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ANSPRACHE VON BENEDIKT XVI.
AN FRAURAFIÂA LIMAM BAOUENDI,
NEUE BOTSCHAFTERIN TUNESIENS BEIM HL. STUHL

Donnerstag, 18. Dezember 2008

 

Frau Botschafter!

Mit Freude empfange ich Sie zur Überreichung Ihres Akkreditierungsschreibens als außerordentliche und bevollmächtigte Botschafterin Tunesiens beim Heiligen Stuhl. Ich danke Ihnen für die freundlichen Worte, die Sie an mich gerichtet haben, sowie für die Grüße Seiner Exzellenz Herrn Zine El Abidine Ben Ali, Präsident der Republik. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie ihm meinen Dank sowie meine herzlichen Wünsche für ihn persönlich sowie für das ganze tunesische Volk übermitteln wollten.

Der wirtschaftliche und soziale Fortschritt ist eine Notwendigkeit, um jedem einzelnen und jeder Familie zu ermöglichen, jenen Wohlstand zu genießen, der für ihre volle Entwicklung unabdingbar ist. Ich freue mich daher zu erfahren, daß Ihr Land im Laufe der letzten Jahre in diesen Bereichen einen spürbaren Fortschritt gemacht hat. In der schwierigen wirtschaftlichen Situation, welche die Welt derzeit erlebt, muß sowohl innerhalb jedes Landes wie auch zwischen den Nationen eine echte Solidarität Einzug halten, damit die Ärmsten nicht noch stärker benachteiligt werden. In der Tat ist ein Wirtschaftswachstum auf Kosten der Menschen und ganzer Völker und Gesellschaftsgruppen, die zu Armut und Ausgrenzung verdammt werden, nicht akzeptabel (vgl. Kompendium der Soziallehre der Kirche, 332).

Im übrigen muß der wirtschaftliche Fortschritt mit der Entwicklung der menschlichen und geistlichen Formung der Personen einhergehen. Das Leben des Menschen kann nämlich nicht auf eine materielle Dimension reduziert werden. Ich begrüße die Anstrengungen, die von Tunesien für die Erziehung der Jugend unternommen werden.

Angesichts der Schwierigkeiten und Unsicherheiten des Lebens oder auch angesichts einer gewissen Verdunkelung der Bezugspunkte, die dem Dasein Sinn geben, ist es notwendig, daß die jungen Generationen eine solide Erziehung erhalten, die ihnen helfen soll, sich den raschen Veränderungen der Gesellschaften zu stellen. Eine besondere Beachtung der kulturellen und religiösen Verschiedenheiten wird es ihnen ermöglichen, sich besser in eine Welt einzufügen, die immer mehr von einer Vermischung der Kulturen und Religionen gekennzeichnet ist, und so zum Aufbau einer brüderlicheren und solidarischeren Welt beizutragen.

Der Dialog zwischen den Kulturen und den Religionen ist in unseren Tagen tatsächlich eine unumgängliche Notwendigkeit, um gemeinsam für den Frieden und die Stabilität der Welt tätig zu sein sowie die aufrichtige Achtung des Menschen und seiner Grundrechte fördern zu können. Im übrigen bilden die Anerkennung der zentralen Stellung der Person und die Würde jedes Menschen sowie die Achtung vor dem Leben, das ein Gottesgeschenk und daher heilig ist, eine gemeinsame Grundlage, um eine harmonischere und für die anerkannten Unterschiede empfängliche Welt zu errichten. Der Aufbau einer Gesellschaft, in der jeder in seiner Würde anerkannt wird, schließt auch die Respektierung der Gewissens- und der Religionsfreiheit für jeden ein. Denn die Bekundung aufrichtiger religiöser Überzeugungen ist die wahrhaftigste Äußerung der menschlichen Freiheit.

Die Stellung, die Tunesien im Maghreb einnimmt, ist eine Aufforderung an das Land, auf internationaler Ebene, besonders im Mittelmeerraum und in Afrika, eine wichtige Rolle zu spielen. Die Aufnahme guter nachbarschaftlicher Beziehungen zwischen den Nationen kann nur zu einer klareren Bewußtwerdung der gemeinsamen Zugehörigkeit zu der einen Menschheitsfamilie beitragen. Daher gilt es, zur Zusammenarbeit und zum Austausch zwischen den Nationen nicht nur deshalb zu ermutigen, um für alle das Recht auf Entwicklung zu gewährleisten, sondern auch um eine echte Gemeinschaft von Brüdern und Schwestern zu errichten, die berufen sind, eine große Familie zu bilden.

Dafür muß sich das soziale Leben über die enge Logik von Handelsbeziehungen hinaus auf die solide Grundlage gemeinsamer geistig-geistlicher und ethischer Werte stützen, um den Erfordernissen des Gemeinwohls zu entsprechen und die Rechte der Schwächsten zu schützen.

Frau Botschafter,

die katholische Kirche bringt ihre Präsenz in der tunesischen Gesellschaft vor allem durch ihre Erziehungseinrichtungen oder auch im Bereich des Gesundheitswesens oder der Betreuung behinderter Menschen zum Ausdruck. Durch ihr Engagement im Dienst der Bevölkerung ohne Unterschied der Herkunft oder der Religion will sie auf ihre Weise zum Gemeinwohl beitragen. Die Achtung und das Wohlwollen, die gegenüber diesen kirchlichen Einrichtungen bekundet werden, sind ein Zeichen des Vertrauens, das sie von seiten der Behörden und der Bevölkerung genießen. Darüber kann ich mich nur freuen.

Die katholische Gemeinde Tunesiens – ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sie herzlich von mir grüßen wollten – knüpft nämlich, wie Sie wissen, an eine alte Tradition an, die das kulturelle und geistliche Leben Ihres Landes geprägt hat. Heilige Männer und Frauen wie Cyprian, Perpetua und Felicitas und viele andere haben dort bis zur Hingabe ihres Lebens Zeugnis von dem einen Gott gegeben. Ich lade daher die Katholiken ein, in tiefer Gemeinschaft mit ihrem Bischof nach dem Vorbild ihrer Väter im Glauben in ihrer Umgebung inbrünstig die Liebe Gottes, die sie beseelt, zu bekunden und strahlende Zeugen der Hoffnung zu sein, die sie in sich tragen.

Da Sie, Frau Botschafter, nun Ihre Mission beim Heiligen Stuhl antreten, spreche ich Ihnen meine herzlichen Wünsche für deren gute Erfüllung aus, damit die harmonischen Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und Tunesien weitergehen und sich entwickeln, und versichere Ihnen, daß Sie bei meinen Mitarbeitern stets aufmerksame Aufnahme finden werden.

Auf Eure Exzellenz, auf Ihre Familie und Ihre Mitarbeiter sowie auf die Verantwortlichen und alle Bewohner Tunesiens rufe ich von Herzen die Fülle der Segnungen des Allmächtigen herab.

 

© Copyright 2008 - Libreria Editrice Vaticana

 



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