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PAPST FRANZISKUS

GENERALAUDIENZ

Audienzhalle
Mittwoch, 24. November 2021

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Vor Beginn der Generalaudienz in der »Aula Paolo VI« hat der Papst zahlreiche Pilger aus Italien gesondert im Petersdom begrüßt. Bei der Begegnung richtete der Heilige Vater folgendes Grußwort an die Gläubigen:

 

Ich freue mich, euch in dieser Basilika zu empfangen und an jeden von euch meinen herzlichen Willkommensgruß zu richten.

Ich begrüße die Vinzentinische Familie aus ganz Italien, die die Pilgerfahrt Unserer Lieben Frau von der Wundertätigen Medaille in allen italienischen Regionen zusammen mit den Diözesen und Pfarreien veranstaltet hat. In diesen Monaten der Pandemie hat eure Sendung Hoffnung gebracht und viele die Barmherzigkeit Gottes erfahren lassen. Ich denke insbesondere an die einsamen Menschen, an die Kranken in den Krankenhäusern, an jene, die in Gefängnissen, Heimen und in den existentiellen Randgebieten leben. Danke, dass ihr Zeugnis gegeben habt vom Stil der »Kirche im Aufbruch«, die alle erreicht, begonnen bei jenen, die ausgegrenzt oder an den Rand gedrängt sind. Setzt diesen Weg fort und öffnet euch immer mehr dem Wirken des Heiligen Geistes, der die Kraft schenkt, die Neuheit des Evangeliums mutig zu bezeugen.

Ich begrüße die Pilger der Vereinigung »Johannes Paul II.« von Bisceglie. Liebe Freunde, ahmt das Vorbild dieses heiligen Papstes nach und bemüht euch, die Liebe Gottes, Quell und Grund unserer wahren Freude, zu verstehen und anzunehmen. Verkündet, gemeinsam mit euren Hirten, Christus mit eurem Leben, in der Familie und in jedem Umfeld.

Mein Gruß gilt abschließend dem Italienischen Verband der Gewaltopfer. Liebe Brüder und Schwestern, ich danke euch für eure Hilfe und Unterstützung für jene, die Misshandlungen erlitten haben und in einer Situation aus Angst und Leid leben. Gewalt ist schlimm, sie ist schlimm; eine gewalttätige Haltung ist sehr schlimm. Durch eure wichtige Tätigkeit tragt ihr dazu bei, eine gerechtere und solidarischere Gesellschaft aufzubauen. Euer Vorbild möge alle dazu bringen, sich erneut dafür einzusetzen, dass die Gewaltopfer geschützt werden und ihr Leiden beachtet wird und Gehör findet.

Und ich danke euch allen für diesen Besuch! In der Basilika: Das ist schön... Von Herzen erteile ich einem jeden meinen Segen, in den ich eure Familien und eure Gemeinschaften einschließe. Jetzt lade ich euch ein, gemeinsam zur Gottesmutter zu beten, die hier gegenwärtig ist. Gegrüßet seist du, Maria...

 

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                                                       KATECHESE DES HEILIGEN VATERS

 

Liebe Brüder und Schwestern,
guten Tag!

Am vergangenen Mittwoch haben wir die Katechesereihe über die Gestalt des heiligen Josef begonnen – das ihm gewidmete Jahr neigt sich seinem Ende zu. Heute setzen wir diesen Weg fort und sprechen über seine Rolle in der Heilsgeschichte.

Jesus wird in den Evangelien als »Sohn Josefs« (Lk 3,23; 4,22; Joh 1,45; 6,42) und »Sohn des Zimmermanns« (Mt 13,55; Mk 6,3) bezeichnet. Die Evangelisten Matthäus und Lukas geben in ihrem Bericht über die Kindheit Jesu der Rolle Josefs Raum. Beide er- stellen einen »Stammbaum«, um die Ge- schichtlichkeit Jesu hervorzuheben. Matthäus, der sich vor allem an die Judenchristen wendet, beginnt bei Abraham, um bei Josef anzukommen, der bezeichnet wird als der »Mann Marias; von ihr wurde Jesus geboren, der der Christus genannt wird« (1,16). Lukas dagegen geht zurück bis zu Adam und beginnt unmittelbar bei Jesus, dem »Sohn Josefs«, erläutert jedoch, dass er als solcher »galt« (3,23). Beide Evangelisten präsentieren Josef also nicht als biologischen Vater, aber dennoch als vollberechtigten Vater Jesu. Durch ihn verwirklicht Jesus die Erfüllung der Geschichte des Bundes und des Heils zwischen Gott und dem Menschen.

