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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"

 

       Wer einen Platz in der Kirche hat

 Montag, 5. Mai 2014

 

aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 20, 16. Mai  2014

 

Es gibt in der Kirche keinen Platz für Menschen, die Jesus nur aus Eitelkeit, aus Machthunger oder aus dem Wunsch nachfolgen, Geld anzuhäufen. Es gibt Platz nur für den, der Jesus liebt und der ihm deshalb nachfolgt, weil er ihn liebt. Papst Franziskus sprach deutliche Worte, als er bekräftigte, was die richtige Einstellung eines Christen sei, der sich aufmache, den Weg des  Herrn zu gehen. Und Montag früh, 5. Mai, forderte er im Verlauf der Messe, die er in der Kapelle des Hauses Santa Marta feierte, dazu auf, uns selbst im Hinblick darauf zu hinterfragen, auf welche Art wir Jesus nachfolgen.

Der Papst ging vom Text des Johannesevangeliums (6,22-29) aus, in dem von der Menschenmenge berichtet wird, die dank des von Jesus vollbrachten Wunders der Vermehrung der Brote und der Fische gesättigt worden war. Als sie ihn nicht mehr sahen, brachen die Menschen auf, um ihn »am anderen Ufer des Sees« zu suchen. Jesus, so begann der Papst, »lenkt die Aufmerksamkeit der Menschen auf einige Verhaltensweisen, die nicht gut sind, ja die sogar schädlich sind«.

Nach der Brotvermehrung »war das Volk voller Freude« über das, was Jesus getan hatte, so sehr, dass sie »ihn zum König machen wollten«. Aber er »floh, ganz allein. Er ging auf den Berg, um zu beten. Und dann gingen diese Leute, die ihm mit ihrem Herzen folgten, die ihn liebten, hin, um ihn zu suchen, nachdem sie erfahren hatten, dass er am anderen Ufer des Sees war. Jesus tadelte sie für diese Verhaltensweise: ›Amen, amen, ich sage euch: Ihr sucht mich nicht, weil ihr Zeichen gesehen habt, sondern weil ihr von den Broten gegessen habt und satt geworden seid.‹« Es ist so, als sage er: »Ihr sucht mich, weil ihr etwas wollt.« Und »ich glaube«, so fügte der Papst hinzu, »dass es uns gut tun wird, uns stets die Frage zu stellen: Weshalb suche ich Jesus? Warum folge ich Jesus nach?«

»Wir alle sind Sünder«, erläuterte der Heilige Vater. Und deshalb verfolgten wir immer irgendein Interesse, etwas, »das durch die Nachfolge Jesu geläutert werden muss; wir müssen innerlich daran arbeiten, ihm nachzufolgen, um seinetwillen, aus Liebe«. Aber auch das Volk, von dem im Evangelium die Rede ist, habe ihn geliebt. »Es liebte ihn wirklich «, betonte der Papst, weil »er wie jemand sprach, der Autorität besitzt«. Gleichwohl habe das auch Vorteile gebracht. Und »suche ich dadurch, dass ich Jesus nachfolge«, so fragte sich der Bischof von Rom weiter, »etwas, das gar nicht Jesus ist? Habe ich lautere Absichten oder nicht?« Die Antwort hierauf könne man Jesu eigenen Lehren entnehmen, der »auf drei Verhaltensweisen anspielt, die nicht gut sind, wenn man ihm nachfolgen oder Gott suchen will«.

Die erste sei die Eitelkeit. Im Hinblick darauf verwies der Bischof von Rom auf die Ermahnungen Jesu im Matthäusevangelium (6,3-5.16-17): »Wenn du Almosen gibst, soll deine linke Hand nicht wissen, was deine rechte tut.« Und weiter: »Du aber geh in deine Kammer, wenn du betest, und schließ die Tür zu; dann bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist.« Und schließlich: »Wenn ihr fastet, macht kein finsteres Gesicht wie die Heuchler«; sondern »du … salbe dein Haar, wenn du fastest, und wasche dein Gesicht«, damit man nicht sieht, dass du fastest. Und das, so bemerkte er, »sagt er in erster Linie zu den Führern des Volkes, die gesehen werden wollten, weil sie – um den richtigen Ausdruck dafür zu gebrauchen – gern ihr Pfauenrad aufschlugen. Und sie betrugen sich wie wahre Pfauen. Aber Jesus sagt: Nein, das geht so nicht! Die Eitelkeit tut nicht gut.«

Manchmal »tun auch wir Dinge, weil wir gerne dabei gesehen werden wollen«, aus Eitelkeit. Aber, so tadelte der Papst, die Eitelkeit sei gefährlich, weil sie uns in den Stolz gleiten lassen könne, den Hochmut. Und wenn das geschähe, dann »ist alles zu Ende«. Deshalb, so regte er an, müssten wir uns stets die Frage stellen: »Wie tue ich etwas? Tue ich die guten Dinge, die ich tue, im Verborgenen oder um gesehen zu werden?« Und wenn Jesus das zu den Führern des Volkes, zu den Oberhäuptern, gesagt habe, dann sei das so, als »sage er es zu uns, zu uns Hirten. Ein Hirte, der eitel ist, tut dem Volk Gottes nicht gut.« Jene Führer des Volkes, von denen Jesus im Evangelium spreche, hätten sich gerne in Luxusgewänder gehüllt, so merkte der Papst unter anderem an.

