen. Der lateinamerikanische Kontinent war in der damaligen Zeit aufgerufen, sich den neuen Herausforderungen (der Verbreitung der kommunistischen Ideologie, dem Auftauchen der Sekten) zu stellen; die neue Evangelisierung ist die Aktion, welche einem Prozess der Unterscheidung der Geister folgt, innerhalb dessen die Kirche in Lateinamerika gerufen ist, die Situation, in der sie sich befindet, zu erkennen und zu bewerten.

In eben dieser Bedeutung wird der Begriff im Lehramt Papst Johannes Pauls II. im Hinblick auf die Universalkirche wieder aufgegriffen und erneut vorgeschlagen: «Heute sieht die Kirche sich mit anderen Herausforderungen konfrontiert; sie muß zu neuen Ufern aufbrechen, sei es in ihrer Erstmission ad gentes, sei es in der Neuevangelisierung von Völkern, die die Botschaft von Christus schon erhalten haben. Heute wird von allen Christen, von den Ortskirchen und von der Weltkirche derselbe Mut verlangt, der die Missionare der Vergangenheit bewegt hat und dieselbe Verfügbarkeit, um die Stimme des Geistes zu hören»[13]: die neue Evangelisierung ist zunächst vor allem ein geistliches Tun, die Fähigkeit, uns in unserer Zeit den Mut und die Kraft der ersten Christen, der ersten Missionare anzueignen. Es geht also um ein Tun, das zunächst einmal einen Prozeß der Unterscheidung der Geister im Hinblick auf den Gesundheitszustand des Christentums, die Bedeutung der bisher unternommenen Schritte und die Schwierigkeiten, denen man dabei begegnet ist, erforderlich macht. Im gleichen Zusammenhang stellt Papst Johannes Paul II. verdeutlichend fest: «Die Kirche muß heute auf dem Gebiet der Evangelisierung einen großen Schritt nach vorne tun und in eine neue historische Etappe ihrer missionarischen Dynamik eintreten. In einer Welt, die durch die Aufhebung der Entfernungen immer kleiner wird, müssen die Gemeinden untereinander Verbindung suchen, Kräfte und Mittel austauschen und sich miteinander in der einen und gemeinsamen Sendung, das Evangelium zu künden und zu leben, engagieren. «Die sogenannten jungen Kirchen» - meinten die Synodenväter - «bedürfen der Kräfte der älteren Kirchen. Letztere aber brauchen das Zeugnis und den Elan der Jüngeren, so daß die einzelnen Kirchen vom Reichtum der anderen schöpfen“»[14].

Dies versetzt uns in die Lage, die dynamische Funktion des Konzeptes der „neuen Evangelisierung“ zu erkennen: es wird verwendet, um das Bemühen um Erneuerung zu beschreiben, das die Kirche vollbringen muß, um in angemessener Weise den Herausforderungen begegnen zu können, welche der heutige sozio-kulturelle Kontext in Folge der starken Veränderungen, die im Gang sind, für den christlichen Glauben, seine Verkündigung und seine Bezeugung, darstellt. Auf diese Herausforderungen antwortet die Kirche nicht, indem sie sich aufgibt, oder sich in sich selbst verschließt, sondern indem sie die Wiederbelebung des eigenen Körpers in Angriff nimmt, und dafür die Gestalt Jesu Christi, die Begegnung mit Ihm, in den Mittelpunkt stellt, der den Heiligen Geist und die Kräfte für eine Verkündigung des Evangeliums auf neuen Wegen schenkt, welche in der Lage sind, zur heutigen Kultur zu sprechen.

In dieser Darstellung wird der Begriff „neue Evangelisierung“ auch von den Kontinentalversammlungen der Bischofssynode, welche in Vorbereitung auf das Jubiläumsjahr 2000 gefeiert wurden, aufgegriffen und wieder vorgeschlagen und dabei als Begriff betrachtet, der sich bereits in der ekklesiologischen und pastoralen Reflexion der Ortskirchen niederschlagen hat. „Neue Evangelisierung“ ist Synonym für den geistlichen Aufbruch des Glaubenslebens in den Ortskirchen, der Beginn von Unternehmungen zur Bestimmung der Veränderungen, welche das christliche Leben in den verschiedenen sozialen und kulturellen Kontexten betreffen, einer relecture der Erinnerung des Glaubens, die Übernahme neuer Verantwortungen und neuer Energie im Hinblick auf die freudige und ansteckende Verkündigung des Evangeliums Jesu Christi.[15] Die Worte Johannes Pauls II. an die Kirche in Europa sind ausreichend beispielhaft und synthetisch: es hat sich «die Dringlichkeit und Notwendigkeit der „Neuevangelisierung“ klar abgezeichnet, in dem Bewußtsein, daß „Europa heute nicht schlechthin auf sein vorgegebenes christliches Erbe hinweisen kann: Es muß vielmehr in die Lage versetzt werden, erneut über die Zukunft Europas zu entscheiden, in der Begegnung mit der Person und Botschaft Jesu Christi“»[16].

Ungeachtet seiner Verbreitung und Bekanntheit gelingt es dem Begriff jedoch nicht, voll und ganz in den Diskurs integriert zu werden, sei es innerhalb der Kirche oder innerhalb der Kultur. Im Hinblick auf ihn bleiben einige Vorbehalte so, als ob man mit seiner Hilfe ein vernichtendes Urteil vorbereiten und einige Seiten aus der jüngeren Geschichte der Ortskirchen entfernen wolle. Es gibt solche, die den Zweifel hegen, daß die „neue Evangelisierung“ ein neues Aufflammen des Proselytismus von Seiten der Kirche vor allem im Bezug auf andere christliche Konfessionen verschleiern oder verbergen wolle.[17]. Man ist geneigt zu denken, daß mit dieser Bestimmung ein Wandel in der Haltung der Kirche gegenüber denen einhergeht, die nicht glauben, und die dann eher als „zu überzeugende Objekte“, denn als Gesprächspartner innerhalb eines Dialogs betrachtet würden, der uns als Teil der gleichen Menschheit sieht und auf der Suche nach der Wahrheit unseres Daseins. Während seiner Apostolischen Reise in die Tschechische Republik wollte Papst Benedikt XVI. dieser letzten Sorge seine Aufmerksamkeit schenken und zugleich eine Antwort geben: «Hier fällt mir das Wort ein, das Jesus aus dem Propheten Jesaja zitiert hat: daß der Tempel von Jerusalem ein Gebetshaus für alle Völker sein solle (Jes 56, 7; Mk 11, 17). Er dachte dabei an den sogenannten Vorhof der Heiden, den er von äußeren Geschäftigkeiten räumte, damit der Freiraum da sei für die Völker, die hier zu dem einen Gott beten wollen, auch wenn sie dem Geheimnis nicht zugehören konnten, dem das Innere des Tempels diente. Gebetsraum für alle Völker – dabei war an Menschen gedacht, die Gott sozusagen nur von ferne kennen; die mit ihren Göttern, Riten und Mythen unzufrieden sind; die das Reine und Große ersehnen, auch wenn Gott für sie der „unbekannte Gott“ bleibt (Apg 17, 23). Sie sollten zum unbekannten Gott beten können und damit doch mit dem wirklichen Gott in Verbindung sein, wenn auch in vielerlei Dunkelheit. Ich denke, so eine Art „Vorhof der Heiden“ müsse die Kirche auch heute auftun, wo Menschen irgendwie sich an Gott anhängen können, ohne ihn zu kennen und ehe sie den Zugang zum Geheimnis gefunden haben, dem das innere Leben der Kirche dient.»[18]

Uns Gläubigen müssen auch jene Menschen am Herzen liegen, welche sich selbst für Agnostiker oder Atheisten halten. Vielleicht werden sie aufgeschreckt, wenn man von neuer Evangelisierung spricht, so, als ob sie ein Objekt der Mission werden sollten. Aber die Frage nach Gott bleibt auch für sie präsent. Die Suche nach Gott war das grundlegende Motiv für die Entstehung des abendländischen Mönchtums, und, damit verbunden, der abendländischen Kultur. Der erste Schritt der Evangelisierung besteht darin, diese Suche am Leben zu erhalten. Es ist erforderlich, nicht nur mit den Religionen in Dialog zu treten, sondern auch mit denen, für die Religion etwas Fremdes ist.

Das Bild des „Vorhofs der Heiden“ wird uns als weiterer Bestandteil der Reflektion über die „neue Evangelisierung“ angeboten, welche jener Mut ist, den die Christen haben, nie aufzugeben, um auf eine positive Weise Wege zu finden, auf denen es gelingt, Formen des Dialogs zu schaffen, welche die tiefsten Erwartungen der Menschen und ihren Durst nach Gott auffangen. Jene Kühnheit erlaubt es, in diesen Zusammenhängen die Frage nach Gott zu stellen, die eigene Erfahrung der Suche mitzuteilen und über das Geschenk des Evangeliums Jesu Christi zu sprechen. Eine solche Fähigkeit, eine solche Haltung macht zunächst eine Selbstbesinnung erforderlich, eine innere Reinigung, um die Spuren der Angst, der Müdigkeit, der Betäubung, der Rückbezogenheit auf sich selbst zu erkennen, welche die Kultur, in der wir leben, in uns hervorbringen konnte. Der zweite Schritt besteht dann darin, dank der Unterstützung des Heiligen Geistes sich mit neuem Schwung wieder auf den Weg zu machen, hin auf jene Erfahrung Gottes des Vaters, welche wir dank der gelebten Begegnung mit Jesus allen Menschen verkünden können. Diese Momente stellen keine zeitlich getrennten Etappen dar, die eine nach der anderen folgen, es handelt sich vielmehr um geistliche Anstöße, die im christlichen Leben ohne Unterbrechung einander folgen. Der Apostel Paulus berichtet davon, wenn er die Erfahrung des Glaubens als eine Befreiung «aus der Macht der Finsternis» beschreibt, als Aufnahme «in das Reich seines geliebten Sohnes. Durch ihn haben wir die Erlösung, die Vergebung der Sünden» (Kol 1, 13-14; vgl. auch Röm 12, 1-2). So ist auch diese Kühnheit für das Christentum nicht etwas absolut Neues oder noch nie da Gewesenes, denn es gibt Spuren dieser Haltung schon in der patristischen Literatur[19].

6. Die Szenarien der neuen Evangelisierung

Die neue Evangelisierung ist also eine Haltung, ein mutiger Stil. Sie zeigt die Fähigkeit des Christentums, die neuen Szenarien, welche in den letzten Jahrzehnten in der Geschichte der Menschen entstanden sind, zu erkennen und ihre Bedeutung zu bestimmen, damit sie bewohnbar und zu Orten der Bezeugung und Verkündigung des Evangeliums umgeformt werden können. Diese Szenarien sind bereits oft bestimmt, analysiert und beschrieben worden[20]; es geht um soziale, kulturelle, wirtschaftliche, politische und religiöse Szenarien.

Zunächst einmal soll hier von dem zu Grunde liegenden kulturellen Szenarium die Rede sein. Wir leben in einer Zeit tiefgreifender Säkularisierung, welche die Fähigkeit verloren hat, das Wort des Evangeliums als eine lebendige und lebensspendende Botschaft zu hören und zu verstehen. Die Säkularisierung, welche in besonderer Weise in der westlichen Welt verwurzelt, und eine Frucht von sozialen Ereignissen, Bewegungen und Gedanken ist, welche die Geschichte und die Identität des Westens zutiefst geprägt haben, zeigt sich in unseren Kulturen heute im positiven Bild der Befreiung, in der Möglichkeit, sich das Leben der Welt und der Menschheit ohne Bezug auf die Transzendenz vorzustellen. In diesen Jahren hat sie nicht mehr so sehr die öffentliche Gestalt von Reden, die sich in starker und direkter Weise gegen Gott, die Religion und das Christentum richten, auch wenn in manchen Fällen diese antichristlichen, antireligiösen und antiklerikalen Töne auch in letzter Zeit zu hören waren. Sie hat vielmehr vorwiegend eine leise Färbung angenommen, welche es dieser kulturellen Form ermöglicht hat, in das tägliche Leben der Menschen einzudringen und eine Mentalität zu entwickeln, in der Gott tatsächlich ganz oder teilweise von der menschlichen Existenz oder dem menschlichen Bewußtsein abwesend ist. Diese leise und fast natürliche Tönung hat es der Säkularisierung ermöglicht, Zugang zum Leben der Christen und der christlichen Gemeinschaften zu erhalten, so daß die Säkularisierung inzwischen schon lange keine äußere Bedrohung mehr für die Gläubigen, sondern ein Feld der täglichen Auseinandersetzung ist.[21] Es handelt sich hier um Ausdrucksformen der so genannten Kultur des Relativismus. Darüber hinaus sind starke anthropologische Implikationen im Gange, welche die grundlegende menschliche Erfahrung selbst, wie die Beziehung Mann-Frau, den Sinn der Generationenfolge und des Todes in Frage stellen.

Die Züge einer säkularisierten Art und Weise, das Leben zu verstehen, prägen das tägliche Verhalten vieler Christen, die häufig von der Kultur des Bildes beeinflußt, wenn nicht bestimmt sind, welche widersprüchliche Impulse und Bilder vorschlägt. Die vorherrschende hedonistische und konsumistische Mentalität erzeugt in ihnen eine Neigung zur Oberflächlichkeit und eine Selbstbezogenheit, der schwer zu begegnen ist. Der „Tod Gottes“, der in den letzten Jahrzehnten von vielen Intellektuellen verkündet wurde, gibt seinen Platz auf für einen sterilen Kult des Individuums. Das Risiko, auch die elementaren Grundlagen der Grammatik des Glaubens zu verlieren, ist real, mit der Gefahr, in eine geistliche Atrophie und eine Leere des Herzens zu geraten, oder, im Gegensatz dazu, in Ersatzformen religiöser Zugehörigkeit oder einen vagen Spiritualismus. In einem solchen Szenarium erscheint die neue Evangelisierung als eine Anregung, derer müde und erschöpfte christliche Gemeinden bedürfen, um die Freude der christlichen Erfahrung wieder zu entdecken, «die erste Liebe» wiederzufinden, die verloren gegangen ist (Offb 2, 4), um die Natur der Freiheit in der Suche nach der Wahrheit zu unterstreichen.

Auf der anderen Seite ist in anderen Regionen der Welt eine vielversprechende Wiedergeburt des Religiösen zu beobachten. Viele positiven Aspekte der Wiederentdeckung Gottes und des Heiligen in vielen Religionen werden durch Phänomene des Fundamentalismus verdunkelt, der nicht selten die Religion manipuliert, um die Gewalt und sogar den Terrorismus zu rechtfertigen. Es handelt sich um einen schweren Mißbrauch. «Man kann Gewalt nicht im Namen Gottes gebrauchen»[22]. Darüber hinaus stellt das Wachstum der Sekten eine ständige Herausforderung dar.

Neben diesem ersten, kulturellen Szenarium können wir ein zweites, eher soziales ausmachen: das umfassende Phänomen der Migration, das die Menschen immer mehr dazu drängt, ihre Dörfer und Länder zu verlassen und in städtischen Gebieten zu leben, und das dabei ist, die ethnische Geographie unserer Städte, unserer Nationen und unserer Kontinente zu verändern. Daraus entsteht eine Begegnung und eine Vermischung der Kulturen, welche in unseren Gesellschaften seit Jahrhunderten unbekannt war. Es entstehen Formen der Kontamination und des Zusammenbruchs der grundlegenden Bezugssysteme des Lebens, der Werte, für die es zu leben lohnt, selbst der Bindungen, mittels derer die Einzelnen ihre Identität strukturieren und Zugang zum Sinn des Lebens finden. Die Auswirkung, welche diese Prozesse auf die Kultur haben, besteht in einem Klima weitgehender Unbestimmtheit und „Flüssigkeit“ innerhalb dessen es immer weniger Raum für die großen Traditionen, einschließlich der religiösen, gibt, deren Aufgabe darin besteht, auf objektive Weise den Sinn der Geschichte und die Identitäten der Subjekte zu strukturieren. Mit diesem sozialen Szenarium ist jenes Phänomen gebunden, das unter der Bezeichnung Globalisierung bekannt ist, eine Realität, die nicht einfach zu bestimmen ist, und von den Christen eine besondere Anstrengung der Unterscheidung der Geister erfordert. Sie kann als ein negatives Phänomen gelesen werden, wenn diese Realität vorwiegend in deterministischer Weise und nur bezogen auf die ökonomische und produktive Seite interpretiert wird; sie kann aber auch als ein Moment des Wachstums verstanden werden, innerhalb dessen es die Menschheit lernt, neue Formen der Solidarität und neue Wege zu schaffen, um die Entwicklung zum Wohl aller teilen zu können.[23] In einem solchen Szenarium erlaubt es uns die neue Evangelisierung zu lernen, daß die Mission nicht mehr nur in einer Bewegung Nord-Süd oder West-Ost besteht; es ist an der Zeit, sich von den geographischen Grenzen zu verabschieden. Heute gibt es Mission in allen fünf Kontinenten. Es geht darum, die Sektoren und die Bereiche kennen zu lernen, welche dem Glauben fremd sind, weil sie ihn nie getroffen haben, und nicht nur, weil sie sich von ihm entfernt haben. Sich von den Grenzen zu verabschieden soll heißen, die Energien zu haben, um in all diesen Prozessen der Begegnung, der Vermischung, des Wiederaufbaus der sozialen Netzwerke, die in jedem unserer lokalen Kontexte im Gang sind, die Frage nach Gott zu stellen.

Die weitgehende Vermischung der Kulturen ist der Hintergrund, vor dem ein drittes Szenarium wirkt, das dabei ist, immer stärker das Leben der Menschen und das kollektive Bewußtsein zu bestimmen. Es handelt sich um eine Herausforderung von Seiten der Kommunikationsmittel, die heute enorme Möglichkeiten bieten und zugleich eine der großen Herausforderungen für die Kirche darstellen. Das hier vorzustellende Szenarium, welches an seinen Anfängen nur eine Charakteristik der industrialisierten Länder darstellte, ist heute in der Lage, auch große Teile der Entwicklungsländer zu beeinflussen. Heute gibt es keinen Ort auf der Welt, der nicht von jener medialen und digitalen Kultur erreicht werden und unter ihren Einfluss kommen könnte, die sich immer mehr als „Ort“ des öffentlichen Lebens und der sozialen Erfahrung darstellt. Die Verbreitung dieser Kultur bringt unzweifelhaft Nutzen mit sich: größeren Zugang zu Informationen, bessere Möglichkeiten des Kennenlernens und des Austauschs, die Möglichkeit, neue Formen der Solidarität und eine Kultur mit immer weltweiteren Dimensionen zu entwickeln, und die Werte sowie die Entwicklung des menschlichen Denkens und der menschlichen Ausdrucksformen zum Gut aller werden zu lassen. Diese Möglichkeiten können jedoch nicht über die Risiken hinwegtäuschen, welche die übermäßige Verbreitung einer ähnlichen Kultur bereits jetzt mit sich bringt. Es zeigt sich eine tiefe egoistische Konzentration auf sich selbst und auf die individuellen Bedürfnisse. Es entwickelt sich eine Überbetonung der emotiven Dimension in der Strukturierung der Beziehungen und der sozialen Bindungen. Wir beobachten den Verlust des objektiven Wertes der Erfahrung der Reflexion und des Gedankens, die in vielen Fällen auf einen reinen Ort der Bestätigung des eigenen Denkens reduziert werden. Es verbreitet sich eine fortschreitende Entfremdung der ethischen und politischen Dimension des Lebens, welche das Anderssein des Anderen auf seine Funktion als Spiegel und Beobachter meines Tuns reduziert. Der Schlußpunkt, zu welchem diese Risiken führen können, ist jener der Kultur des Augenblicks, des Unmittelbaren, des Scheins, oder besser eine Gesellschaft, die zur Erinnerung und zur Zukunft unfähig ist. In einem solchen Zusammenhang fordert die neue Evangelisierung die Christen zum Mut auf, diese „neuen Areopage“ zu bewohnen, und dabei Mittel und Wege zu finden, um auch an diesen ultramodernen Orten dem erzieherischen Gedankengut und der Weisheit, die von der christlichen Tradition bewahrt wird, Gehör zu verschaffen.[24]

Ein viertes Szenarium, das sich mit seinen Veränderungen auf die evangelisierende Tätigkeit der Kirche auswirkt, ist das ökonomische. Das Lehramt der Päpste hat unzählige Male das wachsende Ungleichgewicht zwischen dem Norden und dem Süden der Welt im Hinblick auf den Zugang zu und die Verteilung der Ressourcen sowie die Zerstörung der Schöpfung angeprangert. Die andauernde Wirtschaftskrise, in der wir uns befinden, zeugt vom Problem des Gebrauchs der materiellen Güter, die sich schwer tut, Regeln für einen globalen Markt zu finden, die in der Lage sind, ein gerechteres Zusammenleben zu schützen.[25] Ungeachtet der Tatsache, daß die tägliche mediale Kommunikation immer weniger Zeit übrig lässt, um sich ausgehend von der Stimme der Armen dieser Problematik anzunähern, erwartet man von der Kirche immer noch viel, wenn es um Fragen der Sensibilisierung und die konkrete Tat geht.