Für Matthäus beginnt diese Geschichte bei Abraham, für Lukas am Beginn der Menschheit selbst, also bei Adam. Der Evangelist Matthäus hilft uns zu verstehen, dass die Gestalt Josefs, auch wenn sie scheinbar nebensächlich, verschwiegen, zweitrangig ist, in Wirklichkeit ein zentrales Mosaiksteinchen in der Heilsgeschichte darstellt. Josef lebt seine Hauptrolle, ohne sich jemals in den Vordergrund drängen zu wollen. Wir sollten darüber nachdenken, dass »unser Leben von gewöhnlichen Menschen – die gewöhnlich vergessen werden – gestaltet und erhalten wird, die nicht in den Schlagzeilen der Zeitungen und Zeitschriften [...] stehen [...] Wie viele Väter, Mütter, Großväter und Großmütter, Lehrerinnen und Lehrer zeigen unseren Kindern mit kleinen und alltägli- chen Gesten, wie sie einer Krise begegnen und sie durchstehen können, indem sie ihre Gewohnheiten anpassen, den Blick aufrichten und zum Gebet anregen. Wie viele Menschen beten für das Wohl aller, spenden und setzen sich dafür ein« (Apostolisches Schreiben Patris corde, 1). So können alle im heiligen Josef, dem Mann, der unbeachtet bleibt, dem Mann der täglichen Gegenwart, der ver- schwiegenen und verborgenen Gegenwart, einen Fürsprecher, eine Stütze und einen Leitstern in schwierigen Augenblicken finden. Er erinnert uns daran, dass alle, die scheinbar im Verborgenen oder »in zweiter Linie« stehen, in der Heilsgeschichte eine unvergleichliche Hauptrolle haben. Die Welt braucht diese Männer und diese Frauen: Männer und Frauen in zweiter Linie, die jedoch die Entwicklung unseres Lebens, eines jeden von uns stützen und uns mit dem Gebet, mit dem Vorbild, mit der Lehre auf dem Lebensweg stützen.

Im Lukasevangelium erscheint Josef als der Beschützer von Jesus und Maria. Und daher ist er auch »der Schutzpatron der Kirche«. Denn wenn er der Beschützer Jesu und Mariens war: Dann tu deine Arbeit, jetzt wo du im Himmel bist, und sei weiterhin der Be- schützer, in diesem Fall der Kirche, »denn die Kirche ist die Ausdehnung des Leibes Christi in der Geschichte, und gleichzeitig ist in der Mutterschaft der Kirche die Mutterschaft Mariens angedeutet. Indem Josef die Kirche beschützt« – bitte, vergesst das nicht: Heute be- schützt Josef die Kirche –, »beschützt er weiterhin das Kind und seine Mutter« (ebd., 5). Dieser Aspekt der Beschützerrolle Josefs ist die große Antwort auf den Bericht des Buches Genesis. Als Gott Kain zur Rechenschaft zieht wegen seines Bruders Abel, antwortet der: »Bin ich der Hüter meines Bruders?« (4,9). Josef scheint uns mit seinem Leben sagen zu wollen, dass wir immer aufgerufen sind, uns als Hüter unserer Geschwister zu fühlen, als Beschützer derer, die uns zur Seite gestellt wurden, die der Herr uns anvertraut durch viele Umstände des Lebens.

Eine Gesellschaft wie die unsere, die als »flüssig« bezeichnet wurde, weil sie keine Konsistenz zu haben scheint – ich möchte den Philosophen, der diese Bezeichnung geprägt hat, korrigieren und sagen: eher gasförmig als flüssig, eine wirklich gasförmige Gesellschaft –, diese flüssige, gasförmige Gesell- schaft findet in der Geschichte von Josef einen präzisen Hinweis auf die Bedeutung der menschlichen Bindungen. Denn das Evangelium berichtet vom Stammbaum Jesu nicht nur aus einem theologischen Grund, sondern auch, um einen jeden von uns daran zu erinnern, dass unser Leben aus Bindungen besteht, die uns vorausgehen und uns begleiten.

Um auf die Welt zu kommen, hat der Sohn Gottes den Weg der Bindungen, den Weg der Geschichte gewählt: Er ist nicht auf magische Weise in die Welt herabgekommen, nein. Er ist den geschichtlichen Weg gegangen, den wir alle gehen.

Liebe Brüder und Schwestern, ich denke an die vielen Menschen, die es schwer haben, in ihrem Leben bedeutsame Bindungen zu finden, und die gerade deshalb zurückbleiben, sich allein fühlen, nicht die Kraft und den Mut haben voranzugehen. Ich möchte schließen mit einem Gebet, das ihnen und uns allen helfen soll, im heiligen Josef einen Verbündeten, einen Freund und eine Stütze zu finden.

Heiliger Josef,
der du die Bindung zu Maria und Jesus beschützt hat,
hilf uns, Sorge zu tragen für die
Beziehungen in unserem Leben.
Niemand möge jenes Gefühl der Verlassenheit erfahren,
das aus der Einsamkeit kommt.
Jeder möge sich mit seiner eigenen Geschichte versöhnen,
mit denen, die ihm vorangegangen sind,
und auch in den Fehlern, die er gemacht hat, einen Weg erkennen,
durch den die Vorsehung sich einen Weg ge- bahnt
und das Böse nicht das letzte Wort gehabt hat.
Zeige dich als Freund derer, die in Mühsal le- ben,
und so wie du Maria und Jesus in schwierigen Augenblicken gestützt hast,
so stütze auch uns auf unserem Weg. Amen.

                                                                                    * * *

Einen herzlichen Gruß richte ich an die Gläubigen deutscher Sprache. Der heilige Josef möge uns helfen, unsere unauslöschliche Verbindung mit Christus und seiner Kirche konsequent und freudig zu leben. Er möge uns immer gegen jeden Angriff des bösen Feindes verteidigen.



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