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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"

 

Es gibt keine Dichotomie zwischen Christus und der Kirche 

 Donnerstag, 30. Januar 2014

 

aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 6, 7. Februar 2014

 

Der sensus Ecclesiae – die kirchliche Gesinnung, die uns vor der »absurden Dichotomie bewahrt, Christen ohne Kirche zu sein« – beruht auf drei Grundpfeilern: Demut, Treue, Dienst des Gebetes. Dies bekräftigte Papst Franziskus im Verlauf der Messe, die er am Donnerstag Morgen, 30. Januar, in der Kapelle des Hauses Santa Marta feierte.

Seine Reflexion wurde angeregt durch das Gebet des 132. Psalms, der uns, wie der Papst sagte, »die Tür öffnet, um über das Wort Gottes in den Lesungen des heutigen Tages nachzudenken«. Im Psalm heißt es: »O Herr, denk an David, an all seine Mühen.« Folglich, so erläuterte der Papst, sei »König David unser Vorbild; König David als ein Mann, der viel gearbeitet hat, der sich sehr für das Reich Gottes abgemüht hat«.

Ein Gedanke, der sich verbindet mit »dem Abschnitt aus dem 2. Buch Samuel [7,18-19.24-29], den wir heute gehört haben, der Fortsetzung der gestrigen Schriftlesung«, so merkte der Heilige Vater an. Der Text erzählt von den Überlegungen »Davids, der den Herrn sehr liebt«: »Ich wohne in einem Haus aus Zedernholz, die Lade Gottes aber wohnt in einem Zelt: bauen wir einen Tempel!« Die Antwort des Herrn lautet abschlägig: »Nein, nicht du, sondern dein Sohn wird dies tun!« Und »David akzeptiert, aber er akzeptiert mit Freuden«, indem er vor Gott tritt und zu ihm spricht »wie ein Sohn mit dem Vater«.

David beginne folgendermaßen: »Wer bin ich, mein Herr und Gott, und was ist mein Haus, dass du mich bis hierher geführt hast?« Er frage sich vor allem, so betonte der Papst: »Wer bin ich?« Er erinnere sich gut daran, ein »junger Schafhirte« gewesen zu sein, »wie er an einer anderen Stelle sagt, ein Schafhirte, der von den Schafen weggeholt wurde« und der »nun der König Israels« geworden sei. Das sei also der Sinn der Frage Davids: »Wer bin ich?«

Eine Frage, so bekräftigte der Papst, die enthülle, dass »David ein sehr stark ausgeprägtes Zugehörigkeitsgefühl zum Volk Gottes besaß«. Und das, so sagte er, »hat mich nachdenklich gemacht: es wäre schön, wenn wir uns heute fragen würden, was für ein Zeichen der Zugehörigkeit zur Kirche wir besitzen: das Mit-der Kirche-Fühlen, das Uns-in der-Kirche-Fühlen«. In der Tat, so fuhr er fort, »ist der Christ nicht ein Getaufter, der die Taufe empfängt und dann auf seinem Weg weitergeht «. So sei es nicht, denn »die erste Frucht der Taufe besteht darin, dass du zur Kirche gehörst, zum Volk Gottes«. Folglich, so führte er aus, »versteht man einen Christen ohne Kirche nicht. Deshalb hat der große Paul VI. gesagt, dass es eine absurde Dichotomie [Zweiteilung] sei, Christus ohne die Kirche zu lieben; Christus anzuhören, nicht aber die Kirche; mit Christus am Rand der Kirche zu stehen. Es ist eine absurde Dichotomie.«

In der Tat, so fügte Papst Franziskus hinzu, »empfangen wir die Botschaft des Evangeliums in der Kirche, und in der Kirche heiligen wir uns. Unser Weg verläuft innerhalb der Kirche«. Die Alternative hierzu, so sagte er, »ist eine Phantasie « oder, wie Paul VI. sagte, »eine absurde Dichotomie«. Der Papst vertiefte dann die Bedeutung »dieses Mit-der-Kirche-Fühlens. Auf Lateinisch heißt es sensus Ecclesiae: und es bedeutet, in der Kirche zu fühlen, zu denken und zu wollen. Und »wenn wir über diese Stelle über David nachdenken, über seine Zugehörigkeit zum Volk Gottes, dann können wir drei Grundpfeiler dieser Zugehörigkeit ausfindig machen, dieses Mit-der-Kirche-Fühlens«: Demut, Treue und den Dienst des Gebetes.