Ein fünftes Szenarium betrifft den Bereich der wissenschaftlichen und technologischen Forschung. Wir leben in einer Zeit, die sich noch nicht ganz von dem Staunen erholt hat, das vom Erreichen immer neuer Ziele durch die Forschung in diesen Bereichen ausgelöst wurde. Wir alle können im Alltag die Annehmlichkeiten genießen, die durch diesen Fortschritt ermöglicht wurden. Und wir alle werden immer mehr abhängig von diesen Annehmlichkeiten. Die Wissenschaft und die Technologie sind auf diese Weise dabei, zu den neuen Idolen der Gegenwart zu werden. In einem digitalisierten und globalisierten Kontext ist es leicht, aus der Wissenschaft unsere neue Religion zu machen, an die Fragen nach der Wahrheit gestellt und Erwartungen der Sinngebung herangetragen werden, in dem Bewußtsein, nur teilweise und unangemessene Antworten erhalten können. Wir sehen uns dem Entstehen neuer Formen der Gnosis gegenüber, für die die Technik zu einer Form der Weisheit wird, auf der Suche nach einer magischen Organisation des Lebens, die als Wissen und Sinn funktioniert. Wir sind Zeugen des Entstehens neuer Kulte. Sie richten die religiösen Praktiken, die die Menschen zu leben bereit sind, in therapeutischem Sinn aus, und sind dabei, sich als Religionen des Wohlstandes und der unmittelbaren Befriedigung zu strukturieren.

Ein sechstes Szenarium ist schließlich das politische. Mit Recht können die Umwandlungen, welche seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil bis heute geschehen sind, als epochal bezeichnet werden. Das Ende der Teilung der westlichen Welt in zwei Blöcke ist gekommen, einhergehend mit der Krise der kommunistischen Ideologie. Das hat die Religionsfreiheit und die Möglichkeit des Wiedererstehens historisch bedeutsamer Kirchen gefördert. Das Auftauchen neuer Akteure im wirtschaftlichen, politischen und religiösen Bereich, wie die islamische und die asiatische Welt, hat zu einer völlig neuen und bisher unbekannten Situation geführt, die reich an Möglichkeiten ist, aber auch voller Risiken und neuer Versuchungen zum Besitz und zur Macht. Zu diesem Szenarium gehören der Einsatz für den Frieden, die Entwicklung und die Befreiung der Völker; die Verbesserung der nationalen und weltweiten Regierungsformen; der Aufbau von möglichen Formen des gegenseitigen Hörens, des Zusammenlebens, des Dialogs und der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Kulturen und Religionen; der Schutz der Rechte der Menschen und der Völker, besonders der Minderheiten; die Förderung der Schwachen; der Schutz der Schöpfung und der Einsatz für die Zukunft unseres Planeten - all diese Themen und Sektoren sind mit dem Licht des Evangeliums zu erleuchten.

7. Als Christen angesichts dieser neuen Szenarien

Angesichts solcher Veränderungen ist es natürlich, daß die erste Reaktion in einer gewissen Unsicherheit und Angst besteht, vergleichbar mit Umbrüchen, die unsere Identität und unseren Glauben von den Grundlagen her in Frage stellen. Es scheint natürlich, jene kritische Haltung der Unterscheidung der Geister einzunehmen, auf die Papst Benedikt XVI. mehrfach hingewiesen hat, wenn er uns dazu einlädt, ausgehend von der Perspektive der Hoffnung, welche das Christentum mit sich bringt, eine relecture der Gegenwart zu entwickeln.[26] Indem sie wieder neu lernen, was die Hoffnung ist, können die Christen im Bereich ihrer Kenntnisse und ihrer Erfahrungen arbeiten, mit den anderen Menschen ins Gespräch kommen, herausfinden, was sie der Welt als Gabe anbieten können, was sie mitteilen können, was sie übernehmen können, um diese Hoffnung immer besser zum Ausdruck zu bringen, und welchen Elementen gegenüber hingegen Widerstand angebracht ist. Die neuen Szenarien, mit denen uns auseinanderzusetzen wir aufgerufen sind, erfordern es, eine kritische Sicht der Lebensstile, der Strukturen des Denkens und der Werte, der in der Kommunikation gebräuchlichen Sprache zu entwickeln. Eine Kritik, die gleichzeitig eine Selbstkritik des modernen Christentums darstellt, das immer neu lernen muß, sich ausgehend von den eigenen Wurzeln selbst zu verstehen.

Hier findet das Instrument der neuen Evangelisierung sein eigentliches Terrain und seine Stärke: es kommt darauf an, diese Szenarien, diese Phänomene zu betrachten, und es dabei zu schaffen, die emotionale Ebene des verteidigenden Urteils und der Angst zu überwinden, um in objektiver Weise die Zeichen des Neuen gemeinsam mit den Herausforderungen und den Schwächen annehmen zu können. „Neue Evangelisierung“ heißt daher, in unseren Ortskirchen daran zu arbeiten, Lesarten der oben angeführten Erscheinungen zu entwickeln, die es erlauben, die Hoffnung des Evangeliums in praktikable Schritte zu übersetzen. Das bedeutet, daß die Kirche sich aufbaut, indem sie bereit ist, sich mit diesen Herausforderungen zu messen, und so immer mehr zum Schöpfer einer Zivilisation der Liebe zu werden.

Darüber hinaus heißt „neue Evangelisierung“, den Mut zu haben, die Frage nach Gott inmitten dieser Probleme zu stellen, um auf diese Weise das Spezifische der Sendung der Kirche zu verwirklichen, und zu zeigen, wie die christliche Perspektive in nie dagewesener Weise die großen Probleme der Geschichte erhellt. Die neue Evangelisierung macht es erforderlich, uns mit diesen neuen Szenarien auseinander zu setzen, nicht im engen Umfeld unserer Gemeinschaften und Institutionen eingeschlossen zu bleiben, sondern die Herausforderung anzunehmen, in diese Phänomene einzudringen, um von innen heraus das Wort zu ergreifen und unser Zeugnis zu geben. Dieses Zeugnis ist die Form, welche die christliche martyria in der Welt von heute annimmt, indem sie sich auch der Auseinandersetzung mit den kürzlich entstandenen Formen des aggressiven Atheismus und der extremen Säkularisierung stellt, deren Ziel es ist, die Frage nach Gott aus dem Leben der Menschen verschwinden zu lassen.

In einem solchen Zusammenhang heißt „neue Evangelisierung“ für die Kirche, überzeugt jenes Bemühen zu unterstützen, alle Christen darin zusammenzuführen, der Welt die prophetische und verwandelnde Kraft der Botschaft des Evangeliums zu zeigen. Die Gerechtigkeit, der Frieden, das Zusammenleben der Völker, die Bewahrung der Schöpfung, das sind die Schlagworte, welche den ökumenischen Weg dieser Jahrzehnte geprägt haben. Alle Christen gemeinsam bieten sie der Welt als Orte an, an denen die Frage nach Gott im Leben der Menschen auftauchen kann. Diese Worte erhalten tatsächlich ihren authentischen Sinn nur im Licht und vor dem Hintergrund des Wortes der Liebe, das Gott in seinem Sohn Jesus Christus zu uns gesprochen hat.

8. „Neue Evangelisierung“ und die Frage der Spiritualität

Dieses Bemühen, die Frage nach Gott im Bereich der Problematiken des heutigen Menschen zu stellen, entspricht der Rückkehr des religiösen Bedürfnisses und der Frage nach der Spiritualität, die ausgehend von den jungen Generationen immer stärker zum Vorschein kommt. Die Veränderungen in den Szenarien, die wir bisher betrachtet haben, konnten selbstverständlich nicht ohne Einfluss auf die Art und Weise bleiben, in welcher die Menschen dem eigenen religiösen Sinn Stimme und Gestalt geben. Die katholische Kirche selbst ist von diesem Phänomen betroffen, das Mittel und Gelegenheiten der Evangelisierung bietet, die vor wenigen Jahrzehnten unvorstellbar waren. Die großen Welttreffen der Jugendlichen, die Pilgerfahrten zu neuen und alten Orten der Frömmigkeit, der Frühling der kirchlichen Bewegungen und Vereinigungen, all dies sind sichtbare Zeichen eines nicht erloschenen religiösen Sinns. In diesem Zusammenhang fordert die „neue Evangelisierung“ von der Kirche eine Unterscheidung der Zeichen des Geistes, der am Werk ist, und gleichzeitig, daß sie zu einem erwachsenen und bewussten Glauben hingeführt und in ihren Ausdrucksformen so gebildet werden, damit sie «Christus in seiner vollendeten Gestalt darstellen» können (Eph 4, 13).[27] Neben den kürzlich als viel versprechende Frucht des Heiligen Geistes entstandenen Gruppen kommt bei der neuen Evangelisierung auch dem Ordensleben in seinen alten und neuen Formen eine große Aufgabe zu. Es muß daran erinnert werden, daß alle großen Bewegungen der Evangelisierung in den zweitausend Jahren des Christentums mit Formen der evangelischen Radikalität verbunden sind.

In diesem Zusammenhang stehen auch die Begegnung und der Dialog mit den großen religiösen Traditionen, vor allen Dingen den östlichen, welche die Kirche in den letzten Jahrzehnten zu leben gelernt hat, und die sie dabei ist, weiter zu intensivieren. Diese Begegnung stellt sich als eine vielversprechende Möglichkeit dar, um die Formen und die Sprachen der religiösen Frage, wie sie sich in anderen religiösen Erfahrungen darstellt, kennen zu lernen und sich mit ihnen auseinander zu setzen. Dies erlaubt dem Katholizismus, die Art und Weise, in welcher der christliche Glaube die religiöse Frage jedes Menschen anhört und aufgreift, tiefer zu verstehen.

9. Neue Arten des Kirche-Seins

Diese neuen Bedingungen kirchlicher Sendung lassen uns erkennen, daß der Begriff „neue Evangelisierung“ schließlich auch mit der Erfordernis zu tun hat, neue Ausdrucksformen der Evangelisierung herauszuarbeiten, um in den heutigen, so sehr gewandelten sozialen und kulturellen Kontexten Kirche zu sein. Die traditionellen und konsolidierten Gestalten – welche der Einfachheit halber als „christliche Länder“ und „Missionsländer“ bezeichnet werden – zeigen neben ihrer konzeptionellen Klarheit auch schon ihre Grenzen. Sie sind zu einfach und beziehen sich auf einen inzwischen überwundenen Zusammenhang, als daß sie heute noch als Bezugspunkte für den Aufbau christlicher Gemeinschaften angewandt werden könnten. Bei der langsamen Arbeit der Konstruktion eines neuen Modells des Kirche-Seins, das sowohl ein Sektierertum, als auch die so genannte „Zivilreligion“ vermeidet, und zugleich in einem nachideologischen Zeitalter wie dem derzeitigen gestattet, die Gestalt einer missionarischen Kirche zu erhalten, ist es erforderlich, daß die christliche Praxis das Nachdenken leitet. Mit anderen Worten, innerhalb der Vielfalt ihrer Gestalten ist es erforderlich, daß die Kirche nicht ihr Gesicht als „Volkskirche“ oder „Hauskirche“ verliert. Auch wenn sie sich als Minderheit oder diskriminiert vorfindet, darf die Kirche nicht ihre Fähigkeit verlieren, dem täglichen Leben der Menschen nahe zu sein, um von dort aus die lebensspendende Botschaft des Evangeliums zu verkünden. Wie Papst Johannes Paul II. gesagt hat, bedeutet „neue Evangelisierung“, die christliche Substanz der menschlichen Gesellschaft neu zu machen, indem man das Gefüge der christlichen Gemeinschaften erneuert [28]; sie bedeutet, der Kirche dabei zu helfen, weiterhin «inmitten der Häuser ihrer Söhne und Töchter zu leben»[29] zu leben und präsent zu sein, um das Leben zu bereichern und es auf das kommende Reich hin auszurichten.

Bei dieser Arbeit der Unterscheidung der Geister können die katholischen Ostkirchen und all jene christlichen Gemeinschaften von besonderer Hilfe sein, welche die Erfahrung der Verborgenheit, der Verfolgung, der Ausgrenzung, in jüngerer Vergangenheit erlebt haben oder noch erleben oder Opfer der ethnischen, ideologischen oder religiösen Intoleranz sind. Ihr Glaubenszeugnis, ihr Durchhaltevermögen, ihre Widerstandskraft, die Festigkeit ihrer Hoffnung, die Angemessenheit einiger pastoraler Maßnahmen sind ein Geschenk, das es mit den christlichen Gemeinschaften, welche, auch wenn sie auf eine glorreiche Vergangenheit zurückblicken, eine Gegenwart voll von Schwierigkeiten und in der Zerstreuung erleben. Für Kirchen, die wenig daran gewöhnt sind, den eigenen Glauben in einer Minderheitensituation zu leben, ist es sicherlich ein Geschenk, Erfahrungen hören zu können, die in ihnen jenes für den Schwung, welchen die neue Evangelisierung erfordert, unverzichtbare Vertrauen wecken.

Es ist die Zeit der neuen Evangelisierung auch im Westen wo sich viele, die getauft wurden, völlig außerhalb des christlichen Lebens bewegen und immer mehr Menschen, die zwar einen gewissen Zugang zum Glauben haben, seine Grundlagen aber wenig oder nur schlecht kennen. Häufig ist die Vorstellung, die man vom christlichen Glauben hat, von den Karikaturen oder den Allgemeinplätzen, welche die Kultur, in einer Haltung der indifferenten Distanz, wenn nicht gar des offenen Widerstandes, verbreitet, verformt. Es ist die Zeit einer neuen Evangelisierung für jenen Westen, in dem «ganze Länder und Nationen, in denen früher Religion und christliches Leben blühten und lebendige, glaubende Gemeinschaften zu schaffen vermochten, [...] nun harte Proben durch[machen] und [...] zuweilen durch die fortschreitende Verbreitung des Indifferentismus, Säkularismus und Atheismus entscheidend geprägt [werden]. Es geht dabei vor allem um die Länder und Nationen der sogenannten Ersten Welt, in der der Wohlstand und der Konsumismus, wenn auch von Situationen furchtbarer Armut und Not begleitet, dazu inspirieren und veranlassen, so zu leben, „als wenn es Gott nicht gäbe”»[30].

Die christlichen Gemeinschaften müssen es verstehen, mit Mut und Verantwortlichkeit diese Aufforderung zur Erneuerung anzunehmen, welche die Veränderung des sozialen und kulturellen Kontextes der Kirche vorlegt. Sie müssen es lernen, sich in dieser langen Übergangszeit der Gestaltfindung zu Hause zu fühlen und sie zu gestalten und dabei den Evangelisierungsauftrag als Bezugspunkt beizubehalten.

10. Erste Evangelisierung, pastorale Tätigkeit, neue Evangelisierung

Der Missionsauftrag, mit welchem das Evangelium schließt (vgl. Mk 16, 15f; Mt 28, 19f; Lk 24, 48f) ist noch lange nicht ausgeführt; er ist in eine neue Phase eingetreten. Schon Papst Johannes Paul II. hat daran erinnert, daß «die Grenzen zwischen der Seelsorge der Gläubigen, der Neu-Evangelisierung und der ausgesprochen missionarischen Tätigkeit nicht eindeutig bestimmbar [sind] und es undenkbar [ist], zwischen ihnen Barrieren oder scharfe Trennungen zu machen.[…] Die Kirchen mit alter christlicher Tradition zum Beispiel, die sich mit der spannenden Aufgabe der Neuevangelisierung befassen, begreifen besser, daß sie gegenüber den Nicht-Christen in anderen Ländern und Kontinenten nicht missionarisch wirken können, wenn sie sich nicht ernsthaft um die Nicht-Christen im eigenen Haus kümmern: die Missionsbereitschaft nach innen ist ein glaubwürdiges Zeichen und Anreiz für jene nach außen und umgekehrt»[31]. Christsein und Kirche sind missionarisch oder sie sind nicht. Wer seinen eigenen Glauben liebt, ist auch darum besorgt, ihn zu bezeugen, ihn zu anderen zu bringen und diesen eine Teilhabe zu ermöglichen. Das Fehlen missionarischen Eifers bedeutet ein Fehlen des Eifers für den Glauben. Im Gegenteil, der Glaube wird gestärkt, indem er weiter gegeben wird. Der Text des Papstes scheint das Konzept der neuen Evangelisierung in eine kritische und ziemlich direkte Frage übersetzen zu wollen: Sind wir daran interessiert, den Glauben weiterzugeben und Nichtchristen für den Glauben zu gewinnen? Liegt uns die Mission wirklich am Herzen?

Neue Evangelisierung ist der Name, welcher dieser neuen Aufmerksamkeit der Kirche bezüglich ihrer grundlegende Sendung, ihrer Identität und den Grund ihres Daseins gegeben wird. Daher ist es eine Realität, welche nicht nur genau festgelegte Regionen betrifft, sondern es geht vielmehr um den Weg, der es ermöglicht, das apostolische Erbe in und für unsere Zeit zu erklären und in die Praxis umzusetzen. Mit dem Programm der Neuen Evangelisierung will die Kirche ihr ureigenstes und spezifischstes Thema in die Welt von heute und in den heutigen Diskurs einbringen: die von Jesus Christus begonnene Verkündigung des Reiches Gottes. Es gibt nichts in der Kirche, das aus einem solchen Programm ausgeschlossen werden könnte: die antiken christlichen Kirchen mit dem Problem des praktischen Glaubensabfalls vieler; die neuen Kirche, die es mit Wegen der Inkulturation zu tun haben, welche eine beständige Überprüfung erforderlich machen, damit es nicht nur gelingt, das Evangelium in diese Kulturen einzuführen, sondern vor allem, diese Kulturen für die Neuheit des Evangeliums zu öffnen. Allgemeiner gesagt, alle christlichen Gemeinschaften, die mit der Ausübung der pastoralen Sorge beschäftigt sind, die immer schwieriger zu gestalten scheint und in Gefahr steht, zur Routine zu werden, welche nur schwer in der Lage ist, den Grund, für den sie entstanden ist, anzugeben.

