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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"

 

       Ein Freund, zu dem man betet

 Donnerstag, 3. April 2014

 

aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 15, 11. April 2014

 

Ein Freund, zu dem man betet Das Beten ist so, wie wenn man mit einem Freund spricht: deshalb »soll das Gebet frei, mutig, beharrlich« sein, selbst um den Preis, so weit zu gehen, den Herrn zu »tadeln«. Im Bewusstsein, dass der Heilige Geist immer präsent ist und dass er uns lehrt, wie wir uns verhalten sollen. Es ist der Stil des Gebets des Mose, über den Papst Franziskus am Donnerstag, 3. April, in der Frühmesse in der Kapelle des Hauses Santa Marta sprach.

Auf dieses kleine »Handbuch« des Gebets ist der Papst nach der Lesung aus dem Buch Exodus (32,7-14) eingegangen. Es berichtet vom »Gebet des Mose für sein Volk«, »das in die schwere Sünde des Götzendienstes verfallen war«. Der Herr, so erläuterte der Papst, »tadelt gerade Mose« und sagt zu ihm: »Geh, steig hinunter, denn dein Volk, das du aus Ägypten heraufgeführt hast, läuft ins Verderben«. Es ist, als wolle Gott in diesem Dialog auf Abstand gehen, wenn er zu Mose sagt: »Ich habe nichts mit diesem Volk zu tun; es ist dein Volk, nicht mehr das meine«. Aber Mose erwidert: »Warum, Herr, ist dein Zorn gegen dein Volk entbrannt? Du hast es doch mit großer Macht und starker Hand aus Ägypten herausgeführt«. Und somit, sagte der Heilige Vater, »befindet sich das Volk wie zwischen zwei Herren, zwei Vätern: Das Volk Gottes und das Volk des Mose«.

Das sei der Augenblick, in dem Mose sein Gebet beginnt, »einen wahren Kampf mit Gott«. Es sei »der Kampf des Oberhaupts des Volks, um sein Volk zu retten, das das Volk Gottes ist«. Mose »spricht ganz offen mit Gott«. Und indem er das tut, »lehrt er uns, wie man beten soll: furchtlos, frei, und auch mit Beharrlichkeit«. Mose »insistiert, er ist mutig: so soll das Gebet sein!« Bloße Worte zu sprechen heiße nämlich in der Tat nicht, dass man bete. Man müsse auch »mit Gott zu ›verhandeln‹ wissen«. Gerade so, »wie es Mose tut, der Gott mit Argumenten an die Beziehung erinnert, die er zu seinem Volk hat«. Er »versucht [also], Gott zu ›überzeugen‹«, dass er, wenn er seinen Zorn am Volk abreagieren würde, »vor allen Ägyptern eine schlechte Figur abgeben« würde: »Sollen etwa die Ägypter sagen können: In böser Absicht hat er sie herausgeführt, um sie im Gebirge umzubringen und sie vom Erdboden verschwinden zu lassen? Lass ab von deinem glühenden Zorn, und lass dich das Böse reuen, das du deinem Volk antun wolltest.«

Im Grunde habe Mose »mit vielen Argumenten versucht, Gott davon zu ›überzeugen‹, seine Meinung zu ändern. Und diese Argumente sucht er im Gedächtnis«. So »sagt er zu Gott: Du hast dies, das und jenes für dein Volk getan, aber wenn du es jetzt in der Wüste umkommen lässt, was werden dann unsere Feinde sagen?« Sie würden sagen, so fahre er fort, »dass du böse bist, dass du nicht treu bist«. Auf diese Weise »versucht « Mose »den Herrn zu ›überzeugen‹«, indem er einen »Kampf« beginne, in dessen Mittelpunkt er zwei Elemente rücke: »Dein Volk und mein Volk«.

