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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"

 

Viel Bewegung

Freitag, 8. Mai 2015

 

aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 21, 22. Mai 2015

 

Am Freitagmorgen, 8. Mai, dem Festtag Unserer Lieben Frau von Luján, der Patronin Argentiniens, feierte Papst Franziskus die heilige Messe in Santa Marta für seine Heimat. Er lud ein, es zu verstehen, den »Bewegungen« zu folgen, die der Heilige Geist in einem jeden von uns und in der ganzen Kirche hervorrufe: Bewegungen, die dem Anschein nach Verwirrung stifteten und dagegen immer in die Einheit einmündeten.

Bereits zu Beginn der Predigt rief der Papst in Erinnerung, dass »Jesus den Aposteln den Heiligen Geist verheißen und gesagt hatte, dass der Heilige Geist sie viele Dinge lehren und sie an die Dinge erinnern würde, die er sie gelehrt hatte«. So »begannen sich vom ersten Moment an, da der Heilige Geist gekommen ist, am selben Tag seines Kommens, die Wasser in Bewegung zu setzen; es begann eine Bewegung in der Kirche«. Die Jünger waren ihrerseits »verschlossen, ein wenig aus Angst, doch dort begann die Bewegung: sie sind hinausgegangen und Petrus hat seine erste Rede vor dem Volk gehalten«.

Die Worte des Petrus, erklärte Franziskus, »hörten alle in ihrer Sprache: ein jeder in seiner Sprache«. Als sie sie hörten, »haben sich viele bekehrt und sind dann in ihr Land mit dieser neuen Botschaft zurückgekehrt: Jesus lebt, der Herr ist auferstanden«. So also »nimmt diese Bewegung hin zur Welt ihren Anfang«. Und dasselbe »hat auch der Apostel Philippus mit jenem ›Wirtschaftsminister‹ Äthiopiens getan, der ein Jude war, ein jüdischer Proselyt: Er überbringt ihm die Botschaft Jesu, er tauft ihn und geht in sein Land, um das Evangelium zu verkünden«.

Der Papst ging diesen ersten Schritten der ersten Evangelisierung nach, von denen die Apostelgeschichte berichtet. »Die Apostel«, so Franziskus, »beginnen ihre Verkündigung in Jerusalem, und nach der Heilung jenes Gelähmten, der vor dem Tor des Tempels, das das ›Schöne‹ genannt wurde, um Almosen bat, werden Petrus und Johannes verurteilt, sie werden geschlagen: die Verfolgungen beginnen «.Und so »bricht nach dem Tod des Stephanus eine andere Bewegung aus: die Verfolgungen«.

An diesem Punkt entstehe »ein weiteres Problem«. Das heißt: Die ersten Jünger wie Paulus und Petrus selbst haben sich in Bewegung gesetzt, um zu verkündigen, und haben sich aufgemacht, »die Juden aufzusuchen, doch sie haben auch die Heiden gefunden«. Und »Petrus ist der erste, denn er ist in das Haus des Cornelius gegangen«. Gerade dort »beginnt eine weitere Bewegung in der Kirche und Petrus, das Oberhaupt, wird kritisiert: Na, dieser da ist ein wenig häretisch, weil er in das Haus eines Heiden gegangen ist, er ist unrein!« Daher »spürt auch Petrus diesen Mangel an Vertrauen bei einigen der Gemeinde«. Und »das sind Bewegungen in der Kirche; Bewegungen von Gruppen, die unterschiedliche Ansichten haben«.

Seinerseits »beginnt Paulus, die Umkehr auch den Heiden zu verkünden, und sie hören diese schöne Nachricht und bekehren sich«. Doch die Gruppe von Christen, die »verschlossen war, verstand nicht«, sie wiederholte: »Nein, die Heiden nein!« Sie gelangten bis zu dem Punkt, Paulus zu steinigen und ihn liegen zu lassen, »als sei er tot«. Dann »suchen sie auch bei den Mächtigen der Gesellschaft um Hilfe an: in Antiochia sind sie zu den frommen Frauen des Adels und zu hochgestellten Männern gegangen, um diesen Schachzug gegen die Apostel zu versuchen«.

