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APOSTOLISCHE REISE NACH PORTUGAL
ANLÄSSLICH DES 10. JAHRESTAGES DER SELIGSPRECHUNG DER

HIRTENKINDER VON FATIMA, JACINTA UND FRANCISCO
(11.-14. MAI 2010)

 KERZENSEGNUNG

ANSPRACHE VON BENEDIKT XVI.

Heiligtum in Fatima
Mittwoch, 12. Mai 2010

 

Liebe Pilger!

Mit den brennenden Kerzen in euren Händen bildet ihr alle zusammen gleichsam ein Lichtermeer rund um diese einfache Kapelle. Diese wurde liebevoll zu Ehren der Mutter Gottes und unserer Mutter erbaut, deren Rückkehr von der Erde in den Himmel den Hirtenkindern wie ein Lichtstreifen erschien. Aber weder Maria noch wir selbst verfügen über ein eigenes Licht: Wir empfangen es von Jesus. Seine Gegenwart in uns verwirklicht neu das Geheimnis und den Ruf des brennenden Dornbuschs, der einst auf dem Berg Sinai Mose angezogen hat und der unentwegt all jene zum Staunen bringt, die ein besonderes Licht in uns bemerken, das brennt, ohne uns zu verbrennen (vgl. Ex 3,2-5). Auf uns allein gestellt sind wir nicht mehr als ein kläglicher Dornbusch, aber auf diesen ist die Herrlichkeit Gottes herabgekommen. Daher gebührt Gott alle Ehre, uns hingegen bleibt, demütig zu bekennen, daß wir nichts sind, und uns in Anbetung vor dem göttlichen Plan zu verneigen, der seine Erfüllung finden wird, wenn „Gott alles in allem“ (1 Kor 15,28) ist. Die Jungfrau voller Gnade steht in unvergleichlicher Weise im Dienst dieses Planes: „Siehe ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast“ (Lk 1,38).

Liebe Pilger, ahmen wir Maria nach, indem wir in unserem Leben ihr „Mir geschehe“ neu erklingen lassen! Dem Mose hat Gott einst befohlen: „Leg deine Schuhe ab; denn der Ort, wo du stehst, ist heiliger Boden“ (Ex 3,5). Und er tat es; danach legte er seine Schuhe wieder an und ging, um sein Volk aus der Sklaverei Ägyptens zu befreien und in das verheißene Land zu führen. Dabei geht es nicht bloß um den Besitz eines Grundstücks oder um ein Staatsgebiet, auf das ein jedes Volk Anrecht hat; beim Ringen um die Befreiung Israels und beim Auszug aus Ägypten wird in der Tat in erster Linie das Recht auf die Freiheit zur Anbetung betont, auf die Freiheit, einen eigenen Gottesdienst zu feiern. Im Laufe der Geschichte des auserwählten Volkes nimmt die Verheißung des Landes dann immer mehr diese Bedeutung an: Das Land wird ihnen gegeben, damit es einen Ort des Gehorsams gibt, damit ein für Gott offener Raum geschaffen wird.

In unserer Zeit, in der der Glaube an vielen Orten der Erde wie eine Flamme zu verlöschen droht, die nicht mehr genährt wird, ist es wichtiger als alles andere, daß Gott in dieser Welt gegenwärtig wird und daß den Menschen der Zugang zu Gott eröffnet wird; nicht zu irgendeinem Gott, sondern zum Gott, der am Sinai gesprochen hat, zu dem Gott, dessen Angesicht wir in der Liebe erkennen, die im gekreuzigten und auferstanden Christus bis zum Äußersten gegangen ist (vgl. Joh 13,1). Liebe Brüder und Schwestern, betet Jesus Christus in euren Herzen an (vgl. 1 Petr 3,15)! Habt keine Angst, von Gott zu sprechen und ohne Scheu die Zeichen des Glaubens zu zeigen, so daß vor den Augen eurer Zeitgenossen das Licht Christi erstrahlt, wie die Kirche in der Osternacht singt, in der die Menschheit zur Familie Gottes wird.

Brüder und Schwestern, an diesem Ort sehen wir voll Staunen, wie sich drei Kinder von der inneren Kraft ergreifen ließen, die sie bei den Erscheinungen des Engels und der himmlischen Mutter durchdrungen hat. Lassen wir uns hier, wo wir so oft dazu aufgefordert wurden, den Rosenkranz zu beten, von den Geheimnissen Christi anziehen, den Rosenkranzgeheimnissen Marias. Das Rosenkranzgebet erlaubt uns, unseren Blick und unser Herz auf Jesus zu richten, so wie Maria es tat, die das unübertreffliche Vorbild der Betrachtung des Sohnes ist. Wenn wir beim Beten der „Gegrüßet seist du, Maria“ die freudenreichen, lichtreichen, schmerzhaften und glorreichen Geheimnisse meditieren, betrachten wir das gesamte Geheimnis Christi, von der Menschwerdung bis zum Kreuz und der Herrlichkeit der Auferstehung; wir betrachten die innige Teilhabe Marias an diesem Geheimnis und an unserem Leben in Christus heute, das auch von Zeiten der Freude und des Schmerzes durchwoben ist, von Schatten und Licht, von Sorge und Hoffnung. Die Gnade dringt in unser Herz und weckt das Verlangen, unser Leben nachhaltig gemäß dem Evangelium zu verändern, damit wir mit dem heiligen Paulus sagen können: „Für mich ist Christus das Leben“ (Phil 1,21) und in einer Lebens- und Schicksalsgemeinschaft mit Christus stehen.

Ich spüre, wie mich die Gläubigen hier und auf der ganzen Welt in Verbundenheit und Zuneigung begleiten. Ich trage in meinem Herzen die Sorgen und die Hoffnungen unserer Zeit, das Leid der verwundeten Menschheit sowie die Probleme der Welt und komme nun, um sie der Muttergottes von Fatima zu Füßen zu legen: Heilige Jungfrau, Mutter Gottes und unsere liebste Mutter, tritt für uns ein bei deinem Sohn, damit alle Familien und Völker – sowohl jene, die Christen sind, wie auch jene, die ihren Erlöser noch nicht kennen – in Frieden und Eintracht leben, bis sie in einem Volk Gottes vereint werden zur Ehre der allerheiligsten und unteilbaren Dreifaltigkeit. Amen.

 

   

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