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BOTSCHAFT VON PAPST LEO XIV.
AN DIE MITGLIEDER DES SOUVERÄNEN MALTESERORDENS
ZUM HOCHFEST DER GEBURT JOHANNES DES TÄUFERS

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Ich freue mich ganz besonders, anlässlich der Feier des Hochfestes des heiligen Johannes des Täufers, Schutzpatron eures Ordens, der seinen Namen trägt, diese Botschaft an Euch zu richten.

Die Kirche dankt Euch für all das Gute, das Ihr dort tut, wo es der Liebe bedarf, in manchmal sehr schwierigen Situationen. Sie dankt Euch auch für das Bemühen um Erneuerung, das Ihr seit einigen Jahren vorantreibt, für eine größere Treue zum Evangelium, in enger und herzlicher Zusammenarbeit mit dem Kardinalpatron, der von mir in seinem Amt bestätigt wurde. Geht weiter in diese Richtung!

Wir können sagen, dass der heilige Johannes der Täufer schon vor seiner Geburt die von Gott empfangene Sendung erfüllt hat, Verkündiger Jesu zu sein. Er wird es mit radikaler Schlichtheit sein ganzes Leben hindurch tun. Seine Vorstellung vom Messias war anfangs zu sehr an die des strengen Richters gebunden (vgl. Mt  3,7-12). Jesus hilft ihm, die Perspektive zu ändern, umzukehren, vor allem als er zu ihm geht und ihn bittet, getauft zu werden, demütig unter viele Büßer gemischt (vgl. Mt  3,13-17). Nach dieser Erscheinung verweist Johannes auf Jesus als das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt (vgl. Joh  1,29.36). Seiner Einladung folgend werden zwei seiner Jünger zu Jüngern Jesu (vgl. Joh  1,37). Und der Täufer wird, indem er sein Leben hingibt, weil er an der Wahrheit festhält, zum Zeugen Jesu, der die Wahrheit ist.

Der heilige Johannes der Täufer, Euer himmlischer Schutzpatron, muss Euer Leben und die Sendung erleuchten, die zu erfüllen Ihr in der Kirche berufen seid, durch das Wirken des Heiligen Geistes.

Euer Orden hat als Ziel die »tuitio fidei« und das »obsequium pauperum«. Zwei Aspekte des einen Charismas: Der Glaube wird verkündigt und bewahrt in der liebevollen Hingabe an die Armen, an die Ausgegrenzten, an alle, die die Unterstützung, die Hilfe anderer brauchen. Sich nicht darauf beschränken, die Armen in ihren Nöten zu unterstützen, sondern ihnen die Liebe Gottes verkündigen mit dem Wort und dem Zeugnis. Wenn das fehlen würde, verlöre der Orden seinen religiösen Charakter und würde darauf reduziert werden, eine Organisation mit phil-anthropischen Zielen zu sein.

Die Liebe, die jeder von uns den anderen schenken muss, ist die, die sich auf eine Ebene mit ihrem Empfänger stellt, so wie Jesus es getan hat, der sich auf eine Ebene mit uns gestellt hat, solidarisch mit den Verachteten, mit denen, denen das Leben genommen ist, weil es als wertlos betrachtet wird (vgl. Lk  10,29-37). Daher kann Jesus eine liebevolle Antwort von uns bekommen, weil er uns in seiner Erniedrigung seine Liebe schenkt, die wir ihm in der Dankbarkeit zurückerstatten können. So ist es mit dem Armen. Wenn wir ihn lieben und uns auf eine Ebene mit ihm stellen, dann kommt die Liebe, die wir ihm schenken, in seiner Dankbarkeit, die nicht aus Demütigung, sondern aus Freude besteht, zu uns zurück.

Das ist die »tuitio fidei«, denn so gebt Ihr konkret den Glauben an Gott weiter, der die Liebe ist, indem Ihr die Erfahrung seiner Nähe anbietet.

Um den Glauben zu schützen und zu bewahren, zeigt uns der Apostel Paulus, wie wir uns ausrüsten sollen: die Waffenrüstung Gottes anziehen, um den listigen Anschlägen des Teufels zu widerstehen; die Hüften umgürten mit Wahrheit; den Brustpanzer der Gerechtigkeit antun; zum Schild des Glaubens greifen, mit dem man die feurigen Geschosse des Bösen auslöschen kann; den Helm des Heils und das Schwert des Geistes nehmen, das ist das Wort Gottes (vgl. Eph  6,11-18).

