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PAPST FRANZISKUS

GENERALAUDIENZ

Petersplatz
Mittwoch, 10. April 2024

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Katechese. Laster und Tugenden. 14. Die Tapferkeit

Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!

Die heutige Katechese ist der dritten der Kardinaltugenden gewidmet, also der Tapferkeit. Beginnen wir bei der Beschreibung, die der Katechismus der Katholischen Kirche von ihr gibt: »Die Tapferkeit ist jene sittliche Tugend, die in Schwierigkeiten standhalten und im Erstreben des Guten durchhalten lässt. Sie festigt die Entschlossenheit, Versuchungen zu widerstehen und im sittlichen Leben Hindernisse zu überwinden. Die Tugend der Tapferkeit befähigt, die Angst, selbst die vor dem Tod, zu besiegen und allen Prüfungen und Verfolgungen die Stirn zu bieten« (Nr. 1808). Das sagt der Katechismus der Katholischen Kirche  über die Tugend der Tapferkeit.

Sie ist also die »kämpferischste« der Tugenden. Wenn die erste der Kardinaltugenden, also die Klugheit, vor allem mit dem Verstand des Menschen verbunden war; und während die Gerechtigkeit im Willen zuhause war; so wird diese dritte Tugend, die Tapferkeit, von den scholastischen Autoren oft mit dem verbunden, was die Menschen in der Antike als »appetitus irascibilis« bezeichneten. Das antike Denken konnte sich einen Menschen ohne Leidenschaften nicht vorstellen: Er wäre ein Stein. Und es ist nicht gesagt, dass die Leidenschaften unbedingt das Überbleibsel einer Sünde sind; sie müssen jedoch erzogen werden, ausgerichtet werden, mit dem Wasser der Taufe oder besser mit dem Feuer des Heiligen Geistes geläutert werden. Ein Christ ohne Mut, der seine Kraft nicht dem Guten beugt, der niemandem lästig ist, ist ein nutzloser Christ. Denken wir daran! Jesus ist kein ätherischer und steriler Gott, der die menschlichen Emotionen nicht kennt. Im Gegenteil. Angesichts des Todes seines Freundes Lazarus bricht er in Tränen aus; und in einigen seiner Worte scheint sein leidenschaftliches Herz durch, wie dort, wo er sagt: »Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen. Wie froh wäre ich, es würde schon brennen!« (Lk 12,49); und angesichts der Geschäftemacherei im Tempel hat er energisch reagiert (vgl. Mt 21,12-13). Jesus besaß Leidenschaft.

Suchen wir aber jetzt nach einer grundlegenden Beschreibung dieser so wichtigen Tugend, die uns hilft, im Leben Frucht zu tragen. Die Menschen der Antike – sowohl die griechischen Philosophen als auch die christlichen Theologen – erkannten in der Tugend der Tapferkeit eine zweifache Bewegung, eine passive und eine weitere aktive.

Die erste ist in uns selbst gerichtet. Es gibt innere Feinde, die wir besiegen müssen, die unter dem Namen Sorge, Furcht, Angst, Schuld laufen: alles Kräfte, die sich in unserem Innern regen und die uns in irgendwelchen Situationen lähmen. Wie viele Kämpfer unterliegen schon, bevor sie sich der Herausforderung gestellt haben! Weil sie sich dieser inneren Feinde nicht bewusst sind. Die Tapferkeit ist ein Sieg vor allem über uns selbst. Die meisten Ängste, die in uns entstehen, sind unrealistisch und bewahrheiten sich überhaupt nicht. Daher ist es besser, den Heiligen Geist anzurufen und sich allem mit geduldiger Tapferkeit zu stellen: ein Problem nach dem anderen und so wie wir dazu in der Lage sind, aber nicht allein! Der Herr ist mit uns, wenn wir auf ihn vertrauen und aufrichtig das Gute suchen. Dann können wir in jeder Situation auf die Vorsehung Gottes zählen, der unser Schutz und Schild ist.

