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HOCHFEST DER GOTTESMUTTER MARIA
56. WELTFRIEDENSTAG

PAPST FRANZISKUS

ANGELUS

Petersplatz
Sonntag, 1. Januar 2023

[Multimedia]

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Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag und ein gutes Neues Jahr!

Der Beginn eines neuen Jahres wird der allerseligsten Maria anvertraut, die wir heute als Gottesmutter feiern. In diesen Stunden bitten wir sie insbesondere um ihre Fürsprache für den emeritierten Papst Benedikt XVI., der gestern früh von uns gegangen ist. Wir alle sind eines Herzens und einer Seele und danken Gott für das Geschenk dieses treuen Dieners des Evangeliums und der Kirche. Wir haben vor Kurzem im Fernsehen in der Sendung »A Sua Immagine« all das Tun und das Leben von Papst Benedikt gesehen.

Während wir noch dabei sind, Maria in der Geburtsgrotte Jesu zu betrachten, können wir uns fragen: in welcher Sprache spricht die heilige Jungfrau zu uns? Wie spricht Maria? Was können wir von ihr für das kommende Jahr lernen? Wir können sagen: »Muttergottes, lehre uns, was wir in diesem Jahr tun müssen«.

Wenn wir nämlich die Szene betrachten, die uns die heutige Liturgie vor Augen führt, stellen wir in Wirklichkeit fest, dass Maria nicht spricht. Sie nimmt das Geheimnis, das sie lebt, voller Staunen auf, behält alles in ihrem Herzen, vor allem aber kümmert sie sich um das Kind, das – wie das Evangelium sagt – »in der Krippe lag« (Lk 2,16). Dieses Verb »liegen« bedeutet mit Fürsorge hinlegen, und es sagt uns, dass die Maria eigene Sprache jene der Mutterschaft ist: sich zärtlich um das Kind kümmern. Das ist die Größe Marias: Während die Engel jubeln, die Hirten in Scharen kommen und alle Gott mit lauter Stimme loben für das Ereignis, das stattgefunden hat, spricht Maria nicht, sie unterhält die Gäste nicht, indem sie erklärt, was ihr widerfahren ist, sie stiehlt nicht die Schau – wir lieben es, die Schau zu stehlen! – vielmehr stellt sie das Kind in den Mittelpunkt und umsorgt es liebevoll. Eine Dichterin hat geschrieben, dass Maria »auch feierlich zu schweigen wusste, [...] weil sie ihren Gott nicht aus den Augen verlieren wollte« (A. Merini, Corpo d'amore. Un incontro con Gesù, Mailand 2001, 114).

Dies ist die typische Sprache der Mutterschaft: die Zärtlichkeit der Fürsorge. Nachdem sie neun Monate lang das Geschenk eines geheimnisvollen Wunders in ihrem Schoß getragen haben, stellen die Mütter ihre kleinen Kinder weiterhin in den Mittelpunkt aller Aufmerksamkeit: sie füttern sie, sie halten sie in ihren Armen, sie legen sie sanft in ihre Wiege. Fürsorge: Das ist auch die Sprache der Mutter Gottes; die Sprache einer Mutter: Fürsorge.

Brüder und Schwestern, wie alle Mütter trägt auch Maria das Leben in ihrem Schoß und spricht so zu uns über unsere Zukunft. Zugleich erinnert sie uns aber daran, dass wir, wenn wir wirklich wollen, dass das neue Jahr gut wird, wenn wir die Hoffnung wiederherstellen wollen, die Sprache, die Gesten und die Entscheidungen, die vom Egoismus inspiriert sind, aufgeben und die Sprache der Liebe lernen müssen, die der Fürsorge. Die Fürsorge ist eine neue Sprache, die sich gegen die Sprachen des Egoismus richtet. Das ist die Verpflichtung: uns um unser eigenes Leben zu kümmern – ein jeder von uns muss sich um sein eigenes Leben kümmern –; uns um unsere Zeit, unsere Seele zu kümmern; uns um die Schöpfung und die Umwelt, in der wir leben, zu kümmern; und, mehr noch, uns um unseren Nächsten zu kümmern, um diejenigen, die der Herr neben uns gestellt hat, wie auch um unsere Brüder und Schwestern, die Not leiden und um unsere Aufmerksamkeit und unser Mitgefühl bitten. Wenn wir die Muttergottes mit dem Kind betrachten, wie sie sich um das Kind kümmert, lernen wir, uns um andere zu kümmern, und auch um uns selbst, indem wir uns um unsere innere Gesundheit, unser geistliches Leben und unsere Nächstenliebe kümmern.