Gewiss braucht Ihr für die vielen lobenswerten guten Werke, die Euer Orden in verschiedenen Teilen der Welt vollbringt, viele – auch wirtschaftliche – Mittel und viele Vermittlungen. Aber man muss immer darauf achtgeben, die Mittel nur als solche, als zweckdienlich zu betrachten.

Um einen guten Zweck zu erfüllen, müssen die Mittel jedoch gut sein; aber in diesem Bereich kann die Versuchung leicht unter dem Anschein des Guten auftreten, als Illusion, die guten Ziele, die man sich setzt, mit Mitteln erreichen zu können, die sich später vielleicht nicht als dem Willen Gottes entsprechend erweisen. Auch Jesus wurde darin versucht: Der Böse »zeigte ihm alle Reiche der Welt mit ihrer Pracht« (Mt  4,89) und versprach ihm, sie ihm zu geben, wenn er ihn anbeten würde. Dann wäre Jesus jedoch nicht mehr der leidende Gottesknecht gewesen, der sich in Demut jeder weltlichen Macht entäußert, um mit der Liebe die Liebe des Menschen zu erobern. Jesus bestätigt auch in dieser besonders heimtückischen Versuchung den Primat Gottes und verkauft sich nicht an die Macht dieser Welt. Hätte er der Versuchung zugestimmt, dann hätte Jesus unrechtmäßige Mittel angewandt und nicht das vom Vater für seine Sendung gesetzte Ziel erreicht. Der Malteserorden hat im Laufe seiner Geschichte je nach den Umständen verschiedene Mittel angewandt, die jedoch auf ihre heutige Gültigkeit überprüft werden müssen, um das Ziel der »tuitio fidei« und des »obsequium pauperum« zu erlangen.

Über die Jahrhunderte hat der Orden immer größere Bedeutung im internationalen Bereich bekommen, eine ganz besondere Art der Souveränität, mit Sonderrechten in diesem Bereich, die unbedingt dem Ziel der »tuitio fidei«  und des »obsequium pauperum« dienen müssen. Würden diese Sonderrechte von Euch benutzt, um Euch, vielleicht unbemerkt, in die Weltlichkeit hineinziehen zu lassen, dann würdet Ihr gerade aufgrund der Illusion, die die Weltlichkeit mit sich bringt, Gefahr laufen, bei Eurem Handeln das Ziel aus den Augen zu verlieren. Wir müssen uns beständig das aneignen, was Jesus gelehrt hat, der den Vater nicht gebeten hat, uns aus der Welt zu nehmen, denn er sendet uns »in« die Welt, sondern dass wir nicht »von« der Welt sein mögen, wie er nicht von der Welt ist; und er hat den Vater gebeten, uns vor dem Bösen zu bewahren (vgl. Joh  17,14-16.18).

Der Heilige Geist deckt die Täuschungen des Bösen auf, daher sind wir aufgerufen, beständig zu unterscheiden, ob der Heilige Geist oder der Böse, oder jedenfalls unser Eigeninteresse, uns leitet.

Ihr bemüht euch um einen Weg der Erneuerung. Die Erneuerung darf nicht einfach nur institutionell, normativ sein: Sie muss vor allem innerlich, geistlich sein, denn das gibt den Veränderungen der Normen Sinn. Ihr habt euer Eigenrecht erneuert, die Verfassung und den »Codex Melitensis«. Das war notwendig, da verschiedene Dinge geklärt werden mussten, besonders das Wesen eines  Ordens, das durch die Mitglieder des Ersten Standes gegeben ist und von ihnen garantiert wird, an dessen charismatischer Kraft aber auch der Zweite und der Dritte Stand teilhaben, mit unterschiedlicher Abstufung.