Neue Evangelisierung ist daher ein Synonym für Mission; sie erfordert die Fähigkeit, neu anzufangen, Grenzen zu überschreiten, die Horizonte zu erweitern. Die neue Evangelisierung ist das Gegenteil der Selbstgenügsamkeit, des Sich-Zurückziehens auf sich selbst, der Mentalität des status quo und einer pastoralen Konzeption, die es für ausreichend erachtet, das alles so weiterläuft, wie man es bisher gemacht hat. Das „business as usual reicht heute nicht mehr. Einige Ortskirchen haben es auf den Punkt gebracht, daß es Zeit ist, daß die Kirche die eigenen christlichen Gemeinschaften zu einer pastoralen Umkehr in dem Sinne aufruft, daß ihre Tätigkeiten und ihre Strukturen einen missionarischen Sinn erhalten.[32]

Fragen

Unsere christlichen Gemeinschaften erleben eine Zeit der starken Veränderung ihrer kirchlichen und sozialen Gestalten.

1. Welches sind die hauptsächlichen Züge dieser Veränderungen in unseren Ortskirchen?

2. Wie werden die Charakterzüge einer missionarischen Kirche gelebt, einer Kirche, die in der Lage ist, im Alltag der Menschen da zu sein, einer Kirche „inmitten der Häuser ihrer Söhne und Töchter”?

3. Inwieweit ist es der neuen Evangelisierung gelungen, der ersten Evangelisierung oder der schon durchgeführten Pastoral wieder Leben und neuen Schwung zu geben? Wie sehr hat sie dabei geholfen, die Müdigkeit und die Mühen zu überwinden, die im täglichen Leben unserer Ortskirchen vorkommen?

4. Welche Schritte zur Unterscheidung der Geister, oder zur Analyse der konkreten Situation der verschiedenen Ortskirchen sind im Licht der neuen Evangelisierung unternommen worden?

Die Welt ist starken Veränderungen ausgesetzt, die für das Christentum neue Szenarien und neue Herausforderungen mit sich bringen. Davon wurden sechs vorgestellt: ein kulturelles Szenarium (die Säkularisierung) ein soziales (die Vermischung der Völker), eines aus dem Bereich der Medien, ein wirtschaftliches, ein wissenschaftliches und ein politisches. Diese Szenarien wurden absichtlich auf einheitliche und allgemeine Weise beschrieben.

5. Welche konkrete Gestalt haben sie im Kontext der verschiedenen Ortskirchen angenommen?

6. In welcher Weise haben sich diese Szenarien auf das Leben der Ortskirche ausgewirkt? Wie haben sie deren Leben beeinflußt?

7. Welche Fragen und Herausforderungen sind entstanden? Welche Antworten wurden entwickelt?

8. Welches waren die vorrangigen Hindernisse oder was verursachte die meiste Mühe, wenn es darum ging, in den Fragen unserer Zeit die Frage nach Gott zu stellen? Was sind die gelungensten Erfahrungen?

Das religiöse Szenarium wurde in besonderer Weise unterstrichen.

9. Welche Umwandlungen macht die Art und Weise durch, in welcher die Menschen ihre eigene religiöse Erfahrung leben?

10. Welche neuen Fragen nach der Spiritualität, welche neuen religiösen Bedürfnisse bilden sich heraus? Gibt es neue religiöse Traditionen, die erkennbar sind?

11. Inwieweit werden die christlichen Gemeinschaften von der Entwicklung des religiösen Szenariums berührt? Was sind die vorrangigen Mühen? Welche neue Möglichkeiten eröffnen sich?

Die neue Evangelisierung ist jene Umwandlung, welche die Kirche sich vorstellen kann, um weiterhin ihre eigene Sendung zur Verkündigung in diesen neuen Szenarien leben zu können.

12. Welche Form hat die neue Evangelisierung in den Ortskirchen angenommen?

13. Welchen Inhalt, welche Gestalt hat die Kühnheit erhalten, welche die neue Evangelisierung kennzeichnet? Welche Energien sind dadurch dem kirchlichen und pastoralen Leben zugeflossen?

14. Welche Aktionen und welche Dimensionen des Lebens und der Tätigkeit der Kirche sind dabei entstanden?

15. Inwieweit ist es den Ortskirchen gelungen, die häufig wiederholte Aufforderung Papst Johannes Pauls II. aufzugreifen und sich zu eigen zu machen, tatsächlich eine «neue Evangelisierung [zu beginnen]: neu in ihrem Eifer, in ihren Methoden, in ihren Ausdrucksformen»?

16. Inwieweit hat die Feier der kontinentalen oder regionalen Synodenversammlungen den christlichen Gemeinschaften geholfen, ein Programm der neuen Evangelisierung zu erarbeiten?


Zweites Kapitel

Das Evangelium Jesu Christi verkünden

 

«Geht hinaus in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen!» (Mk 16, 15)

11.  Die Begegnung und die Gemeinschaft mit Christus, Ziel der Weitergabe des Glaubens

Der Missionsauftrag, welchen die Jünger vom Herrn erhalten haben (vgl. Mk 16, 15) enthält einen ausdrücklichen Bezug auf die Verkündigung und die Lehre des Evangeliums «lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe» Mt 28, 20). Der Apostel Paulus stellt sich vor als «Apostel, auserwählt, das Evangelium Gottes zu verkündigen» (Röm 1, 1). Der Auftrag der Kirche besteht also darin, die traditio Evangelii umzusetzen, die Verkündigung und die Weitergabe des Evangeliums, das «eine Kraft Gottes [ist], die jeden rettet, der glaubt» (Röm 1, 16) und die letztlich mit Jesus Christus gleichzusetzen ist (vgl. 1 Kor 1, 24)[33]. Wenn wir vom Evangelium reden, dürfen wir nicht nur an ein Buch oder an eine Lehre denken; das Evangelium ist viel mehr: es ist ein lebendiges und wirksames Wort, das das bewirkt, was es sagt. Es ist kein System von Glaubensartikeln und Moralvorschriften, und noch weniger ein politisches Programm, es ist vielmehr eine Person: Jesus Christus, das definitive Wort Gottes, das Mensch geworden ist.[34] Das Evangelium ist Evangelium Jesu Christi: es hat nicht nur Jesus Christus zum Inhalt. Dieser ist vielmehr, durch den Heiligen Geist, auch der Verkünder und das erste Subjekt seiner Botschaft, seiner Weitergabe. Das Ziel der Weitergabe des Glaubens ist daher die Verwirklichung dieser Begegnung mit Jesus Christus, im Geist, um dazu zu gelangen, die Erfahrung seines und unseres Vaters zu machen.[35]

Den Glauben weiterzugeben heißt, an allen Orten und zu allen Zeiten die Voraussetzungen zu schaffen, damit diese Begegnung zwischen den Menschen und Jesus Christus geschieht. Der Glaube als Begegnung mit der Person Christi hat die Gestalt der Beziehung zu ihm, der Erinnerung an ihn (in der Eucharistie) und in der Kraft des Geistes der Formung der Gesinnung Christi in uns. Wie es Papst Benedikt XVI. in Erinnerung gerufen hat: «Am Anfang des Christseins steht nicht ein ethischer Entschluß oder eine große Idee, sondern die Begegnung mit einem Ereignis, mit einer Person, die unserem Leben einen neuen Horizont und damit seine entscheidende Richtung gibt. […] Die Liebe ist nun dadurch, daß Gott uns zuerst geliebt hat (vgl. 1 Joh 4, 10), nicht mehr nur ein ,,Gebot’’, sondern Antwort auf das Geschenk des Geliebtseins, mit dem Gott uns entgegengeht.»[36]. Die Kirche selbst nimmt Gestalt an, ausgehend von der Verwirklichung dieser Aufgabe der Verkündigung des Evangeliums und der Weitergabe des christlichen Glaubens.

Der erhoffte Ausgang dieser Begegnung ist es, die Menschen in die Beziehung des Sohnes mit seinem Vater hineinzunehmen, um die Kraft des Heiligen Geistes zu spüren. Das Ziel der Weitergabe des Glaubens, das Ziel der Evangelisierung ist es, durch Christus «in dem einen Geist Zugang zum Vater» zu haben (Eph 2, 18)[37]; darin besteht die Erfahrung der Neuheit des christlichen Gottes. In dieser Perspektive bedeutet die Weitergabe des Glaubens an Christus, die Voraussetzungen für einen Glauben zu schaffen, der durchdacht, gefeiert, gelebt und gebetet werden kann: das heißt, eingebunden in das Leben der Kirche[38]. Diese Gestalt der Weitergabe ist in der kirchlichen Tradition tief verwurzelt. Auf sie bezieht sich auch der Katechismus der Katholischen Kirche, der sie übernimmt, um sie zu unterstützen, zu konkretisieren und zu beleben.[39]

12.  Die Kirche gibt den Glauben weiter, den sie selber lebt

Die Weitergabe des Glaubens bringt also eine sehr komplexe Dynamik mit sich, welche ganz und gar den Glauben der Christen und das Leben der Kirche mit einbezieht. Das, was man nicht glaubt und nicht lebt, kann man nicht weitergeben. Zeichen eines verwurzelten und reifen Glaubens ist gerade die Selbstverständlichkeit, mit der er den anderen mitgeteilt wird. «Er rief die zu sich, die er erwählt hatte […] die er bei sich haben und die er dann aussenden wollte, damit sie predigten» (Mk 3, 13-14). Man kann das Evangelium nicht weitergeben, ohne daß grundlegend ein „Sein“ mit Jesus vorausgeht, eine mit Jesus im Heiligen Geist gelebte Erfahrung des Vaters; und entsprechend drängt die Erfahrung des „Seins“ zur Verkündigung, zur Mitteilung dessen, was man gelebt hat, und mit dem man gute, positive und schöne Erfahrungen gemacht hat.

Eine solche Aufgabe der Verkündigung ist nicht für irgendjemand oder nur für einige Auserwählte reserviert. Sie ist ein Geschenk, das jedem Menschen gemacht wird, der vertrauensvoll auf den Anruf des Glaubens antwortet. Die Weitergabe des Glaubens ist keine spezialisierte Tätigkeit, die nur an bestimmte Gruppen oder an entsprechend gesandte Einzelne übertragen werden darf. Sie ist eine Erfahrung jedes Christen und der ganzen Kirche, die in dieser Tätigkeit beständig ihre eigene Identität wieder entdeckt, als Volk, das vom Ruf des Geistes zusammengeführt wird, das sich aus der Zerstreuung unseres Alltags sammelt, um die Gegenwart Christi unter uns zu leben, und auf diese Weise das wahre Angesicht Gottes, der unser Vater ist, zu finden. «Aufgrund ihrer Teilhabe am prophetischen Amt Christi werden die Laien ganz in diese Aufgabe der Kirche einbezogen. Ihnen kommt es in besonderer Weise zu, Zeugnis zu geben vom christlichen Glauben als einzige und wahre Antwort - die alle mehr oder weniger bewußt erkennen und nennen - auf die Probleme und Hoffnungen, die das Leben heute für jeden Menschen und für jede Gesellschaft einschließt. Dieses Zeugnis wird möglich, wenn es den Laien gelingt, den Gegensatz zwischen dem Evangelium und dem eigenen Leben zu überwinden und in ihrem täglichen Tun, in Familie, Arbeit und Gesellschaft eine Lebenseinheit zu erreichen, die im Evangelium ihre Inspiration und die Kraft zur vollen Verwirklichung findet.».[40]

Die Weitergabe des Glaubens, grundlegende Tätigkeit der Kirche, strukturiert das Erscheinungsbild und die Tätigkeiten der christlichen Gemeinschaften.[41] Um das Evangelium verkünden und verbreiten zu können, kommt es darauf an, daß die Kirche Gestalten christlicher Gemeinschaften verwirklicht, die in der Lage sind, in ausdrücklicher Weise die grundlegenden Inhalte eines Lebens aus dem Glauben zum Ausdruck zu bringen: Liebe, Zeugnis, Verkündigung, Feier, Hören, Mitteilung. Es geht darum, die Evangelisierung als einen Prozess zu konzipieren, durch den die Kirche, angeregt vom Geist, in aller Welt das Evangelium verkündet und verbreitet, und dabei einer Logik folgt, welche das Lehramt auf folgende Weise zusammengefaßt hat: «angeregt von der Liebe durchdringt und verändert sie die zeitliche Ordnung, indem sie die Kulturen aufnimmt und erneuert. Unter den Völkern gibt sie Zeugnis von einer neuen Seins- und Lebensweise, welche die Christen kennzeichnet. Durch die Erstverkündigung verkündet sie ausdrücklich das Evangelium und ruft zur Umkehr auf. Durch die Katechese und die Initiationssakramente führt sie diejenigen, die sich zu Christus bekehren, oder diejenigen, welche den Weg seiner Nachfolge wieder aufnehmen, in den Glauben und das christliche Leben ein, indem sie die einen in die Gemeinschaft der Christen einfügt, die anderen aber zu ihr zurückführt. Durch die dauernde Glaubenserziehung (Predigt, Dienst am Wort), die Sakramente und die Liebestätigkeit nährt sie in den Gläubigen das Geschenk der Gemeinschaft; sie regt beständig zur Mission an, indem sie alle Jünger Christi zur Verkündigung des Evangeliums in Wort und Werk in alle Welt aussendet.»[42]

13. Wort Gottes und Weitergabe des Glaubens

Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil ist sich die Katholische Kirche wieder dessen bewußt geworden, daß diese Weitergabe des Glaubens, welche als Begegnung mit Christus verstanden wird, sich durch die Heilige Schrift und die lebendige Tradition der Kirche unter der Führung des Heiligen Geistes ereignet.[43] Auf diese Weise wird die Kirche beständig durch den Geist erneuert. Auf diese Weise werden die neuen Generationen auf ihrem Weg der Begegnung mit Christus in seinem Leib, welcher seinen vollen Ausdruck in der Feier der Eucharistie findet, unterstützt. Die Zentralität dieser Funktion der Weitergabe des Glaubens wurde auf den beiden letzten Synodenversammlungen, über die Eucharistie, und besonders in jener die dem Wort Gottes im Leben und in der Sendung der Kirche gewidmet war, neu betrachtet und unterstrichen. In diesen beiden Versammlungen ist die Kirche eingeladen worden, über die tiefe Dynamik, welche ihre Identität trägt, nachzudenken und sich ihrer wieder voll bewußt zu werden: die Kirche gibt den Glauben weiter, den sie selbst lebt, feiert, bekennt, bezeugt.[44]

Diese Bewußtwerdung hat für die Kirche auch konkrete Aufgabenstellungen mit sich gebracht, sowie Herausforderungen, mit denen sich ihre Aufgabe der Weitergabe auseinanderzusetzen hat. Es ist erforderlich, innerhalb des Volkes Gottes eine größeres Bewußtsein im Hinblick auf die Rolle des Wortes Gottes, der Kraft der Offenbarung, die in ihm liegt, der Darlegung der Absichten Gottes mit den Menschen, seines Heilsplanes, reifen zu lassen.[45] Es besteht die Notwendigkeit einer größeren Sorgfalt im Hinblick auf die Verkündigung des Wortes Gottes in den liturgischen Versammlungen und eines überzeugteren Einsatzes im Hinblick auf die Aufgabe der Predigt.[46] Es bedarf einer größeren Aufmerksamkeit und eines überzeugteren Vertrauens in die Rolle, welche dem Wort Gottes in der Sendung der Kirche zukommt, sei es, wenn es spezifisch um die Verkündigung der Heilsbotschaft geht, sei es im Hinblick auf eine Haltung des aufmerksameren Hörens und des Dialoges mit den Kulturen.[47] 

Die Synodenväter haben besondere Aufmerksamkeit auf die Verkündigung des Wortes an die neuen Generationen gerichtet. Bei den Jugendlichen «finden wir häufig eine spontane Offenheit gegenüber dem Wort Gottes und ein aufrichtiges Verlangen, Jesus kennenzulernen. […] Die Aufmerksamkeit für die Welt der Jugendlichen verlangt den Mut zu einer klaren Verkündigung; wir müssen den Jugendlichen helfen, Vertrauen in die Heilige Schrift zu gewinnen und zur Vertrautheit mit ihr zu gelangen, damit diese gleichsam ein Kompass ist, der den Weg weist, dem man folgen muß. Daher brauchen sie Zeugen und Lehrmeister, die mit ihnen gehen und sie anleiten, das Evangelium zu lieben und es ihrerseits vor allem an ihre Altersgenossen weiterzugeben und so selbst zu wahren und glaubwürdigen Verkündern zu werden».[48] Daher bitten die Synodenväter die christlichen Gemeinschaften «solche Wege der christlichen Initiation zu eröffnen, welche über das Hören des Wortes Gottes, die Feier der Eucharistie und die in Gemeinschaft gelebte brüderliche Liebe zu einem immer erwachseneren Glauben führen. Auch die aufgrund der Mobilität und des Phänomens der Migrationsbewegungen entstehende neue Frage muß beachtet werden, öffnet sie doch neue Perspektiven der Evangelisierung, denn die Immigranten müssen nicht nur evangelisiert werden, sie können selbst aktiv in die Evangelisierung einbezogen werden.»[49].

Mit seinen Hervorhebungen hat das Nachdenken der Synodenversammlung die christlichen Gemeinschaften daran erinnert, zu überprüfen, wie sehr die Verkündigung des Wortes wirklich als Basis der Aufgabe der Glaubensweitergabe erkannt wird: «Daher ist es notwendig, die Dringlichkeit und die Schönheit der Verkündigung des Wortes immer mehr zu entdecken – für das Kommen des Gottesreiches, das Christus selbst verheißen hat. […] Wir alle spüren, wie wichtig es ist, daß das Licht Christi alle Bereiche des Menschseins erleuchtet: die Familie, die Schule, die Kultur, die Arbeit, die Freizeit und die anderen Bereiche des gesellschaftlichen Lebens. Es geht nicht darum, ein tröstliches Wort zu verkünden, sondern ein Wort, das in unser Leben hereinbricht, ein Wort, das zur Umkehr ruft, das Zugang verschafft zur Begegnung mit Christus, der eine neue Menschheit erblühen läßt»[50].

14.  Die Pädagogik des Glaubens

Die Weitergabe des Glaubens erfolgt nicht nur in Worten, sondern erfordert eine Beziehung zu Gott im Gebet, das wiederum der gleiche Glaube in der Tat ist. In dieser Erziehung zum Gebet ist die Liturgie mit ihrer eigenen pädagogischen Rolle entscheidend, in der das erzieherische Subjekt Gott selbst ist und der wahre Erzieher zum Gebet der Heilige Geist.