»So gelangen wir zu diesem Punkt«, fuhr Franziskus fort, »dem 15. Kapitel der Apostelgeschichte (22-31), wo sich gerade die Wasser in Antiochia bewegen, weil eine Gruppe von Christen, die dem jüdischen Gesetz sehr verbunden waren, den neuen Christen vor ihrer Taufe die Bedingungen des Judentums auferlegen wollen: zum Beispiel die Beschneidung und anderes«. Doch »Paulus sagt nein«. So komme es also dazu, dass »jener innere Kampf unter ihnen anhebt, die Wasser bewegen sich«. Es sei nämlich zu lesen, dass es unter ihnen zu lebhaften Diskussionen gekommen sei. »Sie diskutierten kraftvoll, weil da wirklich viel Bewegung war«, erklärte der Papst. Und »wie wird das Problem gelöst? Sie versammeln sich und ein jeder von ihnen fällt sein Urteil, äußert seine Meinung; sie diskutieren, doch wie Brüder, nicht wie Feinde: sie bilden keine Seilschaften außerhalb, um zu siegen; sie gehen nicht zu den zivilen Mächten, um sich durchzusetzen; sie töten nicht, um zu triumphieren: sie suchen den Weg des Gebets und des Dialogs«. Und so »treten jene, die gerade gegensätzliche Positionen vertraten, in einen Dialog und einigen sich: das ist das Werk des Heiligen Geistes«.

Das 15. Kapitel der Apostelgeschichte erzähle »den Prozess«, der gerade im Abschnitt der Tagesliturgie »mit dem ersten ökumenischen Konzil, dem Konzil von Jerusalem endet«. So »sandten sie einen Brief an jene, die aufgrund der Verkündigung jener Verschlossenen nicht wussten, was sie tun sollten: ›Die Apostel und die Ältesten, eure Brüder, grüßen die Brüder aus dem Heidentum in Antiochia, in Syrien und Zilizien. Wir haben gehört, dass einige von uns, denen wir keinen Auftrag erteilt haben, euch mit ihren Reden beunruhigt und eure Gemüter erregt haben.‹« Praktisch »haben sie Zwietracht gesät«, fügte der Papst hinzu und setzte seine Lesung des Textes fort: »›Deshalb haben wir uns geeinigt und beschlossen, Männer auszuwählen und sie zusammen mit unseren lieben Brüdern Barnabas und Paulus‹ – die als Häretiker angesehen worden waren – ›zu euch zu schicken, die beide für den Namen Jesu Christi, unseres Herrn, ihr Leben eingesetzt haben. Wir haben Judas und Silas abgesandt, die euch das Gleiche auch mündlich mitteilen sollen.‹« Beim Lesen dieser Worte unterstrich Franziskus, wie am Ende alle zu einer Übereinkunft gefunden hätten; und so auch, dass Barnabas und Paulus »als Häretiker angesehen worden waren«.

Der Papst las dann wieder aus der Apostelgeschichte auch »diese Formel, die eine Formel, ein feierlicher Ausdruck ist: ›Denn der Heilige Geist und wir haben beschlossen, euch keine weitere Last aufzuerlegen als diese notwendigen Dinge: Götzenopferfleisch, Blut, Ersticktes und Unzucht zu meiden.‹« Diesbezüglich machte Franziskus darauf aufmerksam, dass es Petrus gewesen sei, der mit einem vorher geäußerten Satz dazu gedrängt habe: »Warum stellt ihr also jetzt Gott auf die Probe und legt den Jüngern ein Joch auf den Nacken, das weder unsere Väter noch wir tragen konnten?« Der Prozess ende also damit, dass »alle einverstanden waren«.

Gerade »das ist der Weg des Heiligen Geistes«, so Franziskus, »das ist das Werk des Heiligen Geistes«. Denn er sei es, »der die Wasser bewegt, der ein wenig Unordnung stiftet, so dass es den Anschein hat, als herrsche ein Sturm – denkt an den Pfingsttag –, und dann schafft er die Harmonie, die Einheit: er hat diese beiden Merkmale«. Und »eine Kirche, in der es nie derartige Probleme gibt, lässt mich denken, dass der Geist nicht so sehr gegenwärtig ist«. Gewiss: »In einer Kirche, wo immer diskutiert wird und es Seilschaften gibt und die Brüder einander verraten, da ist der Geist nicht«. Denn »der Geist ist jener, der die Neuheit schafft, der die Situation in Bewegung bringt, um voranzugehen, der neue Räume schafft, der die Weisheit schafft, die Jesus verheißen hat: Er wird euch lehren«. Der Geist also »bewegt, doch am Ende schafft er auch die harmonische Einheit unter allen«.

Das also sei es, »was uns heute diese Lesung lehrt, was uns das erste ökumenische Konzil lehrt«, so der Papst zusammenfassend, der erneut die Formel wiederholte, mit der der Geist alle miteinander übereinkommen lasse. Die Messfeier fortsetzend, betete Franziskus »zu Jesus, unserem Herrn, der unter uns gegenwärtig sein wird, dass er uns immer den Heiligen Geist sende, einem jeden von uns; dass er ihn der Kirche sende und dass die Kirche es verstehe, den vom Heiligen Geist gewirkten Bewegungen treu zu sein«.

 



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