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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
 

Die Kirche ist kein Supermarkt

Freitag, 24. November 2017

 

(aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 2, 12. Januar 2018)

 

»Kirchen des Dienstes, unentgeltliche Kirchen,wie das Heil unentgeltlich war, und keine ›Supermarkt-Kirchen‹«: Papst Franziskus nahm kein Blatt vor den Mund, während er die Aktualität der Geste Jesu erläuterte, als dieser die Händler aus dem Tempel vertrieb. »Wachsamkeit, Dienst und Unentgeltlichkeit« sind die drei Schlüsselworte, die er in der heiligen Messe in Santa Marta am Freitag, den 24. November, hervorhob.

»Beide Lesungen der heutigen Liturgie«, erklärte der Papst, »sprechen vom Tempel, besser: von der Reinigung des Tempels«. Der Papst ging vom Abschnitt aus dem ersten Buch der Makkabäer aus (4,36-37.52-59) und machte darauf aufmerksam, dass »nach der Niederlage der Leute, die Antiochus Epiphanes aufgefordert hatte, das Volk zum Heidentum zu führen, Judas der Makkabäer und seine Brüder den Tempel reinigen wollen, jenen Tempel, wo es heidnische Opfer gegeben hatte, und die geistliche Schönheit des Tempels, das Heilige des Tempels wiederherzustellen beabsichtigen«. Deshalb »herrschte im Volk sehr große Freude«. Im biblischen Text nämlich sei zu lesen: »Im Volk herrschte sehr große Freude; denn die Schande, die ihnen die fremden Völker zugefügt hatten, war beseitigt.« Also, fügte der Papst hinzu, »findet das Volk zu seinem Gesetz zurück, es findet wieder zu seinem eigenen Sein; der Tempel wird erneut der Ort der Begegnung mit Gott«.

»Dasselbe tut Jesus, als er jene verjagt, die im Tempel Handel treiben: er reinigt den Tempel«, erklärte Franziskus und bezog sich dabei auf den Abschnitt aus dem Evangelium nach Lukas (19,45-48). Auf diese Weise mache der Herr »den Tempel wieder zu dem, was er sein soll: rein, nur für Gott bestimmt und für das Volk, das dort hingeht, um zu beten«. Unsererseits aber: »Wie sollen wir den Tempel Gottes reinigen?« Die Antwort, so der Papst, bestehe in »drei Worten, die uns helfen können, zu verstehen. Erstens: Wachsamkeit; zweitens: Dienst; drittens: Unentgeltlichkeit«.

»Wachsamkeit«, so laute das erste Wort: »Nicht nur der leibliche Tempel, nicht nur die Paläste, nicht nur die Tempel sind die Tempel Gottes: der wichtigste Tempel Gottes ist unser Herz, unsere Seele.« Dies gehe so weit, dass der heilige Paulus sage: »Ihr seid der Tempel des Heiligen Geistes«, was bedeute: »In uns wohnt der Heilige Geist.« Und gerade »aus diesem Grund« laute »das erste« von Franziskus vorgeschlagene Wort »Wachsamkeit«. Daraus ergäben sich einige Fragen für eine Gewissenserforschung: »Was geschieht in meinem Herzen? Was geschieht in mir? Wie verhalte ich mich gegenüber dem Heiligen Geist? Ist der Heilige Geist eines der vielen Götzenbilder, die ich in mir habe, oder nehme ich mich des Heiligen Geistes an? Habe ich gelernt, in mir wachsam zu sein, damit der Tempel meines Herzens allein für den Heiligen Geist da ist?«

Darin also bestehe die Wichtigkeit, »den Tempel zu reinigen, den inneren Tempel, und wachsam zu sein«, sagte der Papst. Verbunden mit einer ausdrücklichen Aufforderung: »Pass auf: Was geschieht in deinem Herzen? Wer kommt, wer geht…? Was sind deine Gefühle, deine Ideen? Sprichst du mit dem Heiligen Geist? Hörst du auf den Heiligen Geist?« Es gehe darum, »wachsam zu sein: auf das zu achten, was in unserem Tempel geschieht, in unserem Inneren«.