In Bezug auf den ersten Grundpfeiler erläuterte der Bischof von Rom, dass »ein Mensch, der nicht demütig ist, nicht mit der Kirche fühlen kann: er wird das fühlen, was ihm gefällt«. Die wahre Demut »sieht man in David«, der fragt: »Wer bin ich, mein Herr und Gott, und was ist mein Haus?« David verfüge über »die Erkenntnis, dass die Heilsgeschichte nicht mit mir angefangen hat und nicht enden wird, wenn ich sterbe. Nein! Es ist eine Heilsgeschichte«, durch die »der Herr dich nimmt, dich vorangehen lässt und dich dann zu sich ruft, und die Geschichte geht weiter «. Demut bestehe folglich im Bewusstsein, dass »die Geschichte der Kirche vor uns angefangen hat und nach uns weitergehen wird«. Denn wir »sind ein kleiner Teil eines großen Volkes, das den Weg des Herrn geht«.

Die Treue, der zweite Grundpfeiler, »steht in Zusammenhang mit dem Gehorsam«. Hierzu verwies Papst Franziskus wieder auf die Gestalt Davids, der »dem Herrn gehorcht und auch seiner Lehre treu ist, seinem Gesetz«: das heiße »Treue zur Kirche, Treue zu ihrem Lehramt, Treue zum Glaubensbekenntnis, Treue zur Lehre und die Bewahrung dieser Lehre«. So gehen »Demut und Treue« Hand in Hand. »Auch Paul VI.«, so sagte er, »erinnerte uns daran, dass wir die Botschaft des Evangeliums als Geschenk erhalten. Und wir müssen es als Geschenk weitergeben. Aber nicht so, als sei es unser Besitz. Es ist ein Geschenk, das wir erhalten haben und weitergeben«. Und »bei dieser Weitergabe« müsse man »treu sein, denn wir haben ein Evangelium erhalten, das nicht uns gehört, es gehört Jesus, und das geben wir weiter. Und wir dürfen nicht zu Herren des Evangeliums werden, Herren der Lehre, als hätten wir sie erhalten, um nach unserem Gutdünken über sie zu verfügen«.

Neben Demut und Treue ist »der dritte Grundpfeiler der Dienst: der Dienst in der Kirche – Dienst an Gott, Dienst am Nächsten, an den Brüdern «, so erläuterte der Heilige Vater, »aber ich möchte hier nur den Dienst an Gott erwähnen«. Der Ausgangspunkt sei erneut die Haltung Davids: nachdem er »seine Überlegungen vor Gott beendet hat, die ein Gebet sind, spricht er ein Gebet für das Volk Gottes«. »Das ist der dritte Grundpfeiler: für die Kirche beten.«

In der Stelle aus dem Alten Testament sei zu lesen: »Ja, mein Herr und Gott, du bist der einzige Gott, und deine Worte sind wahr. Du hast deinem Knecht ein solches Glück zugesagt.« Auch uns, so kommentierte der Papst, habe der Herr zugesichert, dass »die Kirche nicht zerstört werden wird« und dass die Pforten der Hölle sie nicht überwältigen würden. Die Schriftlesung aus dem 2. Buch Samuel gehe folgendermaßen weiter: »So segne jetzt gnädig das Haus deines Knechtes, damit es ewig vor deinen Augen Bestand hat!« Das seien Worte, die eine Frage anregten: »Wie steht es um unser Gebet für die Kirche? Beten wir für die Kirche? Jeden Tag in der Messe, aber bei uns zuhause, wie sieht es da aus? Wann sprechen wir unser Gebet?« Man müsse zum Herrn beten für »die ganze Kirche, in allen Teilen der Welt«. Das also sei der Kern »eines Dienstes vor Gott, der das Gebet für die Kirche ist«.

Folglich, so fasste der Papst zusammen, lasse uns die Demut verstehen, dass »es eine große Gnade ist, dass wir Teil einer Gemeinschaft sind«, und dass »die Heilsgeschichte nicht bei mir beginnt, nicht mit mir endet: jeder von uns kann das sagen«. Die Treue hingegen erinnere uns daran, dass »wir ein Evangelium, eine Lehre erhalten haben «, der wir treu sein und die wir gut bewahren müssen. Und der Dienst dränge uns dazu, beharrlich zu sein im »Gebet für die Kirche«. Der Herr, so wünschte er abschließend, »möge uns dabei helfen, diesen Weg zu gehen, um unsere Zugehörigkeit zur Kirche und unser Mit-der-Kirche-Fühlen zu vertiefen«.



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