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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"

 

       Es gibt keinen Christen ohne das Kreuz 

 Dienstag, 8. April 2014

 

aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 16/17, 18. April 2014

 

Das Kreuz ist weder nur ein Schmuck für unsere Kirchen noch ein reines Symbol, das uns von den anderen unterscheidet. Es ist das Mysterium der Liebe Gottes, der sich erniedrigt, um uns zu erlösen. Daran erinnerte Papst Franziskus Dienstag früh, 8. April, als er in der Kapelle von Santa Marta die Messe feierte.

In seiner Auslegung des Johannesevangeliums (8,21-30) erinnerte der Papst daran, dass »Jesus in diesem Evangelientext dreimal davon spricht, in der Sünde zu sterben: ›Ihr werdet in eurer Sünde sterben…‹ Und das war unser Schicksal. Auch das Schicksal jenes Volkes, das das Rote Meer durchquerte, das schlecht über den Herrn sprach und sich gegen Gott und gegen Mose auflehnte: ›Wozu habt ihr uns aus Ägypten hierher geführt?‹ Dann kamen diese Schlangen und das Volk hat gesagt: ›Wir haben gesündigt, denn wir haben uns gegen den Herrn aufgelehnt…‹ Und wenn der Herr kein Zeichen gesetzt hätte, um sie zu retten, dann wären sie in ihren Sünden gestorben. Es ist völlig unmöglich, dass wir aus eigener Kraft aus unserer Sünde herauskommen.«

Die »Schriftgelehrten, diese Leute«, so fuhr der Papst fort, »lehrten das Gesetz, aber sie hatten keine klare Vorstellung von ihm. Sie dachten schon an Gottes Vergebung, aber sie fühlten sich stark, sie hielten sich für unabhängig. Sie wussten alles, und schließlich hatten sie aus der Religion, aus der Anbetung Gottes, eine Kultur gemacht – mit eigenen Werten, mit gewissen Reflexionen und mit gewissen Verhaltensregeln, nach denen man erzogen wurde. Sie dachten schon, dass der Herr vergeben kann, sie wussten es. Aber sie hielten ihn fern.« Unter Bezug auf die Lesung aus dem Buch Numeri (21,4-9) betonte der Heilige Vater, dass »der Herr in der Wüste Mose gebietet, eine Schlange zu machen und sie an einer Fahnenstange aufzuhängen, und dass dann ›jeder, der gebissen wird, am Leben bleiben wird, wenn er sie ansieht‹«. Aber wofür steht die Schlange? »Die Schlange«, so erläuterte der Papst, »ist ein Zeichen für die Sünde. Denken wir an das Buch Genesis: Es war die Schlange, die Eva verführt, die sie zur Sünde verleitet hat.« Und Gott befehle, die Schlange, also die Sünde, als Siegesfahne aufzuziehen. Das sei etwas, so gab der Heilige Vater zu, das »nicht leicht verständlich ist, wenn man nicht begreift, was Jesus uns im Evangelium sagt. Jesus sagt zu den Juden: ›Wenn ihr den Menschensohn erhöht habt, dann werdet ihr erkennen, dass Ich es bin. Ihr werdet erkennen, dass ich nichts im eigenen Namen tue, sondern nur das sage, was mich der Vater gelehrt hat.‹« Das Symbol ihrer Sünde gehisst und es dann in Heilswerkzeug verwandelt zu haben stehe also gerade für jene Erlösung, die von Christus kommt, der ans Kreuz gehängt wurde.

»Das Christentum«, so fuhr der Bischof von Rom fort, »ist keine philosophische Lehre, es ist kein Lebensprogramm, um wohlerzogen zu sein, um Frieden zu schließen. Das sind nur die Folgen. Das Christentum ist ein Mensch, ein Mensch, der ans Kreuz gehängt wird. Ein Mensch, der sich selbst entäußert hat, um uns zu retten. Er hat die Sünde auf sich genommen. Und so, wie in der Wüste die Sünde an einer Stange festgemacht wurde, so wurde hier der für uns Mensch gewordene Gott ans Kreuz gehängt. Und all unsere Sünden waren da.« Deshalb, so mahnte er, »kann man das Christentum nicht verstehen, wenn man diese tiefe Demütigung des Sohnes Gottes nicht versteht, der sich selbst erniedrigte und ein Knecht wurde bis zum Tod am Kreuz. Um zu dienen.«

Wie es der heilige Paulus getan hat, so können auch wir über das reden, dessen wir uns rühmen. Aber, so führte Papst Franziskus aus, wir können uns »unsererseits nur unserer Sünden rühmen. Wir haben nichts anderes aufzuweisen, dessen wir uns rühmen könnten: Das ist unser Elend«. Und doch »rühmen wir uns dank der göttlichen Barmherzigkeit im gekreuzigten Christus. Und aus diesem Grund gibt es kein Christentum ohne das Kreuz, und es gibt kein Kreuz ohne Jesus Christus.«

Also »ist der Mittelpunkt der göttlichen Erlösung«, so bekräftigte der Papst, »sein Sohn, der all unsere Sünden, unseren Hochmut, unsere Gewissheiten, unsere Eitelkeit, unser Verlangen, Gott gleich zu werden, auf sich genommen hat. Ein Christ, der es nicht versteht, sich im gekreuzigten Christus zu rühmen, hat nicht verstanden, was es heißt, Christ zu sein. Unsere Wunden, die die Sünde in uns hinterlassen hat, heilen nur dank der Wunden des Herrn, dank der Wunden Gottes, der Mensch geworden ist, der erniedrigt, der getötet worden ist. Das ist das Mysterium des Kreuzes. Es ist nicht nur ein Schmuck, den wir immer in die Kirchen, auf den Altar stellen sollen; es ist nicht nur ein Symbol, das uns von den anderen unterscheiden soll. Das Kreuz ist ein Mysterium: Das Mysterium der Liebe Gottes, der sich erniedrigt, der sich auslöscht«, um uns von unseren Sünden zu erlösen.

»Wo ist deine Sünde?«, fragte der Heilige Vater an diesem Punkt. »Deine Sünde«, so lautete seine Antwort, »ist da am Kreuz. Geh und suche sie da, in den Wunden des Herrn, und deine Sünde wird geheilt, deine Wunden werden geschlossen, deine Schuld wird dir vergeben. Die Vergebung, die Gott uns schenkt, ist nicht wie ein Schuldenkonto, das wir bei ihm haben und das getilgt wird. Die Vergebung, die Gott uns schenkt, sind die Wunden seines Sohnes, der ans Kreuz gehängt wurde.« Der abschließende Wunsch des Papstes lautete, dass der Herr »uns zu sich zieht und dass wir uns heilen lassen«.

 



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