Wenn er »einen Hirten, einen Priester, einen Bischof « sehe, »der in einem majestätischen Gewand durch die Straßen schreitet, als ob er sich auf einem Empfang in der Gesellschaft befinde«, dann frage er sich: »Aber was denken die Leute über diesen Menschen? Dieser Hirte folgt Jesus nicht nach; sei er nun ein Priester oder ein Bischof, er folgt Jesus nicht nach. Er folgt ihm vielleicht ein bisschen, aber er liebt die Eitelkeit.«

Das sei einer der Punkte, die Jesus tadele. Auf dieselbe Weise tadle er die, die nach Macht strebten. »Manche folgen Jesus, weil sie in ihrem Unterbewusstsein nach Macht streben«, so erläuterte der Heilige Vater. Und er erinnerte an die Forderungen von Johannes und Jakobus, den Söhnen des Zebedäus, die eine Machtposition einnehmen wollten, wenn dereinst das verheißene Reich angebrochen wäre. »Es gibt in der Kirche ehrgeizige Aufsteiger, und es gibt viele davon…«, so kommentierte der Papst. Es wäre aber besser, so fügte er hinzu, wenn sie »Richtung Norden gingen und Bergsteiger würden! Das ist gesünder! Aber komm nicht in die Kirche, um nach oben zu streben. Jesus hat die Ehrgeizigen, die nach Macht strebten, getadelt. Zu Johannes und Jakobus, die er sehr liebte und die nach Macht strebten, sagte er: Aber ihr wisst ja nicht, um was ihr bittet, ihr wisst es nicht.«

Der Machthunger von Jesu eigenen Jüngern, so erinnerte der Heilige Vater weiter, hielt bis zum letzten Augenblick an, bis zu jenem Augenblick, als Jesus sich anschickte, in den Himmel aufzufahren. Sie dachten, er sei im Begriff, die Herrschaft anzutreten, und ihre Frage an den Herrn lautete: »Kommt nun das Reich, der Augenblick unserer Macht?« Erst in dem Augenblick, in dem der Heilige Geist über sie kommt, so erläuterte der Papst, fangen die Jünger an, zu verstehen, und ändern ihr Verhalten. In unserem Leben als Christen hingegen, so merkte der Bischof von Rom an, »bleibt die Sünde. Und deshalb tut es uns gut, uns die Frage zu stellen: Ich aber, wie folge ich Jesus nach? Nur um seinetwegen, am Ende auch bis ans Kreuz, oder strebe ich nach Macht und bediene mich der Kirche, der christlichen Gemeinschaft, der Pfarrgemeinde, der Diözese, um ein wenig Macht zu erlangen?«

»Was uns drittens von den aufrichtigen Absichten abbringt, ist das Geld.« In der Tat gebe es Menschen, »die Jesus des Geldes wegen nachfolgen«, so bekräftigte er, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, »und mit dem Geld. Sie versuchen, wirtschaftliche Vorteile über die Pfarrgemeinde zu erlangen, über die Diözese, über die christliche Gemeinschaft, über das Krankenhaus, das Kolleg… Denken wir an die christliche Urgemeinde, die dieser Versuchung ausgesetzt war: Simon, Hananias und Saphira… Diese Versuchung hat also von Anfang an bestanden. Und wir haben viele gute Katholiken, gute Christen, Freunde, Wohltäter der Kirche gekannt, auch Träger der unterschiedlichsten Auszeichnungen, sehr viele, über die dann herauskam, dass sie ein wenig zwielichtige Geschäfte abgewickelt hatten. Sie waren richtige Geschäftsleute und haben sehr viel Geld verdient. Sie haben sich als Wohltäter der Kirche ausgegeben, aber sie steckten sehr viel Geld ein, und nicht immer war es sauberes Geld.«

Und an diesem Punkt wiederholte der Papst seine Fragen: »Auf welche Art folge ich Jesus nach? ›Amen, amen, ich sage euch: Ihr sucht mich nicht, weil ihr Zeichen gesehen habt, sondern weil ihr von den Broten gegessen habt und satt geworden seid.‹ Gibt es in meiner Nachfolge Jesu auch Eitelkeit? Ist da Machtstreben? Gibt es da Geldgier? Es wird uns guttun«, so ermahnte der Papst, »ein wenig unser Herz, unser Gewissen zu befragen im Hinblick darauf, wie rein unsere Absichten sind, Jesus nachzufolgen. Folge ich ihm nur um seinetwillen? Und das ist der Weg der Heiligkeit. Oder folge ich ihm zwar nach, aber auch deshalb, um daraus einen Vorteil für mich zu schlagen?« Und das ist nicht christlich. »Wir wollen, so schloss Papst Franziskus, »den Herrn  um die Gnade bitten, uns den Heiligen Geist zu senden, damit wir ihm mit lauterer Absicht nachfolgen: Nur um seinetwegen, ohne Eitelkeit, ohne Machthunger und ohne Geldgier.«

 



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