Lumen Fidei - page 4

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nannten die Christen Christus die wahre Sonne
»deren Strahlen Leben schenken«.
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Zu Martha,
die über den Tod ihres Bruders Lazarus weint,
sagt Jesus: »Habe ich dir nicht gesagt: Wenn du
glaubst, wirst du die Herrlichkeit Gottes sehen?«
(
Joh
11,40). Wer glaubt, sieht; er sieht mit einem
Licht, das die gesamte Wegstrecke erleuchtet,
weil es vom auferstandenen Christus her zu uns
kommt, dem Morgenstern, der nicht untergeht.
Ein trügerisches Licht?
2. Und doch können wir, wenn wir von diesem
Licht des Glaubens sprechen, den Einwand vie-
ler unserer Zeitgenossen hören. Mit dem Auf-
kommen der Neuzeit meinte man, ein solches
Licht sei für die antiken Gesellschaften ausrei-
chend gewesen, für die neuen Zeiten, den er-
wachsen gewordenen Menschen, der stolz ist auf
seine Vernunft und die Zukunft auf neue Weise
erforschen möchte, sei es jedoch nutzlos. In die-
sem Sinn erschien der Glaube als ein trügerisches
Licht, das den Menschen hinderte, sich wagemu-
tig auf die Ebene des Wissens zu begeben. Der
junge Nietzsche forderte seine Schwester Eli-
sabeth auf zu wagen, »in der Unsicherheit des
selbständigen Gehens« »neue Wege« zu beschrei-
ten. Und er fügte hinzu: »Hier scheiden sich nun
die Wege der Menschheit; willst du Seelenruhe
und Glück erstreben, nun so glaube, willst du ein
2
 C
lemens
von
A
lexandrien
,
Protrepticus
IX:
PG
8, 195.
1,2,3 5,6,7,8,9,10,11,12,13,14,...96
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