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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"

  

Zwischen Bewegung und Festigkeit

 Montag, 19. Mai 2014

 

aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 22, 30. Mai  2014

 

Bewegung und Festigkeit. Diese beiden Haltungen empfahl Papst Franziskus am Montag, den 19. Mai, im Verlauf der Frühmesse in Santa Marta den Christen: damit sie sich nicht überwältigen lassen von den Vorfällen und Schwierigkeiten, mit denen sie sich Tag für Tag konfrontiert sehen.

Ausgehend von der Lesung aus der Apostelgeschichte (14,5-18) sprach der Bischof von Rom erneut über den von Heiden und Juden geplanten Versuch, Paulus und Barnabas in Ikonion zu steinigen. Ein Versuch, dem sich die beiden dadurch entziehen, dass sie in die lykaonischen Städte Lystra und Derbe bzw. deren Umgebung fliehen. Paulus »flieht«, so erläuterte der Papst, »und beginnt die Evangelisierung«, wodurch er »die Fähigkeit zeigt, immer neu anzufangen, sich nicht gehenzulassen und zu jammern«. Sein Herz sei fest auf das ausgerichtet, was, wie er wisse, sein Auftrag sei: das Evangelium verkünden. Und er habe die richtige Einstellung, die ein Christ haben müsse. Der Papst erläuterte dies mit dem Hinweis auf die kurz zuvor im Tagesgebet ausgesprochen Bitte, dass »in der Unbeständigkeit dieses Lebens unsere Herzen dort verankert seien, wo die wahren Freuden sind«. Und er nannte zwei Voraussetzungen, die für das Leben des Christen erforderlich seien: »Bewegung und Standhaftigkeit. Ein festes Herz, ein standhaftes Herz, das aber ununterbrochen in Bewegung ist.

Und das wird in der Evangelisierungsarbeit des Paulus deutlich sichtbar.« Gleichfalls unter Verweis auf die Lesung aus der Apostelgeschichte erinnerte der Papst an die Geschichte der Begegnung des Paulus mit dem Gelähmten. »Sein festes Herz«, so erläuterte er, »lässt ihn verstehen, dass dieser Mann da, der Gelähmte, gläubig genug war, um geheilt werden zu können. Er besitzt die Gabe der Unterscheidung, und er heilt ihn im Namen des Herrn.« Paulus habe mit Sicherheit nicht mit der Reaktion des Volkes gerechnet, das der Heilung beigewohnt habe. Tatsächlich habe es einen kleinen »Volksaufstand« gegeben, weil alle geglaubt hätten, »Barnabas sei Zeus und Paulus sei Hermes. Paulus hatte Mühe, sie davon zu überzeugen, dass sie Menschen waren.« Und so geschehe es, »dass eine andere Gemütsverfassung folgt«, so merkte der Bischof von Rom weiter an, »eine Mühe«, da sie das Volk gar durch die Darbringung eines Opfers habe ehren wollen. Paulus habe sehr viel Mühe aufbringen müssen, um »ihnen zu erläutern, dass es nur einen einzigen Gott gibt«. Und um dies zu tun, »spricht er hier nicht direkt über Jesus«, sondern erzähle ihnen in ihrer Sprache »von Gott, dem Schöpfer«, und zeige so, dass er die richtige Art und Weise erkannt habe, wie er sprechen müsse.

»Das«, so bekräftigte der Bischof von Rom, »sind die menschlichen Umstände, unter denen Paulus lebte. Und auch wir, wir alle, sind vielen solchen Situationen ausgesetzt. Wir sind von vielen Angelegenheiten umgeben, die uns hierhin und dorthin zerren, aber wir haben um die Gnade gebetet, ein festes Herz zu haben wie Paulus, der nicht über die Verfolgung jammerte, der aufgebrochen ist, um eine andere Stadt aufzusuchen, der begonnen hat, dort zu predigen, einen Kranken zu heilen, der bemerkte, dass dieser Mann gläubig genug war, um geheilt werden zu können. Und dann diese begeisterte Menge zu beruhigen, die ein Opfer darbringen wollte. Um dann in der für ihren Kulturkreis geeigneten Sprache zu verkündigen, dass es nur einen einzigen Gott gibt.«

Paulus tue eines nach dem anderen, ohne Pause. »Und das«, so bemerkte der Papst, »kann nur aus einem Herzen kommen, das fest« auf den Missionsauftrag ausgerichtet sei: ein Herz, das dazu fähig sei, »viele Veränderungen in sehr kurzer Zeit vorzunehmen«, indem es sich »auf angemessene Weise« mit den Situationen auseinandersetzt.