Die Ordentliche Generalversammlung der Bischofssynode, die der Katechese gewidmet war, hatte als Geschenk des Geistes – neben der numerischen und qualitativen Blüte der Katecheten – die sichtbare Reifung jener Methoden anerkannt, welche die Kirche zur Verwirklichung der Weitergabe des Glaubens erarbeitet hat, um den Menschen zu ermöglichen, die Begegnung mit Christus zu leben.[51] Es handelt sich um erfahrungsgestützte Vorgehensweisen, welche den Menschen mit einbeziehen. Es geht um vielfältige Methoden, welche in differenzierter Weise die Fähigkeiten des Einzelnen ansprechen, ihr Eingebettetsein in ein soziales Umfeld, ihre Haltungen, ihre Fragen und Wünsche. Diese Methoden zählen auch die Inkulturation zu ihren Instrumenten.[52] Um der Gefahr der Zerstreuung und der Konfusion, die in einer derart pluralistischen und in ständiger Entwicklung befindlichen Situation liegt, zu begegnen, hat Papst Johannes Paul II. in diesem Zusammenhang eine Anregung der Synodenväter aufgenommen, und folgende Regel aufgestellt: die Vielfalt der Methoden in der Katechese kann ein Zeichen der Lebendigkeit und der Genialität sein, wenn jede dieser Methoden es versteht, sich ein grundlegendes Gesetz anzueignen und zu verinnerlichen, nämlich das Gesetz der doppelten Treue gegenüber Gott und dem Menschen, in ein und derselben Haltung der Liebe.[53]

Gleichzeitig lag es der Synode über die Katechese am Herzen, jene Früchte und Werte nicht zu zerstreuen, welche sie aus einer Vergangenheit übernommen hat, die vor allem durch die Sorge um die systematische, vollständige, organische und hierarchische Weitergabe des Glaubens bemüht war.[54] Deshalb hat die Synode zwei grundlegende Mittel der Glaubensweitergabe wieder neu vorgelegt: die Katechese und das Katechumenat. Dank ihrer gibt die Kirche den Glauben auf aktive Weise weiter, sät ihn in die Herzen der Katechumenen und der Teilnehmer an der Katechese, um ihre innersten Erfahrungen zu befruchten. Das von der Kirche empfangene Bekenntnis des Glaubens (traditio), das während des katechetischen Prozesses keimt und wächst, wird zurückgegeben (redditio), bereichert von den Werten der verschiedenen Kulturen. Auf diese Weise verwandelt sich das Katechumenat in ein grundlegendes Zentrum der Vertiefung des Katholischen und Ferment der kirchlichen Erneuerung.[55] 

Die Erneuerung dieser beiden Instrumente – der Katechese und des Katechumenats – diente dazu, dem Ausdruck zu verschaffen, was unter dem Begriff «Pädagogik des Glaubens» beschrieben wurde.[56]. Aufgabe dieses Begriffes ist es, das Konzept der Katechese zu erweitern und es auf die Weitergabe es Glaubens mit anzuwenden. Seit der Synode über die Katechese ist die Katechese nun nichts anderes als die Weitergabe des Evangeliums, so wie es die christliche Gemeinschaft empfangen hat, es versteht, es feiert, es lebt, es mitteilt.[57] «Da die Initiationskatechese organisch und systematisch ist, beschränkt sie sich nicht auf das bloß Gelegentliche oder Zufällige; da sie Heranbildung zum christlichen Leben ist, geht sie — dieses einschließend — über bloßes Belehren hinaus; und da sie wesentlich ist, ist sie auf das bedacht, was für den Christen „allgemein gilt“, ohne auf strittige Fragen einzugehen oder zu theologischer Forschung zu werden. Und da sie schließlich Initiation ist, gliedert sie sich in die Gemeinschaft ein, die den Glauben lebt, feiert und bezeugt. Sie erfüllt also gleichzeitig Initiations-, Erziehungs- und Unterrichtsaufgaben. Dieser Reichtum, der dem Katechumenat der ungetauften Erwachsenen innewohnt, muß die anderen Formen von Katechese inspirieren.»[58].

Das Katechumenat wird uns in dieser Weise als das Modell übergeben, das die Kirche kürzlich übernommen hat, um ihren Prozessen der Glaubensweitergabe Gestalt zu geben. Vom Zweiten Vatikanischen Konzil neu belebt,[59] ist das Katechumenat in vielen Projekten der Reorganisation und Belebung der Katechese übernommen worden, und zwar als paradigmatisches Modell der Strukturierung dieser Evangelisierungsaufgaben. Das Allgemeine Direktorium für die Katechese fasst daher die tragenden Elemente zusammen, und lässt die Gründe erkennen, warum viele Ortskirchen sich von diesem Paradigma haben anregen lassen, wenn es um die Umgestaltung der eigenen Verkündigungspraxis und die Hervorbringung des Glaubens geht, und dabei auch ein neues Modell, das so genannte „Katechumenat nach der Taufe“ entwickelten[60]: es erinnert die ganze Kirche beständig an die Funktion der Einführung in den Glauben. Es ruft die Verantwortung der ganzen christlichen Gemeinschaft in Erinnerung. Es stellt das Ostergeheimnis ins Zentrum des ganzen Weges; macht die Inkulturation zum Prinzip der eigenen pädagogischen Funktion; und wird als ein wirklicher Bildungsprozess verstanden.[61]

15.  Die Ortskirchen als Subjekte der Weitergabe

Das Subjekt der Weitergabe des Glaubens ist die Kirche als Ganze, die sich in den Ortskirchen darstellt. Die Verkündigung, die Weitergabe und die gelebte Erfahrung des Evangeliums ereignen sich in ihnen. Mehr noch, die Ortskirchen selbst sind, wie es uns die Erfahrung der ersten christlichen Gemeinschaften in Erinnerung ruft (vgl. Apg 2, 42-47), nicht nur Subjekt, sondern auch Frucht dieser Tätigkeit der Verkündigung des Evangeliums und der Weitergabe des Glaubens: der Geist sammelt die Gläubigen um jene Gemeinschaften, die wirklich ihren Glauben leben, sich vom Hören des Wortes der Apostel und von der Eucharistie nähren, und ihr Leben in der Verkündigung des Reiches Gottes einsetzen. Das Zweite Vatikanische Konzil legt sich auf diese Kennzeichnung der Identität jeder christlichen Gemeinschaft fest, wenn es sagt, daß die «Kirche Christi wahrhaft in allen rechtmäßigen Ortsgemeinschaften der Gläubigen anwesend ist, die in der Verbundenheit mit ihren Hirten im Neuen Testament auch selbst Kirchen heißen. Sie sind nämlich je an ihrem Ort, im Heiligen Geist und mit großer Zuversicht (vgl. 1 Thess 1, 5), das von Gott gerufene neue Volk. In ihnen werden durch die Verkündigung der Frohbotschaft Christi die Gläubigen versammelt, in ihnen wird das Mysterium des Herrenmahls begangen, „auf daß durch Speise und Blut des Herrn die ganze Bruderschaft verbunden werde“»[62].

Das konkrete Leben unserer Kirchen hatte das Glück, im Bereich der Weitergabe des Glaubens und allgemeiner der Verkündigung eine konkrete und oft beispielhafte Verwirklichung dieser Aussage des Konzils zu sehen. Die Zahl der Christen, welche sich in den letzten Jahrzehnten spontan und ehrenamtlich für die Verkündigung und die Weitergabe des Glaubens eingesetzt haben, ist wirklich beachtlich gewesen, und hat als ein echtes Geschenk des Geistes an unsere christlichen Gemeinschaften das Leben unserer Ortskirchen gekennzeichnet. Die mit der Weitergabe des Glaubens verbundenen pastoralen Aktivitäten sind zu einem Ort geworden, der es der Kirche erlaubt hat, in den verschiedenen sozialen Kontexten vor Ort gegenwärtig zu sein, und dort den Reichtum und die Vielfalt der Rollen und Dienste zu zeigen, welche sie ausmachen und ihr tägliches Leben bestimmen. In Gemeinschaft mit dem Bischof ist auch die Rolle der Priester, der Eltern, der Ordensleute, der Katecheten, und der Gemeinschaften zum Tragen gekommen, jeder mit seinen eigenen Aufgaben und mit seiner eigenen Zuständigkeit.[63]

Neben den Gaben und den positiven Aspekten müssen aber auch die Herausforderungen festgehalten werden, vor welche die Neuheit dieser Situation und die Entwicklungen, die sie mit sich bringt, viele Ortskirchen stellt: die zu geringe Zahl der Priester, die zur Verfügung stehen, gibt den Ergebnissen ihrer Tätigkeit weniger Durchschlagskraft, als man es sich wünschen würde. Eine gewisse Müdigkeit und Zermürbung, wie sie von vielen Familien erlebt wird, schwächt die Rolle der Eltern. Das zu niedrige Niveau des Austauschs läßt den Einfluss der christlichen Gemeinschaften verpuffen. Es besteht die Gefahr, daß die Last der Durchführung einer so wichtigen und grundlegenden Tätigkeit nur noch von den Katecheten getragen wird, die von dieser Last der ihnen übertragenen Aufgabe und der Einsamkeit, in welcher sie sich bei ihrer Umsetzung finden, häufig erdrückt werden.

Wie schon eingangs in Erinnerung gerufen, bergen das kulturelle Klima und die Situation der Ermüdung, in welcher sich viele christliche Gemeinschaften befinden, das Risiko in sich, die Fähigkeit der Verkündigung, der Weitergabe und der Erziehung zum Glauben in unseren Ortskirchen zu schwächen. Die Frage des Apostels Paulus – «wie können sie glauben […] wenn niemand verkündet?» (Röm 10, 14) – klingt in unsere Tagen sehr konkret. In einer solchen Situation müssen die Frische und die Energie, welche die Gegenwart von kirchlichen Gruppen und Bewegungen in diese Aufgabe der Glaubensweitergabe hineingetragen haben, als Geschenk des Geistes anerkannt werden. Gleichzeitig sind wir aufgerufen daran zu arbeiten, daß diese Früchte ansteckend wirken und ihren Schwung auf die Formen der Katechese und der Glaubensweitergabe ausdehnen, die ihr ursprüngliches Feuer verloren haben.

16. Zeugnis ablegen: der Stil der Verkündigung

Der Kontext, in dem wir leben, erfordert also von den Ortskirchen neuen Schwung, einen neuen Akt des Vertrauens in den Geist, der sie führt, damit sie wieder mit Freude und Eifer die grundlegende Aufgabe angehen können, für die Jesus seine Jünger aussendet: die Verkündigung des Evangeliums (vgl. Mk 16, 15), und die Predigt vom Reich (vgl. Mk 3, 15). Jeder Christ sollte sich von diesem Auftrag Jesu angesprochen fühlen, sich in der Antwort darauf vom Geist führen lassen, je nach der eigenen Berufung. In einer Zeit, in welcher die Entscheidung für den Glauben und für die Nachfolge Jesu nicht leicht ist und auf wenig Verständnis stößt, wenn sie nicht gar abgelehnt oder kontrastiert wird, wächst die Aufgabe der Gemeinschaft und der einzelnen Christen, so wie Jesus Zeugen und Botschafter des Evangeliums zu sein.

Die Logik eines solchen Verhaltens wird uns vom Apostel Petrus vorgeschlagen, wenn er uns einlädt, Zeugnis abzulegen, bereit zu sein, «jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt» (1 Petr 3, 15). Eine neue Zeit des Zeugnisses für unseren Glauben, neue Gestalten der Antwort (apo-logia) für den, der nach dem logos fragt, nach dem Grund unseres Glaubens, dies sind die Wege, welche der Geist unseren christlichen Gemeinschaften zeigt: um uns selbst zu erneuern, um die Hoffnung und das Heil, das Jesus Christus uns geschenkt hat, in der Welt, in der wir leben, eindringlicher gegenwärtig zu machen. Als Christen geht es darum, einen neuen Stil zu erlernen, «bescheiden und ehrfürchtig» und mit reinem Gewissen (1 Petr 3, 16) zu antworten, mit jener milden Stärke, die aus der Einheit mit Christus im Geist kommt und mit der Entschiedenheit dessen, der weiß, dass sein Ziel die Begegnung mit Gott, dem Vater, in seinem Reich ist.[64]

Dieser Stil muß ein weltweiter Stil sein, welcher den Gedanken und die Tat umfaßt, das persönliche Verhalten und das öffentliche Zeugnis, das Leben in unseren Gemeinschaften und ihren missionarischen Schwung, ihre erzieherische Sensibilität und ihren aufmerksamen Einsatz für die Armen, die Fähigkeit jedes Christen, innerhalb des Umfeldes, in dem er lebt und arbeitet, das Wort zu ergreifen, um das christliche Geschenk der Hoffnung weiterzugeben. Dieser Stil muß sich die Glut, das Vertrauen und die Freiheit des Wortes (die parrēsia) aneignen, wie sie in der Predigt der Apostel deutlich werden (vgl. Apg 4, 31; 9, 27-28) und die König Agrippa erfuhr, als er Paulus zuhörte: «Fast überredest du mich dazu, mich als Christ auszugeben!» (Apg 26, 28).

In einer Zeit, in der viele Menschen ihr Leben als eine wirkliche Erfahrung der «Wüste des Gottesdunkels, der Entleerung der Seelen, die nicht mehr um die Würde und um den Weg des Menschen wissen», erleben, erinnert Papst Benedikt XVI. uns daran, daß «die Kirche als Ganze und die Hirten in ihr [...] wie Christus sich auf den Weg machen [müssen], um die Menschen aus der Wüste herauszuführen zu den Orten des Lebens – zur Freundschaft mit dem Sohn Gottes, der uns Leben schenkt, Leben in Fülle»[65].

Die Welt hat ein Recht darauf, entsprechend der Logik unseres Glaubens diesen Stil in der Kirche, in den christlichen Gemeinschaften zu finden.[66] Einen gemeinschaftlichen und persönlichen Stil; einen Stil, der die Gemeinschaften als solche, aber auch jeden einzelnen Getauften zur Überprüfung einlädt, so wie es Papst Paul VI. in Erinnerung ruft: es «bleibt neben dieser Verkündigung des Evangeliums in umfassendster Weise die andere Form seiner Vermittlung, nämlich von Person zu Person, weiterhin gültig und bedeutsam. [...] Die Dringlichkeit, die Frohbotschaft den vielen zu verkünden, darf nicht jene Form des Mitteilens übersehen lassen, in welcher das ganz persönliche Innere des Menschen angesprochen wird, berührt von einem ganz besonderen Wort, das er von einem anderen empfängt».[67]

17. Die Früchte der Weitergabe des Glaubens

Das Ziel des ganzen Prozesses der Weitergabe des Glaubens ist der Aufbau der Kirche als einer Gemeinschaft der Zeugen des Evangeliums. So sagt Papst Paul VI.: «Als Gemeinschaft von Gläubigen, als Gemeinschaft gelebter und gepredigter Hoffnung, als Gemeinschaft brüderlicher Liebe muß die Kirche unablässig selbst vernehmen, was sie glauben muß , welches die Gründe ihrer Hoffnung sind und was das neue Gebot der Liebe ist. Als Volk Gottes, das mitten in dieser Welt lebt und oft durch deren Idole versucht wird, muß die Kirche immer wieder die Verkündigung der Großtaten Gottes hören, die sie zum Herrn bekehrt haben, von neuem von ihm gerufen und geeint werden, wenn sie ihre Lebendigkeit, ihren Schwung und ihre Stärke bewahren will, um das Evangelium zu verkünden»[68].

Die Früchte, welche dieser ununterbrochene Prozess in der Kirche als Zeichen der belebenden Kraft des Evangeliums hervorbringt, nehmen Gestalt an in der Auseinandersetzung mit den Herausforderungen unserer Zeit. Es geht darum, Familien hervorzubringen, welche wirkliche und echte Zeichen der Liebe und des miteinander Teilens sind, fähig zur Hoffnung, weil offen für das Leben; es braucht die Kraft, mit wahrem ökumenischen Geist begabte Gemeinschaften hervorzubringen, die zu einem Dialog mit den anderen Religionen in der Lage sind; wünschenswert sind der Mut, Initiativen der sozialen Gerechtigkeit und der Solidarität zu unterstützen, die den Armen ins Zentrum des Interesses der Kirche stellen; die Freude, das eigene Leben in einem Projekt der Berufung oder der Lebensweihe hinzugeben. Eine Kirche, die ihren Glauben weitergibt, eine Kirche der „neuen Evangelisierung“ ist in all diesen Bereichen in der Lage, den Geist zu zeigen, der sie führt und die Geschichte verwandelt: die Geschichte der Kirche, der Christen, der Menschen und ihrer Kulturen.

Teil der inneren Logik im Hinblick auf die Anerkennung der Früchte ist auch der Mut, die Untreue und die Skandale offen zu benennen, die in den christlichen Gemeinschaften als Zeichen und Konsequenz von Momenten der Anstrengung und der Müdigkeit in dieser Aufgabe der Verkündigung hervortreten. Der Mut, die Schuld anzuerkennen; die Fähigkeit, weiterhin Christus zu bezeugen, während wir über unser dauerndes Bedürfnis der Erlösung sprechen, wissend, daß wir – wie es uns der Apostel Paulus lehrt – auf unsere Schwächen schauen können, weil wir auf diese Weise anerkennen, daß es Christus ist, der uns rettet (2 Kor 12, 9; vgl. Röm 7, 14f); das Buße-Tun, der Einsatz in Wegen der Reinigung, und der Wille, die Folgen unsere Fehler wieder gut zu machen; ein festes Vertrauen darauf, daß die Hoffnung, die uns geschenkt ist «nicht zugrunde gehen lässt; denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist» (Röm 5, 5) - auch all dies ist eine Frucht der Weitergabe des Glaubens, der Verkündigung des Evangeliums, der vor allen Dingen nicht aufhört, die Christen und ihre Gemeinschaften zu erneuern, während er der Welt das Evangelium Jesus Christi bringt.

Fragen

Ziel der Weitergabe des Glaubens, den es mit den Nahen und den Fernen zu teilen gilt, ist es, die Erfahrung Christi zu machen. Das regt uns zur Mission an.

1. Inwieweit gelingt es unseren christlichen Gemeinschaften, kirchliche Orte zu schaffen, die Instrumente spiritueller Erfahrung sind?

2. Inwieweit besteht das Ziel unserer Glaubenslehre nicht nur in einer rein intellektuellen Zustimmung zur christlichen Wahrheit, sondern gelingt es ihnen, eine echte Erfahrung der Begegnung und der Gemeinschaft erleben zu lassen, der „Beheimatung“ im Geheimnis Christi?

3. Auf welche Weise haben die einzelnen Kirchen Lösungen und Antworten auf die Frage nach spiritueller Erfahrung gefunden, die heute auch von den jungen Generationen gestellt wird?

Das Wort und die Eucharistie sind die vorrangigen Mittel, die privilegierten Instrumente, um den christlichen Glauben als geistliche Erfahrung zu leben.

4. Inwieweit haben die beiden vorausgehenden Generalversammlungen der Bischofssynode den christlichen Gemeinschaften dabei geholfen, die Qualität des Hörens auf das Wort Gottes in unseren Kirchen zu verbessern? Inwieweit haben sie dabei geholfen, die Qualität unserer Eucharistiefeiern zu verbessern?

5. Welche Elemente wurden am besten aufgenommen? Welche Überlegungen und welche Vorschläge bedürfen noch der Aufnahme?

6. Sind die Gruppen des Hörens auf und der Auseinandersetzung mit dem Wort Gottes in unseren Gemeinschaften dabei, ein allgemeines Instrument des christlichen Lebens zu werden? Inwieweit bringen unsere Gemeinschaften die Zentralität der (gefeierten und angebeteten) Eucharistie zum Ausdruck, und strukturieren ihre Tätigkeiten und ihr Leben von ihnen ausgehend?

Nach Jahrzehnten einer starken Belebung zeigt der Bereich der Katechese Zeichen der Anstrengung und der Müdigkeit, besonders was diejenigen angeht, die dazu berufen sind, diese kirchliche Tätigkeit zu unterstützen und mit Leben zu erfüllen.