Das zweite Wort laute Dienst, fuhr der Papst fort. »Jesus«, rief er in Erinnerung, «lässt uns verstehen, dass er in besonderer Weise im Tempel jener gegenwärtig ist, die bedürftig sind«. Und »er sagt es eindeutig: er ist in den Kranken gegenwärtig, in den Menschen, die leiden, in den Hungrigen, in den Gefangenen, dort ist er gegenwärtig«. Auch für das Wort »Dienst« riet Franziskus zu einigen Fragen, die man an sich selbst richten solle: »Verstehe ich es, jenen Tempel zu behüten? Kümmere ich mich mit meinem Dienst um den Tempel? Trete ich näher, um zu helfen, um zu kleiden, um jene zu trösten, die es brauchen?«

»Der heilige Johannes Chrysostomus«, so Franziskus weiter, »tadelte jene, die viel spendeten, um das Gebäude des Tempels auszuschmücken, zu verschönern, und sich nicht der Bedürftigen annahmen. Er tadelte und sagte: ›Nein, das ist nicht in Ordnung, zuerst der Dienst, dann der Schmuck.‹« Wir sind demnach aufgerufen, »den Tempel zu reinigen, der die anderen sind«. Und um dies gut zu tun, sei es notwendig, sich zu fragen: »Wie helfe ich, den Tempel zu reinigen? « Die Antwort sei einfach: »Mit dem Dienst, mit dem Dienst an den Bedürftigen. Jesus selbst sagt, dass er dort gegenwärtig ist.« Und »er ist dort gegenwärtig«, erklärte der Papst, »und wenn wir uns nähern, um einen Dienst zu leisten, um zu helfen, dann ähneln wir Jesus, der dort drinnen ist«.

In diesem Zusammenhang erzählte Franziskus, dass er einmal ein sehr schönes Bild des Simon von Cyrene gesehen habe, der Jesus half, das Kreuz zu tragen: »Wenn man sich jenes Bild gut anschaute, konnte man entdecken, dass Simon dasselbe Gesicht wie Jesus hatte.« Das heiße: »Wenn du jenen Tempel bewahrst, der der Kranke, der Gefangene, der Bedürftige und der Hungrige ist, dann wird auch dein Herz dem Herzen Jesu ähnlicher sein.« Gerade »deshalb ist das Bewahren des Tempels gleichbedeutend mit Dienst«.

»Das erste Wort, Wachsamkeit«, so der Papst zusammenfassend, bringe etwas zum Ausdruck, das »in uns geschieht«. Während uns »das zweite Wort« zum »Dienst an den Bedürftigen führt: das heißt es, den Tempel reinigen«. Und »das dritte Wort, das mir beim Lesen des Evangeliums in den Sinn kommt«, fuhr er fort, »lautet Unentgeltlichkeit «. Im Abschnitt aus dem Evangelium sage Jesus: »Mein Haus soll ein Haus des Gebetes sein. Ihr aber habt daraus eine Räuberhöhle gemacht.«

Gerade wenn man sich diese Worte des Herrn vergegenwärtige, so der Papst, könne man feststellen: »Wie oft betreten wir einen Tempel voller Traurigkeit. Denken wir an eine Pfarrei, an ein Bischofshaus, wir wissen nicht, ob wir im Haus Gottes sind oder in einem Supermarkt: da wird Handel betrieben, da ist auch eine Preisliste für die Sakramente« und es »fehlt die Unentgeltlichkeit«. Doch »Gott hat uns unentgeltlich gerettet, er hat uns nichts zahlen lassen«, betonte der Papst und forderte auf, dazu beizutragen, »dass unsere Kirchen, unsere Pfarreien kein Supermarkt sind: damit sie Haus des Gebets sind, damit sie keine Räuberhöhle sind, sondern unentgeltlicher Dienst«. Gewiss, fügte der Papst hinzu, jemand könnte einwenden: »Wir müssen Geld haben, um die Struktur aufrechtzuerhalten, und wir müssen auch Geld haben, um den Priestern, den Katecheten zu essen zu geben.« Die Antwort des Papstes ist klar: »Gib unentgeltlich und Gott wird den Rest tun, Gott wird das tun, was fehlt.«

»Den Tempel behüten bedeutet Folgendes: Wachsamkeit, Dienst und Unentgeltlichkeit.« Vor allem »Wachsamkeit im Tempel unseres Herzens «, so wiederholte er, wobei er dazu riet, auch das 25. Kapitel des Matthäusevangeliums zu lesen. Dienst auch »an den Hungrigen, an Kranken, an den Gefangenen, an denen, die bedürftig sind, weil dort Christus ist«, immer in der Gewissheit, dass »der Bedürftige der Tempel Christi ist«.

Schließlich, so der Papst abschließend, sei der »dritte« Punkt die »Unentgeltlichkeit des Dienstes, den man in unseren Kirchen leistet: Kirchen des Dienstes sein, Kirchen der Unentgeltlichkeit, wie das Heil unentgeltlich war, und keine ›Supermarkt-Kirchen‹«.

 



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