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FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"

PREDIGT VON PAPST FRANZISKUS

Der Sonntag der Tränen

Sonntag, 29. März 2020

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»Der Sonntag der Tränen«. Franziskus schlug diesen Titel persönlich vor: nicht nur für die Zeitungen, sondern für das Leben eines jeden. Er forderte dazu auf, Gott um »die Gnade zu bitten, mit ihm und mit dem Volk zu weinen«, das in dieser Zeit der Pandemie an Krankheit, Einsamkeit, Armut und auch unter wirtschaftlichen und finanziellen Schwierigkeiten leidet. In diesem Anliegen feierte der Bischof von Rom am 29. März, dem fünften Sonntag der Fastenzeit, die heilige Messe.

Er sagte zu Beginn der Feier in freier Rede: »Ich denke an viele Menschen, die weinen: isolierte Menschen, Menschen in Quarantäne, einsame alte Menschen, Menschen im Krankenhaus und Menschen in Therapie, Eltern, die sehen, dass sie ihre Kinder nicht ernähren können, weil das Gehalt fehlt. Viele Menschen weinen. Auch wir begleiten sie von Herzen. Und es wird uns nicht schaden, ein wenig zu weinen, wenn der Herr um sein ganzes Volk weint.« Für die Betrachtung in der Predigt nahm der Papst das »Weinen Jesu« angesichts des Todes seines Freundes Lazarus – nach dem Johannesevangelium (11,1-45) – zum Anlass, dies in dieser Zeit der Pandemie mit dem Weinen zu verknüpfen.

»Jesus hatte Freunde: er liebte alle, aber er hatte Freunde, zu denen er eine besondere Beziehung hatte, wie das bei Freunden ist, mehr Liebe, mehr Vertrauen«, erklärte er. Und »viele, viele Male verweilte er im Haus dieser Geschwister: Lazarus, Marta, Maria«. Und deshalb »empfand Jesus Schmerz über die Krankheit und den Tod seines Freundes« Lazarus. Johannes berichte in seinem Evangelium: Jesus »kam zum Grab. Er war tief bewegt und fragte: ›Wo habt ihr ihn bestattet?‹« Angesichts des Todes seines Freundes »brach Jesus in Tränen aus«. Ja, »Jesus, der Gott, aber auch Mensch ist, weinte. Noch ein weiteres Mal heißt es im Evangelium, dass Jesus weinte: als er über Jerusalem weinte«, unterstrich der Papst.

»Und wie zärtlich weint Jesus«, merkte Franziskus an. »Er weint aus dem Herzen heraus, er weint aus Liebe, er weint mit den Seinen, die weinen.« Das sei »das Weinen Jesu«. Vielleicht »weinte er andere Male im Leben, wir wissen es nicht: sicherlich auf dem Ölberg«. Aber »Jesus weint aus Liebe, immer«. Der Evangelist Johannes schreibe: »Er war tief bewegt und weinte« am Grab seines Freundes Lazarus. Im Übrigen: »Wie oft haben wir von dieser Bewegtheit Jesu im Evangelium gehört, mit dem Satz, der wiederholt wird: Als er sah, hatte er Mitleid.« Jesus könne »die Menschen nicht anblicken, ohne Mitleid zu empfinden. Seine Augen sind bei seinem Herzen: Jesus sieht mit den Augen, aber er sieht mit seinem Herzen und kann weinen.«

»Heute frage ich mich angesichts einer Welt, die so sehr leidet«, so der Papst, »angesichts vieler Menschen, die unter den Folgen dieser Pandemie leiden: Bin ich in der Lage zu weinen, wie Jesus es sicherlich getan hätte und wie Jesus es jetzt gerade tut? Ähnelt mein Herz dem Herzen Jesu?« Wenn man hingegen das Bewusstsein habe, ein »allzu hartes« Herz zu haben – »auch wenn ich sprechen, Gutes tun, helfen kann, aber mein Herz nicht ins Spiel kommt«, so dass »ich nicht zu weinen vermag«, dann, so riet der Papst, solle man »um diese Gnade des Herrn bitten: Herr, lass mich mit dir weinen, lass mich mit deinem Volk weinen, das gerade leidet!«

»Viele weinen heute«, so schloss der Papst, »und wir bitten von diesem Altar aus, von diesem Opfer Jesu aus, von Jesus, der sich nicht schämte zu weinen, um die Gnade der Tränen. Möge der heutige Tag für uns alle der Sonntag der Tränen sein.«

 



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