7. Was ist die konkrete Erfahrung in unseren Kirchen?

8. Auf welche Weise hat man versucht, innerhalb der christlichen Gemeinschaft der Gestalt des Katecheten Anerkennung und Bestand zu geben? Wie hat man versucht, die Anerkennung einer aktiven Rolle anderer im Bereich der Weitergabe des Glaubens (Eltern, Paten, die christliche Gemeinschaft als solche) zu konkretisieren und wirksam werden zu lassen?

9. Welche Initiativen wurden zur Unterstützung der Eltern überlegt, um sie in einer Aufgabe zu ermutigen (der Verkündigung und daher auch der Weitergabe des Glaubens) welche ihnen von der Kultur her immer weniger zugeschrieben wird?

In den letzten Jahrzehnten haben viele Bischofskonferenzen, auch auf Anregung des Zweiten Vatikanischen Konzils, Anstrengungen unternommen, um die Wege und die Texte der Katechese zu überarbeiten.

10.  Wie steht es um diese Projekte?

11.  Welche positiven Effekte haben sie im Prozess der Glaubensweitergabe hervorgebracht? Auf welche Schwierigkeiten und welche Mühen sind sie getroffen?

12.  Welche Mittel wurden durch die Publikation des Katechismus der Katholischen Kirche in diesem Weg der Neupositionierung freigesetzt?

13.  Auf welche Weise arbeiten die einzelnen christlichen Gemeinden (die Pfarreien) und die verschiedenen Gruppen und Bewegungen, um tatsächlich eine wirklich kirchliche und mit den anderen kirchlichen Subjekten in Zusammenarbeit und Übereinstimmung geplante Katechese zu garantieren?

14.  Nach den starken kulturellen Veränderungen, die im Gange sind, welche sind die erzieherischen Herausforderungen, gegenüber denen sich das katechetische Tun unserer Kirchen am wenigsten vorbereitet oder schlicht ausgesetzt findet?

15.  Inwieweit wurde das Instrument des Katechumenats als Modell übernommen, von dem auszugehen ist, um ein Projekt der Katechese und der Glaubenserziehung in den christlichen Gemeinschaften zu schaffen?

Die derzeitige Situation fordert von der Kirche einen erneuerten Stil der Evangelisierung, eine neue Bereitschaft, einen Grund für den Glauben und die Hoffnung zu nennen, die in uns sind.

16.  Inwieweit ist es den Ortskirchen gelungen, dieses neue Erfordernis in den christlichen Gemeinschaften zu vermitteln? Mit welchem Ergebnis? Welches sind die Schwierigkeiten und die Widerstände?

17.  Ist die Dringlichkeit einer neuen, missionarischen Verkündigung ein gewohnter Bestandteil der pastoralen Tätigkeit der Gemeinschaften geworden? Hat sich die Überzeugung durchgesetzt, daß inzwischen die Mission auch in unseren christlichen Gemeinschaften vor Ort, in unserem normalen Lebensumfeld gelebt wird?

18.  Welche anderen Subjekte neben den Gemeinschaften beleben das soziale Netzwerk, indem sie dorthin die Botschaft des Evangeliums bringen? Mit welchen Aktionen und Methoden? Mit welchen Ergebnissen?

19.  Auf welche Weise ist in den einzelnen Getauften das Bewusstsein gereift, selbst zur Verkündigung berufen zu sein? Welche Erfahrungen können diesbezüglich berichtet werden?

Die Verkündigung und die Weitergabe des Glaubens bringen als Frucht die christliche Gemeinschaft hervor.

20.  Welches sind die hauptsächlichen Früchte, welche die Weitergabe des Glaubens in Euren Kirchen hervorgebracht hat?

21.  Inwieweit sind die einzelnen christlichen Gemeinschaften darauf vorbereitet, diese Früchte anzuerkennen, zu unterstützen und zu nähren? Welche Früchte fehlen am meisten?

22.  Welche Widerstände, welche Schwierigkeiten und auch welche Skandale behindern diese Verkündigung? Wie haben die Gemeinschaften diese Situation gemeistert und aus ihnen die Anregung übernommen für eine geistliche und missionarische Neubelebung?


Drittes Kapitel

Zur christlichen Erfahrung hinführen

 

«Macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe» (Mt 28, 19-20)

18.  Die christliche Initiation als evangelisatorischer Prozess

Die Überlegungen zur Weitergabe des Glaubens, die wir gerade vorgelegt haben sowie die sozialen und kulturellen Umwandlungen, welchen das Christentum von heute ausgesetzt ist und die eine Herausforderung darstellen, haben in der Kirche Anlass zu einem weit verbreiteten Prozess der Reflexion und des Umdenkens im Hinblick auf die Einführung in den Glauben und den Zugang zu den Sakramenten gegeben. Als die Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils geschrieben wurden,[69] klangen sie für viele christliche Gemeinschaften wie Wünsche, heute hingegen sind sie in vielen Ortskirchen zur Realität geworden. Es ist möglich, viele der dort aufgezählten Elemente selbst zu erleben, angefangen von der inzwischen überall gereiften Überzeugung im Hinblick auf das innere Band, das die Sakramente der christlichen Initiation verbindet. Taufe, Firmung und Eucharistie werden nicht mehr als drei getrennte Sakramente betrachtet, sondern als die Etappen eines Weges, der in einem organischen Vorgang der Einführung in den Glauben das erwachsene christliche Leben hervorbringt. Die christliche Initiation ist inzwischen ein Konzept und ein pastorales Mittel, das in der Ortkirche bekannt und gut verwurzelt ist.

Im Hinblick auf diesen Prozess haben die Kirchen, welche auf eine jahrhundertealte Tradition der Einführung in den Glauben zurückblicken, den jüngeren Kirchen viel zu verdanken. Gemeinsam haben sie gelernt, beim Weg der Initiation vom Erwachsenen und nicht mehr vom Kind auszugehen.[70] Es ist gelungen, dem Sakrament der Taufe wieder mehr Bedeutung zu geben, indem man die Struktur des alten Katechumenates als Beispiel herangezogen hat, um pastorale Vorgehensweisen zu planen, welche in unserem kulturellen Zusammenhang eine bewußtere, besser vorbereitete Feier ermöglichen, die ihrerseits besser dazu geeignet ist, die zukünftige Teilnahme der Neugetauften am christlichen Leben sicherzustellen. Viele christliche Gemeinden haben in echter Weise eine Überprüfung ihrer Taufpraxis vorgenommen, indem sie, sofern es sich um die Kindertaufe handelt, die Art und Weise der Einbeziehung der Eltern, überprüft und den evangelisatorischen Aspekt, die ausdrückliche Verkündigung des Glaubens, unterstrichen haben. Es wurden Formen der Feier des Taufsakramentes geschaffen, welche der Gemeinschaft mehr Raum geben und die Unterstützung sichtbarer machen, welche den Eltern wie etwa in der Aufgabe der christlichen Erziehung gegeben wird, die immer schwieriger geworden ist. Nachdem man auf die Erfahrungen der Katholischen Ostkirchen gehört hat, wurde auch die Mystagogik einbezogen, um Wege der Initiation zu entwerfen, welche nicht an der Schwelle der Feier des Sakramentes Halt machen, sondern auch später ihre bildende Kraft ausüben, um ausdrücklich daran zu erinnern, daß das Ziel in einer Erziehung zum erwachsenen christlichen Glauben besteht [71].

Der begonnene Vergleich hat eine theologische und pastorale Reflexion in Gang gebracht, welche unter Beachtung der Besonderheiten der verschiedenen Riten der Kirche dabei hilft, eine gemeinsame Überarbeitung der eigenen Praxis der Einführung zum und Erziehung im Glauben zu finden. Beispielhaft ist in diesem Zusammenhang die Frage nach der Ordnung der Initiationssakramente. In der Kirche gibt es diesbezüglich verschiedene Traditionen. Diese Verschiedenheit drückt sich deutlich in der Gewohnheit der Ostkirchen aus, aber auch in der westlichen Praxis, soweit es die Initiation Erwachsener gegenüber der von Kindern betrifft. Diese Verschiedenheit erhält eine weitere Akzentuierung im Hinblick auf die Art und Weise der Feier des Sakramentes der Firmung.

Man kann sicher sagen, daß von der Art und Weise, in welcher die Kirchen des Westens die Überprüfung ihrer Taufpraxis gestalten werden, die zukünftige Gestalt des Christentums in ihren Breiten und die Fähigkeit des Glaubens, in Dialog mit ihrer Kultur zu treten, abhängt. In diesem Überprüfungsprozess ist aber nicht immer alles glatt gegangen. Es gab Missverständnisse, d.h. die Absicht, die erforderlichen Umwandlungen als Anlass zu betrachten, um einen Bruch einzuführen: die neuen pastoralen Maßnahmen wurden im Licht einer Hermeneutik des kreativen Bruchs verstanden und betrachtet, der im Neuen, das entstand, die Gelegenheit sah, ein Urteil über die jüngste Vergangenheit der Kirche abzugeben, und zugleich die Möglichkeit, bisher unbekannte soziale Formen einzuführen, um das Christentum heute auszudrücken und zu leben. In diesem Zusammenhang wurde es manchmal zu einer nicht hinterfragbaren Notwendigkeit erklärt, die Praxis der Kindertaufe aufzugeben. Eine ernste Schwierigkeit im Hinblick auf die Durchführung der Überprüfung kam entsprechend von dem trägen Verhalten einiger christlichen Gemeinschaften, die sich davon überzeugt zeigten, daß die einfache Wiederholung stereotypischer Vorgehensweisen Garantie der Güte und des Erfolgs der kirchlichen Tätigkeit wären.

Der Überprüfungsprozess läßt die Kirche einige Orte und einige Probleme als echte Herausforderungen erkennen, welche die christlichen Gemeinschaften in die Pflicht nehmen, neue Stile pastoraler Tätigkeit zu erkennen und anzuwenden. Sicherlich stellt es für die Kirche eine Herausforderung dar, in diesem Moment eine von allen akzeptierte Verortung für das Sakrament der Firmung zu finden. Diese Anfrage wurde auch während der Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode zur Eucharistie gestellt, und von Papst Benedikt XVI. im nachfolgenden Apostolischen Schreiben aufgegriffen.[72] In jüngster Zeit haben die Bischofskonferenzen diesbezüglich verschiedene Entscheidungen getroffen, welche durch die verschiedenen Perspektiven bedingt sind (pädagogisch, sakramental, kirchlich), innerhalb derer die Problematik gesehen wurde. Genauso stellt es eine Herausforderung an die Kirche dar, die Fähigkeit zu entwickeln, jener mystagogischen Dimension der Wege der Initiation wieder Inhalt und Energie zu geben, ohne welche eben diese Vorgehensweisen ohne ein wesentliches Element des Prozesses der Förderung des Glaubens sein würden. Schließlich stellt die Notwendigkeit, die eigentliche Aufgabe der Kirche, das Evangelium zu verkünden und den Glauben zu wecken, nicht etwa an eventuell bestehende schulische Wege der religiösen Erziehung zu delegieren, auch nicht, wenn es um Kinder und Jugendliche geht. Von Land zu Land ist die diesbezügliche Praxis sehr unterschiedlich, und es können daher keine einheitlichen oder überall gültigen Antworten erarbeitet werden. Aber die Aufgabe bleibt für jede Ortskirche bestehen.

Wie leicht zu erkennen ist, stellt das Feld der Initiation wirklich einen wesentlichen Bestandteil des Evangelisierungsauftrages dar. Diesbezüglich hat die „neue Evangelisierung“ eine Menge zu sagen: tatsächlich ist es wichtig, daß die Kirche weiterhin in entschiedener Weise jene schon begonnene Übung der Unterscheidung der Geister fortsetzt, und zugleich die Energien findet, um diejenigen Personen und Gemeinschaften neu zu motivieren, die Zeichen der Müdigkeit und der Resignation erkennen lassen. Die zukünftige Gestalt unserer Gemeinschaften hängt sehr von den Energien ab, welche in diese pastorale Tätigkeit investiert werden, sowie von den konkreten Maßnahmen, die im Hinblick auf ein Umdenken und eine Neubelebung überlegt und umgesetzt werden.

19. Erstverkündigung als Erfordernis neuer Formen des Redens über Gott

Der Prozess der Überprüfung der Wege der Einführung in den Glauben hat eine Herausforderung besonders unterstrichen, welche in der gegenwärtigen Situation in maßgeblicher Weise präsent ist: mit immer mehr Schwierigkeiten hören die Frauen und Männer von heute, daß über Gott gesprochen wird, immer schwieriger finden sie Orte und Erfahrungen, welche sie für eine solche Rede öffnen. Es handelt sich hier um eine Schwierigkeit, mit welcher sich die Kirche schon seit einiger Zeit auseinander setzt. Sie ist nicht nur erkannt worden, sondern hat auch schon einige Vorschläge zur Antwort gefunden. Schon Paul VI. hat angesichts dieser Herausforderung der Kirche die Dringlichkeit aufgezeigt, neue Wege zu finden, um den christlichen Glauben vorschlagen zu können.[73] Auf diese Weise ist das Instrument der „Erstverkündigung“ entstanden,[74] das verstanden wird als ausdrücklicher Vorschlag, oder besser gesagt als Verkündigung des grundlegenden Inhaltes unseres Glaubens.

Die Erstverkündigung, die im Zusammenhang mit der derzeitigen Überarbeitung der Wege zur Glaubenseinführung voll und ganz übernommen wurde, richtet sich an die Nichtglaubenden, an diejenigen, welche tatsächlich in religiöser Indifferenz leben. Sie hat die Aufgabe, das Evangelium und die Bekehrung zu verkünden, und dies in der Regel im Hinblick auf diejenigen, die Jesus Christus immer noch nicht kennen. Die Katechese, die sich von der Erstverkündigung des Evangeliums unterscheidet, fördert diese anfängliche Bekehrung und bringt sie zum Reifen, indem sie den Bekehrten zum Glauben erzieht und ihn in die christliche Gemeinschaft eingliedert. Jedoch ist die Beziehung zwischen diesen beiden Formen des Dienstes am Wort nicht immer leicht herzustellen, und darf nicht notwendigerweise in eindeutiger Form ausgesagt werden. Es handelt sich um eine doppelte Aufmerksamkeit, die häufig in der gleichen pastoralen Tätigkeit verbunden ist. Es kommt tatsächlich häufig vor, daß diejenigen, die zur Katechese kommen, noch einer echten Bekehrung bedürfen. Deshalb wird es nützlich sein, in den Itinerarien der Katechese und der Glaubenserziehung größeren Wert auf die Verkündigung des Evangeliums zu legen, das zu dieser Umkehr ruft, sie hervorbringt und unterstützt. Es ist die Art und Weise, durch welche die neue Evangelisierung normalerweise die üblichen Wege der Glaubenserziehung stimuliert, indem sie ihren kerygmatischen Charakter unterstreicht, ihren Verkündigungscharakter.[75] 

Im Hinblick auf die entstandene Herausforderung ist also eine erste direkte Antwort gegeben worden. Aber die Unterscheidung der Geister, die hier unternommen werden soll, fordert dazu auf, inne zu halten und jenseits der direkten Antwort noch tiefer die Gründe für eine solche Entfremdung des Redens von Gott von unserer Kultur zu verstehen. Es geht darum zu überprüfen, wann eine ähnliche Situation nicht vor allem die christlichen Gemeinden betroffen hat [76]. Dies ist vor allem deshalb erforderlich, um Formen und Instrumente zu suchen, um Reden von Gott erarbeiten zu können, welche in der Lage sind, die Erwartungen und die Befürchtungen der Menschen von heute aufzufangen, indem sie ihnen zeigen, daß die Neuheit, welche Christus ist, das Geschenk darstellt, das wir alle erwarten, an dem jeder Mensch hängt, wie an der unausdrücklichen Erfüllung seiner Suche nach Sinn und seines Durstes nach Wahrheit. Die vergessene Rede von Gott wird so zu einer Gelegenheit der missionarischen Verkündigung werden. Das alltägliche Leben wird uns zu zeigen wissen, wo wir jene „Vorhöfe der Heiden“ finden,[77] innerhalb derer unsere Worte nicht nur hörbar werden, sondern für die Menschheit auch bedeutungsvoll und heilend. Die Aufgabe der „neuen Evangelisierung“ ist es, sowohl die praktizierenden Christen, als auch diejenigen, die sich Fragen nach Gott stellen und ihn suchen, dahin zu führen, daß sie seinen persönlichen Ruf in ihrem Gewissen hören. Die neue Evangelisierung ist eine Einladung an die christlichen Gemeinschaften, auf daß sie ihr Vertrauen mehr auf den Geist setzen, der sie in der Geschichte führt. Auf diese Weise werden sie in der Lage sein, die Ängste, die sie erleben, zu überwinden und es wird ihnen gelingen, mit größerer Klarheit die Orte und die Pfade zu sehen, wo sie die Frage nach Gott ins Zentrum des Lebens der Menschen von heute stellen können.

20. In den Glauben einführen, zur Wahrheit erziehen

Die Notwendigkeit des Redens über Gott bringt konsequenterweise die Möglichkeit und die Notwendigkeit einer analogen Rede über den Menschen mit sich. Die Evangelisierung erfordert das von sich aus, als direktes Band. Es besteht eine enge Verbindung zwischen Einführung in den Glauben und Erziehung. So sagt es das Zweite Vatikanische Konzil.[78] Kürzlich hat Papst Benedikt XVI. diese Überzeugung wieder zum Ausdruck gebracht: «Manche ziehen heute den Einsatz der Kirche im Erziehungswesen in Zweifel und fragen sich, ob ihre Mittel nicht besser anderswo eingesetzt werden sollten. […] Der vorrangige Evangelisierungsauftrag der Kirche, bei dem die Bildungseinrichtungen eine entscheidende Rolle spielen, steht im Einklang mit dem grundlegenden Bestreben einer Nation, eine Gesellschaft zu entwickeln, die der Würde der menschlichen Person wirklich angemessen ist. Manchmal wird jedoch der Wert des Beitrags der Kirche zum öffentlichen Forum in Frage gestellt. Es ist daher wichtig, daran zu erinnern, daß die Wahrheiten des Glaubens und der Vernunft einander niemals widersprechen»[79]. Die Kirche reinigt mit der geoffenbarten Wahrheit die Vernunft und hilft ihnen, die letzten Wahrheiten als Fundament der menschlichen Moralität und Ethik zu erkennen. Auf Grund ihres eigenen Charakters unterstützt die Kirche die wesentlichen moralischen Kategorien, und hält in der Menschheit die Hoffnung lebendig.

Die Worte Papst Benedikts XVI. zählen die Gründe auf, aus denen heraus es natürlich ist, daß die Evangelisierung und die Einführung in den Glauben durch eine erzieherische Tätigkeit begleitet werden, welche die Kirche als Dienst an der Welt ausübt. Heute sind wir dazu aufgerufen, diese Aufgabe in einem Moment und in einem kulturellen Kontext zu vollbringen, in dem jede erzieherische Tätigkeit sehr schwierig und kritisch erscheint, bis dahin, dass derselbe Papst vom „erzieherischen Notstand“ spricht.[80]

Mit dem Begriff „erzieherischer Notstand“ will der Papst auf jene wachsenden Schwierigkeiten hinweisen, denen heute nicht nur die erzieherische Tätigkeit der Christen, sondern allgemein jede erzieherische Tätigkeit begegnet. Es wird immer schwieriger, den neuen Generationen die Grundwerte der Existenz und eines richtigen Verhaltens zu vermitteln. Diese Schwierigkeit erleben die Eltern, die ihre Einflußmöglichkeiten im erzieherischen Prozess immer mehr schwinden sehen, aber auch die erzieherischen Einrichtungen, welche diese Aufgabe haben, angefangen bei der Schule.