Wenn wir heute den Weltfriedenstag begehen, sollten wir uns erneut der Verantwortung bewusst werden, die uns für den Aufbau der Zukunft übertragen wurde: angesichts der persönlichen und sozialen Krisen, die wir erleben, angesichts der Tragödie des Krieges »sind wir aufgerufen, den Herausforderungen unserer Welt mit Verantwortung und Mitgefühl zu begegnen« (Botschaft zum 56. Weltfriedenstag, 5). Und das können wir dann tun, wenn wir uns umeinander kümmern und wenn wir uns alle zusammen um unser gemeinsames Haus kümmern.

Bitten wir die allerseligstee Jungfrau Maria, Mutter Gottes, dass sie uns in dieser von Misstrauen und Gleichgültigkeit verunreinigten Zeit zu Mitgefühl und Fürsorge fähig mache – imstande, »den anderen anzuschauen, gerührt zu werden und vor ihm Halt zu machen, so oft es nötig ist« (Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 169).

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Nach dem Angelus sagte der Papst:

Liebe Brüder und Schwestern!

Euch allen, die ihr hier anwesend seid und allen, die uns über die Medien verfolgen, wünsche ich ein gutes neues Jahr. Ich spreche dem Präsidenten der Italienischen Republik, Herrn Sergio Mattarella, meinen herzlichen Dank aus und wünsche dem italienischen Volk Wohlergehen; die gleichen Wünsche ergehen auch an die Regierungschefin.

An diesem Tag, den der hl. Paul VI. dem Gebet und der Reflexion für den Frieden in der Welt widmen wollte, empfinden wir den Kontrast des Krieges, der in der Ukraine und in anderen Regionen Tod und Zerstörung sät, noch stärker und unerträglicher. Doch wir verlieren die Hoffnung nicht, denn wir glauben an Gott, der uns in Jesus Christus den Weg des Friedens eröffnet hat. Die Erfahrung der Pandemie lehrt uns, dass sich niemand selber retten kann, sondern dass wir gemeinsam Wege des Friedens und der Entwicklung gehen können.

Auf der ganzen Welt, bei allen Völkern, ertönt der Ruf: Nein zum Krieg! Nein zur Wiederaufrüstung! Die Ressourcen sollen in die Entwicklung fließen: Gesundheit, Ernährung, Bildung, Arbeit. Unter den unzähligen Initiativen, die von den christlichen Gemeinschaften unterstützt werden, erinnere ich an den Nationalen Marsch, der gestern in Altamura stattfand und der den vier Karawanen folgte, die Solidarität in die Ukraine brachten. Ich grüße und danke den vielen Freunden der Gemeinschaft Sant’Egidio, die auch in diesem Jahr wieder gekommen sind, um ihr Engagement für den »Frieden in allen Ländern« zu bezeugen, hier und in vielen Städten der Welt. Danke, liebe Brüder und Schwestern von Sant’Egidio!

Ich begrüße die beiden Musikkapellen aus Virginia und Alabama in den Vereinigten Staaten von Amerika – wir wollen sie nachher hören! Ich grüße die jungen Menschen der Bewegung Regnum Christi – danke! Sie verschaffen sich Gehör! – aus verschiedenen Ländern Amerikas und Europas, sowie die Jugendlichen und die Familien der Gemeinschaft »Cenacolo«, mit einem Segen für Mutter Elvira und alle Gemeinschaften.

Ich wünsche allen einen schönen Sonntag und ein gutes neues Jahr. Vergesst nicht, für mich zu beten. Gesegnete Mahlzeit und auf Wiedersehen!



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