»Im Evangelium«, so fuhr der Papst dann mit Bezug auf den Text des Johannesevangeliums (14,21-26) fort, »sagt Jesus dies zu uns: ›Das habe ich euch gesagt, während ich noch bei euch bin. Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.‹« Folglich müsse das Herz »fest im Heiligen Geist« verankert sein, eine Gabe, »die Jesus uns gesandt hat. Paulus hatte sein Herz fest im Heiligen Geist verankert, und wir alle müssen zum Heiligen Geist Zuflucht nehmen, wenn wir in unserem Leben inmitten der menschlichen Dinge, mit denen wir zu tun haben, Festigkeit finden wollen. Er ist in unserem Herzen, wir haben ihn in der Taufe empfangen. Der Heilige Geist verleiht uns Kraft, er verleiht uns diese Festigkeit, derer wir bedürfen, um im Leben inmitten so vieler Angelegenheiten voranzugehen.«

In diesem Kontext, so führte Papst Franziskus aus, »sagt Jesus zwei Dinge über diesen Heiligen Geist: ›er wird euch alles lehren und euch an alles erinnern‹. Wir haben gesehen, wie er Paulus gelehrt hat, was er tun musste, indem er ihm diese Fähigkeit gegeben hat, einen Ortswechsel vorzunehmen.« Er lehre und er erinnere. Aber »woran erinnert der Heilige Geist den Paulus?«, so fragte sich der Papst. Er habe ihn vor allem »an die Heilsbotschaft erinnert: Gott will uns retten. Der großartige Bezugspunkt des heiligen Paulus ist der folgende: Gott will uns in Jesus Christus retten. So hat der Heilige Geist dem Herzen des Paulus inmitten der Verfolgungen, der Probleme, der Streitigkeiten, des Neids, der Eifersüchteleien Festigkeit verliehen.« In der Tat finde sich in diesem Kapitel der Apostelgeschichte »ein Wort, das wiederholt auftaucht: es lautet ›Eifersucht‹. Die Eifersucht der Synagogenvorsteher«, die Paulus Hindernisse in den Weg legten. Es gelinge ihm gleichwohl voranzugehen und »viele Probleme« zu überwinden, »weil er ein Herz hat, das fest im Heiligen Geist verankert ist«.

Diese Begebenheit sollte nach Ansicht des Papstes den Christen dazu drängen, sich die Frage zu stellen: »Wie ist es um mein Herz bestellt? Ist es ein Herz, das ein Tänzer zu sein scheint, das von einer Seite zur anderen tänzelt, das einem Schmetterling gleicht, dem heute dies und morgen jenes gefällt, und das stets in Bewegung ist? Ist es ein Herz, das Angst hat vor den Wechselfällen des Lebens, das sich verbirgt und sich davor fürchtet, für Jesus Christus Zeugnis abzulegen? Ist es ein mutiges Herz, oder ist es ein furchtsames Herz, das stets versucht, sich zu verstecken? Worum kümmert sich unser Herz? Was ist der Schatz, an dem unser Herz hängt? Ist es ein Herz, das auf die Wesen der Schöpfung fixiert ist, auf die Probleme, mit denen wir alle uns herumschlagen? Ist es ein Herz, das auf die Götter des Alltags fixiert ist, oder ist es ein Herz, das fest im Heiligen Geist verankert ist? Wo ist die Festigkeit unseres Herzens?«

»Es wird uns guttun«, so fügte der Papst hinzu, »uns diese Frage zu stellen. Und auch, uns der zahlreichen Dinge zu erinnern, mit denen wir jeden Tag zu tun haben: zu Hause, bei der Arbeit, mit den Kindern, mit den Menschen, die bei uns leben, mit den Arbeitskollegen, mit allen.« Die Frage des Bischofs von Rom lautete: Lassen wir uns von jeder »dieser Angelegenheiten« vereinnahmen, oder begegnen wir ihnen »mit einem festen Herzen, das weiß, wo der Einzige ist, der unserem Herzen Festigkeit zu verleihen vermag, der Heilige Geist?« Gewiss, so schloss er, »wird es uns guttun, daran zu denken, dass wir ein schönes Geschenk erhalten haben, das uns Jesus hinterlassen hat: diesen Geist der Stärke, des Rates, der uns hilft voranzugehen. Voranzugehen inmitten der Angelegenheiten des Alltags. Machen wir heute diese Übung und fragen wir uns, wie unser Herz geartet ist. Ist es fest oder nicht? Und wenn es fest ist, woran hält es sich fest: an den Dingen oder am Heiligen Geist?«

 



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