Eine solche Entwicklung war teilweise vorauszusehen: in einer Gesellschaft und einer Kultur, welche oft den Relativismus zum eigenen Credo erhoben haben, fehlt das Licht der Wahrheit. Von der Wahrheit zu reden wird für zu anspruchsvoll gehalten, für „autoritär“, und das führt dazu, daß man am Wert des Lebens zweifelt – ist es ein Gut, Mensch zu sein? Ist es gut, zu leben? – genauso wie am Wert der Beziehungen und der Verpflichtungen, die das Leben ausmachen. Wie kann es unter solchen Voraussetzungen möglich sein, den Jüngeren etwas Wertvolles und Sicheres mitzugeben und es von Generation zu Generation weiterzugeben, eine authentische Bedeutung und überzeugende Ziele für das menschliche Dasein, sei es als Einzelne oder als Gemeinschaft? Daher neigt die Erziehung weitgehend dazu, sich auf die Vermittlung bestimmter Fähigkeiten oder Fertigkeiten zu beschränken, während man versucht, das Verlangen der neuen Generationen nach Glück dadurch zu befriedigen, daß man sie mit Konsumobjekten und oberflächlichen Befriedigungen überhäuft. Auf diese Weise geraten sowohl die Eltern als auch die Lehrer leicht in die Versuchung, auf die eigene erzieherische Aufgabe zu verzichten und nicht einmal mehr zu verstehen, was eigentlich ihre Rolle, die ihnen übertragene Sendung, ist.

Und hier haben wir den erzieherischen Notstand: wir sind nicht mehr fähig, den Jugendlichen, den neuen Generationen das anzubieten, was unsere Aufgabe wäre, ihnen zu vermitteln. Wir schulden ihnen auch wirklich Werte, die dem Leben ein Fundament geben. Auf diese Weise wird das wesentliche Ziel der Erziehung, nämlich die Bildung der Person, um sie zu befähigen, in Fülle zu leben und den eigenen Beitrag zum Wohl der Gemeinschaft zu leisten, nicht beachtet und vergessen. Daher wächst von vielen Seiten das Verlangen nach einer authentischen Erziehung und der Bedarf nach Erziehern, die wirklich solche sind, wird wieder entdeckt. Ein solches Bedürfnis ist den Eltern (die um die Zukunft ihrer Kinder besorgt und oft in Angst sind), den Lehrern (welche die traurige Erfahrung des Verfalls der Schule machen), und der Gesellschaft gemeinsam, welche selbst die Grundlagen des Zusammenlebens gefährdet sieht.

In einem solchen Zusammenhang erhält der Einsatz der Kirche für eine Erziehung zum Glauben, zur Nachfolge und zum Zeugnis für den Herrn mehr als zuvor auch den Wert eines Beitrages, um die Gesellschaft, in der wir leben aus der erzieherischen Krise, die sie bedroht, herauszuführen, indem sie einen Damm gegen das Mißtrauen und den seltsamen „Hass gegen sich selbst“ sowie gegen jene Formen der Selbstverleugnung, die zu einem Kennzeichen unserer Kultur geworden zu sein scheinen, errichtet. Ein solcher Einsatz kann für die Christen eine geeignete Gelegenheit darstellen, um sich im öffentlichen Raum unserer Gesellschaften einzurichten, in diesem Raum die Frage nach Gott neu zu stellen, und die eigene erzieherische Tradition, jene Frucht, welche die christlichen Gemeinschaften, unter der Leitung des Heiligen Geistes in diesem Feld hervorgebracht haben, wie ein Geschenk einzubringen.

In diesem Zusammenhang hat die Kirche eine Tradition, d.h. ein historisches Kapital erzieherischer Ressourcen, der Reflexion und der Forschung, Institutionen, Personen – Ordensleute oder nicht, zusammengefaßt in Orden und Kongregationen –, die in der Lage sind, eine bedeutungsvolle Präsenz in der Welt der Schule und der Erziehung darzustellen. Darüber hinaus ist dieses Kapital, eben durch sein Interesse an den im Gang befindlichen sozialen und kulturellen Umwandlungen, auch selbst Veränderungen unterworfen. Es wird daher nützlich sein, auch in diesem Bereich eine Unterscheidung der Geister einzuleiten, um die kritischen Punkte herauszustellen, welche die Veränderungen dabei sind hervorzubringen. Es müssen die zukünftigen Kräfte anerkannt werden, die Herausforderungen, welche eine entsprechende Ausbildung erforderlich machen, wissend, daß die grundlegende Aufgabe der Kirche die Erziehung zum Glauben ist, zur Nachfolge und zum Zeugnis, die Hilfestellung, wenn es darum geht, in eine lebendige Beziehung zu Christus und zum Vater zu treten.

21. Das Ziel einer „Ökologie der menschlichen Person“

Es ist leicht, das Ziel dieses erzieherischen Einsatzes der Kirche herauszuarbeiten. Es geht darum, am Aufbau dessen zu arbeiten, was Papst Benedikt XVI. als „Ökologie der menschlichen Person“ bezeichnet hat. «Es muß so etwas wie eine richtig verstandene Ökologie des Menschen geben. […] Das entscheidende Problem ist das moralische Verhalten der Gesellschaft. Wenn das Recht auf Leben und auf einen natürlichen Tod nicht respektiert wird, wenn Empfängnis, Schwangerschaft und Geburt des Menschen auf künstlichem Weg erfolgen, wenn Embryonen für die Forschung geopfert werden, verschwindet schließlich der Begriff Humanökologie und mit ihm der Begriff der Umweltökologie aus dem allgemeinen Bewusstsein. Es ist ein Widerspruch, von den neuen Generationen die Achtung der natürlichen Umwelt zu verlangen, wenn Erziehung und Gesetze ihnen nicht helfen, sich selbst zu achten. Das Buch der Natur ist eines und unteilbar sowohl bezüglich der Umwelt wie des Lebens und der Bereiche Sexualität, Ehe, Familie, soziale Beziehungen, kurz der ganzheitlichen Entwicklung des Menschen. Unsere Pflichten gegenüber der Umwelt verbinden sich mit den Pflichten, die wir gegenüber dem Menschen an sich und in Beziehung zu den anderen haben. Man kann nicht die einen Pflichten fordern und die anderen unterdrücken. Das ist ein schwerwiegender Widerspruch der heutigen Mentalität und Praxis, der den Menschen demütigt, die Umwelt erschüttert und die Gesellschaft beschädigt.»[81]

Der christliche Glaube unterstützt die Intelligenz im Verständnis des tiefen Gleichgewichts, das die Struktur des Daseins und der Geschichte trägt. Er führt dieses Werk nicht in allgemeiner Weise oder von außen her aus, sondern teilt mit der Vernunft den Durst nach Wissen, den Durst nach Forschung, und richtet sie auf das Wohl des Menschen und des Kosmos aus. Wie der gerade zitierte Text zeigt, trägt der christliche Glaube zum Verständnis des tieferen Inhaltes der grundlegenden Erfahrungen des Menschen bei. Diese Aufgabe – nämlich der kritischen Auseinandersetzung und der Überprüfung der Ausrichtung – führt der Katholizismus schon seit langem durch. Für diese Aufgabe hat er sich immer besser ausgerüstet und Einrichtungen ins Leben gerufen, Forschungszentren, Universitäten, welche Frucht der Intuition und des Charismas einiger, sowie der erzieherischen Sorge der Ortskirche sind. Diese Einrichtungen erfüllen ihre Funktion innerhalb des gemeinsamen Raumes der Forschung und der Entwicklung des Wissens in den verschiedenen Kulturen und Gesellschaften. Die gesellschaftlichen und kulturellen Umwandlungen, die wir vorgestellt haben, stellen Fragen an diese Einrichtungen und bringen Herausforderungen mit sich. Die Unterscheidung der Geister, die an der Basis der „neuen Evangelisierung“ steht, ist dazu aufgerufen, sich dieser kulturellen und erzieherischen Verpflichtung der Kirche anzunehmen. So können die kritischen Punkte dieser Herausforderungen herausgearbeitet werden, die anzuwendenden Energien und Strategien, um nicht nur der Kirche, sondern auch dem Menschen und der Menschheit eine Zukunft zu garantieren.

Sich all diese kulturellen Räume als ebenso viele „Vorhöfe der Heiden“ vorzustellen und ihnen dabei behilflich zu sein, ihre ursprüngliche Berufung innerhalb der auftauchenden neuen Szenarien zu leben, d.h. jene Aufgabe, auf eine positive Weise die Frage nach Gott und die Erfahrung des christlichen Glaubens in die Fragen der Zeit positiv einzubringen; diesen Räumen zu helfen, Orte zu sein, an denen freie und erwachsene Menschen gebildet werden, die ihrerseits in der Lage sind, die Frage nach Gott in ihr Leben zu tragen, in ihre Arbeit, ihre Familie, das sind sicher Aufgaben der „neuen Evangelisierung“.

22. Evangelisatoren und Erzieher, weil Zeugen

Der Kontext des erzieherischen Notstandes, in dem wir uns befinden, gibt den Worten Papst Pauls VI. noch mehr Gewicht: «Der heutige Mensch hört lieber auf Zeugen als auf Gelehrte, und wenn er auf Gelehrte hört, dann deshalb, weil sie Zeugen sind. […] Die Evangelisierung der Welt geschieht also vor allem durch das Verhalten, durch das Leben der Kirche, das heißt durch das gelebte Zeugnis der Treue zu Jesus, dem Herrn, durch das gelebte Zeugnis der Armut und inneren Loslösung und der Freiheit gegenüber den Mächten dieser Welt, kurz, der Heiligkeit.»[82]. Kein Projekt der „neuen Evangelisierung“, kein Projekt der Verkündigung und der Weitergabe des Glaubens kann von dieser Notwendigkeit absehen: Männer und Frauen zu haben, die mit ihrer Lebensführung dem evangelisatorischen Einsatz, den sie leben, Kraft geben. Gerade diese ihre Vorbildlichkeit ist der Mehrwert, welcher die Wahrheit ihres Einsatzes, den Inhalt dessen, was sie lehren und dessen, was sie als lebenswert vorschlagen, bekräftigt. Der gegenwärtige erzieherische Notstand läßt die Nachfrage nach Erziehern wachsen, die es verstehen, glaubwürdige Zeugen jener Realitäten und jener Werte zu sein, auf denen es möglich ist, sowohl die personale Existenz eines jeden Menschen als auch die gemeinsamen Projekte des sozialen Lebens aufzubauen. Diesbezüglich haben wir herausragende Beispiele. Es genügt an den hl. Paulus, den hl. Patrick, den hl. Bonifatius, den hl. Franz Xaver, die Hll. Cyrill und Methodius, den hl. Turibio von Mongrovejo, den hl. Damian de Veuster, die sel. Mutter Teresa von Kalkutta zu erinnern.

Diese Nachfrage verwandelt sich für die Kirche von heute in die Aufgabe, die vielen Menschen, die sich seit einiger Zeit in den Aufgaben der Evangelisierung und der Erziehung einsetzen (Bischöfe, Priester, Katecheten, Erzieher, Lehrer, Eltern) zu unterstützen und zu bilden; die christlichen Gemeinschaften sind aufgerufen, diese wesentliche Aufgabe für die Zukunft der Kirche und der Menschheit besser anzuerkennen und diesbezüglich mehr Ressourcen zu investieren. In unseren Kirche muß mit mehr Klarheit die Bedeutung dieses Dienstes der Evangelisierung, der Verkündigung und der Weitergabe bestätigt werden. Es ist erforderlich, daß die einzelnen Gemeinschaften die Prioritäten ihrer Tätigkeiten überprüfen, um Energien und Kräfte in dieser gemeinsamen Aufgabe der „neuen Evangelisierung“ zu konzentrieren.

Damit der Glaube unterstützt und genährt werden kann, braucht er anfangs jenes originäre Umfeld, das die Familie ist, der erste Ort der Erziehung zum Gebet.[83] Im Raum der Familie kann die Erziehung zum Glauben wesentlich in der Form der Erziehung des Kindes zum Gebet erfolgen. Mit dem Kind gemeinsam zu beten, dient den Eltern dazu, es daran zu gewöhnen, die liebende Gegenwart des Herrn anzuerkennen, und erlaubt es ihnen, wieder zu maßgeblichen Zeugen gegenüber ihrem Kind zu werden.

Die Bildung und die Sorgfalt, die nicht nur im Hinblick auf die Evangelisatoren anzuwenden sind, die bereits tätig sind, sondern die sich auch auf die neuen Kräfte bezieht, beschränkt sich nicht auf eine rein technische Vorbereitung, so notwendig diese auch ist. Es geht vor allem um eine geistliche Bildung, um eine Schule des Glaubens im Licht des Evangeliums Jesu Christi, unter der Führung des Geistes, um die Erfahrung der Väterlichkeit Gottes zu erleben. Es kann nur derjenige evangelisieren, der sich selber evangelisieren ließ und läßt, der in der Lage ist, sich von der Begegnung und der gelebten Gemeinschaft mit Jesus Christus spirituell erneuern zu lassen. Wie es uns der Apostel Paulus bezeugt, kann derjenige den Glauben weitergeben. Er kann den Glauben weitergeben, wie es uns der Apostel Paulus bezeugt:«Ich habe geglaubt, deshalb habe ich geredet» (Ps 116, 10, zitiert in 2 Kor 4, 13). 

Daher ist die neue Evangelisierung vor allem eine geistliche Aufgabe und Herausforderung. Es ist eine Aufgabe für Christen, die sich nach der Heiligkeit ausstrecken. In diesem Kontext und bei dieser Art und Weise die Bildung zu verstehen, wird es nützlich sein, Raum und Zeit für einen Austausch über die Einrichtungen und Mittel vorzusehen, über welche die Ortskirchen verfügen, um den Getauften ihre missionarische und evangelisatorische Verpflichtung bewußt zu machen. Um angesichts der Szenarien der neuen Evangelisierung glaubhaft sein zu können, müssen die Zeugen die Sprache ihrer Zeit sprechen, und auf diese Weise von innen her den Grund der Hoffnung angeben, die sie beseelt (vgl. 1 Petr 3, 15). Eine solche Aufgabe ergibt sich nicht zufällig, sondern erfordert Aufmerksamkeit, Erziehung und Sorgfalt.

Fragen

Das Projekt der neuen Evangelisierung stellt sich als eine Aufgabe der Überprüfung aller Orte und Tätigkeiten dar, über welche die Kirche verfügt, um der Welt das Evangelium zu verkünden.

1. Ist das Mittel der „Erstverkündigung“ in den christlichen Gemeinschaften bekannt und verbreitet?

2. Planen die christlichen Gemeinschaften pastorale Tätigkeiten, deren ausdrückliches Ziel die Zustimmung zum Evangelium und die Konversion zum Christentum ist?

3. Allgemeiner gefragt, wie verhalten sich die einzelnen christlichen Gemeinschaften hinsichtlich der Erfordernis, neue Formen des Redens über Gott in der Gesellschaft, aber auch in unseren Gemeinschaften zu erarbeiten? Welche bedeutenden Erfahrungen können sinnvollerweise mit den anderen Kirchen geteilt werden?

4. Wie ist das Projekt des „Vorhofes der Heiden“ in den verschiedenen Ortskirchen aufgenommen und entwickelt worden?

5. Auf welcher Prioritätsebene wurde von den einzelnen christlichen Gemeinschaften die Aufgabe angenommen, neue Wege der Evangelisierung zu wagen? Welche Initiativen der missionarischen Öffnung der christlichen Gemeinschaften sind am besten gelungen?

6. Welche Erfahrungen, welche Einrichtungen, welche neuen Vereine oder Gruppen sind entstanden oder haben sich verbreitet, mit dem Ziel einer frohen und ansteckenden Verkündigung des Evangeliums an die Menschen?

7. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit zwischen Pfarreien und diesen neuen Erfahrungen?

Die Kirche hat viele Energien in die Überarbeitung ihrer Wege der Einführung und Erziehung zum Glauben investiert.

8. Inwieweit wurde die Erfahrung der christlichen Initiation Erwachsener als Modell herangezogen, um in unseren Gemeinschaften die Wege der Einführung in den Glauben zu überdenken?

9. Inwieweit und wie wurde das Instrument der christlichen Initiation übernommen? Auf welche Weise hat es geholfen, die Taufpastoral zu überdenken und die Verbindung zwischen den Sakramenten der Taufe, der Firmung und der Eucharistie hervorzuheben?

10. Die katholischen Ostkirchen spenden einem Kind die Sakramente der christlichen Initiation gemeinsam. Worin liegen die Reichtümer und die Besonderheiten dieser ihrer Erfahrung? Inwieweit fühlen sie sich von den Überlegungen und den Veränderungen, die in der Kirche im Bezug auf die christliche Initiation im Gange sind, herausgefordert?

11. Wie hat das „Taufkatechumenat“ eine Überprüfung der Wege der Vorbereitung auf die Sakramente angeregt, und sie in Wege der christlichen Initiation verwandelt, die in der Lage sind, die verschiedenen Mitglieder der Gemeinschaft (besonders die Erwachsenen) und nicht nur die direkt Betroffenen aktiv zu beteiligen? Wie stehen die christlichen Gemeinschaften den Eltern bei der Aufgabe der Weitergabe des Glaubens, die immer schwieriger wird, zur Seite?

12. Welche Entwicklung hat es im Hinblick auf die Einordnung des Sakramentes der Firmung in diesem Weg gegeben? Welches waren die Gründe dafür?

13. Wie weit ist es gelungen, mystagogische Wege Gestalt werden zu lassen?

14. Inwieweit ist es den christlichen Gemeinschaften gelungen, den Weg der Erziehung zum Glauben in eine Frage für Erwachsene und in erster Linie an sie gerichtet zu verwandeln, und ihn auf diese Weise einer exklusiven Einordnung in die Kindheit zu entziehen?

15. Sind die Ortkirchen dabei, ausdrücklich über die Rolle der Verkündigung und die Notwendigkeit nachzudenken, der Begründung des Glaubens und der Taufpastoral mehr Gewicht zu geben?

16. Ist die Phase überwunden, in welcher die Aufgabe der Erziehung zum Glauben von der Pfarrgemeinschaft an andere Träger religiöser Erziehung delegiert wurde (zum Beispiel die schulischen Einrichtungen, wo die Wege der Erziehung zum Glauben mitunter mit Formen der kulturellen Erziehung im Hinblick auf das Phänomen Religion verwechselt werden konnte)?

Die erzieherische Herausforderung betrifft unsere Kirchen wie ein echter Notfall.

17. Mit welchem Maß an Sensibilität ist sie aufgenommen worden? Welche Energien stehen zur Verfügung?

18. Wie hilft das Vorhandensein katholischer Einrichtungen im Bereich der Schule, um auf diese Herausforderung zu antworten? Von welchen Veränderungen sind diese Einrichtungen betroffen? Mit Hilfe welcher Ressourcen gelingt es ihnen, auf die Herausforderung zu antworten?

19. Welche Verbindung besteht zwischen diesen Einrichtungen und den anderen kirchlichen Einrichtungen, unter denen sich die pfarrlichen Einrichtungen finden?