Ihr habt auch die Arbeit am »Kommentar« zum dem einen und dem anderen normativen Text abgeschlossen. Eine äußerst nützliche Arbeit, um außer dem wörtlichen Verständnis der Normen auch das ihrer geistlichen und theologischen Grundlage zu erleichtern, die von erstrangiger Bedeutung für eine richtige Auslegung und Anwendung im Heiligen Geist sind. Gewiss ist der Weg der Erneuerung nicht beendet, ja er steht sogar erst am Anfang, denn er verlangt die Umkehr des Herzens, eine Lebensaufgabe für jeden von uns. Wir wissen, wie mühsam die Umkehr des Herzens ist. Besonders die Mitglieder des Ersten Standes sind aufgerufen, sich in diesem Sinne zu bemühen, jede Versuchung der Verweltlichung, also eines Lebens, das nicht von jener Radikalität des Evangeliums beseelt ist, die einem  Orden zu eigen ist, zu überwinden. Wenn der Erste Stand diesen Weg der Umkehr, der zwar schwierig und anspruchsvoll, aber von der Gnade des Geistes des Auferstandenen getragen ist, nicht vollbringt, dann darf man nicht darauf hoffen, dass der Zweite und der Dritte Stand ihn in ihren jeweiligen Umständen vollbringen.

Die Umkehr ist jedoch immer angespornt von einer bedeutsamen Erfahrung, die unser Herz berührt. Euer Handeln zugunsten der »Herren Kranken«, wie ihr gerne sagt, sowie der Armen jeder Art, verdienstvoll vor Gott und vor den Menschen, ist das, was Eure Umkehr stützt. Das karitative und apostolische Handeln ist Frucht und Ausdruck einer Spiritualität, die Euch von den Anfängen an vom seligen Gerhard übermittelt wurde und die zu verkörpern Ihr in der heutigen Welt berufen seid und die immer mehr dem Evangelium entspricht, Frucht beständiger Läuterung.

Mit großer Freude habe ich erfahren, dass es Anwärter gibt, die darum gebeten haben, die Erfahrung des Noviziats zu beginnen, und zwar eines Noviziats mit gemeinsamem Wohnsitz, was eine Neuheit darstellt, nachdem das Gemeinschaftsleben sich schon lange aufgelöst hatte. Das gibt Anlass zu großer Hoffnung, aber es ist auch eine Herausforderung für den ganzen Orden und vor allem für die Ausbilder. Die Ausbildung ist ein grundlegender Aspekt für alle Institute des geweihten Lebens, und sie ist besonders anspruchsvoll wegen der Komplexität des Lebens der Kandidaten in der heutigen Zeit. Das erfordert mehr denn je eine besondere Ausbildung der Ausbilder, ohne die die Ausbildungstätigkeit vage und unwirksam bliebe, was passieren würde, wenn ihr Ablauf und ihr Inhalt nicht gut festgelegt wären. Die Ausbildung betrifft nicht nur den Ersten Stand, sondern, unter anderen Bedingungen, auch den Zweiten und den Dritten Stand. Sie muss als grundlegendes Element das Gebet vor Augen haben: das liturgische und das persönliche Gebet, genährt von Einsamkeit und Stille. Diese Dimensionen sind notwendig, je mehr man sich der Tätigkeit des Dienstes am Nächsten widmet, damit diese ein Zeugnis der Liebe Gottes sei, der vergegenwärtigt wird.

Ebenso gibt es Anlass zu großer Hoffnung, dass einige Mitglieder mit Profess eine Erfahrung des Gemeinschaftslebens beginnen wollen. Ich ermutige diesen Wunsch von Herzen, auf dass das Gemeinschaftsleben konkret zur gegenseitigen Liebe und zur echten Observanz der drei evangelischen Räte heranformen möge. Auch wenn dieses Vorhaben bei der Umsetzung auf einige Schwierigkeiten stoßen wird, so können diese mit Hilfe des Heiligen Geistes überwunden werden, dank dem die Hoffnung nicht zugrunde gehen lässt (vgl. Röm  5,5).

Unsere Liebe Frau vom Berg Philermos, der heilige Johannes der Täufer und der selige Gerhard mögen Fürsprache halten für die Erfüllung aller Eurer edelsten Empfindungen und Wünsche, während ich Euch von Herzen den Apostolischen Segen sende, in den ich Eure Angehörigen und alle, denen Ihr in eurem Dienst begegnet, einschließe.

Aus dem Vatikan, am 24. Juni 2025



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