Das Gebet sei erfolgreich, denn »am Ende gelingt es Mose, den Herrn zu ›überzeugen‹«. Der Papst hob hervor, dass »es schön ist, wie diese Zeilen« der Schrift »enden: Der Herr bereute das Böse, das er seinem Volk anzutun gedroht hatte«. Gewiss, so erläuterte er, »hatte der Herr genug von diesem untreuen Volk«. Aber »wenn man am Ende der Schriftlesung liest, dass der Herr bereute« und dass er »sich geändert hat«, dann müsse man sich doch die Frage stellen: Wer habe sich hier wirklich geändert? Habe sich der Herr geändert? »Ich glaube nicht«, so lautete die Antwort des Bischofs von Rom: Wer sich geändert habe, sei vielmehr Mose. Denn er, so bekräftigte der Papst, habe geglaubt, dass der Herr das Volk vernichtet habe. Und »er suchte in seinem Gedächtnis nach Beispielen für die Güte des Herrn seinem Volk gegenüber, wie er es aus der Gefangenschaft in Ägypten herausgeführt habe, um es mit einer Verheißung voranzubringen«. Und es sei gerade »mit diesen Argumenten, dass er versuche, Gott ›zu überzeugen‹. Im Verlauf dieses Prozesses findet er die Erinnerung seines Volkes wieder und findet die Barmherzigkeit Gottes«. »Mose«, so fuhr der Papst fort, hatte wirklich Angst, dass Gott etwas« Schreckliches »tun würde«. Aber »schließlich steigt er vom Berg herab« mit einer großen Gewissheit in seinem Herzen: »Unser Gott ist voller Erbarmen, er weiß zu verzeihen, er ändert seine Entscheidungen, er ist ein Vater!«

All das seien Dinge, die Mose bereits »wusste, aber er wusste sie mehr oder weniger unbewusst. Gerade im Gebet findet er sie wieder«. Und es sei auch genau das, »was das Gebet in uns wirkt: es ändert unser Herz, er verhilft uns dazu, besser zu verstehen, wie unser Gott ist«. Aber aus diesem Grund, so fügte der Papst hinzu, »ist es wichtig, zum Herrn nicht mit leeren Worten zu sprechen, so wie es die Heiden tun«. Man solle hingegen »ganz real mit ihm sprechen: Aber schau, Herr, ich habe dieses Problem in meiner Familie, mit meinem Sohn, mit diesem oder jenem … Was kann man da machen? Aber schau, du kannst mich nicht in diesem Zustand lassen!« Das Gebet beanspruche und erfordere Zeit. In der Tat »heißt beten auch ›verhandeln‹ mit Gott, um das zu erlangen, was ich vom Herrn will«, vor allem aber, um ihn besser kennenzulernen. Das Ergebnis hiervon sei ein Gebet, »in dem ein Freund mit einem Freund redet«. Im Übrigen »sagt die Bibel, dass Mose Argumente vorgebracht hat«. Er habe sogar »den Herrn ein wenig ›getadelt‹: Aber du hast mir das verheißen und hast es nicht getan!« Es sei so, wie wenn man »mit einem Freund spricht: diesem Gebet das Herz öffnen«.

Papst Franziskus erinnerte auch daran, dass »Mose« nach der Auseinandersetzung mit Gott »neu gestärkt vom Berg gekommen ist. Ich habe den Herrn besser kennengelernt. Und mit dieser Kraft, die er ihm gegeben hat, nimmt er wieder seine Aufgabe, das Volk ins gelobte Land zu bringen, auf«. Also »verleiht das Gebet neue Kraft«.

Der Papst endete damit, dass er den Herrn darum bat, »uns allen die Gnade zu verleihen, denn Beten ist eine Gnade«. Und er forderte dazu auf, stets daran zu denken, dass »wenn wir zu Gott beten, das kein Dialog zu zweit« sei, sondern zu dritt, »denn in jedem Gebet ist immer der Heilige Geist präsent«. Also »kann man nicht ohne den Heiligen Geist beten: Er ist es, der in uns betet, er ist es, der unser Herz wandelt, er ist es, der es uns lehrt, Gott ›Vater‹ zu nennen.«

Wir müssten den Heiligen Geist darum bitten, so fügte der Papst hinzu, uns zu lehren, so zu beten, »wie Mose gebetet hat, mit Gott zu ›verhandeln‹, mit einem freien Geist, mit Mut« Und »der Heilige Geist, der stets in unserem Gebet präsent ist, möge uns auf diesem Wege führen.«

 



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