20. Auf welche Art gelingt es diesen Einrichtungen, sich in der Kultur und der Gesellschaft Gehör zu verschaffen, die Debatten und kulturellen Denkbewegungen mit der Stimme der christlichen Erfahrung des Glaubens zu bereichern?

21. Welche Beziehung besteht zwischen diesen katholischen Einrichtungen und den anderen Erziehungseinrichtungen, zwischen ihnen und der Gesellschaft?

22. Inwieweit gelingt es den großen kulturellen Einrichtungen (Katholische Universitäten, kulturelle Zentren, Forschungszentren), welche die Geschichte uns als Erbe hinterlassen hat, in den Debatten, in denen es um die Grundwerte des Menschen geht (Verteidigung des Lebens, der Familie, des Friedens, der Gerechtigkeit, der Solidarität, der Schöpfung), das Wort zu ergreifen?

23. Wie gelingt es ihnen, Instrumente zu werden, die dem Menschen helfen, die Grenzen seiner Vernunft zu erweitern, die Wahrheit zu suchen, die Spuren des Planes Gottes anzuerkennen, welcher unserer Geschichte Sinn gibt? Und, entsprechend, wie helfen die christlichen Gemeinschaften dabei, die Fragen und die tiefen Erwartungen zu erkennen, die von der heutigen Kultur zum Ausdruck gebracht werden, und ihnen Gehör zu schaffen?

24. Wie weit gelingt es diesen Einrichtungen, sich innerhalb der als „Vorhof der Heiden“ bezeichneten Erfahrung zu sehen? D.h. können sie sich als Orte verstehen, an denen Christen den Mut leben, Formen des Dialogs zu entwerfen, welche die tiefsten Sehnsüchte der Menschen und ihren Durst nach Gott aufgreifen und innerhalb dieses Zusammenhangs die Frage nach Gott zu stellen, die eigene Erfahrung der Suche zu teilen und von der Begegnung mit dem Evangelium Jesu Christi als von einem Geschenk zu erzählen?

Das Projekt der neuen Evangelisierung erfordert Formen und Wege der Bildung zur Verkündigung und zum Zeugnis.

25. Wie leben die christlichen Gemeinschaften die Dringlichkeit, Personen, die Evangelisatoren und Erzieher sein können, weil sie Zeugen sind, zu rufen, zu bilden und zu unterstützen?

26. Welche institutionalisierten, aber mehr noch „spontanen“, Dienste sind in den Ortskirchen mit klarer evangelisierender Zielsetzung entstanden (oder gefördert worden)?

27. Wieweit haben sich die Pfarreien diesbezüglich von der Lebendigkeit einiger Bewegungen und charismatischer Gruppen anregen lassen?

28. In den vergangenen Jahrzehnten haben verschiedene Bischofskonferenzen die Mission und die Evangelisierung zu zentralen Elementen und Prioritäten ihrer pastoralen Projekte gemacht: welche Ergebnisse wurde erzielt? Wie weit ist es gelungen, die christlichen Gemeinschaften hinsichtlich der „spirituellen“ Qualität der missionarischen Herausforderung zu sensibilisieren?

29. Inwieweit hat dieser Akzent der „neuen Evangelisierung“ der Überprüfung und Reorganisation der Wege der Ausbildung der Priesteramtskandidaten geholfen? Wie haben es die verschiedenen Einrichtungen, denen diese Ausbildung anvertraut ist (diözesane oder regionale Seminare, solche, die von Orden geleitet werden) verstanden, ihre Lebensregeln durchzusehen und sie dieser Priorität anzugleichen?

30. In welcher Weise hat der wieder eingerichtete Dienst des ständigen Diakonats in diesem Auftrag zur Evangelisierung einen der Inhalte seiner Identität gefunden?

 

Schluss

«Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf Euch herabkommen wird» (Apg 1, 8)

23.  Die Grundlage der „neuen Evangelisierung“ im Pfingstereignis

Mit seiner Ankunft unter uns hat uns Jesus Christus das göttliche Leben mitgeteilt, das das Angesicht der Erde verwandelt und alle Dinge neu macht (vgl. Offb 21, 5). In seine Offenbarung sind wir nicht nur als Empfänger des Heiles, das uns geschenkt ist, einbezogen, sondern auch als seine Verkünder und Zeugen. Auf diese Weise befähigt der Geist des Auferstandenen unser Leben zur wirksamen Verkündigung des Evangeliums in aller Welt. Es ist die Erfahrung der ersten christlichen Gemeinschaft, welche die Ausbreitung des Wortes durch die Predigt und das Zeugnis sah (vgl. Apg 6, 7).

Chronologisch betrachtet, begann die erste Evangelisierung am Pfingsttag, als die Apostel, alle gemeinsam am gleichen Ort im Gebet versammelt mit Maria, der Mutter Christi, den Heiligen Geist empfingen. Jene, die nach dem Wort des Erzengels, „voll der Gnade“ ist, findet sich so auf dem Weg der apostolischen Evangelisierung, und auf allen Wegen, auf welche sich die Nachfolger der Apostel begeben haben, um das Evangelium zu verkünden.

Neue Evangelisierung bedeutet nicht ein „neues Evangelium“ denn «Jesus Christus ist derselbe gestern, heute und immer» (Hebr 13, 8). Neue Evangelisierung bedeutet: eine entsprechende Antwort auf die Zeichen der Zeit, auf die Bedürfnisse der Menschen und der Völker von heute, auf die neuen Szenarien, welche die Kultur kennzeichnen, mittels derer wir unsere Identität in Worte fassen und den Sinn unserer Existenz suchen. Neue Evangelisierung heißt daher, Förderung einer stärker im Evangelium verwurzelten Kultur; heißt, den neuen Menschen entdecken, der Dank der Gnade des Geistes, welcher uns von Jesus Christus und vom Vater geschenkt wurde, in uns lebt. Der Weg der Vorbereitung auf die nächste Ordentliche Generalversammlung der Bischofssynode, ihre Feier, sollen für die Kirche wie ein neuer Abendmahlssaal sein, in dem die Nachfolger der Apostel, im Gebet vereint, zusammen mit Maria, der Mutter Jesu – mit derjenigen, die als Stern der Neuen Evangelisierung[84] angerufen wurde –, die Wege der neuen Evangelisierung vorbereiten.

24. Die „neue Evangelisierung“, Vision für die Kirche von heute und morgen

Auf diesen Seiten haben wir häufig von der neuen Evangelisierung gesprochen. Es lohnt sich, zum Schluss noch einmal die tiefe Bedeutung dieses Begriffs und jenen Aufruf in Erinnerung zu rufen, der in ihm enthalten ist. Überlassen wir diese Aufgabe Papst Johannes Paul II., der diesen Begriff so sehr unterstützt und verbreitet hat. „Neue Evangelisierung“ bedeutet, «es ist unbedingt nötig, in uns wieder den Schwung des Anfangs dadurch zu entzünden, daß wir uns von dem glühenden Eifer der apostolischen Verkündigung, die auf Pfingsten folgte, mitreißen lassen. Wir müssen uns die glühende Leidenschaft des Paulus zu eigen machen, der ausrief: „Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde!“ (1 Kor 9, 16). Diese Leidenschaft wird es nicht versäumen, ein neues missionarisches Engagement in der Kirche zu wecken, das nicht einer kleinen Schar von „Spezialisten“ übertragen werden kann, sondern letztendlich die Verantwortung aller Glieder des Gottesvolkes einbeziehen muß. Wer Christus wirklich begegnet ist, kann ihn nicht für sich behalten, er muß ihn verkündigen. Ein neuer apostolischer Aufbruch tut not, der als tägliche Verpflichtung der christlichen Gemeinden und Gruppen gelebt werden soll.»[85]

In diesem Text war häufig von Veränderungen und Umwandlungen die Rede. Wir haben uns mit Szenarien auseinandergesetzt, welche epochale Veränderungen beschreiben, welche häufig in uns Sorge und Angst hervorrufen. Das, was wir in einer solchen Situation brauchen, ist eine Vision, die es uns ermöglicht, mit Augen der Hoffnung auf das Morgen zu schauen, ohne die Tränen der Verzweiflung. Als Kirche haben wir diese Vision bereits. Es ist das Reich, das kommt, das uns von Jesus Christus verkündet und in seinen Gleichnissen beschrieben wurde. Es ist das Reich, das mit seiner Predigt und vor allem mit seinem Tod und seiner Auferstehung für uns bereits angebrochen ist. Allerdings haben wir oft den Eindruck, daß es uns nicht gelingt, diese Vision zu konkretisieren, daß wir sie nicht zu „unserer werden lassen“ können, daß wir es nicht schaffen, sie für uns und unsere Mitmenschen zu einem lebendigen Wort werden zu lassen, daß wir sie nicht als Grundlage unserer pastoralen Tätigkeit und unseres kirchlichen Lebens übernehmen.

Diesbezüglich haben uns die Päpste seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil eine klare Vorgabe für eine gegenwärtige und zukünftige Pastoral gegeben: „neue Evangelisierung“, d.h. eine neue Verkündigung der Botschaft Jesu, die Freude bringt und uns frei macht. Diese Vorgabe kann die Grundlage für jene Vision sein, deren Notwendigkeit wir spüren: die Vision von einer evangelisierenden Kirche, von der wir in diesem Text ausgegangen sind, ist auch die Aufgabe, welche uns am Schluss gestellt wird. Alle Arbeit der Unterscheidung der Geister, die wir zu tun berufen sind, hat als ihr Ziel, daß diese Vision tief in unseren Herzen Wurzeln schlägt. In den Herzen eines jeden Einzelnen, in den Herzen unserer Kirchen, zum Dienst an der Welt.

25. Die Freude, zu evangelisieren 

Neue Evangelisierung bedeutet, mit der Welt ihre Sehnsucht nach Heil zu teilen und den Grund unseres Glaubens zu benennen, indem wir den Logos der Hoffnung weitergeben (vgl. 1 Petr 3, 15). Die Menschen brauchen die Hoffnung, um ihre eigene Gegenwart leben zu können. Der Inhalt dieser Hoffnung ist «der Gott, der ein menschliches Angesicht hat und der uns geliebt hat bis ans Ende»[86]. Deshalb ist die Kirche ihrem Wesen nach missionarisch. Wir können die Worte des ewigen Lebens, die uns in der Begegnung mit Jesus Christus geschenkt werden, nicht für uns behalten. Sie sind für alle, für jeden Menschen bestimmt. Jeder Mensch unserer Zeit, ob es ihm bewußt ist, oder nicht, braucht diese Verkündigung.

Gerade die Abwesenheit dieses Bewußtseins bringt Öde und Verzagtheit mit sich. Unter den Hindernissen für die neue Evangelisierung ist gerade das Fehlen der Freude und der Hoffnung, das solche Situationen unter den Menschen unserer Zeit hervorrufen und verbreiten. Oft ist dieses Fehlen der Freude und der Hoffnung so stark, daß es auch das Gefüge unserer christlichen Gemeinschaften betrifft. In diesem Zusammenhang ist die neue Evangelisierung nicht so sehr eine Pflicht, eine weitere Last, die es zu tragen gilt, sondern jene Arznei, die in der Lage ist, Wirklichkeiten, die in ihren eigenen Ängsten gefangen sind, wieder Freude und Leben zu schenken.

Gehen wir also die neue Evangelisierung mit Begeisterung an. Lernen wir die süße und tröstliche Freude zu evangelisieren, auch wenn die Verkündigung eine Aussaat unter Tränen zu sein scheint (vgl. Ps 126, 6). «Es sei für uns – wie für Johannes den Täufer, für Petrus und Paulus, für die anderen Apostel und die vielen, die sich in bewundernswerter Weise im Lauf der Kirchengeschichte für die Evangelisierung eingesetzt haben – ein innerer Antrieb, den niemand ersticken kann. Es sei die große Freude unseres als Opfer dargebrachten Lebens. Die Welt von heute, die sowohl in Angst wie in Hoffnung auf der Suche ist, möge die Frohbotschaft nicht aus dem Mund trauriger und mutlos gemachter Verkünder hören, die keine Geduld haben und ängstlich sind, sondern von Dienern des Evangeliums, deren Leben voller Glut erstrahlt, die als erste die Freude Christi in sich aufgenommen haben und die entschlossen sind, ihr Leben einzusetzen, damit das Reich Gottes verkündet und die Kirche in das Herz der Welt eingepflanzt werde»[87].

 


[1] Benedikt XVI., Homilie zum Abschluss der Spezialversammlung der Bischofssynode für den Nahen Osten (24. Oktober 2010): L’Osservatore Romano (Wochenausgabe in deutscher Sprache) Nr. 43 vom 29. Oktober 2010, S. 9.

[2] Vgl. Benedikt XVI., Apostolisches Schreiben «motu proprio» Ubicumque et semper, mit welchem der Päpstliche Rat für die Förderung der Neuen Evangelisierung eingerichtet wird (21. September 2010): L’Osservatore Romano (Wochenausgabe in deutscher Sprache) Nr. 42 vom 22. Oktober 2010, S. 7.

[3] Vgl. Benedikt XVI., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Verbum Domini (30. September 2010), Nr. 96. 122: L’Osservatore Romano (Wochenausgabe in deutscher Sprache) Nr. 47 vom 26. November 2010, S. XIV, XVI.

[4] Paul VI., Apostolisches Schreiben Evangelii nuntiandi (8. Dezember 1975), Nr. 80: AAS 68 (1976), 74.

[5] II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Missionstätigkeit der Kirche Ad gentes, Nr. 2.

[6] Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, Nr. 2.

[7] Vgl. Hl. Hilarius von Poitiers, In Ps. 14: PL 9, 301; Eusebius von Caesarea, In Isaiam 54, 2-3: PG 24, 462-463; Hl. Cyrill von Alexandrien, In Isaiam V, cap. 54, 1-3: PG 70, 1193.

[8] Paul VI., Apostolisches Schreiben Evangelii nuntiandi (8. Dezember 1975), Nr. 14: AAS 68 (1976), 13.

[9] Vgl. ebd., Nr. 15: AAS 68 (1976), 13-14.

[10] II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution Gaudium et spes, Nr. 4.

[11] Vgl. Johannes Paul II., Homilie gehalten während der Messe im Wallfahrtsort Hl. Kreuz, Mogila (9. Juni 1979), 1: AAS 71 (1979), 865: «Dort, wo das Kreuz errichtet wird, ist ein Zeichen gesetzt, daß die Gute Nachricht des Heils des Menschen durch die Liebe angekommen ist. […] Als unweit dieser Stelle ein neues Holzkreuz errichtet wurde, geschah dies zur Zeit des Millenniums. Mit ihm haben wir ein Zeichen erhalten, daß an der Schwelle des neuen Jahrtausends – in diesen neuen Zeiten, in diesen neuen Lebensbedingungen – das Evangelium wieder neu verkündet wird. Eine neue Evangelisierung hat begonnen, so als ob es sich um eine zweite Verkündigung handeln würde, auch wenn sie in Wirklichkeit die gleiche ist wie die Erste.»

[12] Johannes Paul II., Ansprache an die XIX. Versammlung der CELAM (Port au Prince, 9. März 1983), Nr. 3: AAS 75 I (1983), 778.

[13] Johannes Paul II., Enzyklika Redemptoris missio (7. Dezember 1990), Nr. 30: AAS 83 (1991), 276; vgl. auch Nr. 1-3: ebd., AAS 83 (1991), 249-252.

[14] Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Christifideles laici (30. Dezember 1988), Nr. 35: AAS 81 (1989), 458.

[15] Vgl. Johannes Paul II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Ecclesia in Africa (14. September 1995), Nr. 57.63: AAS 85 (1996), 35-36; 39-40; Ders., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Ecclesia in America (22. Januar 1999), Nr. 6. 66: AAS 91 (1999), 10-11; 56; Ders., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Ecclesia in Asia (6. November 1999), Nr. 2: AAS 92 (2000), 450-451; Ders., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Ecclesia in Oceania (22. November 2001), Nr. 18: AAS 94 (2002), 386-389.

[16] Johannes Paul II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Ecclesia in Europa (28. Juni 2003), Nr. 2: AAS 95 (2003), 650, wo zudem auf die Nr. 2 der Schlusserklärung der ersten Spezialversammlung der Bischofssynode für Europa 1991 verwiesen wird; vgl. auch Ecclesia in Europa (28. Juni 2003), Nr. 45: AAS 95 (2003), 677.

[17] Vgl. ebd., Nr. 32: AAS 95 (2003), 670: «Gleichzeitig möchte ich die Bischöfe und die Brüder und Schwestern der orthodoxen Kirchen erneut dessen versichern, daß – unter Beibehaltung der Pflicht zur Achtung der Wahrheit, der Freiheit und der Würde jedes Menschen – die Neuevangelisierung in keiner Weise mit Proselytismus zu verwechseln ist». Die Notwendigkeit der Evangelisierung, der Unterschied zwischen Evangelisierung und Proselytismus, die Art und Weise die Evangelisierung mit einer deutlich ökumenischen Haltung zu leben, all das sind Themen, die in folgendem Dokument geklärt werden: Kongregation für die Glaubenslehre, Lehrmäßige Note über einige Apsekte der Evangelisierung (3. Dezember 2007), Nr. 10-12: AAS 100 (2008), 498-503.

[18] Benedikt XVI., Ansprache an die Römische Kurie (21. Dezember 2009): AAS 102 (2010), 40. Das gleiche Bild vom „Vorhof der Heiden“ wird von Papst Benedikt XVI. in seiner Botschaft für den Welttag der sozialen Kommunikationsmittel (24. Januar 2010: AAS 102 [2010], 117) wieder aufgegriffen. In diesem Text sind die neuen „Vorhöfe der Heiden“ jene Orte der Sozialisierung, welche die neuen Medien geschaffen haben, und die sich immer mehr bevölkern: neue Evangelisierung heißt, sich Wege zur Verkündigung des Evangeliums auch an diesen ultramodernen Orten auszudenken.

[19] Vgl. z.B. Hl. Clemens von Alexandrien, Protrepticos IX, 87, 3-4 (Sources chrétiennes, 2,154); Hl. Augustinus, Sermo 14, D [= 352 A], 3 (Nuova Biblioteca Agostiniana, XXXV/1, 269-271).

[20] Vgl. z.B. Johannes Paul II., Enzyklika Redemptoris missio (7. Dezember 1990), Nr. 37: AAS 83 (1991), 282-286.

[21] Vgl. Benedikt XVI., Ansprache an die Teilnehmer der Vollversammlung des Päpstlichen Kulturrates (8. März 2008): AAS 100 (2008), 245-248.

[22] Benedikt XVI., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Verbum Domini, Nr. 102: L’Osservatore Romano (Wochenausgabe in deutscher Sprache) Nr. 47 vom 26. November 2010, S. XIV.

[23] Vgl. Benedikt XVI., Enzyklika Caritas in veritate (29. Juni 2009), Nr. 42: AAS 101 (2009), 677-678.

[24] Vgl. Johannes Paul II., Enzyklika Redemptoris missio (7. Dezember 1990), Nr. 37: AAS 83 (1991), 282-286; Benedikt XVI., Botschaft zum Welttag der sozialen Kommunikationsmittel 2010  (24. Januar 2010): AAS 102 (2010), 117.