Und dann die zweite Bewegung der Tugend der Tapferkeit, diesmal von aktiverer Natur. Außer den inneren Prüfungen gibt es äußere Feinde: Es sind die Prüfungen des Lebens, die Verfolgungen, die Schwierigkeiten, mit denen wir nicht gerechnet haben und die uns überraschen. Denn wir können versuchen vorherzusehen, was uns passieren wird, aber größtenteils besteht die Wirklichkeit aus unwägbaren Ereignissen, und in diesem Meer wird unser Boot manchmal von den Wellen hin und her geworfen. Die Tapferkeit macht uns dann zu widerstandsfähigen Seeleuten, die nicht erschrecken und nicht den Mut verlieren.

Die Tapferkeit ist eine grundlegende Tugend, weil sie die Herausforderung des Bösen in der Welt ernst nimmt. Einige tun so, als gäbe es dieses nicht, als ginge alles gut, als sei der menschliche Wille nicht manchmal blind, als bekämpften sich in der Geschichte nicht dunkle, todbringende Kräfte. Es genügt jedoch, in einem Geschichtsbuch zu blättern, oder leider auch in den Zeitungen, um die Grausamkeiten zu entdecken, bei denen wir etwas Opfer und etwas Täter sind: Kriege, Gewalt, Sklaverei, Unterdrückung der Armen, nie geheilte Wunden, die immer noch bluten. Die Tugend der Tapferkeit lässt uns reagieren und ein »Nein« schreien, ein schlichtes »Nein« zu all dem. In unserem bequemen Westen, der alles etwas verwässert hat, der den Weg zur Vollkommenheit in eine einfache organische Entwicklung verwandelt hat, der keine Kämpfe braucht, weil alles ihm gleich zu sein scheint, verspüren wir manchmal eine gesunde Sehnsucht nach Propheten. Aber unbequeme und visionäre Menschen sind sehr selten. Es braucht jemanden, der uns von dem weichen Platz, an dem wir es uns gemütlich gemacht haben, aufscheucht und uns dazu bringt, mit Nachdruck immer wieder »Nein« zu sagen zum Bösen und zu allem, was zur Gleichgültigkeit führt. »Nein« zum Bösen und »Nein« zur Gleichgültigkeit; »Ja« zum Weg, zum Weg, der uns voranschreiten lässt, und dafür muss man kämpfen.

Entdecken wir also im Evangelium die Tapferkeit Jesu neu, und lernen wir sie aus dem Zeugnis der Heiligen, der heiligen Männer und Frauen. Danke!

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APPELLE

Ich möchte auch den Menschen in Kasachstan meine geistige Nähe in dieser Zeit bekunden, in der viele Regionen des Landes von massiven Überschwemmungen betroffen sind und Tausende von Menschen aus ihren Häusern evakuiert werden mussten. Ich lade alle ein, für all diejenigen zu beten, die unter den Folgen dieser Naturkatastrophe leiden. Auch in schwierigen Zeiten sollten wir uns an die Freude des auferstandenen Christus erinnern, und ich rufe für euch und eure Familien die barmherzige Liebe Gottes, unseres Vaters, an. Möge der Herr Sie segnen!

Und meine Gedanken gehen an die gequälte Ukraine und an Palästina und Israel. Der Herr schenke uns Frieden! Der Krieg ist überall – vergessen wir nicht Myanmar –, aber bitten wir den Herrn um Frieden, und vergessen wir nicht unsere Brüder und Schwestern, die an diesen Kriegsschauplätzen sehr leiden. Beten wir gemeinsam und immer für den Frieden. Danke.

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Liebe Pilger deutscher Sprache, der Glaube an den auferstandenen Herrn befreit uns aus den Ketten der Angst und des Todes und führt uns zum Leben in Fülle. Darum beten wir voller Zuversicht: Jesus, ich vertraue auf dich! Jesus, ich vertraue auf dich!



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