[25] Vgl. Benedikt XVI., Enzyklika Caritas in veritate (29. Juni 2009), Nr. 42: AAS 101 (2009), 678: «Lange Zeit dachte man, daß die armen Völker in einem im voraus festgelegten Entwicklungsstadium verbleiben und sich mit der Philanthropie der entwickelten Völker begnügen müßten. Gegen diese Mentalität hat Papst Paul VI.in der Enzyklika Populorum progressio Stellung bezogen. Heute sind die zur Verfügung stehenden materiellen Möglichkeiten, um diesen Völkern aus der Armut herauszuhelfen, potentiell größer als früher, aber sie wurden hauptsächlich von den entwickelten Völkern selbst in Beschlag genommen, die sich den Prozeß der Liberalisierung des Finanz- und Arbeitskräfteverkehrs besser zunutze machen konnten. Die weltweite Ausbreitung des Wohlstands darf daher nicht durch egoistische, protektionistische und von Einzelinteressen geleitete Projekte gebremst werden. Die Einbeziehung der Schwellen- und Entwicklungsländer ermöglicht heute einen besseren Umgang mit der Krise. Die zum Globalisierungsprozeß gehörende Veränderung bringt große Schwierigkeiten und Gefahren mit sich, die nur dann überwunden werden können, wenn man sich der anthropologischen und ethischen Seele bewußt wird, die aus der Tiefe die Globalisierung selbst in Richtung einer solidarischen Humanisierung führt. Leider ist diese Seele oft verschüttet und wird von individualistisch und utilitaristisch geprägten ethisch-kulturellen Sichtweisen unterdrückt.»

[26] Vgl. Benedikt XVI., Enzyklika Spe salvi (30. November 2007), Nr. 22: AAS 99 (2007), 1003-1004.

[27] Vgl. Kongregation für die Glaubenslehre, Schreiben über einige Aspekte der christlichen Meditation Orationis formas (15. Oktober 1989): AAS 82 (1990), 362-379.

[28] Vgl. Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Christifideles laici (30. Dezember 1988), Nr. 34: AAS 81 (1989), 455.

[29] Ebd., Nr. 26: AAS 81 (1989), 438.

[30] Ebd., Nr. 34: AAS 81 (1989), 455, aufgenommen im «motu proprio» Ubicumque et semper, mit welchem der Päpstliche Rat für die Förderung der neuen Evangelisierung errichtet wird (21. September 2010): L’Osservatore Romano (Wochenausgabe in deutscher Sprache) Nr. 42 vom 22. Oktober 2010, S. 7.

[31] Johannes Paul II., Enzyklika Redemptoris missio (7. Dezember 1990), Nr. 34: AAS 83 (1991), 279-280.

[32] Vgl. V. Vollversammlung des Episkopats von Lateinamerika und der Karibik (Aparecida 13.-31. Mai 2007), Abschlußdokument Nr. 365-370: http://www.celam.org/celam.info/download/Documento_Conclusivo_Aparecida.pdf.

[33] Vgl. Origenes, In Evangelium secundum Matthaeum 17, 7: PG 13, 1197 B; Hl. Hieronymus, Translatio homiliarum Origenis in Lucam, 36: PL 26, 324-325.

[34] Wie uns Dei verbum in Erinnerung ruft: wer Jesus Christus «sieht, sieht auch den Vater (vgl. Joh 14, 9). Er ist es, der durch sein ganzes Dasein und seine ganze Erscheinung, durch Worte und Werke, durch Zeichen und Wunder, vor allem aber durch seinen Tod und seine herrliche Auferstehung von den Toten, schließlich durch die Sendung des Geistes der Wahrheit die Offenbarung erfüllt und abschließt und durch göttliches Zeugnis bekräftigt, daß Gott mit uns ist, um uns aus der Finsternis von Sünde und Tod zu befreien und zu ewigem Leben zu erwecken.» (II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution Dei verbum, Nr. 4).

[35] Vgl. Kongregation für die Glaubenslehre, Lehrmäßige Note zu einigen Aspekten der Evangelisierung (3. Dezember 2007), Nr. 2: AAS 100 (2008), 490.

[36] Benedikt XVI., Enzyklika Deus caritas est (25. Dezember 2005), Nr. 1: AAS 98 (2006), 217.

[37] Vgl. Kongregation für den Klerus, Allgemeines Direktorium für die Katechese (15. August 1997), Nr.100.

[38] Vgl. ebd., Nr. 141.

[39] Vgl. Johannes Paul II., Apostolische Konstitution Fidei depositum (11. November 1992): AAS 86 (1994), 113-118; zitiert in Kongregation für den Klerus, Allgemeines Direktorium für die Katechese (15. August 1997), Nr. 122.

[40] Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Christifideles laici (30. Dezember 1988), Nr. 34: AAS 81 (1989), 455. Vgl. auch Johannes Paul II., Nachsynodales apostolisches Schreiben Ecclesia in America (22. Januar 1999): AAS 91 (1999), 801, 66; Benedikt XVI., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Verbum Domini (30. September 2010), Nr. 94: L’Osservatore Romano (Wochenausgabe in deutscher Sprache) Nr. 47 vom 26. November 2010, S. XIII.

[41] Vgl. Kongregation für den Klerus, Allgemeines Direktorium für die Katechese (15. August 1997), Nr. 47: «Das Konzilsdekret Ad gentes hat die Dynamik des Evangelisierungsprozesses gut klargestellt: christliches Zeugnis und Nächstenliebe (AG 11-12), Verkündigung des Evangeliums und Ruf zur Umkehr (AG 13), Katechumenat und christliche Initiation (AG 14), Aufbau der christlichen Gemeinschaft durch die Sakramente und durch Ämter und Dienste (AG 15-18). Das ist die Dynamik der Einpflanzung und des Aufbaus der Kirche.»

[42] Ebd., Nr. 48. Der Text des Direktoriums, in welchem die Texte des Konzilsdekretes Ad gentes, des Apostolischen Schreibens Paul VI. Evangelii nuntiandi und der Enzyklika Redemptoris missio Johannes Paul II. zu einer originellen Synthese zusammengeführt werden, stellt eine klare und deutliche Beschreibung dieser Elemente dar.

[43] Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution Dei verbum, Nr. 7f.

[44] Vgl. XII. Ordentliche Generalversammlung der Bischofssynode, Botschaft an das Volk Gottes (24. Oktober 2008), dritter Teil: L’Osservatore Romano (Wochenausgabe in deutscher Sprache) Nr. 44 vom 31. Oktober 2008, S. 20f.

[45] Vgl. Benedikt XVI., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Verbum Domini  (30. September 2010), Nr. 10. 75: L’Osservatore Romano (Wochenausgabe in deutscher Sprache) Nr. 47 vom 26. November 2010, S. II; XI.

[46] Vgl. ebd., Nr. 58-60: L’Osservatore Romano (Wochenausgabe in deutscher Sprache) Nr. 47 vom 26. November 2010, S. IX.

[47] Vgl. ebd., Nr. 90-98. 110: L’Osservatore Romano (Wochenausgabe in deutscher Sprache) Nr. 47 vom 26. November 2010, S. XIII-XIV; XV.

[48] Ebd., Nr. 104: L’Osservatore Romano (Wochenausgabe in deutscher Sprache) Nr. 47 vom 26. November 2010, S. XIV.

[49] XII. Ordentliche Generalversammlung der Bischofssynode, Schlussverzeichnis der Propositionen (25. Oktober 2008), Proposition 38. Vgl. auch Benedikt XVI., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Verbum Domini (30. September 2010), Nr. 74. 105: L’Osservatore Romano (Wochenausgabe in deutscher Sprache) Nr. 47 vom 26. November 2010, S. XI; XV.

[50] Benedikt XVI., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Verbum Domini  (30. September 2010), Nr. 93: L’Osservatore Romano (Wochenausgabe in deutscher Sprache) Nr. 47 vom 26. November 2010, S. XIII.

[51] Vgl. Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Catechesi tradendae (16. Oktober 1979), Nr. 3: AAS 71 (1979, 1279): «Diese Synode hat in einer intensiven Atmosphäre der Dankbarkeit und der Hoffnung gearbeitet. Sie sah in der katechetischen Erneuerung ein kostbares Geschenk des Heiligen Geistes an die Kirche von heute, ein Geschenk, auf das die christlichen Gemeinschaften überall in der Welt und auf allen Ebenen mit bewundernswerter Hochherzigkeit und erfinderischer Hingabe antworten. Die hierbei notwendige Unterscheidung konnte daher von einer sehr lebendigen Wirklichkeit ausgehen und beim Volk Gottes mit einer großen Aufgeschlossenheit für die Gnade des Herrn und für die Weisungen des Lehramtes rechnen.». Eine Einschätzung der Situation der Katechese, ihrer Fortschritte und ihrer Schwachpunkte kann gefunden werden im Allgemeinen Direktorium für die Katechese (15. August 1997), Nr. 29-30.

[52] Für eine Darstellung dieser Methoden vgl. Kongregation für den Klerus, Allgemeines Direktorium für die Katechese (15. August 1997), Teil drei, 2. Kapitel; Teil vier, 4. und 5. Kapitel.

[53] Vgl. Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Catechesi tradendae (16. Oktober 1979), Nr. 55: AAS 71 (1979), 1322-1323.

[54] Vgl. ebd., Nr. 30-31: AAS 71 (1979), 1302-1304.

[55] Vgl. Kongregation für den Klerus, Allgemeines Direktorium für die Katechese (15. August 1997), Nr. 78.

[56] Vgl. Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Catechesi tradendae (16. Oktober 1979), Nr. 58: AAS 71 (1979), 1324-1325: «Nun gibt es aber auch eine Pädagogik des Glaubens, und man kann nicht genug betonen, was sie alles für die Katechese zu leisten vermag. So ist es in der Tat normal, zum Nutzen der Glaubenserziehung die vervollkommneten und bewährten Techniken, wie sie für jede Erziehung gelten, heranzuziehen. Man muß dabei jedoch ständig der grundlegenden Eigenart und Originalität des Glaubens Rechnung tragen. Wenn man von Pädagogik des Glaubens spricht, geht es nicht um die Vermittlung von menschlichem Wissen, wie hochentwickelt dies auch immer sein mag. Es geht vielmehr um die unverkürzte Weitergabe der Offenbarung Gottes. Gott selber hat sich im ganzen Verlauf der Heilsgeschichte und vor allem im Evangelium einer Pädagogik bedient, die Vorbild für jede Pädagogik des Glaubens bleiben muß. Eine Technik ist in der Katechese in dem Maße von Wert, wie sie dem Glauben, der vermittelt und entfaltet werden soll, dient; andernfalls ist sie wertlos.» Vgl. die Wiederaufnahme und Neubearbeitung in Kongregation für den Klerus, Allgemeines Direktorium für die Katechese (15. August 1997), Nr. 143-144.

[57] Vgl. ebd., Nr. 105. Vgl. auch Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 4-10.

[58] Vgl. Kongregation für den Klerus, Allgemeines Direktorium für die Katechese (15. August 1997), Nr. 68.

[59] Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Missionstätigkeit der Kirche Ad gentes, Nr. 14: «Wer den Glauben an Christus von Gott durch die Kirche empfangen hat, soll durch liturgische Zeremonien zum Katechumenat zugelassen werden. Dieses besteht nicht in einer bloßen Erläuterung von Lehren und Geboten, sondern in der Einführung und genügend langen Einübung im ganzen christlichen Leben, wodurch die Jünger mit Christus, ihrem Meister, verbunden werden. Die Katechumenen müssen also in passender Weise in das Geheimnis des Heils eingeweiht werden; durch die Übung eines Lebenswandels nach dem Evangelium und durch eine Folge von heiligen Riten soll man sie stufenweise in das Leben des Glaubens, der Liturgie und der liebenden Gemeinschaft des Gottesvolkes einführen. […] Um diese christliche Initiation im Katechumenat sollen sich aber nicht bloß Katechisten und Priester kümmern, sondern die ganze Gemeinde der Gläubigen, besonders aber die Taufpaten, so daß den Katechumenen von Anfang an zum Bewußtsein kommt, daß sie zum Gottesvolk gehören. Da das Leben der Kirche apostolisch ist, sollen die Katechumenen lernen, durch das Zeugnis des Lebens und das Bekenntnis des Glaubens zur Verkündigung des Evangeliums und zum Aufbau der Kirche wirksam mitzuarbeiten.»

[60] Kongregation für den Klerus, Allgemeines Direktorium für die Katechese (15. August 1997), Nr. 91: «Die Katechese nach der Taufe braucht die Gestalt des Taufkatechumenats nicht äußerlich nachzuahmen und soll den Glaubensschülern ihr Getauftsein zuerkennen. Doch würde sie gut daran tun, sich von dieser „Vorschule des christlichen Lebens“ inspirieren und von ihren kennzeichnenden Hauptelementen befruchten zu lassen.»

[61] Vgl. ebd., Nr. 90-91.

[62] II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, Nr. 26. Der Text wird zitiert und zusammengefasst vom Allgemeines Direktorium für die Katechese, Nr. 217, wo er die Behandlung der Subjekte der katechetischen Tätigkeit der Kirche eröffnet.

[63] Eine Präsentation der Rolle und der Aufgaben jedes dieser Subjekte im Hinblick auf die Verkündigung des Glaubens findet sich in Kongregation für den Klerus, Allgemeines Direktorium für die Katechese (15. August 1997), Nr. 219-232.

[64] Vgl. Benedikt XVI., Ansprache an die Teilnehmer des  IV. Nationalkonvents der italienischen Kirche  (Verona 19. Oktober 2006): AAS 98 (2006), 804-817.

[65] Benedikt XVI., Homilie in der Messe zu Beginn des Petrusdienstes (24. April 2005): AAS 97 (2005), 710.

[66] Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Erklärung über die Religionsfreiheit Dignitatis humanae, Nr. 6.

[67] Paul VI., Apostolisches Schreiben Evangelii nuntiandi (8. Dezember 1975), Nr. 46: AAS 68 (1976), 36.

[68] Ebd., Nr. 15: AAS 68 (1976), 14-15.

[69] Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Missionstätigkeit der Kirche Ad gentes, Nr. 14.

[70] Eine große Rolle in diesem Prozess spielte die Veröffentlichung des Ordo Initiationis Christianae Adultorum (editio typica 1972, veränderter Neudruck 1974). Die Reflexion der Katechese verdankt diesem Ritual sehr viel im Hinblick auf die Überprüfung der katechetischen Praxis.

[71] All diese Bemühungen wurde vom Allgemeines Direktorium für die Katechese unter dem Begriff „Taufkatechumenat“ zusammengefaßt; vgl. Nr. 88-91.

[72] Vgl. Benedikt XVI., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Sacramentum caritatis (22. Februar 2007), Nr. 18: AAS 99 (2007), 119: «In diesem Zusammenhang ist es nötig, die Aufmerksamkeit dem Thema der Reihenfolge der Initiations-Sakramente zuzuwenden. Es gibt in der Kirche diesbezüglich unterschiedliche Traditionen. Diese Verschiedenheit tritt offen zutage in den kirchlichen Bräuchen des Ostens und selbst in der westlichen Praxis, was die Initiation Erwachsener im Vergleich zu der von Kindern angeht. Solche Differenzierungen haben jedoch keinen eigentlich dogmatischen Stellenwert, sondern sind pastoraler Art. Konkret muß geklärt werden, welche Praxis den Gläubigen tatsächlich am besten helfen kann, das Sakrament der Eucharistie als die Wirklichkeit, auf die die gesamte Initiation zustrebt, in den Mittelpunkt zu stellen. Die Bischofskonferenzen mögen in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Dikasterien der Römischen Kurie die Wirksamkeit der aktuellen Initiationswege überprüfen, damit den Christen durch die erzieherische Tätigkeit unserer Gemeinden geholfen werde, in einem fortschreitenden Reifungsprozeß zu einer authentisch eucharistischen Lebenseinstellung zu gelangen, um so fähig zu sein, in einer unserer Zeit angemessenen Weise jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die uns erfüllt (vgl. 1 Petr 3, 15).»

[73] Vgl. Paul VI., Apostolisches Schreiben Evangelii nuntiandi (8. Dezember 1975), Nr. 51: AAS 68 (1976), 40.

[74] Vgl. Johannes Paul II., Enzyklika Redemptoris missio (7. Dezember 1990), Nr. 44: AAS 83 (1991) 290-291.

[75] Vgl. Kongregation für den Klerus, Allgemeines Direktorium für die Katechese (15. August 1997), Nr. 61-62.

[76] Vgl. Benedikt XVI., Ansprache an die Bischöfe Brasiliens während des Besuches „ad limina apostolorum“ (7. September 2009): L’Osservatore Romano (Wochenausgabe in deutscher Sprache) Nr. 38 vom 7. September 2009, S. 8: «In den Jahrzehnten nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil haben manche die Öffnung zur Welt nicht als ein Erfordernis des missionarischen Eifers des Herzens Christi interpretiert, sondern als einen Übergang zur Säkularisierung, wobei sie in ihr einige Werte von großer christlicher Substanz entdeckten, wie die Gleichheit, die Freiheit und die Solidarität, und sich bereit zeigten, Zugeständnisse zu machen und Bereiche der Zusammenarbeit zu entdecken. […] Unbewußt ist man in die Selbst-Säkularisierung vieler kirchlicher Gemeinschaften verfallen; in der Hoffnung, die Fernstehenden zufriedenzustellen, haben sie diejenigen, die schon dazugehörten, getäuscht und enttäuscht weggehen sehen: Unsere Zeitgenossen wollen, wenn sie uns begegnen, das sehen, was sie sonst nirgendwo sehen können, nämlich die Freude und die Hoffnung, die aus der Tatsache erwachsen, daß wir beim auferstandenen Herrn sind.»

[77] Hier wird auf eine Initiative verwiesen, welche der Päpstliche Kulturrat auf Anregung von Papst Benedikt XVI. gefördert hat. Die „Vorhöfe der Heiden“ sind Räume, in denen ein bereichernder und kulturell stimulierender Austausch zwischen Christen und den Menschen eröffnet werde soll, die sich zwar von der Religion distanzieren, sich aber Gott wenigstens als Unbekanntem nähern wollen.

[78] Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution Gaudium et spes, Nr. 22.

[79] Benedikt XVI., Ansprache an die katholischen Erzieher, Catholic University of America, Washington D.C. (17. April 2008): L’Osservatore Romano (Wochenausgabe in deutscher Sprache) Nr. 18 vom 2. Mai 2008, S. 7-8.

[80] Vgl. Benedikt XVI., Ansprache bei der Eröffnung des Konventes der Diözese Rom (11. Juni 2007): L’Osservatore Romano (Wochenausgabe in deutscher Sprache) Nr. 26 vom 29. Juni 2007, S. 11-12.

[81] Benedikt XVI., Enzyklika Caritas in veritate (29. Juni 2009), Nr. 51: AAS 101 (2009), 687-688.

[82] Paul VI., Apostolisches Schreiben Evangelii nuntiandi (8. Dezember 1975), Nr. 41: AAS 68 (1976), 31-32. Vgl. Benedikt XVI., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Sacramentum caritatis (22. Februar 2007), Nr. 85: AAS 99 (2007), 170-171

[83] Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 2685.

[84] Vgl. Johannes Paul II., Generalaudienz (21. Oktober 1992): L’Osservatore Romano (Wochenausgabe in deutscher Sprache) Nr. 44 vom 30. Oktober 1992, S. 2.

[85] Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Novo millennio ineunte (6. Januar 2001), Nr. 40: AAS 93 (2001), 294.

[86] Benedikt XVI., Enzyklika Spe salvi (30. November 2007), Nr. 31: AAS 99 (2007), 1010.

[87] Paul VI., Apostolisches Schreiben Evangelii nuntiandi (8. Dezember 1975), Nr. 80: AAS 68 (1976), 75.

 

 

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